@ Nyan, Raskolnikov
Ihr schreibt dermaßen abgehoben, dass man/ich dem kaum geistig folgen kann.
Ich gehe daher nur auf einzelne Punkte ein.
Misstände hat es immer gegeben, gibt es natürlich auch in der Gegenwart und wird es wohl auch immer in irgendeiner Art geben. Die Formen wechseln, und einzelne Entwicklungen werden verbessert, aber es gibt auch negative Entwicklungen.
Ich finde es auch schlimm, wenn auf Kinder/Jugendliche/Schüler extrem viel Druck ausgeübt wird, und das ist mit dem derzeitigen Schulsystem m.E. wirklich der Fall. Aber auch das hat es schon früher gegeben - ich empfehle z.B. die Lektüre von Alfred Andersch: Vater eines Mörders. Ein hervorragend einfühlsames, spannendes und aufschlussreiches Buch.
Und ich bin absolut dafür, dass Kinder aus bildungsferneren Schichten maximal gefördert werden, damit sie ihre sozial bedingten Nachteile aufholen können. Dass das viel zu wenig passiert und dass anscheinend gerade besonders begabte Kinder besonders leicht in Sonderschulen (= Hilfsschulen!) landen anstatt in besonderen Förderungen, finde ich fast unerträglich.
Zitat von Raskolnikow:Zuallererst: Was sind 'Gutmenschen'?
Als Gutmenschen bezeichne ich Menschen, die alles, was geschieht, über den großen Kamm des Verstehens und Verzeihens scheren - ohne jede differenzierte Betrachtung und ohne den Willen zur eigenen, individuellen Bewertung. Keinesfalls will ich damit gute, ethisch denkende und handelnde Menschen diffamieren. Nur kann Ethik nicht gleichbedeutend mit alles genehmigen und niemals streiten sein.
Zitat von Raskolnikow:Zur objektiven Benachteiligung:
Die hat ja niemand bestritten. Du hast aber Beispiele gebracht, wie das Rentensystem als Zwei-Klassen-System; die Erklärung bist du aber bisher schuldig geblieben, was für
zwei Klassen das sein sollen. Die Abhängigkeit vom früheren Einkommen ergibt ja nicht zwei Klassen, sondern eine
gleitende Skala von Renteneinkommen, nach oben offen, nach unten durch die Grundsicherung beendet.
Ich will dir helfen: Es gibt da
mehrere Klassen: Diejenigen, die in das allgemeine Rentensysten einzahlen, diejenigen, die in private Rentenversicherungen einzahlen, und diejenigen, die gar nicht einzahlen und trotzdem eine Rente/Pension bekommen, und das nicht zu knapp (die Beamten). Das ist dann aber ein Drei-Klassen-System.
Das kann man abschaffen bzw. ändern wollen, so, dass alle in das gesetzliche Rentensystem einzahlen.
Aber, wenn man ein Rentensystem will, wo am Ende alle dasselbe
bekämen, würden trotzdem die mit dem hohen Einkommen während ihres Lebens mehr ansparen und dann davon besser leben können als Menschen mit niedrigem Einkommen. Das Dilemma lässt sich nicht komplett in Luft auflösen. Und ich weiß auch nicht, ob das wirklich wünschenswert ist, dass man nichts für sein Alter ansparen dürfte?
Zitat von Raskolnikow:Zur Kinderarmut: Es gibt die Fälle von Verwarlosung durch diejenigen Eltern, die sich der Erziehung der Kinder kategorisch verweigern. Aber es gibt eben auch Eltern, die tatsächlich beide den ganzen Tag hart arbeiten müssen und immer noch Aufstockung des Lohnes erfahren und damit kaum eine Familie durchbringen können; die schicken ihre Kinder nicht unbedingt ohne Frühstück zur Schule, aber die Kinder leben trotzdem in (selbstverständlich: RELATIVER) Armut; und Armut ist ja nicht bloß ein finanzieller Mangel, sondern hängt zusammen mit krassen Sorgen um die Zukunft, um den sozialen Status, etc.
Es leben dann aber nicht nur die Kinder in der (relativen) Armut, sondern die Familie, also auch die Erwachsenen, nicht wahr? Mit dem Wort Kinderarmut bekommt man aber mehr Aufmerksamkeit, was durchaus auch sein Gutes hat, wenn dann wirklich mehr für Kinder überhaupt getan wird.
Zitat von Raskolnikow:Klassen-Medizin: Je nach Einkommen erhalten die Menschen unterschiedliche medizinische Versorgung; die Differenzierung verläuft nicht bloß zwischen den Privaten und den Krankenkassenpatienten, sondern intern gibt es auch Differenzierungen; die Zusatzkosten sind teuer und manche bekommen bspw. grauen Star, nur weil sie sich die Spezialoperation nicht leisten können.
