vor 10 Jahren ist mir etwas passiert, was mich komplett aus dem Leben gerissen hat. Bis heute überlege ich was das genau war. Ich fasse mich kurz. Vielleicht weiß jemand von Euch wie sich das genau nennt oder was das genau war aus diagnostischer Sicht.
Kurz zur Vorgeschichte: Ich bin mittlerweile 43 und bin wohlbehütet bei meinen Großeltern aufgewachsen. Mit 9 Jahren wurde ich aus der Idylle gerissen. Meine Eltern riefen bei meiner Oma an und teilten mit dass sie mich wieder zu sich holen möchten. Meine Mutter, damals schwer psychisch an Panikatacken und Angstzuständen erkrankt und schwere Alk.. Mein Vater der Ja-Sager, der ständig arbeiten war. Ich wurde also abgeholt und fand mich 200 Km entfernt in einer fremden Stadt wieder. Meine Eltern damals nach einer Selbständigkeit pleite, konnten sich nur einen uralten, kleinen Wohnwagen leisten. Darin lebte ich also die kommenden Jahre mit zwei Schäferhunden, zwei Kettenrauchern und einer ständig besoffenen Mutter, die nichts auf die Reihe brachte. Wohnwagen zugemüllt, nichts zu essen im Haus, ständig Polizei auf dem Campingplatz wegen Alk. Eskapaten meiner Mutter usw. .
Ich weiß noch dass ich mehrere Monate herzzerreißend geweint hatte und mit aller Macht meine Eltern bekniete wieder zu meiner Oma zu dürfen. Ohne Erfolg. Es war der schlimmste Albtraum aller Zeiten. Im Gymnasium wurde ich täglich verprügelt, war der stinkende Assi , was auch zeitweise stimmte, da keine Kleidung gewaschen wurde, die Ratten dort ihr Geschäft erledigten, weil die Wäsche zeitweise wochenlang im Vorzelt lag.
Ich fand mich mit der Situation irgendwann ab und arrangierte mich mit ihr. Es folgten Jahre des Mülls, Saustalls und seelischen Erniedrigungen in der Schule, bis ich den Bogen irgendwann raus hatte und mich zum coolen in der Schule hochgearbeitet hatte. Eine andere Chance hatte ich nicht, da die Übergriffe zeitweise so stark waren, dass ich um mein Leben fürchtete. Im Nachhinein betrachtet sehe ich das noch genauso.
Ich bekam mein eigenes Leben also irgendwann so gut in den Griff dass ich ganz gut Geld verdiente (auch ohne jeglichen Schulabschluss) und dann mit viel Fleiß in eine vertrauenswürdige, gehobene Position einer kleinen Firma geriet.
Bis dahin war ich in jeder länger andauernden Beziehung sehr empathievoll und bemerkte nichts von narzistischen Borderlineverhalten meinerseits, was beinahe einem Wunder glich. Ich hatte sogar zwei Beziehungen, welche mehrere Jahre gut hielten.
Die Trennungen gingen nicht von mir aus, sondern begründeten sich durch ganz normale Umstände. auseinander gelebt usw. . Mit den Trennungen kam ich auch soweit zurecht wie die Meisten von uns. Schmerz ja, aber kein selbstzerstörerisches Verhalten etc. .
Nun kam es mit 28 dass ich mich wahnsinnig in eine deutlich ältere Frau verliebte. Sie 43, ich 28. Es handelte sich um die Kleinstadtschönheit und für mich bedeutete das viel Mühe ein Treffen zu bekommen. Ich kämpfte ein ganzes Jahr lang, was schlussendlich Früchte trug. Wir kamen zusammen. Für mich fühlte sich das an wie es sein musste wenn sich jemand einen Schuss Dro. spritzt. Ich war nie so tiefgründig verliebt. Es war der absolute Wahnsinn. Wir stritten NIE. Eines Abends trennte sich diese Frau von mir unter Tränen nach einem Jahr, weil sie wieder zu Ihrem Ex zurück wollte, weil dieser schwere Probleme jeglicher Art hatte und sie ihn vermutlich nie richtig losgelassen hatte. Sie blockierte mich sofort überall, damit ich nicht auf die Idee kommen konnte das neue Glück zu stören. Somit konnte ich sie nicht mehr erreichen und noch nicht einmal mit ihr mehr sprechen. Ich war komplett machtlos. Ich wurde also einfach geghostet. Ich konnte das nicht nachvollziehen.
