Ich weiß nicht, ob es sich nur durch meine depressive Brille so negativ liest oder ob hier tatsächlich über mich und meine Art zu leben geurteilt worden ist. Auch wenn ich hier ziemlich herumgejammert habe, kann mich kein Mensch bewerten – erst Recht nicht hier aufgrund eines Textes, der in einer äußerst depressiven Episode entstanden ist. In einigen Punkten habt ihr zu 100% Recht, das konnte ich trotz getrübter Sicht klar erkennen…z.B. damit, dass ich die Fäden selbst in der Hand habe und dass ich mir selbst im Weg stehe. Was glaubt ihr eigentlich, wieso ich so hart am Ende und voller Schuldgefühle bin?
Entschuldigt bitte, ich möchte wirklich nicht unhöflich klingen. Aber eine Sache ist mir besonders übel aufgestoßen… wo habe ich geschrieben, dass ich das Leben meines Sohnes aufgebe? Ich kämpfe seit über 10 Jahren wie eine Löwin darum, dass mein Kind so behütet wie nur möglich aufwachsen kann und ich stelle meine eigenen Bedürfnisse dafür in den Hintergrund. Dieses Verhalten ist selbstverständlich für eine Mutter, ja…. Aber bedeutet das automatisch, dass es einem immer leicht fallen muss? Ich weiß nicht, ob Ihr Kinder habt oder eine Vorstellung davon habt, mit wieviel Kraftaufwand es verbunden ist, ein Kind allein großzuziehen. Mit Großziehen meine ich nicht nur satt kriegen, sondern emotional seinem Kind zur Seite zu stehen und ihm in der Entwicklung seiner Persönlichkeit in guten und vor allem in schlechten Zeiten Halt zu geben. Wichtige Werte mit auf den Weg zugeben, die er in seinem Leben brauchen wird. Entschuldigung, aber darf man da nicht auch mal an seine Grenzen kommen, ohne dabei als selbstsüchtige, neurotische Jungmutter abgestempelt zu werden? Sorry, falls es von euch nicht so gemeint war. Meine Wut richtet sich nicht an euch, sondern eher an die Menschen in meinem Umfeld, für die ihre gerade ungefragt stellvertretend steht.
Wir haben nicht viel Geld, wir leben bescheiden in einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung in einer Großstadt. Ich bin stets bemüht dafür zu sorgen, dass es meinem Kind an nichts fehlt. Ich gehe putzen und für alte Menschen einkaufen, damit wir uns wenigstens ab und zu mal Low Budget Urlaube innerhalb Deutschlands leisten können und auch allgemein mehr Möglichkeiten für unsere Freizeitgestaltung haben. Mal ins Kino oder mal ins Schwimmbad gehen, das ist nicht selbstverständlich für uns. Ihr wisst nicht, wo ich angefangen habe und wie weit ich schon gekommen bin … bzw. war. Nun stehe ich ja wieder mit leeren Händen da. Interessiert wahrscheinlich niemanden oder es tut nichts zur Sache, weil meine Kindheit vorbei ist und ich mein Leben vermasselt habe. Ich habe damals meinen Hauptschulabschluss nachgeholt, während mein Sohn im Kindergarten war. Die Mittlere Reife holte ich während seinen ersten zwei Schuljahren nach. Und nun zuletzt die zwei Jahre Ausbildungszeit… Ich hatte in der Berufsschule gute Noten, die erste Abschlussprüfung mit Bravur gemeistert…ich hatte einen tollen Betrieb, der mich nach Abschluss der letzten Prüfung übernommen hätte in einer für mich äußerst interessanten Branche. Diese Chance habe ich sicher nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Aber was will man machen, wenn die Vergangenheit einen einholt? Wenn plötzlich die ganze Kraft und Energie schwindet, die man sich in all den Jahren so hart aus dem Nichts erarbeitet hatte, weil Erinnerungen an traumatische Erlebnisse wieder hochkommen? Es war bis dahin ein weiter Weg. Hartz4 Stempel. Wir leben hier in einem wohlhabenderen Viertel voller akademischen Bilderbuchfamilien und ich musste ständig mit Vorurteilen kämpfen. Ausländerin, keine Schuldbildung, Teenie-Mutter. Wenn mir hier jemand etwas über Chancengleichheit erzählen will, bei allem Respekt, aber den lache ich aus. Entschuldigt mich bitte, falls mein Text zu aggressiv rüberkommen sollte und etwas wirr verfasst ist... ich bin momentan nicht ich… wie fremdgesteuert, also verzeiht es mir bitte. Ich möchte mich dafür bedanken, dass Ihr euch die Zeit für mich genommen habt. Ihr seid fremde Menschen und es ist sehr nett von euch, dass ihr mir geantwortet habt. Darüber habe ich mich gefreut, auch wenn ich befürchte, dass ich das nicht ganz so rüberbringen konnte. LG Traumfängerin