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@illum Camus’ Vorstellung von der Rebellion gegen das Absurde basiert ja auf der Erkenntnis, dass das Universum keinen inhärenten Sinn hat, und dennoch behauptet er, dass man durch eine bewusste und fortwährende Rebellion gegen diese Erkenntnis eine Art von Freiheit und Würde finden kann. Die Frage, ob ich mit dieser Art „Fluch“ leben kann oder nicht, kann ich so pauschal noch nicht beantworten - auch wenn ich es gerne würde. Jedoch bringt deine Darlegung der emotionalen Kongruenz der Realitätsbildung eine wesentliche Perspektive ein, wie ich finde, die mich gerade zum Nachdenken angeregt hat. Die Art und Weise, wie unser emotionaler Zustand unsere Wahrnehmung der Realität beeinflusst, ist tatsächlich von zentraler Bedeutung. Mir scheint, dass gerade diese mir fehlende emotionale Notwendigkeit, Sinn und Bedeutung zu konstruieren, auch in einem Universum, das keinen objektiven Sinn zu bieten scheint, alleine der Selbsterhaltung wegen in unserer menschlichen Psyche hereditär verankert sein muss. Sie ist also evolutionär von Bedeutung, da sie dem Menschen hilft, durch komplexe und oft widersprüchliche Informationen zu navigieren und unsere Motivation aufrechtzuerhalten.

Was jedoch als kritisch zu betrachten ist, ist die Annahme, dass diese subjektive Konstruktion von Bedeutung notwendigerweise zu einem authentischen Sinn führt bzw. führen muss. Während es sicherlich eine Überlebensstrategie ist, sich eine Bedeutung zu schaffen, könnte man doch ebenso argumentieren, dass diese Bedeutung nicht immer eine tiefgreifende oder universelle Wahrheit reflektiert, sondern vielmehr eine adaptive Reaktion auf die Herausforderungen des Lebens ist. Die Rebellion gegen das Absurde könnte also in vielerlei Hinsicht eine Art psychologischer Schutzmechanismus sein, der uns davor bewahrt, in eine tiefe Resignation zu verfallen. Auf der anderen Seite sollte man auch hinterfragen, inwieweit an unserer bisherigen Annahme etwas Wahres ist, ob diese Rebellion gegen das Absurde also tatsächlich als eine Art evolutionär vorgegebener Reaktionsmechanismus betrachtet werden kann. Ich meine, während der menschliche Drang nach Sinn und Ordnung sicherlich tief in uns verwurzelt ist, könnte es doch ebenso eine Option sein, die Möglichkeit, dass die Sinnsuche selbst eine Art subjektive Konstruktion ist und nicht notwendigerweise die Realität in einem objektiven Sinne widerspiegelt, zu akzeptieren.

