Zitat von Joaquim:Hi,
ich führe hier mich selbst als Beispiel an.
Wegen der Sozialphobie habe ich mich nie getraut, irgendwelche Schritte in Richtung einer Beziehung zu tun. Aber der Wunsch explodiert förmlich in mir, seit ich denken kann.
40 Jahre, das ist schon ein fortgeschrittenes Alter. Trotzdem fühlt man sich jung, weil man ja nicht wirklich erwachsen ist.
Bei mir siehts ganz düster aus, wenn ich über meine Situation reden soll. Es ist oberpeinlich für Aussenstehende, die die Krankheit nicht verstehen.
Ich lebe noch im Elternhaus, zurzeit wieder arbeitsuchend und die Welt bricht wieder zusammen derwegen und überhaupt.
Hallo Joe,
Außenstehende tun sich tatsächlich schwer psychische Störungen zu verstehen und auch zu akzeptieren. Denn gerade letzteres ist ein kritischer Punkt. Ein Mensch der krank ist ,wie du es eben bist, braucht zuerst Akzeptanz um überhaupt zu genesen. Die meisten Menschen können sich kein Bild von der Schwere des Leidens machen und reagieren recht unsensibel indem sie das Problem kleinreden
(Sprich doch einfach mal jemand an; reiß dich zusammen; etc...) oder sogar ins Lächerliche ziehen. Zudem sind psychische Störungen sehr komplex, sodass schnelle und gut gemeinte Ratschläge oft im Raum verpuffen. Das Verhalten von Leuten mit einer psychischen Störung verändert sich daher nur sehr langfristig; Ebenfalls ein Grund warum Außenstehend frustriert die Segeln streichen und mit dem Erkrankten nichts mehr zu tun haben wollen.
In der Literatur ist die soziale Phobie eine psychische Störung. Persönlich verwende ich lieber den härteren Begriff der psychischen Krankheit und zwar aus folgenden Grund: Ein Zustand der so kontinuierlich über Jahre, ja sogar Jahrzehnte, anhält und die Beziehungsfähigkeit zu anderen Menschen so dermaßen stark einschränkt, dass du quasi Liebe und so noch nie erfahren hast, ist eine schwere Erkrankung. Zudem kannst du jederzeit in die Depression abrutschen und dich vielleicht sogar umbringen. Studien weisen auch daraufhin, dass längere Einsamkeit das Leben verkürzt und anfälliger für Krankheiten macht. Würden wir diese Eigenschaften auf eine körperliche (mehr sichtbare) Krankheit übertragen, so würden wir zweifellos von einer sehr schweren und sehr einschränkenden Krankheit sprechen. Mehr noch: In besonders schwere Verläufen gibt es einen Teufelskreis aus soziale Phobie, Depression und dem Verlust von Fähigkeiten und Selbstwert. Je länger ich einsam bin, desto wahrscheinlicher verliere Fähigkeiten (z.B. sportliche Fähigkeiten) mit denen ich zu anderen Kontakt anknüpfen könnte. Je weniger Fähigkeiten ich besitze, desto geringer ist mein Selbstwertgefühl. Je geringer mein Selbstwertgefühl, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ich andere Leute anspreche. Ist man erst in diesem Teufelskreis, ist es schwer diesen zu durchbrechen.
Zitat:Ich habe Angst, mich nie aus der Lage befreien zu können. Ist man verloren oder kriegt man doch noch eines Tages die Kurve. Welcher normale Mensch findet Gefallen an einem Typen, der sein Leben nicht in die Hand nehmen kann.
Auch wenn ich dich nicht näher kenne, glaube ich, dass die meisten Frauen dich ablehnen würden. Dein Lebenslauf ist unnormal und passt nicht zu den normalen Männern. Sicherlich würden hier mir einige widersprechen, um dir Trost zu spenden, aber wahr ist eben auch, dass sich Menschen immer an die herrschende Normalität orientieren. Keine Erfahrung zu haben und daheim zu wohnen, ist nicht normal. Und leider reagieren viele Menschen mit Ablehnung gegenüber Andersartigen.
Für dich heißt das, dass du dich von Kopf bis Fuß ändern musst, wenn du die Kurve kriegen möchtest. Und da ich auch ein SoziPhobe (Menschen mit sozialer Phobie^^) bin, weiß ich wie schwer, wie verdammt schwer es ist.
Solltest du diesen Weg gehen und es sogar am Ende schaffen glücklich zu werden, so verdienst Bewunderung. Die meisten Menschen müssen keine solche schwere Bürde in ihren Leben tragen und vor allem sich so ändern, wie du es eben musst und dazu ohne jede Unterstützung. Das ist ein Kraftakt.
Ich wünsche dir alles Gute!