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Hallo an Alle,

Nach langem überlegen habe ich mal beschlossen meine Geschichte hier hin zu schreiben in der Hoffnung das vielleicht andere mit den gleichen Problemen mir weiterhelfen können. Ich weiß natürlich das es besser ist einen Psychologen bei sollchen Sachen aufzusuchen, habe aber erst nächste Woche einen Termin und es kann ja auch nicht schaden sich mit anderen denen es genauso geht darüber zu unterhalten.

Also ich fang einfach mal ganz von vorn an.
Ich bin mittlerweile 18 Jahre alt. Habe mit 15 Jahren gemerkt das ich unter einer leichten Agoraphobie leide was aber nie so schlimm war das es mir meinen Tagesablauf verpfuscht hat. Hatte das damals also nie als all zu großes Problem angesehen. Vor ca. 3 Monaten wollte ich mit dem Zug zu Verwandten fahren die 4 Stunden von mir weg wohnen. Ich hatte mich an dem Tag so schon nicht gut gefühlt weil ich nicht schlafen konnte und auch leichte Übelkeit verspührt habe. Naja gesagt getan saß ich dann im Zug. Keine 5 Minuten hat es gedauert und ich dachte ich müsse mich übergeben worauf hin ich wie ein unangenehmes Gefühl hatte und eine Hilflosigkeit weil ich aus dem Zug raus wollte, es aber nicht ging. Also bin ich mit einer dermaßenden Angst und Übelkeit einfach weiter gefahren. Als ich später angekommen war ging es mir eigentlich wieder recht gut. Ich war den Tag noch etwas Sport machen und alles war toll.
Ich bin irgendwann schlafen gegangen und mitten in der Nacht wach geworden weil mir extrem warm war. Konnte danach nicht schlafen und bin eine rauchen gegangen und plötzlich hatte ich das Gefühl neben mir zu stehen und hatte Realitätsverlust. Hatte panische Angst (Dazu muss ich noch sagen, ich weiß nicht wieso aber seit ich denken kann ist meine größte Angst verrückt zu werden. Jetzt kann man sich vorstellen wie ich mich in dem Moment gefühlt habe.) weil ich das zuvor noch nie hatte. Ich habe ein paar mal tief eingeatmet und mich zurück ins Bett gelegt in der Hoffnung es geht wieder weg und mir sei nur schwindelig gewesen. Naja es artete so aus das ich gezittert habe, die schlimmsten Gedanken hatte was in Richtung verrückt werden/ sich nicht mehr unter Kontrolle haben ging, dachte das ich sterbe und jedes mal wenn ich versuchte ein zu schlafen wieder hoch schreckte bis ich vor erschöpfung dann nach Stunden endlich weg nickte.
Am nächsten Tag hatte ich dann Heulkrämpfe und immer noch totale Angst. Bin dann nach 4 Tagen wieder nachhause gefahren wo ich gehofft hatte das es mir besser gehen würde.
Es klappte auch so 3 Wochen und es ging mir tatsächlich etwas besser und ich dachte ich bräuchte keine Psychologische Hilfe.
Als ich dann mal allein zuhause war, hatte ich plötzlich wieder diese Angst, Angst das etwas passiert und mir keiner helfen kann.
Dann hatte ich wieder eine leichte Panikattacke die dieses mal nicht so schlimm war, ich aber trotzdem noch 2-3 Tage danach immer noch wie perplex war.
Wieder dann 3-4 Wochen später hatte ich aus heiterem Himmel wärend ich mit Freunden telefoniert habe dieses Angstgefühl in mir. Ich habe dann aufgelegt weil ich mich auf nichts mehr konzentrieren konnte und dann kam es wieder. Ich hatte eine riesen Panikattacke und dachte ich stürze mich lieber gleich vom Balkon damit das endlich aufhört (Bitte nicht so verstehen das ich mich umbringen wollte, es ist nur daher gesagt!).
Am nächsten Tag kam dann mein Freund eine Woche zu mir um mich abzulenken was auch wirklich klappte. Die ersten 2 Tage war ich noch etwas daneben durch die Panikattacke und wie emotionslos ich konnte weder lachen, noch etwas empfinden außer Angst.
Ich habe dann wieder regelmäßig ein Pflanzliches Medikament zur Beruhigung genommen (Dystologes) was aber nicht wirkte. Aber es ging mir ja trotzdem besser. Eine Woche war rum und ich habe meinen Freund zum Bahnhof gebracht weil er wieder weg musste. Mir ging es bis dahin noch wundervoll, kaum stieg er ein und ich ging die Treppen runter war mir wieder komisch und das Gefühl war wieder da. Als ich wieder zuhause war habe ich wieder einen Heulkrampf bekommen und konnte 4 Stunden nicht aufhören. Ich hatte zwar mal ein Depressions Problem mit 12 aber seit dem bin ich eigentlich ein Mensch der sehr wenig weint. Und nein, es war nicht das Gefühl was man halt hat wenn man traurig ist weil der Mensch den man liebt weg fährt sondern etwas anderes was wie Angst und Depression war. Ich war heute morgen sofort bei meiner Hausärztin und habe mir ein Antidepressiva verschreiben lassen weil ich mittlerweile ein Seelisches Wrack bin. Seit gestern habe ich auch extreme Depressionen und totale Verlustängste.