@Jakob02 da stimme ich dir zu, auch mir erscheint eine generalisierte Angststörung nicht wirklich passend, da es mehr um Sinnhaftigkeit geht statt um Sorgen.
Hast du dich mal mit dem Begriff dee existentiellen Psychotherapie befasst und mit Victor Frankl? Ich habe mich da neulich auch mal kurz eingelesen aber noch nicht tiefer.
An und für sich sind diese Frage ja nicht neu, viele Philosophen etc. haben sich damit beschäftigt und auch Religionen sind ja so entstanden mit.
Ich denke auch, dass sich jeder mal mit diesen Themen befasst, allerdings nur vorübergehend und diese Menschen können dann eben akzeptieren dass es keine Antworten darauf gibt und leben ihr Leben ohne darüber noch weiter zu grübeln. Ich denke, dass es bei dir (und auch mir) ein stückweit eine Zwangsstörung ist. Wie gesagt, gibt es darüber im englischen viel mehr Literatur und auch der Begriff der
existentiellen Zwangsgedanken erscheint mir da recht passend. Ich war zb schon immer so, dass ich wirklich alles hinterfragt habe und nicht zufrieden war, ehe ich keine abschließende Antwort für etwas hatte. Das geht leider in dem Fall nicht.
Das Schlimme sind ja nicht die Gedanken an sich, sondern die eingehenden Gefühle und die emotionale Reaktion. Bei mir ist das eben dann ein Gefühl von Sinnlosigkeit, innerer Leere und Depression. Jetzt frage ich mich manchmal, sind diese depressiven Zustände Folge oder Auslöser? Haben Menschen ein GEFÜHL dass das Leben eine Bedeutung hat und dass das was sie tun so sinnstiftend ist, dass ihnen vielleicht die rationale Betrachtung, dass alles ohne Sinn ist, dadurch egal wird? Gibt es Momente oder Phasen in denen dir diese Sinnlosigkeit vielleicht auch bewusst war aber auf der Gefühlsebene nichts bewirkt hat? Ich denke da an Zeiten wo ich zum Beispiel verliebt war. In Zeiten in denen sich für mich das Leben leicht und unbeschwert anfühlte, waren diese Gedanken nicht präsent. Und ja, jetzt überkommen sie mich ebenfalls impulsiv. Und Derealisation und Depersonalisation sind seitdem mein ständiger Begleiter.
Den Podcast findest du bei zb. Spotify, einfach mal „ocd“ eingeben.

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Existenzielle Depression - Erfahrungen

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@Krokodil90 PS: was mir gerade noch einfiel: wie sieht das familiär aus bei dir wenn du das beantworten möchtest? Hast du diese Thematik mal jemandem anvertrauen können und im engsten Kreis auch Unverständnis geerntet? Hast du generell mit Zwangsstörungen oder Gedanken zu tun? Putzzwang, Waschzwang, extremes Ordnung halten, oder Zwangsgedanken im allgemeinen?

Zitat von Jakob02:
Ich meine, während der menschliche Drang nach Sinn und Ordnung sicherlich tief in uns verwurzelt ist, könnte es doch ebenso eine Option sein, die Möglichkeit, dass die Sinnsuche selbst eine Art subjektive Konstruktion ist und nicht notwendigerweise die Realität in einem objektiven Sinne widerspiegelt, zu akzeptieren.


Darum meine Frage, ob Du es akzeptieren kannst.

Ich kann es akzeptieren, dass meine subjektive Realität nur eine in Anlehnung an andere Modellierungen oder Simulationen, selbst- und mitgeschaffenes Schauspiel ist, um mir einen tieferen Sinn bei Zeiten und Fragen vorzugaukeln, der beruhigend, wenn auch oberflächlicher, weil undurchdringlicher Natur ist.

Das ist eine Frage, wie es gelebt werden will.

Ich habe mit der Autopoiesis, als wahrlich regressive und zugleich progressive Darstellung innewohnender Mechanismen des Univerums die Freiheit des selbstorganisierenden Systems geschenkt bekommen, die auch wenn ich mich in unfreien Teilen bewege, welche aus sensorischen, kognitiven, gesellschaftlichen und kulturellen Limitierungen herrühren, immernoch die Substanz meines Daseins darstellt, sowohl fundamental als auch sekundär real zu sein.

Diese Kongruenz aus innerem Erleben, deckt und überträgt sich auf meine äußere Wahrnehmung, die wiederum in mein inneres Erleben reflektiert und die auch deshalb Sinn findet, wo keiner sein mag, weil es mein bewusster Wille ist, die Realität nach meinen bewussten wie unterbewussten Vorstellungen zu formen - in der Hoffnung meinen Platz zu finden.

Dieser hohe, wenn auch nicht unbegrenzte Freiheitsgrad, der dem Bewusstsein eingeräumt wird, hat aber auch immer Konsequenzen oder nennen wir es einen Preis.

Wir können uns alle aussuchen, was wir sehen wollen und was nicht, aber haben wir uns erst entschieden zu selektieren, was unsere Realität definiert, wird diese beginnen wie ein Uhrwerk zu arbeiten und alles unter ihre Hierarchie zu bügeln, damit sie ins ZNS integriert werden kann.

