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Hallo ihr Lieben,

Wolke, Freisein, Major Tom, und alle andern,

ich beneide euch ein wenig, weil ihr ( und auch viele andere hier im Forum ) so tolle Dialoge führen könnt und vor allem, weil ihr relativ schnell auf andere User antworten könnt.

Mir fällt es oft schwer, die richtigen Worte zu Papier zu bringen und brauch deshalb meistens viel Zeit um zu antworten. Reden könnt ich dafür um so länger.

Tja, mein Kampf mit meinem Burnout.

An manchen Tagen lässt er mich einigermaßen in Ruhe, an anderen klopft er dann wieder um so heftiger an die Tür. Am letzten Donnerstag war es wieder sehr heftig.

Ich bin jetzt 38 Jahre selbstständig, davon habe ich die meiste Zeit allein gearbeitet. Nach meinem Zusammenbruch 2013 konnte ich einige Monate gar nicht mehr arbeiten. Ohne die finanzielle Unterstützung meiner Geschwister und eines sehr guten Freundes wäre ich sofort in die Insolvenz gerutscht.
Krankfeiern ging nicht, da die Beiträge zur PKV und zur Krankentagegeldversicherung schon lange nicht mehr bezahlt wurden.
Nach einigen Monaten bin ich dann langsam wieder angefangen zu arbeiten. Das ging aber nur stundenweise, da mir immer schon nach kurzer Zeit, in meiner Werkstatt, die Decke auf den Kopf viel.

Um wieder etwas Struktur in meinen Alltag zu bekommen, hatte ich mir zusätzlich einen 450 Euro Job gesucht. Eine einfache Arbeit in der Warenkommissionierung. Selbstständiges Zusammenstellen der Ware, keine Fließbandarbeit. Jetzt hatte ich zumindest an 4 Tagen, immer abends ab 17:00 ein paar fest einzuhaltende Stunden am Tag und vorgegebene Arbeiten, nur mit der Verantwortung für die mir gerade zugeteilte Arbeit und nicht für einen, wenn auch sehr kleinen, eigenen Betrieb.
Am meisten Sorgen machten mir die Fragen: Kannst du überhaupt noch mit anderen Menschen zusammenarbeiten und kannst du dich da überhaupt in ein Team eingliedern und evtl. auch unterordnen?
Aber das klappte sehr gut, tat mir richtig gut, ein paar Menschen um mich zu haben, hier und da ein paar Worte wechseln, mal mit Arbeitskollegen rumflachsen. Ich hatte freundliche und hilfsbereite Menschen um mich, zwar einen besch..... Chef, aber einen erstklassigen und verständnisvollen Betriebsleiter, der selber lange selbstständig gewesen war, aber auch durch einen Burnout in die Insolvenz geraten war.

Ich bekam wieder etwas mehr Halt und kann auch wieder etwas besser in meiner Werkstatt arbeiten, in meinem Beruf, von dem ich nach wie vor leben muss.

Nach einem Jahr wechselte ich dann in einen anderen Betrieb, weiterhin in der Kommissionierung. In dem Betrieb arbeite ich immer noch, auf Teilzeit, 3 Tage i. d. Woche, morgens von 4:45 bis ca . 13 - 14:00. Meistens ist es eine ziemliche Knochenarbeit.
Nach Feierabend bin ich i. d. R. ziemlich platt, mach dann ca. 2 Std Pause und fahr dann in meine Werkstatt, für nochmal ca. 2 -3 Std., lauf dann 1Std. mit den Hunden, anschl. Abendessen - Feierabend.
An den restlichen Tagen in der Woche, versuche ich in meiner Werkstatt zu arbeiten, was nicht immer so gut läuft.

In meiner Teilzeitbeschäftigung kann ich meistens hochkonzentriert und schnell arbeiten, in meiner Werkstatt kann ich meinem einmal so geliebten Beruf nur mit Mühe nachgehen. Bin vergesslich, fahrig, schlecht gelaunt, unkonzentriert, langsam - viel zu langsam, bekomm oft Herzrasen, Schweißausbrüche, fang an zu grübeln und muss dann da weg.

An manchen Tagen geht es gut, an anderen ist es ein Katastrophe.

Wenn ich es dann aus eigenem Antrieb nicht schaffe, noch mit den Hunden zu laufen oder anstehende Arbeiten im Haushalt zu erledigen, kommt meistens mein Sohn: Sag mal, warst du schon mit den Hunden raus, wolltest du nicht Wäsche waschen , Rasen mähen., einen Kumpel anrufen .......
Er versucht dann, mich zu motivieren, mich zu beschäftigen, mich abzulenken.

Das klappt fast immer.

