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Hallo,

ich, m. 22, beschreibe jetzt mein Problem so wie ich das noch nie getan habe und würde gerne eure Meinungen dazu hören.

Ich fing vor ca. 1,5 bis 2 Jahren angefangen an, mich von meinem Umfeld zu isolieren. Ich fing an unter immer stärker werdenden Depressionen zu leiden, die mir teilweise fast Tränen in die Augen trieben. Lange dachte ich, der Gegenstand der Depressionen war hauptsächlich, dass ich wahrnahm, dass ich charakterlich zu so gut wie niemandem mehr passte. Ich konnte mich mit immer weniger Menschen vereinbaren. Ich begann, die Menschen in und außerhalb meines Umfeldes zu beobachten und empfand immer öfter Hass und Zorn auf sie. Wegen ihrer Schwächen die so oft zusammenfielen - Heuchelei und Moralismus, Manipulation und Manipulierbarkeit, Ignoranz, Arroganz, intelligent sein wollen und dabei so primitiv sein und nicht zu letzt Äußerlichkeitsbezogenheit und Voruteile. Kurz, ich wurde ein Misanthrop. Letztere zwei bringen mich zu dem Problem, von dem ich heute sagen würde, dass es mein größtes Problem ist und alles wahrscheinlich viel besser wäre, wenn ich es bewältigen würde. Ich habe ein extremes Erfolgsproblem mit Frauen. Ich bin keine Jungfrau mehr (aber so gut wie) und habe ein klein wenig Erfahrung mit Frauen, das ist aber lange her. Und bekanntlich findet ein blindes Huhn bzw. ein blinder Hahn auch mal ein Korn. Eine Beziehung hatte ich nie. Die Frauen können meinem Aussehen anscheinend nicht das geringste abgewinnen und dazu, den Charakter genauer kennenlernen zu wollen, kommt es gar nicht erst, wenn man vorher aufgrund des Aussehens (Ich mache Kampfsport und kleide mich eher sportlich, was mich äußerlich für die meisten wohl zu dem macht, was sie Proll, Macker, o.ä nennen) in irgend welche dummen Schubladen gesteckt wird bzw. man solche Charakterzüge hat, die nicht mit so einem Aussehen assoziiert werden oder einem dann nicht zugestanden werden.

Ich bin seit ein paar Tagen in diesem Forum und habe hier das Wort Dysmorphophobie kennengelernt. So weit ich sehe, gehört zu dieser Phobie, dass man, neben der Empfindung, andere könnten das tun, auch selber den eigenen Körper/das Aussehen nicht wertschätzt, dass man sich selber hässlich findet. Eher wird letzteres durch ersteres verursacht. Ich bin nicht hübsch, finde mich aber alles andere als hässlich, und wie gesagt, ich mache Sport und habe deswegen einen sehr sportlichen Körper. Meinen Charakter finde ich noch besser. Das macht es für mich aber nur noch schlimmer. Meine Depressionen sind also nicht nur durch bloße subjektive Suggestionen anderer verursacht, sondern durch reale Erfolgszahlen, wenn man es so nennen will. Ich habe kein Selbstbewusstseinsproblem, mit meinem Körper oder meinem Aussehen, kriege aber, die knallharte Realität in Form der ablehnenden Wahrnehmungen der Frauen auf den Tisch geknallt. Da ich philosophisch veranlagt bin, habe ich mir viel Gedanken über Realität, Urteilsbildung, Subjektivität und den ganzen Kram gemacht und bin deswegen auch eher der Auffassung das es DIE Realität nicht gibt. Leider lässt sich Realität aber auch konstruieren. Und an dieser Attraktivitätsrealität komme ich nicht vorbei.

Wenn ich dann die Menschen sehe, die sich hässlich finden, dysmorphophob sind (ja da habe ich in den letzten Tagen zwei kennengelernt) finden, aber so hübsch sind und auch noch handfesten Erfolg beim anderen Geschlecht haben, dann will ich nur noch die Welt anzünden. Wenn ich Erfolg hätte, wäre mir das sowas von egal, was andere sagen, dann wäre die Realität sowieso auf meiner Seite.
Ich hasse die Menschen so für ihre Äußerlichkeitsbezogenheit. Und noch schlimmer ist, dass ich die selber habe. Wenn auch ich sie, genau wegen meiner Einsichten, die ich gesammelt habe, weniger als 95% der Menschen habe und auch nur, weil ich aus Trotz auch mal so sch... sein und der animalischen Natur nachgeben will...glaube ich zumindest. Und umso trauriger ist, dass niemand das sieht, vor allem Frauen nicht. Dann wird lieber Idealvorstellungen nachgeeifert und sich damit angestrengt, die krankhaften Schönheitsanforderungen ihrer Schwärme zu erfüllen, obwohl sie sich wünschen, dass ein Typ nicht so auf das aussehen schielt.
Aber damit nicht genug. Wenn ich dann Paare sehe und mal nach dieser Logik gehe und ich bei Ihm denke Hey, sein Aussehen müsste doch genau so schlecht beurteilt werden wie meins. Und er hat so ne Freundin. Hm, das muss dann der Charakter sein. Kein Problem, hab ich., dann setze ich mal wieder auf meinen Charakter. Tja da scheint dann aber doch wieder was zu fehlen bzw. abzuschrecken bei aller Schönheit meines Charakters.

