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Zitat von nepumukinski:
Zitat:
Vielleicht könnte es hier einen Zusammenhang geben..?


Weil es keine Möglichkeit gibt, mit Menschen in Kontakt zu treten, ohne ihnen meine Gefühle anzutragen?

Ich meine dass es kaum gelingen könnte allein diese Grundannahme durch irgendetwas zu belegen. Ein Gefühl als ein unsichtbares Produkt, das ein anderer annimmt? Wie würde deiner Meinung nach diese Übertragung funktionieren?

Zitat von nepumukinski:
Dies impliziert, dass ich gezwungen wäre einen solchen Kreis von Menschen postwendend zu sprengen und wieder zu Distanz zu provozieren.

Das würde m.W. eine Identifikation mit anderen Menschen voraussetzen, d.h. in dem Fall würdest du dein eigenes Denken bzw. Gefühle an andere übertragen. Aber auch das würde nur in deinem Denken stattfinden, und deshalb kann diese Theorie nur eine individuelle Annahme sein...

Zitat von nepumukinski:
Ich kann entscheiden wie nahe ich andere an mich heranlasse?

Ja, das kann man, es ist immer die Frage der Distanz, die wir selbst wählen bzw. zu wählen lernen können. Ein einfaches Beispiel: Durch ein Verwandtschaftsverhältnis sind wie mit einem Menschen verbunden (als Kind auch aus der existeziellen Abhängigkeit heraus), der zu uns nicht passt, mit dem wir uns nicht wohl fühlen. Im Kindesalter liebt man seine Familienangehörigen und neigt zu deren Idealisierung. Mit der Zeit klappt aber dann das Verhältnis immer weniger und nur aufgrund der räumlichen Trennung kann man wieterhin ein herzliches Verhältnis erhalten, weil sich dadurch auch die emotionale Bindung lockert. Oder man bleibt, baut aber eine Distanz auf, teilt sich nicht mit. Das Bedürfnis nach Nähe varriert je nach der Person und ändert sich auch in jedem Moment. Mal Distanz, mal Nähe, diese polarisierende Bewegung ist auch die Dynamik und der Motor einer guten Beziehung.

Zitat von nepumukinski:
Diese Möglichkeit setzt ja voraus, dass jemand an mich heranträte, das passiert aber schonmal gar nicht.

Wir bauen doch keine Nähe oder Distanz in Abhängigkeit davon, ob jemand um uns herumspringt oder nicht, es ist die Frage der inneren Einstellung...

Zitat von nepumukinski:
Wenn das meiner Entscheidung entspringt, dann gibt es in mir wohl etwas Unbewusstes, völlig Abschreckendes, das die Menschen zu einer derartigen Distanz auffordert. Aber dies geschieht nicht willentlich. Vielleicht suggeriere ich die falschen Dinge, aber dann kenne ich die richtigen Dinge nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe... jedenfalls kann ein anderer m.W. nur das von dir erkennen, was du ihn erkennen lässt. Das können wir bewußt steuern, mit manchen bleiben wir beim Smalltalk, manche Menschen grüßen wir nur, mit manchen bauen wir Freundschaften auf. Es ist immer eine Frage der Interaktion, in der man Nähe und Distanz im Gleichgewicht hält, und auf diese Art - wenn man auf sein Gefühl achtet - kann es kaum zu Enttäuschungen kommen. Die entstehen dann, wenn man sich von seinem Wunschdenken, von seinem Willen leiten lässt anstatt sich am direkten Austausch, an der interaktiven Kommunikation zu orientieren.

Zitat von nepumukinski:
Ich glaube nicht daran, dass Gefühle, die nur allzu oft Ausdruck höchster Unvernunft sind, sich aus meinen Gedanken entwickeln.

Lach... ja, das ist unser Problem. Wir wollen etwas, wir denken zweckgebunden und stellen persönliche Vorteile in den Vordergrund. 'Ich will'... und es sind oft die verrücktesten Dinge, die nicht erreichbar sind und der Fall auf die Schnauze ist damit vorprogrammiert.