Nun kommt es. Ich lief eines Abends, ca. 1 Woche nach der Trennung, spazieren und bemerkte, als ich nach 20 Minuten nach Hause kam, dass mir das Wasser aus den Schuhen lief. Es hatte in Strömen geregnet, ich hatte dies aber in keinster Weise registriert. Mir kam das sehr merkwürdig vor. So etwas ist mir noch nie passiert. Ich legte mich daraufhin ins Bett und schlief ungewöhnlicher Weise ganze 26 Stunden am Stück! Mir war klar, es stimmt etwas nicht mit mir. Ich fing an zittrig zu werden, übergab mich mehrfach am Tag, konnte weder Wasser noch Mahlzeiten bei mir behalten, hatte aber auch wenig Appettit und nahm so in 13 Wochen 9 Kg ab.
Ich heulte tag und nacht dauerhaft, hatte weinkrämpfe und übergab mich weiterhin. Das Ganze ging ohne Unterlass 1,5 Jahre so. Ich verlor meine Arbeit, da an arbeiten gehen in keinster Weise zu denken war. Ich hatte massive Schlafstörungen und konnte maximal eine halbe Stunde am Tag schlafen. Das ging so weit dass ich bereits ein Rauschen im Ohr wahrnahm nach ca. zwei Wochen. Ich wusste dass es jetzt gefährlich wurde. Ich konnte das klar als psychosomatisches Symptom deuten.
Zum Arbeitsamt fahren war ebenso unmöglich, da dies hier in der Privinz 22 Km entfernt lag und ich längst mein Auto verloren hatte. Für das Rad war ich längst viel zu schwach. Hinzu kamen massive Angst- und Panikstörungen. Ich hatte teilweise neurologische Ausfälle, ganz davon abgesehen dass mir ständig schwarz wurde vor Augen, weil ich bis auf ein oder zwei Bananen täglich nichts bei mir behalten konnte. Ich wusch mich monatelang nicht, lag teilweise in meinem Erbrochenen und schlief darin erschöpft ein.
Von meinen Eltern bekam ich anfangs tatsächlich noch etwas Hilfe, allerdings änderte sich das dann, als eine gewisse Grenze des Verständnisses erreicht war, nämlich als ich meine Studiowohnung verloren hatte, da ich monatelang keine Miete bezahlen konnte. Meine Eltern, Freunde und sogar meine Oma wandten sich von mir ab. Mit ihnen habe ich bis heute keinen Kontakt mehr. Ich konnte teilweise keinen geraden Satz mehr sprechen, weil ich seit Monaten nur noch heulte und mich derart reingesteigert hatte, dass ich sogar hyperventilierte. Ich kann keinem beschreiben wie schlimm das war. Ich rief einmal den Dorfarzt. Ein Mann aus Russland. Er weinte fast mit, teilte mir mit dass ich ja genau so alleine sei wie er und schrieb mir aus dem Handgelenk schnell die heftigesten Antidepressiva auf und verschwand dann wieder. Die Tabletten habe ich nie genommen.
Um die Sache kurz zu halten lasse ich mal den weiteren Werdegang weg. Es wurde alles wieder gut. Ich landete obdachlos auf dem Land und konnte mich durch ein Fahrrad vom Sperrmüll wieder hocharbeiten. Fand immer bessere Jobs, zu denen ich teilweise über 50 Km einfach fuhr mit dem Rad. Sommer wie Winter. ich bin mittlerweile Besitzer von drei Firmen, konnte mich super wieder hocharbeiten nach vielen Jahren und spüre heute in der Beziehung eine gewisse Kälte, welche von mir ausgeht. Kuscheln, lieb haben. kaum möglich. aber auch nicht sonderlich wunderlich. Ich hatte damals das Gefühl mir wird das Herz über 1,5 Jahre lang langsam herausgerissen am lebendigen Leib.
Die Frage ist nun was mir damals genau passiert ist. War es die starke Verliebtheit mit aprupten Ende der Extraklasse, oder was es ein gewisser Ödipussikomplex, der dann wieder enttäuscht wurde? Ich weiß es nicht. Was genau ist mit mir passiert? Eine normale Depression kann das doch fast nicht mehr gewesen sein, oder? Falls doch. heute ist nichts mehr davon zu spüren. Ich kann es selbst nicht glauben was mir da passiert ist.
Habt Ihr eine Ahnung was das war? Ich würde mich sehr über Rückmeldungen freuen.
19.06.2024 11:01 • • 23.06.2024 x 7 #1