Zitat von Herz20:ich bin 20 und mein opa ist 85. ja ihr habt da schon irgendwie recht-das mein freund nichts dafür kann. trotzdem habe ich mich im stich gelassen gefühlt.mein opa steht mir so nahe wie meine eltern. habe sehr lange zeit bei ihm gewohnt.mein leben habe ich ihm zu verdanken. damals hat keiner zu mir gehalten-ich habe nur mist gebaut- bin vom gymnasium geflogen- wegen schwänzen-kam auch vor gericht wegen nen ladendiebstahl. das jugendamt wollte mich meinen eltern wegnehmen-weil ich auf die schiefe bahn geraten bin. er hat in dieser situation zu mir gehalten,mich aufgenommen,ohne mir vorwürfe zu machen.und durch ihn habe ich den ergeiz wieder bekommen-habe nen realabschludss von 1,5 gemacht und jetzt das abitur mit 1,9 bestanden.ohne ihn wäre ich in der gosse gelandet.ich hätte mich damals ohne ihn nicht afrappeln können. ich bin ihm für alles sehr sehr dankbar und deswegen liebe ich ihn auch so sehr und es tut soooo weh.
Ich kann sehr gut verstehen, wie du dich fühlst.
Mein Papa ist am 23.12.2008 sehr plötzlich gestorben.
War morgens noch ganz normal und fit, und Abends lag er im Koma.
So hat er noch drei Tage im Krankenhaus gelegen, unansprechbar, und dann ist er für immer gegangen.
Ich hab meinen Papa sehr geliebt und tue es immer noch, und wie ich das jetzt schreibe kommen mir auch wieder die Tränen.
Heute gibt es die Abi-Noten (ich hab es trotz der Trauer geschafft, das Abi zu machen, worauf ich sehr stolz bin), aber der Tag ist nicht so sehr bestimmt von Freude sondern eher von großer Trauer.
Sei deinem Freund nicht böse.
Einen Urlaub mal so eben abbrechen kann man nicht, das kostet einen Haufen Geld, der Rückflug, und das Geld vom Urlaub ist dann auch weg.
Lass deinen Freund die Kraft tanken, die er braucht, um sie dann an dich weiter zu geben.
Als mein Papa im Koma lag war mein Freund auch viel bei mir.
Irgendwann hat er dann gesagt: Ich kann nicht mehr, ich brauch wieder Zeit für mich -und ist nach Hause gefahren und hat sich einige Tage garn icht gemeldet.
Damals hab ich mich da auch Alleinegelassen gefühlt, aber heute versteh ich ihn. In der Trauer bewerten wir Vieles über, so jetzt auch du und damals ging es mir genau so.
Der Tod eines angehörigen ist nie einfach, und nie schön.
Aber es war damals nicht nur für mich schwer, sondern auch für meinen Freund.
Und es ist jetzt nicht nur für dich schwer, sondern auch für deinen Freund.
Sowas verkraftet keiner so einfach, also lass ihm den Urlaub, und freu dich, dass er für dich da sein wird, wenn er zurück kommt.
Nutz die Chance, um mit deiner Familie näher zusammen zu rücken.
Wir saßen damals den ganzen Tag, so lange wir durften,m fast 12h täglich, alle zusamen an Papas Bett... Oma, Opa, meine Mama, ich, meine Schwester, seine zwei Brüder, deren Familien.. wir waren alle da, damit er an seinen letzten Tagen nicht alleine sein muss.
So sind auch wir als Familie enger zusammen gerückt.
Früher hatten wir oft wenig Zeit, heute nehmen wir uns alle in der Arbeit mehr zurück. Ich kümmere mich mehr um meine Familie und um mich selber. Wir sind füreinander da..
Hab neulich mein Zimmer neu gemacht und konnte mein Bett ohne Papa nicht zusammen bauen -also kam sofort mein Onkel vorbei und hat mir geholfen. Neulich ging unsere Stereoanlage nicht mehr -da kam Papas bester Freund vorbei und hat uns geholfen.
Es ist traurig, eigentlich, aber erst durch Papas Tod haben wir unsere Blicke alle etwas mehr nach innen und etwas mehr aufeinander gelenkt.
Wir sind jetzt mehr eine Familie als vorher, und ich bin mehr lebendig als vorher.
Wächst du mit deiner Familie nicht auch sehr zusammen, jetzt, wo es so schlimm ist?
