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Zitat von Kathyy:

Ich habe meine Gedanken dann immer versucht in etwas gutes zu lenken.

Kann man machen, oder man versucht den ganzen Krempel wirklich bis zu Ende zu denken.
Das dauert, ist kompliziert, lohnt sich aber.
Wo meiden oder verändern als die bessere Wahl erscheint, würde ich es versuchen, aber es gibt eben Ansätze in der Hinterhand, die auch noch gehen.

Zitat von Cbrastreifen:
Ja, bisweilen bezieht sie sich aber auf die 'äußere Realität' (deren Sosein wir weniger kennen, als wir glauben, auch das ist ein gesetzter Glaubensatz) und dann anfällig für Korrekturen aus dem Bereich der Empirie.


Ja, bisweilen bezieht sie sich aber auf die 'äußere Realität' (deren Sosein wir weniger kennen, als wir glauben, auch das ist ein gesetzter Glaubensatz) und die ist dann anfällig für Korrekturen aus dem Bereich der Empirie.

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Existenzielle Depression - Erfahrungen

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Zitat von JniL:
Wenn du nicht an der Erklärung der Welt arbeiten willst, kauf dir einfach ein Eis und erfreue dich an dem Geschmack.

Es scheint in meiner Natur verankert zu sein, ein nahezu zwanghaftes Bedürfnis zu verspüren, die Dinge bis ins kleinste Detail zu hinterfragen und zu durchdringen. Dieser Drang entspringt sozusagen meinem inneren Bestreben, so viel wie möglich zu verstehen, nicht nur oberflächlich, sondern in seiner vollen Tiefe. Mein persönlicher Anspruch ist es, den verschiedenen Facetten der Realität näherzukommen und sie so präzise wie möglich zu erfassen - wobei ich anerkenne, dass diese Annäherung häufig die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Disziplinen erfordert, welche unterschiedliche Perspektiven und methodische Zugänge bieten.

Es gelingt mir halt nicht immer, vollkommen frei von etwaigen Bewertungen zu bleiben. In manchen Momenten strebe ich an, diese Distanz zu wahren, da ich mir bewusst bin, dass der Versuch, einen tieferen Sinn zu finden, in sich selbst oft schon eine Form der Sinnsuche darstellt, welche möglicherweise gar keinen tieferen Sinn besitzt. Dieser Gedanke an Sinnlosigkeit - obwohl er in manchen Phasen übermächtig erscheint - ist auch wirklich nicht das Ziel meines Denkens. Vielmehr soll es mir ja gelingen, mich von ihm zu befreien, gerade wenn die schleichende Dunkelheit der Depression ins Spiel kommt, welche mir diese Fragen noch mehr aufzwängt.

In letzter Zeit traten meine existentiellen Zwangsgedanken wieder mit einer unerwarteten Dringlichkeit und Präsenz in mein Bewusstsein, ohne dass ich einen maßgeblichen Einfluss auf mein Denken nehmen konnte. Deshalb habe ich mich in meinem eigenen Thread nochmals hierzu geäußert.


Das Eis esse ich natürlich trotzdem.

Zitat von Jakob02:
den verschiedenen Facetten der Realität näherzukommen

Es gibt nur eine Realität, daher nennen wir sie so.
Ich verstehe dich so dass du aus verschiedenen Blickwinkeln diese erfassen willst um ja nichts zu übersehen.
Du wärst vor 1000 Jahren bestimmt ein genialer Gelehrter geworden. Heute gibt es nur schon so viel Wissen dass es dir einfach aus Zeitgründen nicht gelingen wird alles in dich aufzusaugen.
Da bleibt nur entweder als Generalist auf allen Hochzeiten zu tanzen und dann zu gehen bevor es am schönsten ist oder in einem Aspekt ganz tief zu forschen und andauernd das Gefühl zu haben dass die anderen Aspekte bestimmt viel besser die Realität beleuchten.
Ein Dilemma aus dem es nur den Ausweg der Ignoranz gibt.

Ich halte es mit dem Eis genauso. Und leider viel zu oft auch mit den Gedanken.

Zitat von JniL:
Es gibt nur eine Realität, daher nennen wir sie so. Ich verstehe dich so dass du aus verschiedenen Blickwinkeln diese erfassen willst um ja nichts ...

Realität ist per se kein einheitlicher Begriff, sondern einer, welcher je nach Disziplin ind Perspektive unterschiedliche Dimensionen und somit auch Bedeutungen einnehmen kann - aus philosophischer Sicht wird Realität tendenziell als ein Konstrukt verstanden, welches durch unsere Wahrnehmung und unser Bewusstsein gefiltert wird. Vertreter des Idealismus sahen die wahre Realität als eine Art Welt der abstrakten Ideen, während der Realismus davon ausgeht, dass eine objektive Realität fernab subjektiver Wahrnehmungen existiert. Der Konstruktivismus geht hier noch einen Schritt weiter und behauptet, dass unsere Wahrnehmung der Welt nicht die Welt an sich widerspiegelt, sondern durch soziale und individuelle Erfahrungen geformt wird.