Zitat von nepumukinski:
Die gleichen Gedanken nämlich erinnern mich daran, inwiefern meine Gefühle zulässig sind. Darüber kann ich vernünftig entscheiden, doch ich kann weder das Entstehen noch das Verschwinden von Gefühlen bewusst kontrollieren. Ich kann nur Lösungsmechanismen anwenden, die mal mehr, mal weniger gut funktionieren.

Allein dass es ab und zu funktioniert ist ein großer Erfolg!

Zitat von nepumukinski:
Zitat:
Das Vertrauen sollte in uns selbst entstehen, das Selbstvertrauen... dann kann es draußen hageln und stürmen wie verrückt.., alles egal.


Wenn es aus mir selbst entstehen soll, muss es dafür doch eine Erfahrungsbasis geben. Vielleicht die Erfahrung, dass das Zulassen meiner Gefühler irgendwann mal irgendwie gut für mich gewesen wäre. Daraus folgt doch eigentlich: Warten, bis es irgendwann mal funktioniert, durch irgendeinen Zufall.

Ja genau, wenn es dabei ein gutes Gefühl gibt, hat man es genau richtig gemacht... Übung ist nie ein Zufall...

Hallo nepumukinski,

Weißt du eigentlich, dass man auch ein Semester lang pausieren kann? Das könntest du für eine gute Therapie, vielleicht auch einen Klinik-Aufenthalt oder eine Selbstfindungsphase nutzen. Das Pause-Semester kostet einen gar nix außer die 3 Monate Zeit, man zahlt keine Studiengebühren und es wirkt sich auch nicht nachteilig auf das Studium oder die Noten aus. Man muss es nur fristgerecht beantragen.
Vielleicht könntest du diese Pause für dich nutzen?
Dass du Therapie und Uni nicht unter einen Hut bringst, wundert mich nicht. Es wird mittlerweile verdammt viel verlangt an der Uni. Ich lege auch alle meine Arzt-Termine und Behördengänge in die Ferienzeit, weil ich es anders nicht schaffe. (Aber das war in der Schule auch schon so, der Leistungsdruck ist einfach enorm.)

Vielleicht musst du dich auch gerade selber neu finden, einen neuen Lebenssinn finden? Vielleicht brauchst du gar keine neue Therapie, sondern bloß ein neues Fundament, auf das du aufbauen kannst?
Als mein Papa gestorben ist, da war ich 21, und plötzlich fiel mir auf: Ich hab auch keinen Sinn im Leben. Ich treib seit Jahren so dahin und mein Inhalt waren Schule und Freunde, und plötzlich war Beides nach dem Abi weg (noch dazu mein Papa, der mir eine große Stütze war) und was blieb? Nix, fand ich damals. Das war für mich ein echter Schock, und ich war gelähmt, ähnlich, wie du es jetzt bist. Ich litt auch an einer Agoraphobie, wie du sie wohl hast. Ich wusste nichts mehr mit meinem Leben anzufangen und das war eine schlimme, schlimme Zeit.