Am letzten Donnerstag klopfte mein Burnout wieder an die Tür. 10 1/2 Std. auf meiner Teilzeitarbeit, 1 1/2 Std. Pause, 2 1/2 Std. in der Werkstatt, 1 Std. mit den Hunden laufen, Abendessen kochen, ab auf die Couch. Alles gut
Und dann, nach ca. 30 Minuten ging`s los.
Grübeln, grübeln, grübeln - meine Arbeit in der Werkstatt - es bleibt so viel liegen - unzufriedene Kunden ( nur 2 ) meine Schulden - ich darf nicht krank werden, auf keinen Fall, dann ist Schluss, ich schaff das nicht - ich schaff das alles nicht..........
Hab´s dann, aus eigenem Antrieb, geschafft, meinen Hintern hoch zu kriegen, nochmal mit den Hunden raus- 20 Minuten - und dann ab ins Bad - Wasser in die Wanne, mit Badesalz und Schaumbad - 5 Teelichter angezündet - ein Glas Rotwein ( es wurden dann zwei ) eingeschenkt, Entspannungsmusik von You Tube und dann ab ins heiße Wasser, so heiß wie`s eben ging - fast 2 Stunden.
Danach hab ich geschlafen wie ein Dachs.

Am Freitagmorgen hab ich ausgeschlafen, gefrühstückt, gut gelaunt meinen Mittelfinger der rechten Hand hochgereckt und laut gerufen: Burnout, du kannst mich mal !

Dann bin ich zur Werkstatt gefahren, konnte immerhin 5 Std. arbeiten, hab mir ein paar Sachen mit nach Hause genommen, die ich auch dort erledigen konnte. Der Tag war gut.

Am Samstag hab ich zu Hause weiter gearbeitet, mein Sohn hat den Haushalt gemacht und gekocht. Hab mir ein paar längst überfällige neue Wanderschuhe gekauft, bin dann noch 2 Std. mit den Hunden gelaufen und anschließend noch 3 Std. ohne meine stressigen Vierbeiner durch die Wälder gewandert, bis es dunkel wurde.

Gestern war ich sehr früh wach. Bin 1 Std. mit Hunden den gelaufen, hab gefrühstückt und anschl. 2 Std. zu Hause gearbeitet. Nachmittags hab ich 2 Std. geschlafen, bin dann nach Holland gefahren ( 20 Min. ) und bin im Gelderland noch bis zum dunkelwerden gewandert, hatte mich mit dem Wetter verrechnet, bin durchnass geworden, aber ich war glücklich und zufrieden, konnte gut abschalten. Hab dann zu abendgegessen und bin dann noch mal mit den Hunden raus.

Das Wochenende war gut, weitestgehend entspannt.

Ich hatte das Wochenende über mein Telefon ausgeschaltet. Das werde ich jetzt öfter machen.

Heute morgen hatte ich 8 Kundenanrufe auf dem Handy, wurde schon wieder total rappelig. Krieg 2 Aufträge nicht termingerecht fertig.
Hab schon wieder nur Werkstatt - Werkstatt - Werkstatt im Kopf. Dazu muss ich Di, Mi, Do zur Arbeitsstelle, diese Woche jeden Tag mind. 10 Std. Weiß jetzt schon nicht mehr, wie ich alles fertig bekommen soll.

Werde gleich mit den Hunden in den Wald fahren und bis zum dunkel werden laufen. Ich muss heute noch irgendwie runter kommen, vielleicht nachher nochmal wieder in die Badewanne, aber ohne Rotwein, muss um 3:20 wieder aufstehen.

Die Woche wird dann schon irgendwie laufen, bin dann abends eh kaputt und müde.

Ich werde ganz sicher nicht über jede Burnoutattacke schreiben, wollte nur mal beschreiben, wie der Burnout manchmal bei mir vor der Tür steht und wie ich dann doch meistens mit ihm fertig werde.

Arbeitstechnisch werde ich das auf Dauer so nicht aushalten können. In meinem Beruf, mit dem ich eigentlich genug Geld verdienen könnte, um gut über die Runden zu kommen, kann ich auf Dauer nicht mehr voll arbeiten, es geht einfach nicht mehr.
Die Teilzeitstelle bringt mir zwar wieder mehr Struktur, aber sie verlangt mir körperlich sehr viel ab und bringt auch nicht das nötige Geld.

Mal sehen. Es gibt noch eine Option. Es wäre allerdings ein kompletter Neuanfang, mein Leben würde sich radikal ändern.

Ich wünsche allen Lesern noch einen entspannten Abend - und - lasst euch nicht unterkriegen - zeigt manchmal einfach mal den Mittelfinger.

Hm, ich weiss nicht mein lieber m_eiche, wenn ich das so lese, was du dir alles aufbürdest, dann mach ich mir schon ein bisschen Sorgen um dich. Das Burnout ist ja eigentlich nix Böses, nur eine Warnung, dass man so nicht weitermachen kann.

