März 2020
Die Welt ist in einem Wandel. Augenblicklich hat sich alles verändert. Auf einmal ist es still um uns.
Vergangene Tage wirbelten starke negative Energien in der Luft umher. In jeder Ecke lauerte Beklemmung Angst und Unfassbarkeit.
Gelähmt, dieses Gefühl verspüren nun Millionen Menschen auf der gesamten Erde. Wann gab es dies das letzte Mal, dass die meisten dasselbe fühlen?
Viele fragen sich nun, warum muss dies geschehen? Weshalb haben wir dies verdient? Eine Katastrophe, unser Untergang? Wir denken doch ständig, dass uns nie was Schlechtes wiederfahren kann, dass wir die Könige dieser Erde sind, dass wir Menschen wichtiger sind, als alles andere.
Ich selbst spüre das Leid, welches im Moment überall herrscht und oft erdrückt es mich beinahe. Und trotzdem scheinen im Moment die negativen beängstigenden Gefühle Raum zu bekommen im Aussen und für mich persönlich ist dies nicht nur schlecht. Jedes Gefühl hat nun seine Berechtigung, denn es ist nun ok, wenn man sich nicht gut fühlt. Alle verstehen es, allen geht es ähnlich. Zynisch gesagt, kann man nun all «unerwünschtes» Empfinden auf den Virus abschieben. Nun herrscht nicht mehr jeden Tag eine erzwungene Fröhlichkeit, Heiterkeit. Man MUSS nicht mehr funktionieren und leisten. Es geht nicht mehr darum, wer was erlebt und wer wieviel Spass in seinem Leben hat. Es geht auf einmal nicht mehr darum einen Status vorzuweisen oder dem Strom der Gesellschaft folgen zu müssen. Es geht nicht mehr darum seinen Platz auf dieser Welt zu behaupten. Es geht nicht mehr darum, einen Sinn in der jetzigen Situation zu finden. Es geht nicht mehr darum, dass alles perfekt sein muss.
Es muss nicht mehr alles noch schneller und noch besser werden. Und genau dies alles, nehme ich auch als entlastend wahr. Für mich. Ich fühle mich deswegen nicht besser es ist alles noch da. Und ja, ich bin froh, dass ich noch zur Arbeit gehen kann und dass ich noch die Möglichkeit habe mich mit meinen Liebsten zu treffen auch wenn ich mich da nicht an die Regel halte und an die Empfehlung zu Hause zu bleiben.
Die Angst vor einer Ausgangssperre ist sehr gross. Auch wenn es vielleicht vernünftig wäre. Aber die Vorstellung, dass auf einmal alle Ablenkung von Aussen wegfällt und man gezwungen wird, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, macht mir Angst. Es würde nicht nur für mich schwierig sein. Und alle die, welche nun Leute verurteilen, die auch einmal raus gehen an die frische Luft oder sich auch einmal mit den Liebsten treffen, alle die wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn man mit sich alleine zu sein kaum aushält. Das hat viel mehr als mit Langeweile zu tun.
Ja, vielleicht kann die momentane Situation in Zukunft wahrhaftig eine Chance werden für alle Menschen. Vielleicht ist dies auch eine zu gewagte Hoffnung.
Dies können vermutlich jene Menschen verstehen, welche täglich im Innern gegen sich selbst kämpfen und sich bemühen den Schein nach aussen zu bewahren. Menschen, die ständig denken müssen. Nachdenken über alles sich nicht dazugehörig fühlen und irgendwie einfach immer wieder vom tiefen Empfinden heimgesucht werden, nicht hier auf diese Welt zu gehören. Süchte, Burnout, Depressionen und alle anderen Leiden, für die es unzählige Benennungen gibt, werden vielleicht in der Gesellschaft endlich einmal besser verstanden. Klar, im Moment sind dies ja nicht die «wichtigen Probleme» auf dieser Welt. Im Moment gehören alle Gedanken dem Coronavirus und der Angst, dass alles zusammenbricht, der Angst, dass noch viele sterben müssen. Der Gelähmtheit. Der Unfassbarkeit.