Du plapperst anscheinend einiges nach, das du gehört, aber nicht ganz verstanden hast, sorry. Im Gegenteil, das ist heute eine sehr häufige Standardoperation, die von den gesetzlichen Kassen erstattet wird.
http://www.online-praxis.com/fachbereic ... 1014link= Und ich bin ziemlich sicher, dass sogar Obdachlose u.ä. eine solche OP bekommen können, selbst wenn sie wirklich nicht versichert sein sollten. (Im Prinzip gibt es ja inzwischen eine Versicherungspflicht.)
Hattest du vielleicht diesen Text gelesen?
http://kreditreparatur.blogspot.de/2012 ... -cost.html Es werden aber anscheinend derzeit die
Vorsorgeuntersuchungen gegen den Grauen Star von den gesetzlichen Kassen nicht übernommen. Das halte ich aber für eine Marginalie, denn das merkt man, wenn der Blick sich allmählich grau eintrübt, und sollte dann natürlich zum Augenarzt gehen, wobei die Kosten dann natürlich von der GKV übernommen werden.
Und ja, viele Zusatzleistungen sind teuer. Auch und gerade oft für Privatpatienten, die beileibe nicht alles zu 100 % erstattet bekommen und sowieso ein Vielfaches mehr an Beiträgen zahlen als gesetzlich Versicherte. (Monatsbeiträge von bis zu 1.000 Euro und Tarife mit 50 % Selbstbeteiligung bei sehr vielen Leistungen sind nicht selten - das weiß nur kaum jemand, und auch nicht, welche Probleme das im Alter macht.)
Das ist aber bei allem so - wer mehr Geld hat, kann sich mehr leisten. Und wir in Deutschland haben ja bekanntlich sowieso eine der umfangreichsten - gesetzlichen! - Versorgungen in der Welt - wenn nicht die umfangreichste überhaupt.
Zitat von Raskolnikow:Es gibt Ausnahmen! Und natürlich ist es grob gezeichnet; aber das zweifelt doch niemand an; die Frage ist nur, ob jemand dieser Gesellschaftsstruktur zustimmt oder sie ablehnt. Je nachdem finden sich dann Argumente, weshalb es gut ist, dass es so läuft oder weshalb es schlecht ist.
?? Wieso ist DAS die Frage?
Es geht dir also gar nicht um konkrete Missstände, sondern lediglich um Gesinnungsschelte?
Ich schlage vor, du engagierst dich, einen konkreten Missstand
beheben zu helfen - wie wäre das? (Oder tust du es?)
Zitat:'Verrohung' bedeutet nicht die Brutalität im Vorabendprogramm; es ist die Abwertung der Angehörigen von best. sozialen Gruppen als 'asozial', als 'Schmarotzer', etc.
Du willst wohl sagen, dass DU das damit meintest, oder?
Denn was Verrohung bedeutet und wo sie überall stattfindet, kannst du ja nicht einfach nach eigenem Gutdünken definieren. Die Verrohung im Vorabendprogramm ist vorhanden und mich entsetzt das schon lange. Und nicht nur mich. Nur leider haben die Medien da ihre Hand drauf.
Natürlich gibt es noch weitere Verrohungen. Dass z.B. Jugendliche offenbar die Hemmschwelle nicht mehr haben, einen am Boden liegenden Verletzten weiter zu verletzen, oder jemanden überhaupt gegen den Kopf zu treten.
Zitat: dabei wird auf dem Rücken des Argumentes, dass es jeder zu etwas bringen könnte, wenn er nur wollte, die Würde der anderen Gruppe angegriffen: 'soll die doch den Dreck weg machen, ist doch sonst zu nichts gut' (Beispiel einer Aussage aus meinem Umfeld über eine Putzfrau, ist aber kein vereinzelter Fall, sondern in meinem Umfeld zunehmend). Es steigt die Akzeptanz für zunehmende Lohnunterschiede, da die 'unteren' ja 'qualitativ' anders seien, als die 'Bürgerlichen'. Die Verrohung nimmt billigend hin, dass manche von dem erhaltenen Lohn für die Arbeit nicht leben können, ohne sich beim Sozialamt noch etwas dazuzuholen;
Es verrohen nicht alle aus der wohlhabenden Klasse; aber die 'Verrohung' würde zunehmen, so sagen es einige Psychologen Soziologen, Pädagogen. Das deckt sich auf jeden Fall mit meinen eigenen Erfahrungen.
Das kann sein, offenbar lebst du in der gehobenen Klasse. Ich lebe im Mittelstand und habe so etwas selten bis gar nicht gehört. Allenfalls von 1 Person, die aus Amerika kam und deren Selbst-ist-der-Mann-Mentalität zu 100% verinnerlicht hatte. Das sind die Leute in Amerika, die auch gegen die Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung sind.