Was wären denn der Neuanfang? Könnte der dir eine geregelte Arbeit (8h pro Tag) mit genügend Einkommen ermöglichen? Wäre der Neuanfang an und für sich weniger stressig?

A


Thema Burnout auf SAT 3

x 3


Hallo @m_eiche :
Das ist ein wunderbares Credo gegen den Burnout, welches Du da formuliert hast:

m_eiche schrieb:
Mal sehen. Es gibt noch eine Option. Es wäre allerdings ein kompletter Neuanfang, mein Leben würde sich radikal ändern.

Ich wünsche allen Lesern noch einen entspannten Abend - und - lasst euch nicht unterkriegen - zeigt manchmal einfach mal den Mittelfinger.

Aber noch krieg ich das einfach nicht hin...

Mein Chef hätte diesen verdient:
Give me one of five, I'll take the one in the middle.
-
Yes Sir, here we are!

jeder einzelne Hartz-4-Initiator ebenso (Arbeitest du noch, oder schröderst du schon?).
Aber ich maloche weiter, für einen bedauernswerten Hungerlohn.
Beste Grüße.
Tom

Zitat von Major Tom:

Yes Sir, here we are!

jeder einzelne Hartz-4-Initiator ebenso (Arbeitest du noch, oder schröderst du schon?).
Aber ich maloche weiter, für einen bedauernswerten Hungerlohn.
Beste Grüße.
Tom


Dem kann ich mich nur anschließen. Auch wenn es bei mir für eine angestellte Tätigkeit nicht reicht. Ich mich über eine Selbständigkeit über Wasser halte, nachdem meine Arbeitskraft nach 2-3 Stunden Pausen benötigt, die ein AG nicht toleriert.
Irgendwer hat mal gesagt, ich sei nur zu blöd zu begreifen kaputt zu sein. Liegen zu bleiben...
Mh, irgendwie kann ich das als Kompliment verstehen ....

Zitat von Daishō:
Zitat von Major Tom:

Yes Sir, here we are!

jeder einzelne Hartz-4-Initiator ebenso (Arbeitest du noch, oder schröderst du schon?).
Aber ich maloche weiter, für einen bedauernswerten Hungerlohn.
Beste Grüße.
Tom


Dem kann ich mich nur anschließen. Auch wenn es bei mir für eine angestellte Tätigkeit nicht reicht. Ich mich über eine Selbständigkeit über Wasser halte, nachdem meine Arbeitskraft nach 2-3 Stunden Pausen benötigt, die ein AG nicht toleriert.
Irgendwer hat mal gesagt, ich sei nur zu blöd zu begreifen kaputt zu sein. Liegen zu bleiben...
Mh, irgendwie kann ich das als Kompliment verstehen ....


PAUSEN?!
Wer heutzutage ein solches Unwort überhaupt noch in den Mund nimmt, ist doch schon ein absoluter Versager.
Oder?!
3 Monate mindestens bräuchte ich jetzt einfach mal, um endlich wieder einigermaßen in's Gleichgewicht zu kommen.
Aber dann wäre ich weg, und zwar so dermaßen vom Fenster.
Weil: Immer höher, schneller, weiter!
Keine Atempause, es geht voran.

Liebe Grüße.
Tom

Zitat von Major Tom:
Zitat von Daishō:
Zitat von Major Tom:

Yes Sir, here we are!

jeder einzelne Hartz-4-Initiator ebenso (Arbeitest du noch, oder schröderst du schon?).
Aber ich maloche weiter, für einen bedauernswerten Hungerlohn.
Beste Grüße.
Tom


Dem kann ich mich nur anschließen. Auch wenn es bei mir für eine angestellte Tätigkeit nicht reicht. Ich mich über eine Selbständigkeit über Wasser halte, nachdem meine Arbeitskraft nach 2-3 Stunden Pausen benötigt, die ein AG nicht toleriert.
Irgendwer hat mal gesagt, ich sei nur zu blöd zu begreifen kaputt zu sein. Liegen zu bleiben...
Mh, irgendwie kann ich das als Kompliment verstehen ....


PAUSEN?!
Wer heutzutage ein solches Unwort überhaupt noch in den Mund nimmt, ist doch schon ein absoluter Versager.
Oder?!
3 Monate mindestens bräuchte ich jetzt einfach mal, um endlich wieder einigermaßen in's Gleichgewicht zu kommen.
Aber dann wäre ich weg, und zwar so dermaßen vom Fenster.
Weil: Immer höher, schneller, weiter!
Keine Atempause, es geht voran.