All das Leid auf der Welt ist unglaublich und trifft mich tief und doch bin ich der Meinung, dass es an der Zeit ist, dass unserer Gesellschaft einen Spiegel hingehalten wird. Und vielleicht provokativ ausgedrückt, versucht die Natur nun mit stärkeren Mitteln gegen Menschen uns zu kämpfen. Denn in Wahrheit, bin ich der Meinung, nützen wir Menschen dem Planeten, den wir unseren Planeten nennen, überhaupt gar nichts. Wir gehören nicht zum Kreislauf der Natur. Wir haben uns emporgehoben von dem ewigen Kreislauf des Lebens, dem natürlichen Gleichgewicht vom Bestand der Lebewesen und dem natürlichen Rhythmus. Wir sind nicht mehr weit von der Unsterblichkeit entfernt. Dies glauben wir zumindest.
April 2020
Ruhe, vereinzelte Menschen, Sonne, sanfter Wind, Naturgeräusche. Zig. rauchend auf dem Betonboden sitzend schaue ich in die Ferne. In mir sich legender Stress von vergangenem in den PC starrenden Verharren. In mir Gedanken an meine Liebsten, Wärme. In mir ein lauernder Suchtdruck. In mir Bilder von Ihr, die nun schon vier Jahre tot ist und mich in Gedanken jeden Tag pochend wie ein Schattenwesen begleitet. In mir ein Empfinden, das Tränen, welche jedoch nicht hochkommen auszulösen scheint. In mir eine glättende Woge aus dem Unwissen, dass im Moment bei uns allen eine Ungewissheit wie es mit der über den Haufen geworfene Normalität durch diesen Virus weitergeht.
In mir ein beklemmende Gefühl, weil ich nicht weiss, was ich mit dem morgigen freien Tag anfangen soll, möchte und werde.
Ich kann nun neben mich hinsehen, mich anschauen und dann sehe ich mich hier sitzen und weiss nicht, wer ich bin. Ich schreibe und könnte jeden Unsinn schreiben. Ich schreibe um mir selbst einen Halt zu geben.
April 2020
Meine Süchte machen mich müde. Jetzt befinde ich mich in einer Phase in der ich müde bin von mir selber.
Wenn ich an mein bisheriges Leben denke, lebe ich schon seit 10Jahren mit einer Sucht.
Sie wandelte sich ständig aber war in jedem Augenblick da. Real wie mein Atem.
In diesen Jahren schöpfte ich daraus Kraft, Mut, Vertrauen, Geborgenheit, Lebenssinn, Innere Stärke, Genugtuung, Akzeptanz, Pausen von meinen Gedanken und Gefühlen, Ablenkung und Sicherheit. Ich erschuf mir Dank der Sucht ein Fundament, auf dem ich stehen kann.
Es gab immer wieder Phasen von Widersprüchen geprägt. Phasen, Momente und Augenblick in denen ich mich dafür hasste. In denen ich schreien wollte um mich treten und diese Verdammte selbstschadenden Verhalten für immer den Rücken zu kehren und doch wusste ich gleichzeitig tief in mir drin, ich brauche es. Ich kann nicht anders. Ich versuchte darüber zu reden, ich liess mich auf verschiedenste Therapien ein.
Doch dann kam der Punkt nach unzähligen Klinikaufenthalte an dem ich spürte, es bringt nichts. Die Therapien, Klinikaufenthalte bringen mich zwar weiter, geben mir neue Hoffnung aber die Süchte bleiben.
Also hörte ich auf über meine Süchte zu reden und wollte es endlich ohne Klinikaufenthalte aushalten, mein Leben. So begann das heimliche hegen und pflegen meines inneren dunklen Teils. Fluch und Segen in einem.
Und daneben begann ich irgendwie mir ein Leben aufzubauen. Es folgte die erste Chance auf eine Lehrstelle, der Suizid meiner lieben Freundin, zwei Jahre Ausbildung unter schwierigen Umständen. Hochs und Tiefs. Licht und jeden Verdammte Tag Momente von tiefdunkelstem Schwarz.
Mein Leben entwickelte sich immer weiter. Doch mein Inneres?
14.April 7.00
Vielleicht tut sich in dieser Kriesenzeit, in welcher sich die ganze Welt befindet, auch in meinem Inneren was. Heute Morgen voller erdrückenden Gefühlen aufgewacht. Will ich so weiter machen?
Ist es nun an der Zeit mich wahrhaftig meinem Ich zu stellen. Aufhören mir jeden Abend zu schaden?
Ich will die Bulimie nicht mehr in meinemLeben.
Vielleicht gelingt es mir den Versuch zu starten, nur für ein paar Tage nicht dem erbärmliche 0Verschlingen von Nahrung und dem Auskotzen der Energie, dem Auskotzen aller Last, zu verfallen. In diesem Augenblick, ja möchte ich dies angehen. Im Wissen, dass der Moment heute wieder kommen wird, dass ich meine Tagesmotivation genau aus diesem Drang ziehen werde und einzig diesen Moment herbeisehne, des Fallen lassens.