Ich selbst schreibe derzeit an meiner Masterarbeit im Bereich der theoretischen Physik, wobei das Konzept der Realität auch hier eine zentrale Rolle spielt. Besonders in der Quantenmechanik wird die klassische Vorstellung einer festen, objektiven Realität infrage gestellt. Auf subatomarer Ebene z.B. existieren Teilchen nicht an einem bestimmten Ort, sondern befinden sich in einer Überlagerung verschiedener Zustände, bis sie durch eine Messung kollabieren. Diese Beobachterabhängigkeit legt nahe, dass die Realität nicht unabhängig vom Beobachter existiert, sondern vielmehr durch den Akt der Messung beeinflusst wird. Dies stellt grundlegende Fragen zur Natur der Realität, welche einfach weit über die klassische Physik hinausgehen und uns dazu anregen, die Grenzen unserer Wahrnehmung und unseres Verständnisses neu zu definieren.

Ich bin sowohl fasziniert als auch manchmal beängstigt von diesem Thema. An manchen Tagen geht es so weit, dass es mich innerlich zerrt und in Zwangsgedanken mündet, welche ich kaum noch kontrollieren kann. Dies ist aber vermutlich Ausdruck meiner Depression.


Ich tendiere zu Stracciatella-Eis.

Zitat von Cbrastreifen:
Ja, bisweilen bezieht sie sich aber auf die 'äußere Realität' (deren Sosein wir weniger kennen, als wir glauben, auch das ist ein gesetzter Glaubensatz) und dann anfällig für Korrekturen aus dem Bereich der Empirie

Die Antwort greift meiner Meinung nach zu kurz, wenn sie den Wahrheitsgehalt einer mathematischen Aussage an die ,äußere Realität’ koppelt. In einem formalen System, wie der Mathematik, ist eine Aussage wahr oder falsch nicht aufgrund ihrer Beziehung zu einer äußeren Realität, sondern aufgrund ihrer logischen Ableitbarkeit aus den definierten Axiomen und Regeln des Systems. Ein mathematisches System ist selbstkonsistent, und der Wahrheitsgehalt einer Aussage kann nur innerhalb dieses Systems beurteilt werden. Die Idee, dass externe empirische Korrekturen notwendig sind, setzt voraus, dass wir unsere mathematischen Modelle direkt auf eine objektive Realität abbilden - was nicht zwangsläufig der Fall ist. Mathematik kann nämlich auch rein abstrakt existieren und muss nicht immer in Einklang mit physikalischen Beobachtungen stehen - das tut sie in der Regel auch nicht. Das Einbeziehen der ,äußeren Realität’ ist hier für mich somit etwas problematisch, da es die Grenze zwischen formalem System und realer Welt verwischt und eine falsche Erwartungshaltung gegenüber der Natur mathematischer Wahrheiten aufstellt.

Zitat von Jakob02:
Ein mathematisches System ist selbstkonsistent, und der Wahrheitsgehalt einer Aussage kann nur innerhalb dieses Systems beurteilt werden.

Ja.
Die drei großen Wahrheitstheorien in der Philosophie sind die Korrespondenz-, Konsens- und Kohärenztheorie der Wahrheit. Deine Bemerkung bezieht sich auf die Kohärenztheorie, bei der die Wahrheit von Aussagen anhand dessen bewertet wird, dass sie einander nicht logisch (oder mathematisch) widersprechen.

Die Korrespondenztheorie bezieht sich auf Aussagen über etwas in der Realität (oder dem, was man dafür hält). Die behauptende Aussage 'Peter ist größer als Mike' ist dann wahr, wenn Peter tatsächlich größer als Mike ist.

Der Konsenstheorie macht man es gerne schwer, weil sie zum Inhalt hat, dass das wahr ist, was die Scientic Community als wahr erachtet, was gerne dahingehend (bewusst?) 'missverstanden' wird, dass der Berg ja nicht so groß wird, wie die Wissenschaft denkt, sondern tatsächlich eine bestimmte Größe hat, die er eben hat.
Ich denke allerdings, dass in der Konsenstheorie die Korrespondenztheorie enthalten ist und einfach gemeint ist, dass wir der Wahrheit durch den Abgleich der in der Sache Kompetenten am nächsten kommen.
In der Kombination mit den aktuell besten Daten und auf der Höhe der besten Argumente.

Aber alle Wahrheitstheorien sind für sich unzureichend und so verwenden wir in der Praxis eine Mischung, bei der wir theoretisch von der einen zur anderen hoppsen, was nicht ganz sauber ist.

Vorschläge we 'Viabilität' zu benutzen, sind m.E. völlig unzureichend, da der Begriff ausgesprochen schwammig ist.