Liebe Grüße.
Tom



Kommt mir nur zu bekannt vor. Zwar nicht aus meinem Munde, aber aus meinem Verhalten mir selbst gegenüber. Und nachdem man mich aus der Firma hatte purzelten meine vormaligen Mitarbeiter reihenweise. Wobei ich zu meiner Entlastung sagen will, unter der Führung des neuen Leiters purzelte auch die Abt. Zuvor war er der berühmte Tropfen bei mir...

Aber meine '3 Monate' scheine ich bald zu bekommen. Auch wenn ich 'erst mal nur' 5 Wochen bewilligt bekommen habe. Aber ich kenne mich ja, 3 Monate in 5 Wochen zu packen? Kein Problem. Haben wir's letzte Mal auch geschafft. Zwar lag ich zwei Wochen danach noch heftiger auf der Nase wie vor der Kur, aber was soll?s denn...

Zitat von m_eiche:
Am Freitagmorgen hab ich ausgeschlafen, gefrühstückt, gut gelaunt meinen Mittelfinger der rechten Hand hochgereckt und laut gerufen: Burnout, du kannst mich mal !


Herlich, dem Burnout den Mittelfinger zeigen. Ich musste jetzt sowas von Lachen.
Danke!

Aber das mit dem geliebten Job kenne ich. Als ich damals umfiel, da liebte ich gar nix mehr was ich vorher liebte. Alle Rollen, die letztendlich zum Burnout führten.
Mein Beruf, wo ich mir eigentlich nie etwas anderes vorstellen konnte. Ich hatte sogar beinahe gewechselt. Und Daisho, du hast Recht, es wäre ein wirklich bei mir ein Fehler gewesen, umso mehr ich über unser Gespräch nachdenke. Ich brauche einfach das komplette Paket meines Berufes. Sonst fehlt einfach etwas. Auch wenn es mitunter noch so anstrengend ist, aber ich komme wenigstens erfüllt ausgelaugt nach Hause.
Außerdem waren da noch meine Rollen als Frau. Mutter sein, Ehefrau sein, Tochter sein, Freundin sein, Chefin sein.... Ich hätte vor allem fort laufen können. Denn alles zusammen führte zum Zusammenbruch.
Und vor allem hätte ich nie gedacht, dass das wirklich so ist. Ich habe selbst ein soziales Projekt erstellt. Jahrelange Arbeit. Alles in meinem Kopf, weil ich Probleme mit dem Niederschreiben habe. Und es war weg. Heute noch muss ich richtig sortieren und tief graben, um einiges von diesem Wissen wieder hervor zu holen. Und vieles muss ich wieder neu erfinden.

Was mich aber wundert ist, warum haut einen diese Leidenschaft zum Beruf um. Warum ist das was man einmal geliebt und quasi hin gelaufen ist auf einmal nicht mehr gut für einen selbst. Und warum vergisst man genau dieses Wissen und die größten Fähigkeiten. Also so ein paar Negativerinnerungen und schlechte Angewohnheiten hätte ich ja mal gerne verloren. Aber es waren hauptsächlich die Dinge, wo ich talentiert bin. Lesen, Rechnen, Organisation, das Gefühl für Zeit und Zahlen, meine Ideen...

Und was das PAUSEN angeht. Ich weiß nicht ob es die Umwelt ist oder ich selbst. Ich mache jetzt meine 6. berufliche Fachqualifizierung und merke, dass ich eigentlich eine Pause gebraucht hätte. Aber nein, die Zertifizierung für die Einrichtung ist geschafft, also jetzt noch schnell wieder was nachlegen. Und ich rufe mich schon VON, weil ich nicht beides auf einmal gemacht habe sondern nacheinander. Ich habe mir jetzt fest vorgenommen. Wenn das geschafft ist, dann werde ich eine PAUSE machen und einfach meiner Arbeit nachgehen. Das ist ein Ziel!
Schießlich liegen noch mindestens 20 Jahre vor mir. Und die Arbeitskraft soll noch so lange reichen.

Mit der Selbstständigkeit habt ihr es allerdings schwerer als ich. Ich bin Angestellte und inzwischen unkündbar. Aber ich möchte meine Arbeit trotz dieser Sicherheit mit Engagiertheit und Kraft durchführen. Und um dieses Ziel zu erreichen heißt es mit den Kräften haushalten und die Kraft gut einteilen. Und immer wieder zwischendurch Kraft schöpfen.

Tom hat das schön geschrieben ins Gleichgewicht kommen. Genau darum geht es bei Burnout und das, was einen da rein reitet. Daisho und Wolke, ihr habt doch beruflich schon so viel erreicht. Entschuldigt die etwas provokative Frage: warum muss es noch mehr sein? Was steckt wirklich hinter diesem Ehrgeiz?

Daisho, bitte trage Sorge zu dir. Ich finde nicht, dass du das als Kompliment aufnehmen solltest (zu blöd um zu merken, dass man kaputt ist). Das sind für mich alles Warnzeichen, was du da schreibst.