Wenn sich seine persönliche Sicht, die Dinge zu fühlen ausgesucht werden kann, ist es mMn wie bei einem Fraktal belanglos wo ich gedenke diesen einen Pfeil zu verschießen. Ich kann ihn bei mir ansetzen, ich kann ihn kann bei der Erde ansetzen, ich kann ihn auf den ganzen Kosmos ansetzen.

Eben diese Bedeutungslosigkeit bedeutete deduktiv geschlussfolgert, wo es keine Bedeutung gibt, kann hemmungslos jede Bedeutung gegeben werden, ohne falsch und anmaßend zu sein, selbst wenn sie für die Struktur als Ganzes nur ein vergänglicher Hauch von stoischer Irrelevanz darstellt, dem zu bemessen ihr im Großen die Intention wie das Mitgefühl fehlt - die sich aber in mir, im Mesokosmos manifestiert hat, um zu bügeln wie ich es auf spiritueller Ebene für richtig und auf emotionaler Ebene für wichtig halte.

Vielleicht liegt also kurz gesagt, auch genau in dieser Bedeutungslosigkeit die Bedeutung, für das darin enthaltene.

Du bist aus naturwissenschaftlicher Sicht frei und autonom. Gesellschaftlich-Kulturell ist das natürlich wieder eine andere Sache mit der Ethik, aber die Negentropie belebter Systeme macht sich die Welt, widde widde wie sie ihr gefällt.

@Krokodil90 Ich habe mir gerade mal über Wikipedia einen Überblick verschafft, wobei hier Frankl als Vertreter der Logotherapie und Existenzanalyse aufgeführt wird, mit welcher ich mich heute Abend einmal detaillierter befassen werde. Danke dir für den Hinweis.
Etwaige Auseinandersetzungen mit dieser Thematik prägten mein Weltbild schon im Kindesalter. Ich habe immer schon alles hinterfragt - ähnlich wie du auch - als Vierjähriger jedoch mit einer außergewöhnlichen Neugier und großen Faszination.

Für Menschen wie uns, die dazu neigen, alles bis ins kleinste Detail hinterfragen zu wollen, erweist es sich einfach als deutlich schwieriger, diese Akzeptanz zu finden. Der Begriff „existenzielle Zwangsgedanken“ erscheint mir hier ebenfalls als sehr passend, weil er einfach präzise beschreibt, wie sich bestimmte Gedankenmuster zwanghaft in unser Denken einprägen und uns in einem Kreislauf von Fragen und Grübeleien festhalten können, aus welchem wir uns nicht mehr lösen können. Inwieweit depressive Zustände Folge oder Auslöser von existenziellen Zwangsgedanken sind, lässt sich meines Erachtens nicht eindeutig bestimmen, da beide Aspekte üblicherweise miteinander verflochten sind: Heißt, existenzielle Zwangsgedanken können zu intensiven Gefühlen von Sinnlosigkeit und innerer Leere führen, die dann wiederum depressive Zustände hervorrufen können. Gleichzeitig können bestehende depressive Zustände die Intensität und Häufigkeit solcher Gedanken verstärken, indem sie die Wahrnehmung und Verarbeitung existenzieller Fragen negativ beeinflussen.

Auch bei mir gab und gibt es Phasen, in denen diese Gedanken weniger präsent sind. Wenn wir uns glücklich oder erfüllt fühlen, anderweitig ausgelastet sind, haben wir weniger mentale Kapazitäten, um uns auf negative oder belastende Gedanken zu konzentrieren. Positives Erleben kann also die emotionalen und kognitiven Ressourcen so stark beanspruchen, dass die negativen Gedanken in den Hintergrund rücken - aber dafür braucht es positive Erlebnisse. Hiermit einhergehend spielen dann sicherlich auch neurobiologische und endokrinologische Faktoren eine Rolle. In Phasen hoher emotionaler Zufriedenheit wird vermehrt Dopamin und Serotonin ausgeschüttet, das ist bekannt.

