Zitat von Schlaflose:Zitat von zuiop:AiP gibt's übrigens schon lange nicht mehr, stattdessen gibt es ein Praxisjahr.
Auch wenn das jetzt anders heißt, wird es wahrscheinlich genauso hart sein.
Nein, denn inzwischen gibt es da sehr viele bessere arbeitsrechtliche Voraussetzungen. Bei den Praktikanten handelt es sich immer noch um regulär an der Uni eingeschriebene Studenten, die den Regelungen der Unis unterstehen, an die sich auch die Praktikumsstellen halten müssen (ob sie es dann konsequent und alle tun, ist ne andere Sache).
In diesen 12 Monaten am Ende des Medizinstudiums müssen die Praktikanten mehrere Fach-Abteilungen durchlaufen und sich auch noch auf Zwischenprüfungen und das 3. StEx vorbereiten. Dazu muss eine Möglichkeit gegeben sein, man kann ihnen nicht alle Kraft rauben. Bei dem Ärztemangel kann es sich kein Krankenhaus mehr leisten, mögliche Mitarbeiter durch Schikanen zu verprellen oder aber durch permanente Überforderung dafür zu sorgen, dass der Praktikant durchs 3. Staatsexamen fällt und der deutsche Steuerzahler am Ende 180.000€ in den Sand gesetzt hat. Sowohl der Staat, die Unis und die Kliniken als potentielle Arbeitgeber MÜSSEN ein Interesse am Erfolg haben. Das haben sie wohl auch inzwischen alle erkannt.
Ihr müsst dabei aufpassen, dass ihr deutsche Realität nicht mit amerikanischen TV-Serien verwechselt. Bei uns ist es nicht wie bei Grey's Anatomy.
In den USA hat man eine ganz andere Mentalität und pflegt ein ganz anderes Konkurrenzdenken. Da geht's dann tatsächlich ums survival oft the fit-test. Amerikanische Jungmediziner haben z.B. zwischen 5 und 10 Tagen Urlaubsanspruch im Jahr, bei Krankschreibung fallen zwei weg, außerdem wird vorausgesetzt, dass man maximal 50% davon nimmt. Das entspricht dortigem Arbeitsethos. Bei uns hast du Anspruch auf 30 Urlaubstage und der Arbeitgeber ist verpflichtet, darauf zu achten, dass du ausreichende Erholungszeit in Anspruch nimmst. Verhindert er dies, macht er sich strafbar. Bezahlte Krankheitstage verstehen sich von selbst. Auch Studis im Praxisjahr haben bei uns diesen Anspruch.Knechten muss man dann in der Regeln in den ersten Jahren der Assistenzzeit, auf dem Weg zum Facharzt. Aber auch das ist nicht mehr so schlimm wie vor 20 Jahren, zur Zeit der Ärzteschwemme. Damals hat man nach zwei Jahren unbezahltem AiP (=Allerwertester im Praktikum) da mitunter auch die ersten beiden Assitenzjahre ohne Bezahlung geschuftet und/oder die Abteilung, in der man unterkam, erwartete eine großzügige Spende der Eltern.
Das hat sich glücklicherweise alles längst geändert, auch wenn lange noch nicht alles perfekt oder wenigstens gut ist.
EU-Gesetzgebung und Druck der Versicherungen haben dafür gesorgt die 72-Stunden-Dienste, die früher zumindest an Wochenenden (von Freitag früh bis Montagabend) geschoben werden mussten, auf maximal 36 Stunden zu reduzieren. M.E. immer noch unverantwortlich (zu nem Busfahrer, der 35 Stunden am Stück gefahren ist, würde ich mich nicht setzen), aber immerhin ein Fortschritt.
Mittlerweile gibt es auch Druck von der Politik, endlich die verkrusteten Hierarchien aufzubrechen und im 21.Jh. anzukommen (während meiner Klinikseelsorge-Ausbildung erlebte ich das so: Chefarzt stolpert durch Kunstausstellungen und zieht von Sektempfang zu Sektempfang, Oberarzt trägt die Verantwortung, die Assistenzärte machen die Arbeit, nur einmal in der Woche, zur Chefarztvisite, schwebt er ein, als sei er Gott persönlich ). In vielen Kliniken ist die Arbeitsbelastung erheblich besser geworden. Wir können es uns nämlich schlicht nicht mehr leisten, teuer ausgebildete Akademiker ins Ausland oder in die Pharmaindustrie (mit 38-Stunden-Woche für höhere sechsstellige Gehälter) abwandern zu lassen und die Patienten betreuen radebrechend Deutsch sprechende und total übermüdete Doktoren mit Diplom aus Ganzweitwegistan.
Aber das alles nur nebenbei.
Ich meine, der Arztberuf ist ein Professionsberuf, ein Berufungs-Beruf. Den macht man nur, wenn man da Spaß dran hat, Sinn darin erkennt und nicht weil man sich damit den nächsten Urlaub finazieren möchte oder ne größere Wohnung (wie manch anderer einstellungsmäßig an seine Arbeit geht), sondern weil man spürt, das muss ich machen, das ist meine Aufgabe im Leben.
D.h., - auch wenn dieser Job wahnsinnig anstrengend ist, viele negative Seiten hat, die man im Vorfeld bedenken sollte, - kann er demjenigen der darin seine Berufung erkennt, das geben, was er überall anders vermissen würde, - eine Tätigkeit, die ihm Freude bereitet, die ihm sinnvoll erscheint, die ihm Zufriedenheit gibt und Erfüllung.
Wie gesagt, es ist schon mancher ganz von selbst aus seiner Depression herausgekommen, weil er endlich seine(n) Beruf(ung) entdeckte.
Nur Jess kann sagen und entscheiden, ob das für sie zutrifft.
Depressionen oder andere psychische Erkrankungen sind kein Hinderungsgrund, allenfalls ein Handicap. Das lässt sich aber händeln. Eine gehörlose Freundin ist heute Kinderärztin, die hat das an anderer Front kämpfend, auch gepackt.