ich heiße Jens und bin ganz neu hier im Forum. Ich wohne im hohen Norden (Kiel) und bin 33 Jahre alt und eigentlich sollte ich glücklich sein, weil ich ja alles habe, was ich brauche. Anderen Leuten geht es ja viel schlechter als mir. Das hört man jedenfalls des Öfteren, wenn man mit Leuten spricht, die sich nicht vorstellen können was es bedeutet eine psychische Krankheit zu haben.
Aber kurz zu meiner Geschichte:
Soweit ich mich erinnern kann habe ich psychische Probleme seit ich 12 oder 13 bin. Es ging damals los mit einem ausgeprägten Waschzwang, vermutlich getriggert dadurch, dass ich zu der Zeit in der Schule gemobbt wurde. Das ging soweit, dass ich irgendwann nicht mehr zur Schule ging und dann eine stationäre Therapie in einer Psychiatrie gemacht habe. Wirklich bis zum Ende durchgezogen habe ich die nicht, aber danach lief es so langsam wieder. Zumal die Hauptverantwortlichen für das Mobbing inzwischen von der Schule nicht mehr da waren (von der Schule geflogen oder Leistung zu schlecht, keine Ahnung). Ich habe letztendlich mein Abitur gemacht, dann eine Ausbildung angefangen und abgebrochen und letztendlich erfolgreich studiert. Nun bin ich Softwareentwickler.
In der Zeit nach dem Mobbing bis zum Ende des Studiums lief es so lala. Ich hatte gute und schlechte Phasen, insgesamt lief es aber mehr oder weniger. Ich habe sogar seit inzwischen 12 Jahren eine feste Freundin und fühle mich in meinem derzeitigen Job wohl.
Es gab aber durchaus noch einige Tiefpunkte. So habe ich im Laufe der Zeit eine ausgeprägte Hypochondrie entwickelt, verbunden mit Angststörungen und Depressionen. Zwischenzeitlich war ich noch einmal in Therapie (nicht stationär) und nehme seit ca. 7 Jahren Citalopram, was mich zumindest meistens im Alltag funktionieren lässt.
Seit Ende 2019 hat sich meine Situation verschlimmert. Es ging los damit, dass wir Schimmel in der Wohnung hatten und ich, so wie immer, intensive Internet-Recherchen zu dem Thema angestellt habe, was natürlich die Ängste vor den gesundheitlichen Gefahren explodieren ließ. Vor einiger Zeit haben wir zudem festgestellt, dass auf dem Balkon unserer Wohnung Asbest in Form von Eternitplatten verbaut ist. Die Folge war, dass ich noch viel schlimmere Ängste entwickelt habe, zumal ich vor einigen Jahren unwissend was die Thematik Asbest angeht eine Außensteckdose auf dem Balkon verlegt habe und dafür durch das Eternit bohren musste (enorme Faserfreisetzung).
Asbest ist aktuell meine größte Angst, gerade habe ich Staubmessungen in der Wohnung in Auftrag gegeben, die überprüfen sollen, ob die Wohnung belastet ist. In einiger Zeit wird die Asbestangst wahrscheinlich von einer anderen Angst abgelöst. Vielleicht habe ich zwischendurch ein paar Monate zum Luft holen, in denen meine Ängste auf einem für mich akzeptablen Level sind, vielleicht aber auch nicht.
Das Schlimme ist, dass ich mir ständig Gedanken mache, dass ich an diesem oder jenem Sterben könnte, dadurch mein Leben aber gleichzeitig immer weniger lebenswert wird (Suizidgedanken habe ich aber nicht!). Ich bemühe mich jetzt wieder um einen Therapieplatz, werde diesmal wohl Verhaltenstherapie versuchen, weil die tiefenpsychologische Psychotherapie in der Vergangenheit nur bedingt erfolgreich war.
Dadurch, dass ich ständig mit meinen Ängsten zu kämpfen habe vernachlässige anderes, was mir wichtig ist. Meine Freundin beispielsweise ist, so wie ich das einschätze, an einem Punkt, wo sie das nicht mehr viel länger erträgt und irgendwann Schluss machen wird. Das würde mich in ein sehr tiefes Loch fallen lassen, zumal ich eigentlich keine Freunde habe. Dann wäre ich alleine.
Das war in Kürze mein psychischer Werdegang, sorry wenn es teilweise etwas durcheinander war.
Ich erhoffe mir einfach, dass ich hier Leute zum Reden finde, die mich verstehen und mir Hilfestellungen geben können, wenn sie Ähnliches erlebt haben. Ich freue mich auf eure Reaktionen und Kommentare und bin glücklich, dass es solche Foren wie dieses gibt
10.08.2021 17:38 • • 29.07.2024 #1