Ich musste mich auch erst neu entdecken und neu finden, und das hat fast ein Jahr lang gedauert. Erst war ich nur besinnungslos feiern und Party machen, dann hab ich eher gesittet mit Freundinnen zu Abend gegessen oder bin ins Kino gegangen, dann hab ich mich eine Weile komplett abgekapselt und mich nur noch um mich selber gekümmert, dann bin ich eine Zeit lang mit nem Verein wandern gegangen, dann eine Zeit lang alleine mit der Kamera los getigert, dann begann die Uni, dann kamen die Studentenproteste..
Ich glaube, je mehr man ausprobiert, desto eher kommt man vom Fleck. Trial and Error, quasi. Entweder, es tut gut, oder eben nicht. Entweder, es bringt dir was, oder eben nicht. Aber Stillstand tut nicht gut. Ein Patentrezept für die Selbstfindung hab ich leider auch nicht parat, aber mein neues Motto lautet: Der Sinn des Lebens ist das Leben. Klingt lapidar, aber genau so fühle ich mich. Ich will mein Leben mit Allem ausfüllen, was es zu bieten hat, und versuchen, aus Allem das Beste zu machen und einfach zufrieden zu sein mit dem, was ich habe. Nicht glücklich sein, denn für Glück gibt' im Leben keine Garantie. Aber ich will hinter Allem eine Chance sehen, Alles positiv betrachten. Und das kann ich mittlerweile und seitdem geht's stetig wieder bergauf. Auch die Agoraphobie war ich nach 6 Monaten komplett los. Mit der Sinnsuche ging bei mir eine ganzheitliche Veränderung einher, das war ein krasses Erlebnis, aber ich hab das Gefühl, dass sich in unserem Alter jeder irgendwie neu finden muss, weil so viele alte Stützen und Krücken plötzlich weg fallen. Viele kapseln sich ja auch bewusst von allem Alten ab und machen eine Reise oder gehen ins Ausland, um sich neu zu entdecken. Und ich meine, das ist auch ganz gut so, denn nach der Schule kommt irgendwann dieser Punkt -an dem du jetzt scheinbar bist- wo's weder vor noch zurück geht, wo Alles hoch kommt und man irgendwie seinen neuen Platz finden muss. Manchen trifft die sinnkrise direkt nach der Schule, Andere erst mit um die 40, Manche nie.
(Oft kommt auch noch diese Verzweiflung dazu, dass man was Großes bewirken oder tun oder sein will, oder sich losreißen und ausziehen will, und wenn das nicht geht, bleibt man ruhelos und mit aufgestauter Energie zurück. Das hab ich seit dem Abitur von jedem Zweiten gehört. Ich hab meine Veränderungs-Energie einfach in die Studenten-Proteste um Weihnachten herum gesteckt, hab mir auf der Straße die Seele aus dem Leib gebrüllt und mich an hitzigen Diskussionen beteiligt. Da konnte ich meine aufgestauten Emotionen endlich mal raus lassen.)

Vielleicht solltest du deine Emotionen auch mal raus lassen lernen. Machst du doch gerade jetzt auch, und da kriegst du immerhin hilfreiche Resonanz zurück Ist doch was Gutes!
Weißt du, was mir geholfen hat, Emotionen besser raus zu lassen und zu meinen Gefühlen zu stehen? Selbstverteidigung. Das war schweißtreibend und anstrengend, aber durch die regelmäßige Bewegung baut man Anspannung und Druck ab, und durch die Übungen und Griffe -und vor Allem die dazugehörigen Angriffsschreie- kriegt man ein tolles Körpergefühl und lernt, Gefühle und Gedanken eher raus zu lassen und nicht zurück zu halten. Wenn ich sehr wütend bin, lass ich einen Urschrei los, wenn ich traurig bin, kann ich heute weinen -das Alles tut gut. Vor einem Jahr hatte ich damit noch arge Probleme, Emotionalität empfand ich irgendwie als Schwäche, meine Trauer und Wut sollte keiner sehen, ich wollte beherrscht und stark sein. Alles Müll, wie ich heute finde. Emotionen sind menschlich, und so lange man damit niemanden verletzt, sollte man sie einfach raus lassen lernen.

Anscheinend bist du ja ein sehr kreativer Mensch (Schreiben ist übrigens auch eines meiner hobbies!) aber steckst wohl gerade in einem kreativen Engpass fest. Macht nix, so geht's jedem Künstler ab und an. Vielleicht tun es zum Übergang weltlichere Hobbies? Ich schreibe z.B. gerne und fotografiere auch gern (auch eine Art Kunst, finde ich), aber ich geh auch Bogenschießen und Wandern. Seit Weihnachten hab ich auch kein schönes Foto mehr gemacht, auf das ich stolz bin, aber das macht nichts, jeder hat mal einen Durchhänger. Im Moment macht mir das Schreiben auch keinen Spaß, dafür geh ich dann halt öfter in der Woche zum Schützenverein und tob mich da aus. Wenn man was Anderes hat, worauf man zurück greifen kann, ist es nicht schlimm, wenn einem die Motivation für ein Hobby fehlt.

