Wenn man alte Verletzungen mit sich rumträgt und diese verdrängt, so verändert sich über die Zeit gar nichts. Wenn alte Verletzungen wieder hervortreten kann man eigentlich dankbar sein, denn diese Emotionen werden sich so lange wieder aufdrängen bis man sie angenommen hat. Besonders wichtig ist, dass man auch versucht die Wut zu spüren. Trauer und Hilflosigkeit nimmt man noch schnell ein mal wahr. Aber dass Wut dahinter steckt merkt man oft gar nicht und so äussert es sich wenn dann nur durch eine generelle Gereiztheit oder gelegentliche Ausraster.
In der heutigen Gesellschaft wird die Wut generell abgelehnt, von Kleinauf lernt man, wer wütend ist kriegt eins auf den Deckel. In der Schule wird brav sein belohnt. Und auch durch eigene Beobachtungen lernt man, wer ausrastet ist gefährlich und hat sich nicht unter Kontrolle, so will ich nicht sein, denn ich bin ja ein tugendhafter Mensch, ich halte meine Wut unter Kontrolle. Und dann brodelts und brodelts ewig weiter in einem und man schluckt so lange die ganze schei. runter bis man die Wut selber kaum noch spüren kann.
Dabei ist Wut keineswegs eine schlechte Emotion, lediglich die Art wie wir sie rauslassen entscheidet ob sie destruktiv oder hilfreich ist. Nur leider lernen wenige einen konstruktiven Umgang mit der Wut und daher ihr schlechter Ruf. Die Wut zeigt uns, wenn etwas unsere persönliche Grenze überschreitet, wenn jemand uns nicht respektiert, wenn die Dinge überhaupt nicht nach unseren Vorstellungen laufen. Was für eine unglaublich wichtige Emotion! Sie gibt uns die nötige Kraft und den Antrieb Dinge zu verändern.
Daher erlaube dir ruhig wütend zu sein, akzeptiere und liebe diese Emotion, verdränge sie nicht und versuche sie auch nicht abzureagieren wie es so oft heisst. Du bist wütend also mach etwas Sport um dich abzureagieren. Ne bloss nicht, die Emotion will gefühlt werden merke wenn dich etwas wütend macht, achte auf das Gefühl und erlaube dir sie zu fühlen. Wenn du an alte Verletzungen denkst überlege auch ob da nicht ein wenig Wut hochkommt. War da in dieser Situation vielleicht Wut, die du aber nicht zulassen konntest, weil du dich damals nicht getraut hast? Wenn du mit Leuten redest und sie sagen etwas das dich irritiert, spüre wie es dich innerlich ärgert, auch wenn es vielleicht in der Situation von aussen nicht angemessen erscheint wütend zu werden, das ist nicht relevant, die Wut hat sich aufgedrängt, also war da etwas das für dich persönlich nicht ganz gepasst hat und das ist das einzige was zählt.
Und es geht gar nicht darum den anderen anzuschreien oder sonst die Emotion abzureagieren sondern primär nur darum sich selber wieder zu erlauben die Wut anzunehmen, vor allem vor anderen Leuten. Die Wut als eine verbündete hilfreiche Emotion anzusehen. Je mehr man dies tut, desto einfacher wird auch ein konstruktiver Umgang damit.
Mir hat dies auf dem Weg mit meiner Depression enorm geholfen, daher möchte ich es gerne weitergeben.
23.07.2017 10:50 •
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