Hallo Freemind,
raten möchte ich Dir natürlich auch nichts, aber einfach mal meine Erfahrungen mit ADs mitteilen.
Es ist ja auch verständlich und richtig, daß man sich mit 22 über eine womöglich lebenslang anhaltende PSSD mehr Gedanken macht, als mit kurz vor der Rente.
Ich nehme derzeit 100mg Sertralin. Angefangen/eingeschlichen habe ich seit Ende Oktober. Über die Feiertage habe ich mal 150mg genommen, jetzt wieder seit ein paar Tagen 100. Anfangs hatte ich als Nebenwirkung nur etwas Durchfall, was sich aber auch bald wieder gegeben hatte. Auch leichte Verschlechterungen der Sehstärke, ebenfalls vorübergehend, sind mir aufgefallen. Das war eigentlich auch nur eine Verstärkung dessen, was sich durchs Alter ohnehin schon zwangsläufig einstellt, nähmlich die schlechtere Fokussierung im Nahbereich.
Daneben gibt es Nebenwirkungen, die offenbar während der Dauer der Behandlung bleiben. Ich schwitze sehr leicht, schon bei geringer körperlicher Betätigung wie normalen Gehen. Auch das hatte ich vorher schon, wahrscheinlich durch meine Abneigung, Sport zu treiben und auch ein wenig über dem Idealgewicht zu liegen. Durch das Sertralin ist es wohl nur etwas stärker geworden.
Libidoverlust ist wohl eine sehr häufige Nebenwirkung, und auch das kann ich bei mir feststellen. Die üblichen Praktiken, sich mit etwas körperlicher Eigenliebe zu verwöhnen, führen schon seit Wochen mangels Erregbarkeit des Genitals durch Berührungsreize nicht mehr statt.
Ob tatsächlich gar nichts geht, oder vielleicht etwas in Gang käme, wenn Partnerschaftliche Emotionen nachhelfen würden, vermag ich nicht zu sagen.
Ich habe aber absolut nicht das Gefühl, daß irgendwelche Emotionen gedämpft werden! Eher im Gegenteil. Also, bitte nicht Emotionen mit sexuellem Lustempfinden verwechseln. Ich hatte eher vorher das Gefühl, Emotionen verloren zu haben, speziell die positiven, wie Freude an Dingen, die mir früher viel Spass gemacht haben. Emotional war es eher ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Frust. Habe ein paar Stunden Gruppentherapie gehabt, noch vor der Einnahme der AD, und dort das Gefühl gehabt, daß mir das nichts bringt. Dann zu Einzelgesprächen mit einer anderen Therapeutin, was mir auch erstmal nicht besonders erfolgversprechend schien. Die ADs brauchen ja eine Weile, bis sie anfangen zu wirken, und mir scheint es tatsächlich zu helfen! Die unproduktiven Gedankenkreise beim Grübeln scheinen aufgebrochen zu werden, so, daß man eher dazu bereit ist, auch mal andere Gedanken zuzulassen und mal ein bisschen quer zu denken. Ich bin ja Elektronik-Entwickler, jetzt habe ich ein neues Projekt angelegt, ich möchte jetzt mein Glück entwickeln! (Naja, wenigstens das Unglück bekämpfen) Einige der Sachen, die die Therapeutin in den vermeintlich nutzlosen Gruppensitzungen gesagt hat, beginnen plötzlich, doch Sinn zu ergeben.
Gedämpfte Emotionen? Nein, bei mir ist es jedenfalls eher das Gegenteil. Wenn ich wach werde und vor dem Aufstehen über alles nachdenke, bin ich oft traurig und es kommen mir ein paar Tränen. Es fühlt sich aber nicht mehr so nach Verzweiflung oder Selbstmitleid an, sondern vielleicht eher nach Tränen der Rührung, nach einer gesunden und heilsamen Reaktion der Seele. Ich kann mich eigentlich nicht erinnern, wann ich davor zuletzt geweint habe. Gedämpfte Emotionen? Abhaken!
Charakterveränderung? Gefühl der Ruhigstellung? Glaube ich nicht. Frag' mal die Einsamkeit ( sorry, das ist ein Insider, must Du nicht verstehen)
Über PSSD habe ich natürlich auch gegoogelt. Soweit ich das überblicken konnte, scheint eine lebenslang bestehend bleibende PSSD wohl doch eher die Ausnahme zu sein. Diese Medikamente werden ja nun von vielen Leuten genommen, und wenn da wirklich ein hoher Prozentsatz derart lebenslang geschädigt würde, müssten diese NW da nicht viel bekannter und besser erforscht sein, als sie es sind?
Wie gesagt, ist nur meine Erfahrung und mein Eindruck, vielleicht finden sich noch andere mit Erfahrungen zu dem Thema.
11.01.2019 17:18 •
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