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Zitat von sarah2:
Aber es scheint ja Erwartungen zu geben die zumindest von einem relativ großem Teil der Gesellschaft geteilt werden.
Wo es als komisch gilt, wenn man diese Erwartungen nicht hat.


Und das ist ja irgendwie auch gut so, oder?

Zitat von sarah2:
Aber es scheint ja Erwartungen zu geben die zumindest von einem relativ großem Teil der Gesellschaft geteilt werden.


Von welchen Erwartungen sprichst Du?

A


Einsamkeit ein Teufelskreis

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Zitat von sarah2:
Die Anderen erfüllen natürlich auch oft meine Erwartungen nicht.


Welche Erwartungen hast Du denn an Deine Mitmenschen?

Ich erwarte z.B von anderen Menschen Toleranz und Ehrlichkeit.
Es muss jetzt niemand dem anderen sagen, dass er hässlich Schuhe trägt.
Aber authentisches Verhalten finde ich schon wichtig.
Heißt nicht rumschleimen oder rumheucheln.
Und auch respektieren wenn jemand anders ist also z.B ruhiger ist oder nicht dem Mainstream entspricht.
Oder z.B akzeptieren, wenn jemand Rückzug braucht oder an bestimmten Dingen kein Interesse hat.

Zitat von sarah2:
Toleranz und Ehrlichkeit.


Toleranz und Ehrlichkeit widersprechen sich manchmal.

Oder ehrliche Toleranz kann trotzdem gegebenenfalls schmerzhaft für den Gegenüber ausfallen

Zitat von sarah2:
Ich erwarte z.B von anderen Menschen Toleranz und Ehrlichkeit.


Das sind zwei Erwartungen, die ich auch so ähnlich habe. Allerdings, was geschieht, wenn andere
Menschen diese Erwartungen nicht erfüllen? Oder nicht erfüllen können? Oder sie nicht erfüllen
wollen?

Wir Menschen haben fast immer ein sehr großes Problem mit der Toleranz. Sehr oft fällt es uns schwer,
zu akzeptieren, dass jemand anders denkt, andere Ziele hat, anders aussieht, anders gekleidet ist
und auch andere Erwartungen an uns hat, als wir Erwartungen an andere haben.

Ich kann mich sehr gut daran erinnnern, dass ich es vor vielen Jahren richtig schwierig
fand, dass andere Menschen so ganz anders sind, als es meinen Vorstellungen entspricht.


Heute kann ich, so glaube ich, damit einigermaßen gut umgehen. Aber wenn Menschen mir zu anders erscheinen, und
auch nur wenig tolerant wirken, dann mache ich Dinge häufig lieber allein, als mit anderen.
Von Zeit zu Zeit wäge ich da ab. Mal mache ich Dinge lieber gemeinsam und mal lieber allein.

Bei dem Punkt Ehrlichkeit sehe ich häufig eine große Schwierigkeit.
Wann soll ich ehrlich sein, und wann besser nicht? Steht meine Partnerin im Geschäft vor dem Spiegel
und fragt mich. Sieht das Kleid nicht toll aus? Dann habe ich genau etwa drei Sekunden zu überlegen,
was ich ihr sage. Sage ich ihr, dass ich das Kleid nicht chic finde, wird sie es eventuell nicht kaufen.
Sage ich aber. Du, darin siehst Du gut aus, dann war ich nicht ehrlich. Aber sie kann dieses Kleid dann viele
Jahre tragen und sich darin gut fühlen.
Mit einer Lüge kann ich andere Menschen manchmal auch wunderbar dazu motivieren, selbstbewusst zu sein.
Andererseits will ich damit nicht sagen, dass man eher unehrlich sein sollte.
Ich habe es oft sehr genossen, wenn ich ehrlich mit meiner Partnerin und meinem Freunden sprechen konnte.
Ich möchte damit nur sagen.
Fast immer sollte man es von Fall zu Fall abwägen, bin ich eher ehrlich oder nicht.
Oft brauche ich aber auch gar nicht lügen. Ich kann auch sagen. Bitte frag mich nicht, Wenn Dir das Kleid gefällt, dann kaufe es.

Zitat von sarah2:
Es muss jetzt niemand dem anderen sagen, dass er hässlich Schuhe trägt.

Da hast Du Recht. Weil, ob etwas hässlich ist, hängt allein von dem Gefühl eines Menschen ab.
Da können wir schlecht neutral sein. Man kann jedoch sagen. Ehrlich gesagt, mein Geschmack
wäre das nicht.

Zitat von sarah2:
Aber authentisches Verhalten finde ich schon wichtig.

Das sehe ich genau wie Du. Authentisches Verhalten hilft mir, leichter zu einem anderen
Menschen Vertrauen aufzubauen.
Und wenn ich mich möglichst authentisch verhalte, hat es ein anderer Mensch leichter, mir zu vertrauen.