Na ja, jedenfalls habe ich wie gesagt deswegen unglaubliche Depressionen, wegen denen ich mittlerweile auch weine und die zu meiner chronischen Krankheit, die ich seit ca. 4,5 Jahren habe und die mir zusätzlich Depressionen beschert, dazu kommen. Würde mich auch nicht wundern, wenn die sich gegenseitig verstärken oder gar die Krankheit ganz durch ersteres verursacht wurde. Arbeiten kann ich auch kaum mehr deswegen. Da nichts auf dem normalen weg geklappt hat, waren Schritte, die ich unternommen habe, Datingseiten besuchen, wo meine Gedanken aber nur be- statt entkräftigt wurden, sprich ich erfuhr mal wieder nur Ablehnung. Zuletzt sozialisier-bar.de (für Menschen mit SP), wo es aber auch nicht besser läuft, nicht mal bei Frauen, die verstehen müssten, wie es ist, abgelehnt zu werden. Feiern gehe ich wegen der selben Erfolglosigkeit auch nicht mehr oder seltenst.
Ach ja, es sei gesagt, ich habe mich in den verschiedensten, und ich meine wirklich in den verschiedensten und gegensätzlichsten Menschenkreisen rumgetrieben, auch im Rahmen verschiedener Hobbies und bin deswegen an sehr verschiedene Frauen gekommen. Es also bei den falschen Frauen versucht zu haben, kann ich also mehr als getrost ausschließen. Das übrigens auch zu dem oben erwähnten sich nicht mit Menschen vereinbaren können. Ich bin auch nicht mal schüchtern oder nicht offen. Ganz im Genteil

Dieses Forum hier ist ein großer Segen. Danach weiß ich aber auch nicht mehr weiter. Einen Psychologen lehne ich ab, weil ich mich meiner Meinung nach besser kenne und bereits besser analysiert habe, als das ein Psychologe je könnte. Außerdem kann der an Misserfolg auch nichts ändern. Ich will das alleine schaffen. Yoga hat mir da bisher sehr geholfen, z.b. dabei, auf die Idee zu kommen, dass, ich eventuell Phobien habe und danach zu recherchieren. Kann ich nur empfehlen. Aber Yoga schafft leider nicht einfach so alle Probleme aus der Welt.
Ich muss einfach mal wissen, wie andere das sehen, oder vielleicht hat jemand sogar ähnliche Erfahrungen.

Grüße

03.01.2013 22:22 • 06.01.2013 #1


1 Antwort ↓

Hm...
Kann Dir nur sagen, dass Menschen sich von 'Misanthropen' abgestoßen fühlen.

Ich kann Dir kurz meine Erfahrungen schildern: Bin ein paar Jahre älter als Du und leide unter Depressionen, die mir mal stärker, mal schwächer den Alltag erschweren. Sie fingen wohl mit 16 oder 17 an, mit den ersten krassen Enttäuschungen durch Freunde und Freundinnen, die Erfahrung des Opfer-seins, der Verlust von Welt-Vertrauen. Ich zog meine misanthropischen Konsequenzen, ging ins innere Exil, war irgendwann vollkommen isoliert. In den folgenden Jahren war ich faktisch tot, bzw. weiß heut gar nicht mehr, wie ich die Schule trotzdem absolvierte und mir sogar ein Studienplatz sicherte, denn eigentlich hatte ich überhaupt keinen Antrieb mehr, nur noch Ablehnung für die Welt übrig. Teufelskreis Misanthropie: die Kluft zu den Anderen wird immer größer.

Dann zog ich in eine WG, in der ein anderer Misanthrop wohnte. Eigentlich ja schön, wenn zwei sich finden. Nein, ist es nicht! Denn ich erkannte mich plötzlich in seinen Aussagen wieder, er war wie ein Spiegel meiner eigenen Gedanken, die auf einmal überhaupt nicht mehr so klug und sinnvoll sich anhörten, wie in meinem Kopf. Es klang sehr viel mehr nach Selbstmitleid und ich begann immer öfter, gegen seine Misanthropie zu steuern, Menschen in Schutz zu nehmen, weil er vielfach ungerecht und nicht minder oberflächlich unrteilte als jene, denen er dies zum Vorwurf machte.

Kurz: ich löste mich vom misanthropischen Denken, schämte mich sogar etwas dafür. Die breite Masse der bürgerlichen Gesellschaft schaut mich immer noch skeptisch an, aber hin und wieder schließe ich Bekanntschaften.

Ich sage Dir nicht: keep smiling and think positiv. Hätte mir das damals jemand gesagt, hätte ich ihn bestenfalls ausgelacht. Ich weiß, wie hart es ist, wenn einem auf der Straße nur ignorante Gesichter zu begegnen scheinen (oder wirklich begegnen), wenn man sich durch die Straßen schleppt wie ein Schatten inmitten der Gleichgültigkeit und Ignoranz der anderen. Ich sage Dir auch nicht: Passe Dich an, um gemocht zu werden.

Nur solltest Du vllt. einmal darüber nachdenken, wie sehr die Menschen durch Misanthropie verunsichert werden. Niemand lässt sich gerne abwerten, Du selbst ja auch nicht. Der Misanthrop wertet im Allgemeinen andere sehr gerne ab, das ist sein Beruf.

Und noch etwas: Wozu brauchst Du eine Beziehung zu einer Frau? Du selbst schreibst von Liebeserfolg, was irgendwie auf das Bedürfnis nach Selbstbestätigung hinweist. Wenn man nicht weiß, ob man hässlich ist oder nicht, dann wünscht man sich natürlich Bestätigung. Allerdings ist dafür eine Beziehung nicht da. Ich weiß nicht, wie sehr sich diese Einstellung bei Dir wirklich auswirkt, aber achte mal darauf: Möglicherweise schenkst Du den anderen im Gespräch zu wenig Aufmerksamkeit, sondern prüfst zu viel Dein eigenes Wirken auf die andere Person.

Ich will Dir nicht zunahe treten oder Dich irgendwie analysieren; dafür weiß ich zuwenig. Aber vllt. hilft Dir ja das ein oder andere doch weiter.

Gruß

R.





Dr. Reinhard Pichler
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