Ich heiße Janusz, bin 34, wohne in Wuppertal und fühle mich dort extrem einsam.
Dieses Gefühl der Einsamkeit begleitet mich schon seit meiner Jugend. Ich hatte nie wirklich das Gefühl, irgendwo dazuzugehören, war stets der Außenseiter und musste früh lernen, mit mir alleine zu Recht zu kommen. Ein Grund dafür waren und sind sicherlich meine Behinderungen. Eine davon schleppe ich bereits seit meiner Geburt mit mir herum. Ich leide an Spastik, wodurch ich beim Gehen mein linkes Bein leicht hinterherziehe, dadurch weder Auto- noch Fahrradfahren und auch keine langen Fußmärsche machen kann, da ich irgendwann starke Schmerzen bekomme. Das hatte zufolge, dass ich während meiner Schulzeit massiv gemobbt wurde und als Außenseiter entsprechend keine Freunde fand.
Einige Zeit nach meiner Ausbildung wurde dann auch noch eine zweite Behinderung diagnostiziert, die seither mein Leben vollkommen bestimmt. Ich leide zusätzlich zur Spastik noch an einer Harnblasenfunktionsstörung. In Kurzform, ich habe häufigen Harndrang, der mich etwa alle 30 Minuten zur Toilette zwingt.
Das ist nicht nur furchtbar unangenehm, es ist vor allem in Kombination mit meiner anderen Erkrankung ein regelrechter sozialer Killer. Ich kann dadurch nämlich nicht mehr wirklich viele Aktivitäten betreiben. Konzertbesuche, ein Picknick im Park oder mal eben zum See fahren, alles unmöglich. Vom Verreisen fange ich gar nicht erst an. Selbst ein einfacher Kinobesuch gestaltet sich schwierig, da ich meist keinen Film ohne mindestens eine Pause durchgucken kann. Spontanität ist sogar völlig unmöglich geworden. Jeder Gang nach Draußen muss strengstens geplant werden. Und sei es nur mal eben Lebensmittel einkaufen.
Was die ganze Erkrankung für mich aber besonders schwer macht, ist dieses völlige Alleinsein damit. Wer kennt schon Jemanden, der an sowas leidet oder kann sich darein versetzen?
Versucht einfach nur mal diese Situation auf euer Leben zu übertragen und überlegt, wie einschränkend das für euch wäre. Doch es ist eben kaum vorstellbar, wenn man nicht selbst betroffen ist. Von den meisten Menschen wird es sogar als Lappalie abgetan, schließlich gäbe es doch überall irgendwelche Toiletten. Was aber quatsch ist. Wie oft funktionieren die Toiletten z.B. alleine in Zügen nicht.
Ich fühle mich mit diesen Erkrankungen einfach so unglaublich nutz- und wertlos. Fast wie ein Mensch zweiter Klasse.
Seither beschränken sich meine Kontakte auf Online-Freunde, die alle weit verstreut in Deutschland wohnen, mit denen ich immer mal wieder schreibe und telefoniere. Doch ihr wisst das sicher selber, das ist nicht dasselbe, wie Jemanden direkt vor Ort zu haben, der dich auch mal in dem Arm nehmen kann, wenn es dir schlecht geht. Zumal der wichtigste Kontakt, den ich lange Zeit hatte, meine jüngere Schwester, letztes Jahr mit meinem kleinen Neffen zusammen ausgewandert ist. Sie stand mir jahrelang bei. Jetzt habe ich Niemanden mehr und hocke täglich nur Zuhause (auch schon vor Corona) und führe ein langweiliges, tristes Leben.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich auch noch nie eine Freundin/Beziehung hatte und meine Selbstzweifel dadurch natürlich immer mehr wachsen und mein Selbstvertrauen quasi gar nicht existiert. Ich denke mir jedes Mal, welche Frau will schon mit einem Schwerbehinderten und unerfahrenen Typen zusammen sein.
Da ich ein sehr reflektierter Mensch bin, habe ich reichlich Selbstanalyse betrieben und nach den Ursachen für meine Einsamkeit und das Desinteresse der Frauen an mir gesucht. Ein großer Teil hängt sicher mit meinen Behinderungen zusammen. Sie isolieren mich stellenweise von der Außenwelt. Es lag aber sicher auch u.a. daran, dass ich früher eben zu schüchtern und introvertiert war.