Wenn nun die Angst ins Spiel kommt, kann es schon mal schwierig für andere werden.
Wer sich sehr ängstlich gibt, wirkt auf andere manchmal nicht so authentisch.

Zitat von sarah2:
Oder z.B akzeptieren, wenn jemand Rückzug braucht oder an bestimmten Dingen kein Interesse hat

Das sehe ich ebenfalls wie Du. Wenn Du Dich lieber in einigen Situationen zurückziehen möchtest,
dann mach das. Fordere es ein.

Ohne die Fähigkeit zur Selbstreflexion wirds schwierig Erwartungen an Andere realistisch zu Betrachten. Es ist eine Sache von Geben und Nehmen. Natürlich kann jemand von anderen Erwarten, dass Diese so sein sollen wie man es sich wünscht, sollte aber auf Enttäuschungen gefasst sein. Gerade wenn Authentizität gewünscht ist, ist es eben auch zu respektieren, wenn jemand ist, wie er ist. Und bei gewünschter Ehrlichkeit ist es zu erwarten, dass einem womöglich eine Aussage nicht gefallen könnte, weil man sich verletzt fühlt. Und da kommt wieder die Selbstreflexion ins spiel. Wahrheit kann eben auch weh tun. Der Gedanke, Alle müssten gut zu einem sein ist verständlich, aber eben auch weltfremd. Ewig in Watte gepackt werden, lässt es kaum zu, eine nötige Resilienz zu entwickeln, die einem auch mal hilft Unangenehmes auszuhalten, wenn man keinen Einfluss hat Dieses zu ändern.

Zitat von Disturbed:
eine nötige Resilienz zu entwickeln

Ich gebe dir in allem, was du schreibst, vollkommen recht, allerdings gebe ich zu bedenken, dass die Fähigkeit, Resilienz entwickeln zu können, nicht bei allen gleich groß ist. Ich frage mich, ob Resilienz für mich selbst tatsächlich, so wie es in einem der Bücher, die ich mir gekauft habe, steht, erlernbar ist. Wie stark sind die alten Muster, die in einem eingeprägt sind, dass man nicht doch immer wieder auf sie zurückgreift?
Das frage ich mich und kann es wohl nur für mich selbst beantworten.

Zitat von Disturbed:
Ohne die Fähigkeit zur Selbstreflexion wirds schwierig Erwartungen an Andere realistisch zu Betrachten.

Nicht nur das, finde ich.
Die Fähigkeit zur Selbstreflexion hat für uns Menschen eine zentrale Bedeutung. Ich finde es sehr
hilfreich, dass Du dies ansprichst.
Bei Angststörungen sehe ich häufig, wie schwierig es ist, sein eigenes Denken und Fühlen zu reflektieren.
Offensichtlich wird das durch das fast ausschließliche unterbewusste Denken verhindert.
An vielen anderen Stellen hier im Forum habe ich schon oft darauf hingewiesen, dass mit bewusstem
Denken
eine gewisse Selbstreflexion möglich wird.

Zitat von ManicStreetP:
Ich frage mich, ob Resilienz für mich selbst tatsächlich, so wie es in einem der Bücher, die ich mir gekauft habe, steht, erlernbar ist. Wie stark sind die alten Muster, die in einem eingeprägt sind, dass man nicht doch immer wieder auf sie zurückgreift?
Das frage ich mich und kann es wohl nur für mich selbst beantworten.


Auch ich denke, Du kannst das am besten für Dich selbst beantworten.
Fachleute sagen übereinstimmend, dass Resilienz grundsätzlich erlernbar ist.
Vieles hängt zwar von Deinen alten eingeprägten Mustern ab.
Es hängt aber dann auch sehr davon ab, wie stark die neuen, selbst von Dir entwickelten
Erkenntnisse und Überzeugungen sind, welche Du Dir selbst in Dein Unterbewusstsein als
Alternativen einspeicherst.

Ich glaube auch, dass ich eher als andere merke, wenn ein Mensch sich nicht authentisch verhält und z.B lügt.
Was sich für mich dann total abstoßend anfühlt.
Während andere Leute das vielleicht gar nicht merken.

Zitat von sarah2:
Ich glaube auch, dass ich eher als andere merke, wenn ein Mensch sich nicht authentisch verhält und z.B lügt.
Was sich für mich dann total abstoßend anfühlt.


So hatte ich auch einmal gedacht. Allerdings kannst Du nicht versuchen, dies mal etwas anders zu sehen.
Ein Mensch, der Dir Geschichten erzählt, der muss nicht unbedingt schlecht sein.
Er hat nur an vielen Stellen nicht den Mut, die Wahrheit zu erzählen. Sie/er glaubt, es hat Nachteile, wenn
er das erzählt, was wir Wahrheit nennen.

