Liebe Grace
Erstmal: Luft holen. Es passiert sooooo unfassbar viel emotional gerade, und hier wird gerade geschrieben wie verrückt. Ich denke, Du darfst vor allem eins, nämlich
inne halten und Ruhe finden. Das ist Dein gutes Recht und mit der Ruhe wirst Du ganz langsam wieder etwas auftanken und zu Dir selbst und Deinen Werten finden und dann die Situation noch einmal neu reflektieren und bewerten und
für Dich entscheiden, wie es sich anfühlt und ob und was Du noch tun möchtest. Niemand außer Dir hat erlebt, was Du erlebt hast und deshalb darf auch niemand anderes letzlich bewerten, was in diesem Fall ein passendes Verhalten ist
Du siehst, Du bist nicht allein, an der Masse, die hier alle schreiben, siehst und spürst Du allgemeine Betroffenheit, Mitgefühl und auch, Du bist nicht allein mit solchen ambivalenten Elterngefühlen, ganz viele andere kennen solche auch. Und ich bin wirklich ganz fest davon überzeugt, Du wirst
Deinen und den richtigen Weg darin finden, sobald Du wieder zu Dir kommst
Zu Deinen Kindern. Ich schließe mich dem an, was hier jemand schon geschrieben hat. Du hast Deine Kinder alleinerziehend erzogen,
was für eine Leistung! Nicht nur das alleinerziehend an sich, dazu der Hintergrund an psychischer Belastung, der Dir aufgedrückt wurde, ohne dass Du gefragt wurdest. Das ist so eine riesen Leistung, und noch dazu hast Du alles an Liebe und Werten an Deine Kinder gegeben, die Du zur Verfügung hattest! Und das, obwohl Du als Kind dies komplett anders herum erfahren hast. Wahnsinn. Du hast dafür meinen allergrößten Respekt! Lass Dich niemals von egal wem klein reden, Du bist das Gegenteil, Du bist eine ganz ganz starke Persönlichkeit! Du hast Verantwortung übernommen, Du hast Dich durchgeschlagen, Du hast immer Dein Bestes gegeben, mit so viel Ausdauer, und jetzt kämpfst Du seit über einem Jahr hartnäckig um Deine psychische Gesundheit! Wer kann das von sich behaupten? Wer hält so etwas aus, wer hat diese Belastbarkeit, wie viele Menschen würden darunter zusammen brechen, kapitulieren, ganz aufgeben? Du nicht, und darin zeigt sich immer wieder unglaubliche Stärke! Bitte lass das gelten und sieh da hin
Deine Kinder werden sich nicht von Dir abwenden. Wenn sie jetzt temporär in einer Weise überreagieren, die für Dich bedrohlich erscheint, dann deshalb, weil Du im Augenblick keinen guten Fürsprecher hast, auch früher in der Kindheit viel zu wenig Rückendeckung erfahren hast und deshalb - so vermute ich - auch ggnü Deinen Kindern zu wenig solche eingefordert hast oder eben zu wenig Empathie für Deine emotionale Situation mit Deinem Vater gefordert hast, das Ganze vielleicht im Vorfeld als etwas zu belanglos dargestellt hast und ihnen ganz banal einfach nicht deutlich genug klar ist, welche Tragweite das Ganze für Dich hat. Du wirst, wenn Du ruhiger und bei Dir bist, mit ihnen angemessen darüber sprechen können. Ich bin mir dessen ganz ganz sicher.
Bei allem Respekt für andere User in diesem Forum, die moralische Empfehlungen geben, sich so oder so oder anders jetzt dem Vater ggnü zu verhalten, etwas zugewandter, etwas mitfühlender etwa, aus Rücksicht, aus welchen Gefühlen auch immer. Diese Arten von Nachrichten halte ich für mehr als gewagt und sehr sehr unpassend.
Ein ganz banales Bsp. Stellt Euch vor, Ihr seid Opfer eines Ihr wisst schon Missbrauchs durch Euren Vater geworden, würdet Ihr dann auch dieser Empfehlung folgen? Wir alle wissen, so denke ich, dass es viele Arten gibt, Kinder zu schädigen, es muss keine körperliche Gewalt sein. Sadismus, Machtspiele, Manipulation, Liebesentzug, emotionale Vernachlässigung und emotionaler Missbrauch
können genauso schwere Folgen für die Psyche eines Menschen nach sich ziehen wie die ganz primitiven Formen
Trigger
prügeln und vergewaltigen
Selbst wenn Eltern sich abgrundtief vernachlässigend und missbräuchlich verhalten, bleiben nahezu alle Kinder ihnen ggnü loyal und lieben diese Eltern weiter. Geradezu verrückt kann dies anmuten, wenn man die Grausamkeit dessen erkennt, was manche Kinder erfahren mussten. Kinder tun dies, weil sie von ihren Eltern abhängig sind. Als Erwachsene gelingt es danach ohnehin nur wenigen, einen Kontaktabbruch auszuhalten. Niemand macht so etwas einfach so. Dann hinzugehen und ohne die ganze Geschichte zu kennen dies zu verurteilen, tut niemand, der/die sich einfühlen kann. Eher Menschen, die selber Eltern sind und sich aus irgendeinem Grund dann eher Graces Vater näher fühlen. Das gehört aber, so finde ich, gar nicht hierhin. Grace Vater kann sich Therapie suchen, wenn er da Bedarf hat oder zu Freunden gehen. Um ihn müssen wir uns hier nicht sorgen.