Übrigens zum Thema Angst: Lass nicht zu, dass die Angst dein Leben bestimmt. Darf sie nicht, und kann sie auch nicht. Tut sie auch nicht. Du hast doch z.B. trotz Angst dein Abitur geschafft. Wovor fürchtest du dich denn noch? Sie kann dir nichts anhaben. Ich hatte auch Panikattacken, wenn ich mit Freunden weg war, oder während der Abiturprüfung. Ich bin dann immer dort geblieben, ich war vielleicht schweigsamer als sonst oder etwas verkrampft, aber das war okay, meine Freunde haben's verstanden und ich hab mein Abi trotzdem geschafft. (zwar mit weniger guten Noten als normal, aber trotzdem noch mit 2,2) Ich hab gelernt und erlebt, dass die Angst zwar kommt, aber mich nicht von dem abhalten kann, was ich tun will. Sie erscheint entsetzlich, ich weiß, aber am Ende ist sie bloß ein kleines Ärgernis. Allerdings ist sie immer auch ein Zeichen dafür, dass irgendwas in der Seele nicht stimmt. Und wenn man dem auf den Grund kommt, wenn man das knackt, dann verschwindet auch die Angst nach und nach -zumindest war's bei mir so. Bei mir ging mit der Angst auch eine enorme Lebensveränderung einher. Ich dachte mir sowas wie: Jetzt erst recht! und hab viel Neues ausprobiert, auch viel probiert, um mit der Angst klar zu kommen, und das hat mir am Ende geholfen. Ich hab Methoden gefunden, die mir halfen, und die verworfen, die mir nicht halfen (wieder Trial and Error). Diese Veränderung der Lebensumstände und der Einstellung zum Leben, die geht bei Vielen mit einer Heilung einher. Vielleicht brauchst du das auch?

Aber leider hast du auch Recht, und da stimme ich dir ernüchtert zu: Probleme können Freunde kosten. Nachdem mein Vater gestorben war, haben mich viele Menschen, die ich als gute Freunde empfand, gemieden. Manche haben mich nicht einmal mehr angesprochen. Das war hart, aber auch lehrreich. Wahre Freunde zeigen sich erst, wenn's einem dreckig geht, den Rest kann man als Bekanntschaften weiter führen oder ganz vergessen, wie man will.

Im Endeffekt hast du schon, glaube ich, richtig erkannt, was dir im Grunde fehlt: Ein Sinn. Ein Selbst. Du suchst, aber bist noch nicht angekommen. Im Hier und Jetzt zu leben ist schön, aber wenn man nix hat, wofür man lebt, ist auch das auf Dauer erdrückend und schwer. Aber einen Sinn findet man nicht durch das Einigeln oder KopfindenSandstecken oder Grübeln. Den findest du bloß durch's Ausprobieren, fürchte ich. Vielleicht auch in Form eines Pausemesters, eines Auslandjahres? Vielleicht auch in Form einer täglichen Portion Glück. Vielleicht musst du's wie ich machen und dir Fröhlichkeit verordnen. Jeden Tag etwas Lustiges anschauen, jeden Tag eine gewisse Zeit einplanen für Lachen oder Freunde. Sonst wird die Sinnlosigkeit zu einem Sog, in dem man erstickt. Vielleicht hilft dir auch ein Fremd-Sinn. Also eine ehrenamtliche Tätigkeit oder so, irgendetwas, in dem du aufgehen kannst.
Oder vielleicht bist du ja auch schon der, der du sein magst, und weißt es nur noch nicht? Ich denke, ich hab mich auch sehr verändert in den letzten Monaten, aber im Grunde bin ich doch irgendwie der selbe Mensch geblieben. Trotzdem kann ich mich jetzt besser leiden als früher, ich bin stolz auf mich und das, was ich erreicht hab. Vielleicht musst du lernen, dich selber anzunehmen, zu mögen, wie du bist?

