Enkelkind_Nr_1
Ich habe mich registriert da ich Eure Einschätzung benötige.
Es geht um meinen Großvater, geboren 1931, nun im 87. Lebensjahr.
Es wird etwas länger - danke fürs Lesen:
Opa hatte eine schwere Kindheit, 12 Geschwister, Armut am Bergbauernhof, die Kinder waren nichts besseres als billige Arbeitskräfte. Mehrere Geschwister erreichten nicht das Erwachsenenalter. Trotz hoher Intelligenz wurde ihm Bildung, die über 4 Schulklassen hinausging, verwehrt.
Mit ca. 25 Jahren (nachdem er meine Oma kennengelernt und Vater meiner Mutter wurde) hatte er einen wirklich tragischen, sehr schweren, unverschuldeten Verkehrsunfall. Er lag 1 Jahr mit schwersten Hirnverletzungen im Krankenhaus, das war 1957 glaube ich.
Danach war er beinahe 10 Jahre ein Pflegefall und hatte schwere epileptische Anfälle. In den 1950igern ein Stigma, die medizinische Hilfe war unterentwickelt... das war eine sehr harte Zeit.
1970iger Jahre: Er hatte sich wieder einigermaßen erholt, war jedoch nicht mehr arbeitsfähig und Frührentner mit Mindestrente.
Nun zum eigentlichen Problem: Seit 1982 (erstmals mit 49 Jahren) entwickelte er extreme Depressionen, vielmehr psychotische Schübe. Ausgelöst wurden diese von - gesunden Menschen - nicht nachvollziehbaren Ereignissen wie - z.B. Grippaler Infekt, zu hohe Stromrechnung, Krankheit von Angehörigen usw. Von lauter Dingen die einen gesunden, resillienten Menschen nicht aus der Bahn werfen würden.
Symptome: Ein Schalter in seinem Kopf fällt um. Mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen verweigert er Essen, Trinken, Kontakt mit der Aussenwelt. Er verkriecht sich in sein Bett und dunkelt das Zimmer ab - wie ein Tier in seine Höhle. Er trinkt maximal wenige Schlucke Wasser am Tag. Er isst kaum bis nichts. Ein Gewichtsverlust von ca. 20-30 Kilo in dieser Zeit ist normal. Da es im Prinzip wie Selbstmord durch verhungern und verdursten ist, wird er spätestens nach einigen Tagen/Wochen vom Hausarzt wegen Selbstgefährdung in die Psychatrie eingewiesen. Es ist absolut unmöglich ihn zuhause zum essen oder trinken zu bewegen oder ihn gar aus dem Bett zu holen. Dieses ist wie seine Höhle, sein Rückzugsraum. Im Krankenhaus erhält er Infusionen um nicht zu dehydrieren.
In dieser Zeit interessiert ihn nichts. Weder seine Tochter noch seine Enkel oder Urenkel, die ihn sehr vermissen und wieder zuhause haben möchten. (Wir leben in einem Mehr-Generationen-Haus). Alles ist ihm egal, alles ist unwichtig. Wir sind egal. Er befindet sich in einer wahnhaften Phase. Hat extreme Angstzustände. Fühlt sich verfolgt. Er möchte nur in sein Bett.
Dort verbringt er dann einige Monate. Irgendwann fällt der Schalter im Kopf wieder um. Dann beginnt er zu essen, zu trinken, spricht wieder mit uns. Dann holen wir ihn wieder heim und das Leben geht weiter. Wenn wir ihn fragen an was er sich erinnern kann - ich weiß nicht. ist alles weg.
Wir wissen nicht ob er sich wirklich nicht erinnern kann, oder ob er es nicht WILL .
Ich würde beides verstehen.
Ich erwarte mir keine Heilung. Er ist 87 Jahre alt - sein Leben wird sich durch eine Diagnose nicht mehr ändern.
Die gesamte Familie leidet mit ihm seit Jahrzehnten, denn er ist im normalen Zustand ein gutherziger, freundlicher, lieber und gutmütiger Mensch.
Aber wir suchen nach einem Namen für das Ganze. Keiner der Ärzte kann uns sagen was er hat. Tiefe Depressionen? Psychotische Schübe? Schizophrenie? Eine gespaltene Persönlichkeit? - Kein Medikament kann ihm helfen. Ich kennen nicht alle Bezeichnungen, aber er hat z.B. Tavor hochdosiert erhalten - völlig ohne Wirkung. Außer Abwarten hilft ihm nichts aus diesem Zustand.
Was kann das sein?
Sorry - Vielleicht ist dieser Text völlig sinnlos. Aber nach 50 Jahren ohne Diagnose wäre es richtig, richtig super mal eine andere Meinung zu dem Thema zu hören.
Danke fürs lesen!
LG
Anna
11.02.2018 23:58 • • 25.02.2018 #1