Hat jemand vielleicht auch so ein Problem oder besser noch hat es hinter sich und könnte mir vielleicht Tipps geben?
Wie gesagt, eine Therapie fange ich nächste Woche an, es wäre aber sehr hilfreich wenn jemand vielleicht einen Rat hätte, da meine Panikattacken teilweise über Tage anhalten, mir die Atemübungen nicht helfen und es mittlerweile sogar schon Depressionen sind die dazu kommen.

Ich danke euch schonmal,

Liebe Grüße Hinata

04.07.2013 13:56 • 11.07.2013 #1


Hallo Hinata,

eine schnelle Patentlösung kann ich dir nicht bieten. Denn die gibt es nicht. Aber ein paar gedanken möchte ich dir trotzdem mitteilen.

Ich kenne das, was du schilderst auch. Genauergesagt denke ich, dass jeder mensch diese ängste kennt. Bei dir sind sie zur zeit übersteigert. Bei einigen menschen sind sie vielleicht eher unbewusst vorhanden, bei anderen bewusst. Manche können besser wegschauen und sich dem leben zuwenden, andere können das weniger gut.
Die zwei grundängste des menschen sind:
Angst vor dem tod.
Angst vor dem wahnsinn.
Die meisten oberflächlicheren ängste hängen irgendwie mit einen von diesen beiden themen zusammen. Meist mit angst vor kontrollverlust in welcher art und weise auch immer. Oder eben angst zu sterben.
Gibt es eine antwort auf die frage: wie werde ich die angst vor dem tod / dem wahnsinn los?
Ich denke: nein. Diese ängste wird man nicht los. Man kann sich jedoch in eine richtung bewegen, in der man sagen kann: Ja. Ich habe irgendwie angst vor dem tod / dem wahnsinn. Aber ich lebe trotzdem bzw. gerade deswegen weiter und genieße mein leben - mit allen hochs und tiefs, die dazu gehören.
Du wirst unweigerlich sterben. Und du wirst im leben unweigerlich immer und immer wieder mit situationen konfrontiert werden, die kontrollverlust beinhalten. Warum? Weil kontrolle eine der hartnäckigsten illusionen ist, die wir haben. Kontrolle gibt es nicht in letzter konsequenz. Damit müssen wir uns abfinden.
Fragen, die du dir stellen kannst: was passiert gerade wirklich? Was steht hinter der angst?
Angst ist ein zutiefst menschliches, existenzielles, nützliches gefühl. Wann entsteht angst? Wenn du dich in gefahr fühlst.
Unter anderem auch dann, wenn anforderungen an dich gestellt werden, dessen erfüllung du als existenziell wichtig für dich bewertest, und du gleichzeitig deine fähigkeiten, diese bewältigen zu können, als klein oder nicht vorhanden einschätzt. Gibt es sowas in deinem leben?
Du schreibst von verlustängsten. Auch eine toller nährboden für panikattacken.
Was verstärkt ängste: stress, belastungssituationen. Und der gedanke: ich darf keine angst haben, denn dann werde ich verrückt.
Schau doch mal genau hin: was belastet dich, wovor hast du unabhängig von der angst vor den panikattacken wirklich angst? Angst ist oft eine deckemotion, oft stecken andere gefühle hinter der angst. Zum beispiel unterdrückte wut.
Zurück zum thema. Was kannst du jetzt konkret tun? Einsicht. Die hast du ja schon gezeigt. Du hast wahrscheinlich eine disposition für angstzustände, die über das maß dessen, was man normal nennen würde, hinaus geht. Auf deutsch: du hast eine angststörung. Angststörungen sind heilbar. Du hast schon das richtige getan. Du begibst dich in therapie und du nimmst ein antidepressiva. Eine kombination, die bewiesernermaßen die beste aussicht auf erfolgreiche heilung hat.
Was solltest du nicht tun? Dich unter druck setzen. Es liegt im bereich des möglichen, dass du noch lange damit beschäftigt sein wirst, deine ängste zu verstehen und zu integrieren. Muss aber nicht. Du bist noch jung, du hast gute aussichten, schnelle therapeutische fortschritte zu machen.
Depression: steht oft mit ängsten in verbindung. Angstzustände / Panikattacken sind belastend und fühlen sich wie katastrophen an. Wenn du sowieso probleme mit kontrollbedürfnissen hast und eine disposition für depression hast (was du ja schriebst), ist es nicht verwunderlich, dass du dich schei. fühlst. Jeder würde sich in der situation schei. fühlen. Aber auch depression ist heilbar.
Ich wünsche dir alles gute.