Im Grunde hast du genau die Probleme, die Andere in deiner Altersgruppe auch haben. So außergewöhnlich, wie du denkst, ist das nicht. Ich meinte früher auch immer, ich wäre viel zu reif, würde die Anderen nicht verstehen und wäre ihnen z.T. auch schon viel zu weit voraus -aber das ist eine Denkfalle, wie ich später heraus fand. Denn ab dem Moment, wo du denkst, du seist den Anderen voraus, könntest sie nicht verstehen -ab dem Moment versuchst du es auch nicht mehr, und das führt zu Einsamkeit und Illusion. Das ist wie als würdest du als Kapitän die Titanic vor den Eisberg fahren, aber nicht aus Versehen, sondern deswegen, weil du den Kurs von Vornherein so fest gelegt hast - Eisberg Ahoi. Unbewusst zwar, aber leider ist das Ergebnis genau das, das man eigentlich nicht will, nämlich, dass man allein bleibt. Ich musste auch erst mal lernen, dass die Anderen genau so Probleme haben wie ich, und dass mich im Grunde weniger von den Anderen unterscheidet, als ich bisher dachte. Ich hab eine Zeit lang Andere, die das machen können, wozu mir die lockerheit fehlte, fast schon für ihre Kindlichkeit verachtet. Irgendwann hab ich dann gelernt, in Jedem auch was Gutes zu sehen, mich für Jeden zu interessieren, indem ich Sätze gebildet hab wie: Kathrin ist zwar jedes wochenende strunzbesoffen, aber dafür teilt sie oft ihr Pausenbrot mit Anderen. Dadurch hab ich gelernt, dass ich gar nicht so besonders war, wie ich immer dachte. Dass ich sehr gut auch mit Leuten in meinem Alter reden und ihre Probleme nachvollziehen kann. Aber dafür musste ich erst mal von meinem Reife-Ross runter steigen.
Vielleicht baust du unbewusst und ungewollt eine Mauer zwischen dir und den Anderen, die dich von ihnen fern hält, weil du dich so nicht richtig auf sie einlassen kannst. Ich will dich damit um Himmels Willen nicht abwerten, ganz und gar nicht. Wir sind Alle einzigartig und individuell? Aber besonders und recht viel anders als der Rest? Nö.

Diese Fragen find ich übrigens zum Thema Selbstfindung sehr interessant.
Ist nix, was man nicht schon irgendwann mal gehört hätte, aber sorgt dafür, dass man sich mit sich selbst auseinander setzt.

Vielleicht definierst du dich auch zu sehr über deine Probleme. Hab ich früher auch gemacht. Im Kopf Alles angehäuft, was bisher schei. gelaufen ist, und dann total verklemmt durch die Gegend geschlichen. Kein Wunder, dass ich damals einsam war, denn mit so nem Trauerkloß würde ich auch nicht freiwillig reden wollen
Heute weiß ich: Ich bin mehr als nur ein Mensch mit einer traurigen Vergangenheit. Meine Vergangenheit hat mich zu dem gemacht, der ich bin, sie hat mich geformt, und sie ist ein Teil von mir, aber sie macht mich nicht aus. Ausmachen tun mich meine Eigenschaften, mein Charakter, mein Aussehen, meine Art, meine Vorlieben, meine Abneigungen, meine Hobbies, meine Freunde, meine Familie.
Nicht aber meine Krankheit oder meine Sterbefälle in der Familie oder meine Komplexe oder sonst was. Das ist strikt voneinander zu trennen.
Du bist vielleicht ein Mensch mit Problemen, aber die Probleme machen dich nicht aus.

