Hallo @Debodori und auch von mir noch ein herzliches Willkommen!
Oh ja, nach einem richtig knackigen Burnout kombiniert mit Ängsten verändert sich für einen selbst sehr viel. Ich habe mein Leben auch danach komplett neu ausgerichtet, weil ich ganz klar erkannte, dass mein alter Lebensstil nicht nur erheblich zu meinem Zusammenbruch beitrug sondern eigentlich auch gar nicht wirklich zu
mir passte.
Du kämpfst nun, wenn ich das richtig verstehe, schon zwei Jahre damit, Dich und Dein Umfeld zu sortieren. Bei mir ist das nun über 8 Jahre her und die Erinnerung an mein altes Leben wird immer schwächer. Der Prozess der Loslösung ist der eine Teil, der andere ist, wie Du eben erlebst, die Etablierung einer neuen Dobodori. Und die ist einerseits nicht mehr so ganz wie die alte, aber auch noch nicht so ganz die neue. Die Tibeter würden das vielleicht (einen) Bardo(-zustand) nennen - ein Zwischenreich oder ein Erleben, das noch keine richtige Orientierung hat. Mit einer schwankenden Angststörung erlebt man diese Phase noch etwas kritischer.
Und doch sehe ich es heute, also rückblickend, als die wertvollste Phase meines bisherigen Lebens an. Nicht unbedingt sehr lustig, aber äußerst erkenntnisfördernd.
Zitat von Debodori: Freunde habe ich eigentlich genügend, aber die haben in dem Alter halt anderes zu tun wie Ehemann, Kinder, Partner:in etc., und ich habe auch das Gefühl die haben nicht immer so doll Lust, mit mir ruhige Dinge zu unternehmen. Ist ja schon nicht immer einfach. Wirklich allein bin ich also nicht, aber schon sehr oft einsam. Und das macht das Ganze noch schwieriger.
Ich glaube, das kennen nicht nur Burnoutler und Ängstler. In Deinem Alter trennen sich - zumindest schwerpunktmäßig - oft die Wege. Ruhige Dinge, wie Du sie so schön nennst, finden in lauten (Famlilien-)Lebensentwürfen der Freunde einfach kein Gehör. Wenn Du selber nicht aufgrund des Burnouts ruhiger hättest werden
müssen, würdest Du ja vielleicht ebenfalls eher auf der lauten Seite des Lebens (weiter) stehen?
Ich fühlte mich damals wie eine Schildkröte unter Fischen: ich kannte plötzlich beide Erlebenswelten und meine damaligen Freunde und Bekannten vorwiegend nur die eine, ihrige. Meine deutlich reduzierte Lebensweise erschien ihnen notwendigerweise als schwer nachvollziehbar. Man redete zwar mit mir drüber aber so richtig anfreunden mit diesem neuen moo konnte sich letztlich nur ein einziger - und der ist auch heute noch mein bester Freund. Die Beziehung zwischen uns beiden bekam durch meine Krise sogar noch ein paar Wirkungsebenen als Bonus obendrauf .
Ich kann nur für mich sprechen - um vorerst mal zu Ende zu kommen: Erst mal müssen wir den Abschied vom alten Leben verdauen. Das ist ganz wichtig. Sofort irgendwie ein Ersatzleben zu installieren kann nur in die Hose gehen. Wir müssen dieses Bardo
nutzen: dafür, wirkliche individuelle Werte zu suchen, zu finden und nach ihnen zu leben. Und dafür gibt es wohl keine zeitliche Vorgabe.
Zitat von Debodori: Ich habe mir überlegt, mir ein Fahrrad oder ein Roller zu kaufen und es mal damit versuchen, rauszugehn. Mal ein bisschen rumfahren statt rumlaufen.
So erschreckend banal sich das für Andere vielleicht anhören mag, aber
genau solche Dinge finde ich absolut grandios. Du hast quasi, wenn ich das richtig rauslese,
Lust auf einen Roller oder ein Fahrrad - auf dieses
für Dich neue Erlebensgefühl. Tu es und lass es in Dein Leben! Tu es ganz und gar und ohne Hintergedanken bzgl. eines vermeintlichen Benefits hinsichtlich Deiner Krankheit.
Es ist etwas, das Du vielleicht nur jetzt,
in dieser Phase herausfinden kannst:
Die Freude am einfach tun.