Ich habe mittlerweile den dritten Burnout. Bei mir ist es wohl tatsächlich so, dass ich Stressanfälliger bin. Und ich sage euch: mit jedem Mal wird es heftiger und schlimmer! Über ein Jahr lang hab ich gebraucht um mich wieder einigermassen als Mensch zu fühlen. Erst im September (nach über einem Jahr) hatte ich 2 halbe Tage, wo ich innerlich ruhig war, wie vor dem ganzen Sch...

Bitte bitte, tragt Sorge zu euch! Wie im Film erwähnt: Burnout wird trivialisiert und bagatellisiert. Ich habe es als schlimme Erkrankung erlebt, die, und das weiss ich jetzt immer noch nicht (weil immer noch nicht 100% fit) auch zu Hartz 4 führen könnte. Weil einfach zuviel kaputt gegangen sein könnte.

Ich war mit Menschen in der Klinik, die nie mehr voll arbeiten können. Einer kriegt jetzt eine EU Rente. Das nur so zum Finanziellen. Wie man sich dabei fühlt, ist das andere.

Ich habe bis jetzt hier still mitgelesen.
Ich hatte vor anderthalb Jahren einen Burn Out. Ich hatte viel zu lange gewartet,
und mir erst Hilfe geholt, als wirklich gar nichts mehr ging.
Also ich war an einem Punkt, wo ich nur noch flüchten wollte. Ich wollte eine Tasche
packen, mich in einen Zug setzen und abhauen irgendwohin, egal wohin, nur weg, weg.

Ich habe mir dann gesagt, vorher gehst du wenigstens einmal zum Arzt und schilderst
deine psychischen und physischen Symptome. Wenn er dich ' auslacht ', dann kannst
du immer noch ' abhauen '.
Ich habe mich sehr, sehr geschämt, als ich beim Arzt saβ .
Er hat mich sofort krankgeschrieben und so erstmal aus der belastenden Arbeitssituation
rausgenommen. Ich habe mich dann für eine Gesprächstherapie entschieden.
Einige Wochen später bin ich dann wieder zurück in den Job. Das war auch noch mal
eine schlimme Zeit, weil die ' Kollegin ', die mich wieder eingearbeitet hat, mir ständig
vermittelt hat, daβ ich ihrer Meinung nach zu blöd für die einfachsten Dinge bin.
So fühlte ich mich gleich wieder herzlich willkommen ( Achtung, Ironie ).

Ich werde nie wieder dieselbe sein wie vor dem Burn Out.
Ich muβ akzeptieren, daβ ich nicht mehr so belastbar bin wie früher.
Wenn ich schaffe, das zu akzeptieren, kann ich auch Frieden mit mir selbst
schließen.
Daran arbeite ich, dieses Ziel zu erreichen.

Liebe Grüße.

Zitat von Wolke P:
Und was das PAUSEN angeht. [ ... ] und merke, dass ich eigentlich eine Pause gebraucht hätte. Aber nein, die Zertifizierung für die Einrichtung ist geschafft, also jetzt noch schnell wieder was nachlegen. Und ich rufe mich schon VON, weil ich nicht beides auf einmal gemacht habe sondern nacheinander. Ich habe mir jetzt fest vorgenommen. Wenn das geschafft ist, dann werde ich eine PAUSE machen und einfach meiner Arbeit nachgehen. Das ist ein Ziel!


Ich weiß nicht, ob folgendes wirklich zutrifft, momentan ist es mehr eine These von mir:

In früheren Jahrhunderten, vor dem Beginn der industriellen Revolution, brachte der Bauer, der Handwerker seine Arbeit zu Ende. Nahm sich hernach auch die Zeit sein Werk stolz zu betrachten. Sich damit quasi innerlich selber auf die Schulter zu klopfen.

In der heutigen Zeit macht es eher den Eindruck, man arbeitet nur noch zügig und kostenorientiert. Nicht mehr um stolz sein Werk zu betrachten, sondern um den Punkt von der ToDoListe zu streichen. Abend mehr mit sich im unreinen zu sein, dass man nicht alle Erwartungen erfüllt, nicht alle Punkte abgehakt hat. Schafft man es jedoch, wird als 'Belohnung' nur noch mehr eingetragen. Höher, schneller, weiter...

Vielleicht sollte man Pausen auch mal anders interpretieren: Weniger als 'schnell ne Zig., ein Butterbrot, ne Tasse Kaffee und einen Plausch mit Kollegen damit nachher schnell weitergehen kann' sondern sich einfach mal zurücklehnen und stolz auf das sein, was man bis dahin schon geschafft hat.