Ersteinmal ein ganz großes Danke für Deine tolle Antwort. Ich muss sagen das ist die erste Antwort auf mein Problem die mich wirklich aufgebaut hat.

Unter anderem auch dann, wenn anforderungen an dich gestellt werden, dessen erfüllung du als existenziell wichtig für dich bewertest, und du gleichzeitig deine fähigkeiten, diese bewältigen zu können, als klein oder nicht vorhanden einschätzt. Gibt es sowas in deinem leben?
Auf die Frage wüsste ich jetzt spontan eigentlich keine Antwort. Es gibt Dinge in meinem Leben die ich gerne schaffen würde aber des öfteren daran scheitere, aber ich denke nicht mehr oder weniger als bei allen anderen auch. Und im großen und ganzen bin ich eigentlich recht zufrieden mit allem. Das Problem was im Moment an mir nagt ist eigentlich mehr die Angst vor der Angst. Sprich das es mir zur Zeit zwar wieder gut geht aber ich im Hinterkopf immer noch die Gedanken habe Was ist wenn es wieder kommt?.
Noch ein Problem meiner seits was ich festgestellt habe ist das ich seit meiner Panikattacke auch keine Horrorfilme mehr gucken kann. Ich habe vorher eigentlich immer gerne Horrorfilme geguckt aber seit dem geht es auch nicht mehr. Es hört sich vielleicht blöd an, aber es nervt schon etwas.

So an sich gibt es auch momentan nichts was mich wirklich belastet. Ich habe halt Verlustängste bezüglich meines Freundes. Ich war bevor ich mit ihm zusammen kam lange single und kam auch ziemlich gut allein klar weil ich es so besser fand. Hatte durch vorherige Beziehungen immer angst verlassen zu werden und wollte deswegen eigentlich keine Beziehung mehr. Anfangs hatte ich die Ängste noch nicht und ich weiß eigentlich auch das alles zwischen Ihm und mir gut läuft und sowas wie Betrügen o.ä gar nicht das Thema ist. Aber anscheinend will mein Kopf nicht aufhören sich da rein zu steigern.
Das wäre das einzige was mich momentan etwas beschäftigt, das währe es dann aber auch schon.

Ich hatte mich mal schlau gemacht und nach gelesen das es meist ja mit Dingen zu tun hat die man früher (als Kind) mal erlebt hat und es abgetan hat, es einen aber eigentlich sehr zu schaffen gemacht hat. Aber selbst da fällt mir zwar viel ein was ich nicht all zu toll gefunden habe, jedoch nichts was so gravierend hätte sein können das ich deswegen eine Angststörung entwickelt habe. Ich bin so an sich eigentlich auch ein ziemlich starker Mensch der sich zwar viel zu viele Gedanken macht aber trotzdem bis jetzt immer mit allem zu recht gekommen ist.

Ich danke nochmal für Deine hilfreiche Antwort

Ganz liebe Grüße




Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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