Also ich bin aus den verschiedensten Gründen auch ein Spätzünder und kann sehr vieles nachvollziehen, was hier geschrieben wird.
Generell denke ich, daß dieses Thema in der Gesellschaft total unterbelichtet ist. Wenn ich mir meinen erweiterten Bekanntenkreis ansehe, so gibt es da jede Menge absolute beginners - vor allem unter Männern.
Wenn einer meint, diese hätte keine gesellschaftlichen Gründe, dann verstehe ich das auch nicht.
Natürlich hat es das - es ist eine schneller, höher, stärker - Gesellschaft. Und wer das nicht glaubt, der sollte sich mal die Superlativen in den einschlägigen Singlebörsen ansehen. Da wird alles mögliche gesucht, nur nicht das, was für eine Beziehung wichtig ist. DIe Leute sind unfähig geworden, unter die Oberfläche zu schauen - die Wünsche beschränken sich auf das, was man in Illustrierten, Film und sonst wo vorgegaukelt bekommt.
Ich war auch lange im Zwiespalt zwischen dieser Gesellschaft und meinem ich. D.h. ich hätte mich anpassen können, um Erfolg zu haben oder ich hätte ich selbst bleiben können.
Vor einigen Jahren habe ich ja sogar eine Psychotherapie gemacht, in der mir die Therapeutin stundenlang erzählte, was an mir alles nicht stimmt und wieso es deshalb nicht klappt. Bis ich sie in die Wüste geschickt habe . Heute muß ich sagen, ich habe selten soviel Müll gehört wie damals von dieser Therapeutin.
Weil es ist ja eigentlich perv.: Die, die an der Oberfläche herumkrebsen, bekommen oft, das was sie wollen - ohne dabei aber glücklich zu werden, wie die Statistiken beweisen. Und jenen mit Tiefgang wird bei jeder Gelegenheit gesagt, das etwas mit ihnen nicht stimmt, nur weil sie nicht auf den Mainstream aufspringen.
Ich meine, mir ist schon klar, daß man die Gesellschaft nicht verändern kann, aber Anpassung um jeden Preis kann ja bitte auch nicht die Lösung sein.
Und justament kurze Zeit nach besagter Therapie war ich in der ersten Beziehung - ich, so wie ich immer war. Ohne, daß ich irgendetwas verändert hätte. Viemehr noch: Ich war nur in dieser Beziehung, weil ich war, so wie ich eben war.
Dabei bin ich dann draufgekommen, daß ich zuvor jahrelang vieles auf einen Podest gestellt habe - Dinge, die sich während der Beziehung komplett relativiert haben. Und zwar so sehr relativiert, daß ich es irgendwann wieder vorgezogen habe, alleine zu sein.
Wer also in einer Beziehung die allheilbringende Lösung aller Probleme sieht, der irrt.
Ich glaube, wichtig ist, daß man immer man selbst bleibt. Und das ist in dieser Gesellschaft äußerst schwierig, weil sie einem ja bei jeder Gelegenheit Ideale vorgaukelt, die keine Ideale sind und die einen auch nicht wirklich glücklich machen. Viele spüren zwar irgendwie die Diskrepanz zwischen diesen Idealen und den eigenen wahren Bedürfnissen - aber irgendwie meint man halt doch mitschwimmen zu müssen, vor allem, weil alles besser scheint, als allein zu sein. Wobei der Druck ja meist nicht von den Leuten sich selbst gegenüber aufgebaut wird - er kommt von außen. Man muß sich ja ständig rechtfertigen, wieso man allein ist, wenn man allein ist. Dabei ist es bei vielen nur ein Ausdruck dafür, daß sie eben sie selbst geblieben sind.
Man nehme bitte nur die Werbung - kurzum, man bekommt den Eindruck ohne diesem Ideal zu entsprechen, ist man niemand. Man nehme nur die ganzen Stars und Promis, die alle einen Heiligenstatus genießen, aber vielfach nur vorleben, wie man nicht glücklich wird.
Deshalb ist es mir persönlich lieber, ich bin allein und treffe wenige Leute, die zu mir passen, als ich renne ewig etwas hinterher, mit dem ich sowieso nie glücklich würde.
Und jeder, der jetzt alleine ist, muß sich auch die Frage stellen, ob er glücklicher wäre, wenn er jetzt 4x geschieden wäre oder in 6 unbefriedigenden Beziehungen verbracht hätte. Als Vergleich wird aber immer die perfekte Beziehung herangezogen, die es in unseren Breiten sowieso kaum mehr gibt.
16.10.2008 15:52 •
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