Am anfang wollte ich übrigens, dass Papa bleibt, und hab mich verzweifelt an den Gedanken geklammert, er könnten ochmal gesund werden. Dann, irgendwann, hab ich nur noch gedacht: Wenn er gehen muss, dann soll er gehen. Ich wollte nicht, dass mein Papa unnötig leiden muss. Ich weiß bis heute nicht, ob er noch was mitbekommen hat, die letzten Tage. Einerseits hoffe ich es, denn wir waren doch immer bei ihm. Andererseits hab ich Angst davor, denn es muss die Hölle gewesen sein für ihn.
Ich versteh bsi heute nicht, warum er so früh gehen musste, denn mir ershcien die Welt zum ersten Mal in Ordnung, bevor er starb -und dann starb er.
Aber ich glaube, auf diese Frage findest du nie eine Antwort, und ich auch nicht.
Menschen leben, und Menschen sterben.
So ist es einfach.
Jeden Tag verlieren viele Menschen liebe Angehörige, aber einfach ist es für keinen, und ich finde, das macht das individuelle Schicksal auch nicht besser.
Wenn dein Opa dir so wichtig ist, dann versuch einfach, in seinem Sinn weiter zu leben. So mach ich es auch.
Mein Papa war ein Mensch, der immer nach Vorne geschaut hat, sich oft gefreut hat, Anderen gerne geholfen hat.
Ein bisschen versuche ich nun, das auch zu machen.
Ich helfe meiner Mama, wo es nur geht, helfe Freunden, wenn sie mich brauchen, bin für die da, diem ich brauchen.
Ich lebe mehr als vorher, ich mach mehr hobbies und geh mehr raus.. so hätte es mein Papa gewollt. Ich hab mich durchs Abi gebissen, und so hätte er es wohl auch gemacht. So lebt er in mir weiter, und das ist gut.
Mein Fazit fürs Leben ist seitdem:
Liebe geben und Liebe nehmen, das ist das Einzige, was zählt.
Wenn jemand stirbt, dann bleibt nichts übrig von ihm... nicht die Arbeit, die er getan hat, nicht die Stunden, die er im Büro gehockt war, nicht die autos, die er sich gekauft hat, nicht das Haus, das er sich leisten konnte.
Ok, es bleibt übrig, aber es ist nichts mehr wert.
Was zählt, das sind die Menschen, die an ihn denken.
Meine Uroma hat immer gesagt: Nur der, der vergissen wird, ist wirklich tot.
Und so ist es. Je mehr sich an jemanden erinnern, desto lebendiger bleibt er. Deshalb versuche ich im Alltag so viel zu leben und so viel zu helfen wie es geht. Und wenns nur die Oma ist im Supermarkt die nichts ans oberste Regal kommt oder der Junge der den Automaten am Bahnhof nicht bedienen kann.. man kann immer helfen. So erinnern sich Menschen an einen, und so wird man nicht vergessen.
So bleibt man lebendig, und so mach ich's jetzt auch.
Schau, gerade ruft mich mein Freund an und ich hock hier heulend vorm PC. Er hat mich getröstet, aber nur 5 Minuten lang, jetzt muss er nämlich los zur Arbeit -und das ist ok.
Er lässt mich damit nicht allein, er lebt sein Leben.
So, wie dein Freund im Urlaub sein Leben lebt.
Das hat jeder verdient und das muss man auch jedem gönnen!
Denn das Leben geht weiter, auch, wenn einer stirbt.
Die Welt hört dadurch nicht auf, sich zu drehen.
Vielleicht erstarrst du innerlich etwas, so wie ich damals auch. Aberfür andere geht das Leben weiter. Und das muss man ihnen auch gönnen und darf man ihnen nicht übel nehmen.
Das darfst auch du deinem Freund nicht übel nehmen.
Er verlässt dich nicht absichtlich und lässt dich auch nicht im Stich.
Er lebt sein Leben.
Das ist das Einzige, was wir tun können.
Und sei froh, dass dein Opa so lange leben konnte.. 85 ist ein tolles Alter.
Mein Opa war 72, als er vor einem Jahr gestorben ist, meine Oma nur 66.. mein Papa nur 46. Dein Opa hatte echt viel vom Leben, und du hattest viel von ihm, da kannst du froh sein.
Allerdings glaub ich, dass es, egal, wann einer gehen muss, immer zu früh ist..
Nur, bei alten Menschen erwartet man es und dann ist der Schock nicht so groß wie bei jüngeren.
Das macht es vielleicht einfacher, aber keineswegs besser.
Ich wünsch dir viel Kraft,
Pilongo