@Freisein
Danke, aber tatsächlich hatte ich beruflich viel erreicht. Auch bin ich dir, wenn du von drei Burn Out sprichst, noch etwas voraus. So war auch meine Bemerkung (zu blöd um zu merken, dass man kaputt ist...) eher von Sarkasmus als von Anderem geprägt. Auch Hartz IV etc. sind mir bei weitem nicht unbekannt. 'Amüsanter Weise' brachten mich gerade Behörden, die derlei verhindern sollten in diese Lage. So bringt auch meine Selbständigkeit durchschnittlich nur wenig mehr als die Hartz IV Sätze ein. Bereits ein zahlungsunwilliger Kunde mich schnell in den Bereich einer Aufstockung. Sicher ist sie ausbaubar, aber da macht meine Gesundheit noch nicht mit. Daneben verhindert meine Selbständig ein 'täglich grüßt das Murmeltier' mit diversen Behörden, sorgt für eine gewisse Unabhängigkeit.

Daneben bin ich aber mehr ein Mensch, der öffentlich am Liebsten über erfolgreich bebrütete Eier jubelt. Nicht aber über beim Brüten zerbrochene jammern mag.

Hallo @Cati

Das was du über den Wiedereinstieg im Job schreibst, kommt mir leider bekannt vor. Ich habe nach der Klinik einen Arbeitsversuch gewagt in der alten Anstellung.

Einige (vorherige) Kollegen waren richtig feindselig. Als ich weg war, haben die wohl einige Male (und vermutlich nicht im positiven Sinne) über mich geredet. Andere Kollegen waren sehr distanziert. Nur etwa zwei gingen normal, wie vorher, mit mir um. Insgesamt habe ich schon eine gewisse Abwertung gespürt. Dabei war ich ja immer noch derselbe Mensch, nur krank.

Das ist mir vorhin so hochgekommen.... war schon nicht schön.... über ein Jahr her, und anscheinend habe ich das völlig ausgeblendet (es gab zu dem Zeitpunkt Lebens-Wichtigeres als die Meinung der Exkollegen). Wenn ich so zurückdenke, es war nicht schön und tut auch ein bisschen weh. Ich finde es immer wieder absolut Sch... wie man bei psychischen Erkrankungen stigmatisierst und abgewertet wird. Mal abgesehen davon.

@Daishō na, wenn du mir voraus bist, dann umso mehr, trage Sorge zu dir. Manchmal ist jammern gar nicht so übel... man wird sich über Dinge bewusst und weiss wieder, wo man ein Augenmerk darauf haben muss, wenn du verstehst, was ich meine? Aber ja, nur jammern bringt einem überhaupt nicht weiter.

Hallo @freisein.

Ich habe erst nach meiner Wiedereingliederungszeit in den Job von einer
anderen Kollegin erfahren, daβ die Kollegin, die mich wieder eingearbeitet
hatte, wohl fürchtete, in eine andere Abteilung versetzt zu werden, wenn ich
zurück in's Team komme.
Als ich das hörte, lief es mir kalt den Rücken runter...ich verstand, warum sie
mich dermaßen abwertend und gehässig behandelt hatte...sie wollte wohl,
daβ ich aufgebe und kündige oder wieder in den Krankenstand gehe, und
ich war auch kurz davor...
...in den letzten Tagen der Wiedereingliederung ging es mir nämlich so schlecht,
da ich wusste, morgens bin ich wieder mit dieser Frau konfrontiert...ich habe
mir nachts jede Stunde den Wecker gestellt und mich aufgeweckt, damit der
Morgen nicht so schnell kommt.
Ja, ich habe durchgehalten und die Wiedereingliederung geschafft und konnte
dann wieder ohne ' Begleitung ' der Kollegin arbeiten.

Aber, Leute, da können seelische Verletzungen zurückbleiben, von denen man noch
lange ' was hat '.

Bitte, geht achtsam mit euch um.

Zitat von Freisein:
@Daishō na, wenn du mir voraus bist, dann umso mehr, trage Sorge zu dir. Manchmal ist jammern gar nicht so übel... man wird sich über Dinge bewusst und weiss wieder, wo man ein Augenmerk darauf haben muss, wenn du verstehst, was ich meine? Aber ja, nur jammern bringt einem überhaupt nicht weiter.


Danke für deine Sorge, Freisein.
Um es mit einem - vielleicht etwas martialischem - Bild zu verbinden: 'Jammern' ist in meinen Augen wie im Boxring hart getroffen zu werden, zu Boden zu gehen und liegen zu bleiben. Stehe ich dagegen auf und mache weiter, kann ich den 'Kampf' zwar immer noch verlieren, nicht aber meinen Respekt vor mir selber. Auch kann ich den 'Kampf' nach Punkten immer noch für mich entscheiden. Meine 'Wunden *beep*' kann ich hernach immer noch, auch den nächsten 'Kampf' hinausschieben, bis meine Blessuren beseitigt sind. Das gäbe mir auch die Zeit meine Fehler des letzten Revue passieren zu lassen.