Wow, das ist wieder ein Textmonster geworden. Aber dein Bericht regt mich sehr dazu an, meine Entwicklungen der letzten Jahre zu rekapitulieren. Ich hoffe, dass es dir ein bisschen hilft. Leider muss jeder seinen Weg alleine finden. Ob es für dich bloß ein Selbstfindungstrip oder eine neue Therapie oder gar eine Klinik ist, das vermag keiner zu sagen. Aber vielleicht hilft es dir ja, von Anderen zu lesen.

Liebe Grüße,
Bianca

A


Die elende, quälende Selbstfindung und ihre Konsequenz

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Achja, mir fällt noch ein guter Spruch ein von meiner besten Freundin. Den hat sie mir aufgeschrieben, kurz nachdem mein Dad gestorben ist:
Eine Leere, die man spürt, muss man ausfüllen, sonst versinkt man darin.
(So in der Art, ich finde den Zettel gerade nicht.)
Ich hab mir das damals zu Herzen genommen und ganz viel ausprobiert und gesucht, Ablenkung ebenso wie Spaß und neuen Input.
Und mir hat's geholfen, über den Verlust hinweg zu kommen und auch die Sinnleere in meinem Inneren nach dem Abi wieder zu füllen.

Hallo nepumukinski (was für ein Nick ),

ich habe das alles gelesen, und zwei Dinge sind mir dabei in den Sinn gekommen:

1)
Zitat von nepomukinski:
inwiefern meine Gefühle zulässig sind



Alle Gefühle sind zulässig. Gefühle sind Gefühle, sie gehören rein natürlich zum Menschsein dazu. Genauso wie es zulässig ist, dass du zwei Beine hast (wovon ich jetzt mal ausgehe
Gefühle unterliegen keiner Zulassungspflicht - weder einer fremden noch deiner eigenen.

Vielleicht meinst du aber, wie weit du Gefühle zeigen oder ausleben darfst oder solltest?
Das wäre dann eine andere Geschichte. Darüber kann und sollte man sich in der Tat Gedanken machen.

Für die eigene seelische Gesundheit ist es sehr wichtig, seine eigenen, echten, unzensierten und ungeschminkten Gefühle klar und ehrlich [i]wahrzunehmen und sie für sich selbst benennen zu können.
Das ist die Basis, um auch mit anderen in befriedigenden Kontakt treten zu können.
Befriedigend kann natürlich ein freundlicher Kontakt sein, aber auch eine fällige Auseinandersetzung oder auch die bewusste Entscheidung für keinen Kontakt oder einen Kontaktabbruch.


2) Bist du ganz sicher, dass du das richtige Studienfach gewählt hast?

Dass du dafür intelligent genug bist, steht außer Frage.
Aber es handelt sich um ein überdurchschnittlich rationales Fach mit unterdurchschnittlicher emotionaler Beteiligung.

Es erfordert zwar wohl auch Kreativität (soweit meine Kenntnisse und mein Vorstellungsvermögen diesbezüglich reichen), aber es ist eine eiskalte Kreativität, die mit derjenigen Kreativität, die du offenbar auch ha(tte)st, liebst und derzeit an dir schmerzlich vermisst, sehr wenig oder gar nichts gemeinsam hat - oder?

Aber hast du schon mal gehört, dass ein neues Firmennetzwerk, SAP-Programm oder was auch immer da produziert wird, jemanden - außer viellicht den erstmal stolzen Entwickler - richtig glücklich macht?

Hast du eine einigermaßen konkrete Vorstellung davon, was du mit dem Informatik-Studium und der nachfolgenden Berufstätgkeit erreichen willst? Wie du damit dich und andere glücklich(er) machen willst und kannst? Vielleicht willst du ja mal für die Raumfahrt o.ä. arbeiten - dann könnte das befriedigend werden. Oder was sonst? (Ich stelle das nicht in Frage, aber ich frage dich - damit du dich selbst fragen kannst.)