Ich war in den letzten Jahren jedoch auch nicht untätig und warte nicht nur darauf, dass vielleicht irgendwas passiert. Denn das tut es definitiv nicht von selbst. Zunächst habe ich stark an mir selbst gearbeitet. Ich habe meine Introvertiertheit und Schüchternheit früherer Tage abgelegt und wurde viel offener. Ich habe gelernt, meine Behinderungen zu akzeptieren, mich mit den Gegebenheiten zu arrangieren und das Beste daraus zu machen. Daher fällt es mir auch nicht mehr schwer, über meine Situation zu sprechen und mich euch hier mitzuteilen. Diese Veränderungen brachten mir u.a. nach siebenjähriger Arbeitslosigkeit meinen derzeitigen unbefristeten Job ein.
Dort habe ich zwar echt nette Arbeitskollegen, mit denen ich super zurechtkomme, aber sie sind alle deutlich älter als ich und wir haben überhaupt keine Bezugspunkte zueinander. Mehr als oberflächlichen Smalltalk, den ich übrigens überhaupt nicht mag, ist mit ihnen nicht drin. Alle gleichaltrigen Kollegen aus anderen Abteilungen haben ebenfalls kein echtes Interesse daran, über Smalltalk bei mir hinaus zu gehen. Dabei bin ich ein sehr offener, kommunikativer Typ, der von sich aus das Gespräch und den Kontakt sucht. Bislang eben ohne Erfolg. Dennoch nutze ich nach wie vor jede Möglichkeit, irgendwie rauszukommen (Betriebsausflüge oder Weihnachtsfeiern), nur um dabei zu sein und dazu zu gehören. Ich bin auch nach wie vor in der Lage, zu schwimmen, in Bars, Cafés, Restaurants oder ins Kino zu gehen. Doch so ganz alleine macht es für mich eben wenig Sinn.
Warum schreibe ich das Alles hier?
Nun, weil ich im echten Leben eben nur zutiefst unwahrscheinlich neue Bekanntschaften finden werde und hier ja nichts zu verlieren habe. Daher suche ich Bekanntschaften, mit denen ich nicht nur meine Freizeit verbringe oder mich hier online austausche, sondern im besten Fall natürlich eine Freundschaft/Beziehung aufbauen kann.
Wie ticke ich?
Ich halte mich für durchaus tiefgründig, bin ein nachdenklicher, reflektierter, melancholischer und verträumter Mensch, der fast ununterbrochen im Gedanken ist und gerne seine Umwelt beobachtet. Ich verabscheue Oberflächlichkeit und mag authentische Menschen, egal wie sehr sie auch von der Norm abweichen. Ich mag keine Gesellschaftlichen Konventionen und finde nichts schlimmer als hohle Phrasen, wie z.B. dieses typische na, wie gehts? im Vorbeilaufen, dessen Antwort die Menschen zu 99% ohnehin nicht interessiert.
Auch wenn ich lieber zuhöre als zu reden, kann ich ebenso stundenlang quatschen, wenn das Thema passt. Dabei bin ich sehr direkt und keineswegs konfliktscheu. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich das auch. Kommunikation ist für mich das Fundament jeder menschlichen Beziehung.
Entsprechend gehöre ich nicht zu den Menschen, bei denen Dinge unter der Oberfläche brodeln oder bin jemand, der lästert. Außerdem bin ich wirklich sehr verständnisvoll und versuche mich immer in meine gegenüber hineinzuversetzen. Ich handle entsprechend eher rational als emotional. Dennoch stehe ich zu meinen Gefühlen und weine auch, wenn mir danach ist.
Ich liebe schwarzen, makaberen Humor, kann aber eigentlich über alles lachen, wenn es witzig ist.
Geld und Status bedeuten mir bei meinen Mitmenschen nichts. Für mich zählt ausschließlich die Persönlichkeit.
Was mache ich gerne in meiner Freizeit?
Im Laufe meiner Einsamkeit habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und eine echte Leidenschaft für das Medium Film entwickelt. Dabei konsumiere ich Filme und Serien nicht bloß, sondern tauche im besten Fall komplett in deren Welten ein und setze mich anschließend mit deren Inhalt auseinander. Denn gerade Filme lösen oftmals Gefühle in mir aus, wie ich sie im realen Leben kaum fühle.
Ich bin hierbei keinem Genre abgetan und schaue von der Stummfilm-Ära, über Animes, modernen Blockbustern und RomComs bis hin zu Arthouse- oder experimentellen Filmen wirklich alles.
Außerdem liebe ich Video- und Gesellschaftsspiele, die ich seit meiner Kindheit zocke.
Normalerweise spiele ich noch unheimlich gerne Bowling, Minigolf oder gehe gerne schwimmen. Doch alleine machts ja nur halb so viel Spaß. Vielleicht ändert sich das in Zukunft ja.
23.08.2020 16:19 • • 07.10.2020 x 2 #1