Siehe aber bitte 'Kampf' als Analogie. Der beste Kampf ist jener, den man nicht ausfechten muss. Ansonsten bevorzuge ich die Judoregel....

@Cati
Als ich nach meinem ersten Zusammenbruch in die Firma zurück kam, ging es erst richtig los. Es wurde erwartet, dass ich liegen gebliebene Arbeit von 10 Wochen Abwesenheit aufarbeite, den verlorenen Umsatz herein hole. Der vorherige Umsatz war jedoch nur zu erreichen gewesen, nachdem keiner der MA unter 50 Wochenstunden nach Hause ging, ich selber bis zu 80 hatte. Daneben multiplizierte sich das bereits vor meinem Zusammenbruch begonnene Mobbing. Ich habe erst zu spät erfahren, meine Abteilung war schon einem Nachfolger zugesagt worden, bevor ich ging. Binnen Wochen war ich auf gleichem Status wie vor der Reha. Unterschrieb den Aufhebungsvertrag eigentlich mit einem lachende und einem weinendem Auge.

@daishõ,

ich bin mittlerweile auch raus aus der Firma.
Ich muβ das alles hinter mir lassen, und neu anfangen.
Es fällt mir nicht leicht, über das alles so offen zu schreiben.
Es fühlt sich ein biβchen an wie ' gescheitert sein. '

Aber es ist so, wie ein lieber Freund mir schrieb ( und mich damit endgültig
wachrüttelte ) : ' Dieser Job belastet dich zu sehr und raubt dir die Kraft zum Leben .'

@Cati ich glaube, es wäre gut, von diesem gescheitert sein denken wegzukommen. Wenn wir nicht krank gewesen wären, wären wir auch nicht in den Krankenstand. Ergo waren wir krank. Ob nun psychisch oder physisch spielt letztendlich nur in den Augen der Gesellschaft eine Rolle. Leider werden wir immer wieder von der Gesellschaft damit konfrontiert, aber schlussendlich, im Grossen und Ganzen, spielt auch das keine Rolle (wenn man es schaffen würde, darüber hinweg zu sehen). Hauptsache wieder gesund, viel gelernt, und eine andere Lebensführung aufgenommen. Manche bleiben in einem Job, den ihnen nicht gut tut, manche gehen. Zu gehen ist eine gute Entscheidung. Das bedeutet, dass du achtsam mit dir umgehst und dir Gutes tust. Von dieser Warte aus gesehen also absolut positiv und nichts, wo du hättest scheitern können, im Gegenteil.

Es ist eigentlich eine Schande, dass man sich dafür schämen muss, krank geworden zu sein. Der Film beweist ja, dass massive Veränderungen im Hirn stattfinden bei Dauerstress. Es ist also auch organisch nachweisbar. Mit dem kann die Gesellschaft ja besser umgehen, mit organischen Erkrankungen. Wo also ist hier bitte der Unterschied. Physis und Psyche gehören eh zusammen, nur der westliche Mensch denkt, die beiden existierten unabhängig voneinander.

Ich wünschte mir insgesamt mehr Aufklärung über Depressionen, Burnout und co. diesen Film sollte man mal den Mitarbeitern und Chefs vorführen.

Ja, Freisein,

ich stimme dir in allen Punkten zu.

Und dennoch kriege ich diese Gedanken noch nicht völlig aus meinem
Kopf : ' Hätte ich mir mehr Mühe gegeben...mich nicht so angestellt...
wäre ich nicht so empfindlich...und begriffsstutzig gewesen...dann hätte
ich gut zurechtkommen können in dem Job. '
Oder ich denke, ' jeder andere wäre dort klargekommen. Nur ich nicht.
Was stimmt mit mir nicht ? '
Ich weiß, daβ diese Gedanken wahrscheinlich Unsinn sind, mich aber auf
jeden Fall nicht weiterbringen.
Das meinte ich vorhin, als ich schrieb, ich arbeite noch daran, Frieden mit mir
selbst zu schließen.
Sponsor-Mitgliedschaft

Zitat von Cati:
@daishõ,

ich bin mittlerweile auch raus aus der Firma.
Ich muβ das alles hinter mir lassen, und neu anfangen.
Es fällt mir nicht leicht, über das alles so offen zu schreiben.
Es fühlt sich ein biβchen an wie ' gescheitert sein. '


Bist du wirklich gescheitert?

Oder warst du nicht eher am Ende deines dortigen Weges?

