nachdem ich in all meinen vergangenen jungen Jahren davon ausgehen konnte, als einzige in dem Alter unter Einsamkeit zu leiden, was von der Umwelt - einschließlich prof. Helfer mit Hinweis auf meine Fehlerhaftigkeit fleißig bestätigt wurde, finden sich neuerdings gleich so viele (ebenfalls junge) Betroffene, dass sogar die Medien dieses Problem aufgreifen...
Soweit ich weiß, gibt es für Einsamkeit keine einheitliche Definition, keine Kriterien, die erfüllt werden müssen, was dem Begriff reichlich Spielraum für Interpretationen lässt - ausgerichtet am subjektiven Empfinden jedes einzelnen. Also bezeichnen sich Menschen, die schon am vorübergehenden Alleinsein zerbrechen - etwa zwischen einer Trennung und erneutem Verlieben - ebenso als einsam wie die, die lebenslang weder Freunde haben noch Liebe und Partnerschaft kennen. Ich befürchte, der letztgenannte Variante widmet sich keine Studie! Was nämlich Einsame und Einsame voneinander unterscheidet, ist, dass die einen (und zugleich meisten) durch bestimmte ungünstige Umstände (zu denen beispielsweise auch ein stressiger Job zählt) von dem gesellschaftlichen Leben abgekoppelt werden, die anderen (eine verschwindend geringe Minderheit) jedoch dadurch, dass sie als Person für niemanden interessant sind.
Wodurch jemand uninteressant ist, darüber können Betroffene wohl leider nur spekulieren, denn diejenigen, die sich auf eine (noch so präzise formulierte) Bekanntschaftsanzeige melden, um sich nach dem persönlichen Kennenlernen sang- und klanglos zurückzuziehen, erklären ihr Verhalten nicht. Psychotherapeuten tun dies ebenfalls nicht, gleichwohl sie ungeniert behaupten, jeder sei für sein Leid selbst verantwortlich und könne daran ja etwas ändern, wenn er es nur wolle. (Wer den Schaden hat, ...) Auch bietet es sich hier an, die unternommenen Bemühungen der Leidenden (für die es keine Zeugen gibt) zu ignorieren - ganz nach dem Motto: Frei erfunden ist, was unglaublich klingt!
Pauschalratschläge sind ebenso selten hilfreich; sie dienen in erster Linie dem Zweck, den Ratgeber von seiner Verantwortung, genau hinzusehen, zu befreien.
Wer sich also absolut sicher ist, dass...
... er sich über viele Jahre (bis Jahrzehnte) vergeblich bemüht hat, Menschen zu finden, die ihm die gleiche Wertschätzung zukommen lassen wie anderen
... natürlich auch er selbst seiner Umwelt respektvoll begegnet
... ihm zu keiner Zeit wirkliche Hilfe angeboten wurde anstelle eines Repertoires dummer Sprüche, die weder zum gegebenen Bedarf noch zu den geleisteten Bemühungen
passen
... nach seinem Ableben niemand um ihn trauern wird
dem kann ich nur raten, sich seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. Die Menschheitsgeschichte lehrt uns einen Zusammenhang zwischen Hilflosigkeit und empfangenen Demütigungen in allen Facetten. Nichts erhöht den Leidensdruck so sehr wie die Auseinandersetzung mit empathiebefreiten Zeitgenossen - und das sind erfahrungsgemäß die, die das jeweilige Leiden (in diesem Fall also Ausgrenzung und Einsamkeit) gar nicht kennen... aber wie bereits erwähnt trifft das gänzlich fehlende Interesse an der Person ja nur auf eine an das Nichtvorhandensein grenzende Minderheit zu - oder?
Quasinemo
22.06.2018 14:41 • • 24.07.2018 #1