Dennoch, sagt man, dass es eben einfach keine Wahrheit gibt, muss man sich die berechtigte Frage gefallen lassen, ob diese Aussage denn nun selbst Wahrheit beansprucht. Wenn ja, widerlegt sie sich selbst, wenn nein, ist sie substanzlos.

Behauptende Auissagen zu klären, die sich eindeutig einer der Wahrheitstheorien zuordnen lassen, ist dennoch weiterhin möglich, insofern kann man das Konzept der Wahrheit als schwierig betrachten, ohne sich gezwungen zu sehen, jeden Bullsh.it durchwinken zu müssen.

Zitat von Jakob02:
Der Konstruktivismus geht hier noch einen Schritt weiter und behauptet, dass unsere Wahrnehmung der Welt nicht die Welt an sich widerspiegelt, sondern durch soziale und individuelle Erfahrungen geformt wird.

Und Teile der Realität daher nicht erfasst, würde ich noch klärend ergänzen.
Der schwache Punkt des radikalen Konstruktivismus ist m.E., die Behauptung, dass die Wirklichkeit (als Summe unserer Wahrnehmungen) nun garantiert nicht der Realität (dem eigentlichen Sosein) entspricht.

Wieso denn nicht? Das kann sie sehr wohl, indem sie einen Teilausschnitt der Realität darstellt. Auch dann gibt es mehr und wir erkennen dieses 'Mehr' vielleicht nicht, aber das, was wir erkennen kann schon real sein.
Wenn jemand anderes denselben Ausschnitt ganz anders erfasst, muss das kein Widerspruch sein, es kann eine perspektivische Ergänzung sein. Kaffee kann schwarz, heiß und bitter sein, das widerspricht sich nicht.

Wenn Kühe kein Rot sehen können (weil ihnen die Rotrezeptoren fehlen) und ein Tuch, das wir als rot empfinden vielleicht 'gelb' sehen, so ist die Frage, wie das Tuch denn nun real aussieht nur auf den ersten Blick ein Ausschlusskriterium (kann ja nicht uni rot und uni gelb sein), denn es handelt sich einfach nicht um dieselbe Perspektive, es ist wie heiß und schwarz, ein anderes System der Erfassung.

Und prinzipiell kommen wir aus Perspektiven nie raus, die beliebte Objektivität (was immer das sei), ist ja auch nur die Einigung eine bestimmte Perspektive (vielleicht die der Physik - vielleicht der Quantenmechanik) oder der Mathematik) zu verabsolutieren. Der phantasierte objektive 'Blick von Nirgendwo' hat den Nachteil, dass es ihn nicht gibt.

Zitat von Jakob02:
Ich bin sowohl fasziniert als auch manchmal beängstigt von diesem Thema.

Ich halte das übrigens für eine vollkommen angemessene Reaktion, da das Eindringen in diese Bereiche die Konstruktion dessen, was wir als Realität erachten, recht radikal infragestellt.

Gütigerweise bleiben unsere Wahrnehmungen der Welt um uns aber doch hinreichend stabil, so dass wir uns in dieser Welt bewegen und hier eigene Dramen inszenieren können. Liebe und die deutsche Bürokratie entfachen ihren eigenen Sog, der sehr absorbierend sein kann.
Da kann man 1000x sagen, dass wir 'aus Sicht des Universums' doch nur eine zwischenzeitliche Spezies, auf einem unbedeutenden Blablabla sind', die emotionale Wucht (des alten Kommunikations- und Motivationssystems der höheren Säugetiere: die Affekte) ist eben auch noch da und mit dem Kommunikationssystem Sprache unauflöslich zu einem Amalgam zusammengebacken.

Zitat von Jakob02:
Realität ist per se kein einheitlicher Begriff

Für mich nicht. Es ist eben das was das Wort meint. Ich verstehe sie nur nicht ganz. Faszinierend und beängstigend zugleich finde ich allerdings auch. Du kannst natürlich unendlich viele Unterrealitäten definieren indem du Randbedingungen setzt, das ändert die Realität aber nicht.

Deine Meinung zur Realität teile ich aus wissenschaftlicher Sicht nicht. Der Punkt ist ja gerade der dass die Realität eben nicht mit einem bisher entdeckten Modell in unseren Verstand abgebildet werden kann. Vielleicht auch weil wir Dinge gerne messen. Die Tatsache dass die Messung die Realität beeinflusst ist da halt eher doof. Wir messen eben nur die Auswirkung unserer Messung auf die Realität. Daraus Rückschlüsse auf die Realität zu erarbeiten kann dann schon mal daneben gehen. Die Phlogiston Theorie war ja auch mal hip aber heute doch eher was zum Lächeln.

Ich bin daher Verfechter des pragmatischen Ansatz eben solange Randbedingungen zu verändern bis was herauskommt was zu meiner Theorie passt

Wenn du mehr willst dann passieren eben genau diese Zwangsgedanken die dich immer mehr in den Strudel ziehen.

Ich habe übrigens in Theoretischer Chemie promoviert ...und Haselnuss Eis ftw

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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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