Ich hatte einen 'guten Job', eine renommierte Position, gutes Geld und vieles mehr. Aber ich war eigentlich schon lange nicht mehr bereit den Preis dafür zu zahlen. Bewusst geworden ist mir dies aber erst lange nach meinem Burn Out. Und auch dann nicht sofort im vollem Umfange. So habe ich tatsächlich lange überlegt, nicht doch in die Tretmühle zurück zu kehren, als mir ein sehr gutes Angebot dafür vorgelegt wurde.

Bin ich deswegen gescheitert? Ich denke nicht. Ich habe nur den Punkt verpasst; übersehen, an dem ich mich neu orientieren hätte sollen. Hatte übersehen, der Spass, die eigene Befriedigung war schon lange auf der Strecke geblieben.

Zwar bin ich aktuell immer noch weit von einem befriedigendem Leben entfernt, aber ich sitze gerade seit 11 auf dem Balkon. Es hat zwar nur knapp 10 Grad, aber die Sonne strahlt und wärmt mich in meinem Pulli. Meine Schultern werden von einer meiner Katzen gewärmt, die mir dabei sanft ins Ohr schnurrt. Um mich rauschen Bäume, ab und an verdeckt eine der Wolken die Sonne, auch schallt mal ein Auto unten vom Dorf herauf. So nebenbei habe ich gerade noch mit ein paar Kunden kommuniziert, einen Auftrag abgeliefert und mit euch geplaudert. Gleich schaue ich mal, was mein Kühlschrank denn so leckeres zulässt.
Vor meinem Burn Out hätte ich mich um diese Zeit entweder im Schweinsgalopp durch irgend eine Firma bewegt, um irgendwelche ganz wichtigen Daten zu sammeln, in irgendwelchen Meetings, hochakademischen Strategiegesprächen etc. befunden. Ob die Sonne herunterbrennt, oder auch nicht, oder mir eine Katze um die Füße streicht, das wäre mir sicher nicht mal aufgefallen. Und so in zwei bis drei Stunden hätte mich mein Bauch daran erinnert, es ist mal wieder Zeit für einen Energieriegel oder ne Wurscht am Stand...

Bin ich deswegen gescheitert? Vielleicht an Vorstellungen, die eigentlich nicht die meinen waren, oder die meine Weiterentwicklung überlebten. Mir als Menschen geht es jetzt eigentlich schon besser wie vorher. Sicher, da gibt es noch ein paar Sachen an denen ich arbeiten sollte. Aber...

Und was deine Gedanken betrifft: (Ich kenne sie auch)
Hättest du dir mehr Mühe gegeben, wäre dein Aufschlag auf den Boden der Realität noch heftiger geworden.
Hättest du dich weniger angestellt, wärst du vielleicht jetzt noch nicht einmal mit uns zu plaudern in der Lage.
Wärst du nicht so empfindlich gewesen, hättest du dir das Fleisch bis auf die Knochen abgeschrammt, bevor du zur Besinnung gekommen wärst.

Eine Frage hat mich überlegen lassen: Arbeitest du um zu leben oder lebst du um zu arbeiten?
In meinen Augen keine Binsenweisheit, sondern eine Entscheidung, welche jeder für sich selber treffen sollte. Und wenn die Entscheidung Arbeiten um zu leben bedeutet, dann sollten wir uns darüber Gedanken machen, wie. Ist auf jeden Fall interessanter, als sich um vergossene Milch von gestern den Kopf zu zerbrechen.

Apropos Milch: Milchreis wäre ne Idee. Ab zum Kühlschrank... Hunger....

Danke für deine Worte, Daishõ.

Ich habe nicht nur die Firma verlassen, ich verlasse auch die Stadt.
Ich ziehe in eine Stadt, 100 km entfernt.
Also ein totaler Neuanfang.
Wenn schon, denn schon.

Ja, heute ist ein schöner Oktobertag.
Die Luft ist ganz frisch und klar.
Ich denke, ich mache heute noch eine Radtour.
Die Natur, Sonne, Wind, das Rauschen der Bäume, das kann ich heute wieder
bewusst wahrnehmen und genießen.

Zitat von Cati:
Danke für deine Worte, Daishõ.

Ich habe nicht nur die Firma verlassen, ich verlasse auch die Stadt.
Ich ziehe in eine Stadt, 100 km entfernt.
Also ein totaler Neuanfang.
Wenn schon, denn schon.


Ein Neuanfang, für den ich dir viel Erfolg wünsche, Cati.
Aber einer, bei dem es einen wichtigen Punkt zu beachten gibt: Den generellen Auslöser für die Erkrankung nimmst du mit: Dich selber; oder besser: Dein Denken.
Denn eigentlich ist dieses verantwortlich für deinen Burn Out, wie meines für meinen verantwortlich ist.

Mach dir vielleicht vorher Gedanken über dein Denken. Und lasse die wesentlichen Teile deines Denkens, welche in den BO führten gleich mit zurück...

A


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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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