Damit will ich sagen. Bitte versuche, zu akzeptieren, dass wir Menschen sehr häufig mit kleinen
Lügen denken und vor allem sprechen. Wenn dies im normalen vertretbaren Rahmen geschieht,
versuche es zu akzeptieren. Der Mensch versucht sie damit selbst zu schützen.

Falls Dich das interessiert, beobachte Dich mal selbst. Und schau mal, wie viele kleine Unwahrheiten (Lügen),
Du täglich in Deine Sprache einbaust. Ich bin bei mir darüber oft überrascht. Bewusst wollte ich das gar nicht.
Warum machen wir das? Vermutlich auch aus Angst, aus Selbstschutzgründen. Oder warum sonst?
Deswegen sind wir beide aber nicht besser oder schlechter als andere.

Ich denke mal so kleine Unwahrheiten nutzt jeder ( ich möchte mich da tatsächlich auch nicht komplett rausreden).
Aber so direkt etwas vorspielen oder vorheucheln würde ich nicht.

Ich finde auch, dass es extrem viel Energie kostet Ängste und depressive Gedanken zu verstecken.
Andererseits muss man ja schon auch ein bisschen positiv auf andere wirken.

Zitat von sarah2:
Ich finde auch, dass es extrem viel Energie kostet Ängste und depressive Gedanken zu verstecken.
Andererseits muss man ja schon auch ein bisschen positiv auf andere wirken.

Teufelskreis Einsamkeit?

Möglicher Ansatz: Ängste und depressive Gedanken nicht verstecken, aber auch nicht den Menschen auf die Nase binden
-- weniger Energieaufwand --

Positiveres Gefühl -- positiveres Gefühl auf andere -- Weniger Ängste -- vielleicht etwas weniger depressive Gefühle


Einsatz: Es ist ok, wenn man etwas Angst hat und sich depressiv fühlt. Man darf Leuten sagen: Ich fühle mich gerade nicht so gut

Zitat von Gody:
Von alleine klopft keiner an deine Tür. Oder wird dir ins Zimmer gebeamt.

Absolut

Ja das stimmt leider.
Leider muss man als Erwachsener gezielt nach Kontakten suchen und darf gleichzeitig nicht zu aufdringlich sein.
Man hat wie schon gesagt auch nicht mehr die Treffpunkte die man als Jugendlicher hatte.
Das macht es um so schwieriger.
Man muss ein Hobby finden an dem man Interesse und gleichzeitig auf viele Menschen trifft.
Sponsor-Mitgliedschaft

Zusätzlich fühlt sich auch noch alles extrem sinnlos an und ich finde nichts woran ich wirklich Interesse habe.

Eben sämtliche Symptome einer Depression.
Die mein Therapeut allerdings verneint.

Man weiß nie wem man im Leben begegnet. Und da kommt das Grundgesetz in's Spiel. Eben das mit dem selbst aktiv sein.
Sicher - zu aufdringlich ist kontraproduktiv. Menschen offen begegnen ist aus meiner Erfahrung wichtig. Für jemanden der eher schüchtern oder introvertiert ist, sicher eine Herausforderung.

Das ganze hat zwei Seiten - die eine ist die Aktivität im aussen. Das andere ist die aktivität im inneren - was mMn noch wichtiger ist als das die Aktivitäten im aussen.

Unsicherheit, soziale Phobie und solche Dinge haben ihre Ursache. Und da sehe ich einen wichtigen Ansatz.
Hier sind Fragen aus den Bereichen Selbstwert, Eigenliebe, die Rolle die man einnimmt, Körpergefühl, innere Achtsamkeit, äussere Achtsamkeit zu finden.

Wurde hier auch schon erwähnt - ein niederschwelliger Einstieg in das soziale leben ist eine gute Sache. Fehler werden und dürfen passieren. Es gilt dann die Situation mit Achtsamkeit zu betrachten und sich die positiven Dinge herauszuziehen.

Das dies ein umfangreiches Thema ist, damit renne ich bei dir sicher offene Türen ein.

Jedoch ist jede Biografie anders. Auch wenn es unter den Betroffenen Gemeinsamkeiten im Umgang mit der Symptomatik gibt, so gibt es auch eigentlich immer Unterschiede im Umgang mit sich selbst gegenüber anderen.

Ein Weg hinaus bedeutet eine Umstellung des denkens, fühlöens und der Interpretation.
Meine Metapher dafür ist die Kirche und Galileo.
Ein Teil in sich glaubt die Erde ist eine flache Scheibe, man selbst weiß das die Erde rund ist.
Diesen Konflikt hat man in sich.

Klingt unbezwingbar, es ist jedoch möglich sich selbst quasi umzuprogrammieren.

Ich weiß wovon ich spreche - diesen Weg bin ich selbst einmal gegangen. Diesen Weg sind auch andere die ich kenne gegangen.

Manche Dinge werden bleiben, aber eine gute Lebensqualität kann man erreichen.

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Dr. Reinhard Pichler
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