16.April
Jetzt ist alles gerade gut so wie es ist. Ich habe gut gearbeitet und viel geleistet, die Sonne erfreut mich, ich fühlte mich heute wohl in meiner Haut. Und doch gelingt es mir nicht stark zu sein und einfach endlich den Mut zu fassen auf meine alltäglichen Abendrituale bewusst zu verzichten. Vielmehr bin ich froh, bin ich nun alleine und wird niemand mich hindern. Ach wenn ich an gestern und vorgestern und den Abend vor vorgestern denke, an denen ich nach dem täglichen Fressen und Auskotzen, nur noch weinend an meinem Küchenfenster sass, mich in dieses Gefühl hineinfallen liess aber mit dem beruhigenden Wissen, dass ich bald von den Tabletten und Alk. nur noch erschöpft gedankenlos ins Bett fallen kann. Ich spüre das Verlangen nach genau all dem. Wie abscheulich. Als würde ich jeden Tag vergessen, dass ich jeweils auch einen Hass und Selbstverachtung danach empfinde und es sich anfühlt als würde ich Ertrinken. Ich scheine diese Empfindung jeden Tag zu vergessen. In Gedanken ist es mir bewusst, aber gefühlsmässig nicht Real. Jetzt. Ich will es so und ich will mich nicht dagegen wehren nur weil mein Verstand mir sagt, du bist krank oder du sollst aufhören Dier zu Schaden, es macht dir früher oder später alles kaputt..... Ich Will es einfach. Und vielleicht fehlt mir etwas wofür es sich für mich ganz ganz tief im Herzen und Seele lohnen würde.
30.4.2020
Dumpf pocht es in mir drin.
28.5.2020
Bei der Arbeit herrscht eine zurückhaltende beklemmende, frustvolle Spannung. Schwankend umhüllen mich diese Energien. Es brodelt schon vor dem Lockdown während der Corona Zeit, es durchmischte sich mit neuen nieder drückenden Schwingungen während die Welt stillstand und es zu einem Lockdown kam und nun inmitten des Aufatmens und zurückkehren der Normalität scheint das vielleicht Unausgesprochene manchmal hastig aufzubrechen.
29.5. Die Versuche mich am Positiven festzuhalten
Ich mag meine Unterstiftin sehr. Ihre Tiefe trotz ihrer jungen Jahre, , ihre liebevolle Art und Zuneigung mir gegenüber. Es wird mit warm ums Herz, wenn ich spüre, dass Sie einen Halt in mir sieht, es macht mich stolz, wenn ich spüre, sie sieht zu mir auf im Sinne von, dass ich sie mit meinem Wissen und Können unterstützen kann.
Ich mag kleine Anerkennungen von anderen bei der Arbeit, wenn sie mich wahrnehmen. Ich mag es wenn mich jemand anlacht, mich berührt durch einen freundschaftlichen Stupser oder gar eine Umarmung.
Ich fühle mich gut, wenn ich ein Werkstück kreiere und positive Feedbacks bekomme. Freude, Begeisterung, Staunen von anderen über etwas, was ich geschaffen habe, sei es von Kunden oder Arbeitskollegen. Es tut gut zu hören, ich hätte einiges drauf ich könne etwas.
Ich bin unendlich dankbar meine zwei lieben Freunde ohne, die ich es kaum eine Woche aushalten, in meinem Leben habe. Es fühlt sich an wie Familie.
Ich liebe meine Eltern unendlich, die immer für mich da sind.
Ich bin auch unendlich dankbar um alle Menschen die in meinem Leben da sind, sei es in ferne aber im Herzen, oder in der Nähe. Menschen es kommen mir einige in den Sinn,die mir zuhören, da sind, mich zum Lachen bringen, berühren, gut tun, Gemeinsamkeiten mit mir teilen, ermutigen, zuhören, mit mir schreiben, Sorgen mit mir teilen, oder auf sonst eine Art und Weise mein Herz berühren.
Wenn ich dies mir in Erinnerung holen kann und gleichzeitig dazu fühlen kann, spüre ich, ich bin nicht alleine. Es gibt soviel Gutes. Und dies immer wieder zu spüren, manchmal nur kurz. Manchmal gefühlt viel weniger als das Schwere. Das erdet mich.
22.06.2020 20:53 •
x 3 #214