Zudem dient die Berufstätigkeit dieser Fachrichtung in den meisten mir bekannten Fällen den sog. Rationalisierungen der Unternehmen - und damit auch dazu, dass viele andere Menschen ihren Job verlieren. Könnte es sein, dass diese Perspektive dich auch unterschwellig herunterzieht? (Mich würde es runterziehen. Ich habe es daher vermieden, in solchen Bereichen zu arbeiten.)

Gerade gestern erst hörte ich die Lebensgeschichte eines Mannes im mittleren Alter, der - nach einem ausgezeichneten Abitur - mit dem Studium der Physik anfing und schließlich über Umwege zur Musik als Beruf gelangte, die er seit früher Jugend leidenschaftlich betrieben hatte, aber sich nie zugestand, dies auch als Beruf zu machen. Es war halt nicht gesichert und nicht bürgerlich genug. (Diese Einstellun hat es ja schon immer gegeben - und natürlich ist sie aus der Sicht der finanziellen Sicherung absolut verständlich.) Aber er hat gemerkt, dass es mit seinem Ich, seiner Psyche, seiner Seele immer mehr abwärts ging, solange er seine wahre Identität zugunsten rein rationaler Erwägungen verleugnete. Erst seit er sich entschloss, in den sauren Apfel zu beißen, seine Musikrichtung zu studieren und nur noch als Musiker zu leben, geht es ihm seelisch gut. Er verdient zwar nicht wie ein Krösus, aber er kommt zurecht und ist vor allem glücklich. Ich habe selten einen so chronisch strahlenden Menschen gesehen wie ihn.

Ich kenne auch einen Kollegen von dir, ebenfalls im inzwischen mittleren Alter, der ebenfalls künstlerische Neigungen hat und sich in seiner Informatik-Tätigkeit herumquält.

Auch ich habe nach einigen Jahren rein rationaler Tätigkeit die Kurve zu einem kreativeren Beruf gekratzt. Lieber dafür auf Karriere und mehr Kohle verzichtet, aber dafür einen Sinn und Befriedigung in der bzw. durch die Tätigkeit zu haben.

Daher meine Frage an dich, die ich mit der Ermutigung verbinden möchte, dich aufrichtig mit deinen Gefühlen aller Art zu befassen, sie alle zuzulassen, ernstzunehmen und sie für mindestens genauso wertvoll, berechtigt und wünschenswert zu halten wie deine rationalen Gedanken.

Alles Gute
GastB

Hallo @nepumukinski,

ich habe mir mal Deinen ersten Post durchgelesen.
Also erst mal Gratulation zum Informatikstudium. Wär ich an Deiner
Stelle würd ich das auch studieren. Ich fühle Deine Situation gut nach,
weil ich das selbst über Jahre mitgemacht habe, und es bricht hin und
wieder noch durch. Aber ich glaube Du hast keine andere Wahl, als Dein
Studium durchzuziehen, wenn Du nicht später noch mehr Probleme
bekommen willst. Denn gerade mit diesen Fähigkeiten läßt sich gut
Geld verdienen als Freelancer, das schafft Freiheit, und die macht
den Kopf frei für die wesentlichen Dinge des Lebens.
Aber das weißt Du bestimmt selbst.

An dieser Stelle würd ich Dir mal ein Buch empfehlen, was Du
sicher Mühelos verstehen kannst. Der Titel ist Das Zeitlose Selbst.
Es gibt auch eine Homepage des Authors, die voll interessant ist,
Du wirst sie finden.

Zitat:
Diese Worte kenne ich. Doch was ist der Wert meiner Empfindungen? Wie wichtig sind meine Gefühle? Wenn sie da bleiben wo sie sind, tun sie niemandem weh, bringen niemanden in Verlegenheit, kurz: sie berühren niemanden. Wenn ich sie allerdings rauslasse, kehren sie erfahrungsgemäß wieder zu mir zurück, nachdem sie eine Bahn genommen haben, die wiederum erfahrungsgemäß nichts Positives hinterlässt. Ich weiß praktisch nie, welchen Schaden meine Gefühle anrichten können, nur dass sie Schaden anrichten.

du scheinst viel Zeit darin zu investieren, Deine Gefühle sicher zu verstecken.
Ich aber finde das äusserst problematisch.
Was für einen Schaden meinst Du?
Glaubst Du Deine Umwelt hat nicht mit Gefühlen zu tun und ist ahnungslos?
Welche Verlegenheit bringen ehrliche Gefühle?
Wann nimmst Du Dich mit Deinen Gefühlen an?
Dich machen Gefühle unsicher, aber genau das zu stabilisieren wäre wichtig.
Man darf Trauer, Freude, Wut, Liebe, Unsicherheit, Angst Glück empfinden.
Das gehört zu Deinem Leben.
Und schau erst mal auf Dich selbst. Wenn Deine Unsicherheit Dich nicht fühlen lässt, dann ist das Rückzug und nicht aktive Problemlösung.
Ist schwierig ich weiß.
Überlege mal, welche Ursache und Wirkung Deine Gefühle tatsächlich haben, und auch die Wahrnehmung der Anderen.
Das könnte durchaus sehr unterschiedlich ausfallen.

Gefühle spüren kann man aber auch verlernen!

Zitat:
Gefühle spüren kann man aber auch verlernen!

Das wäre aber ein traurig ,karges und stumpfes Leben.
Rein aus Selbstschutz und Vermeidungsstrategie.
Das macht das Leben wenig lebenswert.
Es gilt nicht stumpf durch die Gegegend zu laufen.

Ich weiß, ich melde mich spät, aber ich steckte in meinen prüfungen fest. Ich habe das alles gut überstanden und es geht mir momentan etwas besser.

Man könnte sogar sagen, ich habe gute Laune und ich versuche, diese auch nicht zu verstecken. Dennoch verspüre ich den Drang, mit der Energie dieses Gefühls irgendetwas anfangen zu müssen - irgendeine Änderung in meinem Leben zu manifestieren, um nicht wieder vor den gleichen Problemen zu stehen.

Das ist schwierig, aber vielleicht gelingt es mir. Ihr habt mir auf jeden Fall sehr geholfen und ich bin dankbar dafür.


Na super, und was machen wir jetzt? Versuchen wir mal die Phantasie zu aktivieren?

Hallo! Vieles was Du beschreibst,kenne ich von mir.Ich habe sehr lange gebraucht,um den richtigen Therapeuten zu finden.Ich habe mir gesagt:Es ist dein Leben was da vergeht und ich habe gekämpft.Heute akzeptiere ich mich so wie ich bin.Es war für mich der einzige Weg.Wenn der Druck von einem weicht,dann wird die Angst auch kleiner.Liebe Grüße

FYI
hier der Link zur psychologischen Beratung in Hamburg (may it help)

http://www.haw-hamburg.de/1491.html

Mich hat es während Studium auch weitergebracht.

...denke das findest du vielleicht eine Gesprächsgruppe mit Leuten mit ähnlichen Problemen.

..und streich den Gedanken, du kannst deine Probleme hier durch-diskutieren. Den Eindruck bekommt man leicht, wenn hier alles klinisch genau aufgeschrieben wird, aber meiner Meinung nach ein typischer Fehler eine Informatikers (alles wie ein Computerprogramm zu durchdenken). Alle Menschen haben hier andere Probleme und damit eine etwas andere Perspektive.

Es würde mich aber interessieren, was du zu deiner PTBS unternommen hast. Konfrontationstherapie kann es ja wohl nicht sein, daß macht man höchstens bei SP.

A


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Dr. Reinhard Pichler
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