@Krokodil90 Kann ich dir auf die anderen Fragen später privat antworten?

@Jakob02 sehr gerne! Ich bin jetzt erstmal unterwegs aber schreibe mir gerne privat und ich werde dann später antworten

@Ferrum Du beziehst dich hier auf eine Perspektive, welche uns dazu zwingt, die sogenannte Realität und unsere begrenzten Möglichkeiten, diese zu erfassen, kritisch zu beleuchten. Ich erachte die Überlegung als interessant, inwieweit ein immens hoher IQ uns tatsächlich in die Lage versetzen könnte, alle Aspekte des Daseins vollständig zu erfassen. Im Prinzip misst dieser ja lediglich kognitive Fähigkeiten wie Problemlösungsfähigkeiten, logisches Denken und Verarbeitungsgeschwindigkeit und impliziert somit nicht notwendigerweise die Tiefe und Breite des menschlichen Bewusstseins oder speziell die Fähigkeit, existenzielle Fragen vollständig zu verstehen (insbesondere auf metaphysischer Ebene). Die menschliche Intelligenz kann uns zweifelsohne Werkzeuge und Perspektiven bieten, doch stößt sie oft an die Grenze dessen, was im Rahmen unserer existenziellen und philosophischen Fragen beantwortet werden kann.

Das Streben nach ultimativen Antworten auf Fragen der Bedeutung und Realität ist möglicherweise weniger eine Frage des IQ's als vielmehr der Fähigkeit, mit Unsicherheit und Unvollständigkeit umzugehen, worin auch mein ganz persönliches Problem liegt. Für mich fühlt es sich häufig so an, als ob ich mich in einem Labyrinth aus Fragen und Zweifeln bewege, wobei jede Antwort nur neue Fragen aufwirft. Das Gefühl, nie wirklich einen Abschluss zu finden, kann sehr belastend sein, insbesondere dann, wenn man sich in einem depressiven Zustand befindet, welcher durch diesen unaufhörlichen Drang nach Verständnis und Wissen und diese permanente Suche nach Sinnhaftigkeit genährt wird.

Zitat von Jakob02:
Ich war eine Weile hier abwesend, habe in der Uni weiterhin funktioniert, mit der Planung für meine Masterarbeit begonnen. Ich habe den Sommer erlebt, mich sportlich auf’s Äußerste ausgelastet, versucht zu fühlen. Mit ging’s eine ganze Weile besser. Ich nehme auch noch immer Escitalopram ein - aber in den ...

Hallo Jakob02,
du solltest dich mit diesen Gefühlen und Gedanken unbedingt mit Arthur Schopenhauer (1788–1860) befassen. Du liegst nämlich ganz richtig, findest aber zu wenig Erklärung und Bestätigung. Bei diesem Philosophen kannst du eine Menge finden, das Sinn macht und dir neue Perspektiven eröffnet. In der derzeitigen Welt von Orientierungslosigkeit und Wahnsinn ist es schwer, eine klare Sicht zu entwickeln.
LG

Zitat von Jakob02:
Ich war eine Weile hier abwesend, habe in der Uni weiterhin funktioniert, mit der Planung für meine Masterarbeit begonnen. Ich habe den Sommer erlebt, mich sportlich auf’s Äußerste ausgelastet, versucht zu fühlen. Mit ging’s eine ganze Weile besser. Ich nehme auch noch immer Escitalopram ein - aber in den ...

Nach Schopenhauer käme der Buddhismus an die Reihe, aber bitte der Hinayana-Buddhismus und besonders die Shunyata-Lehre. Da wirst du nämlich fündig. Das gibt dir vielleicht Boden unter die Füße. Es wurde bereits erkannt und gelehrt, vor zweieinhalbtausend Jahren. Heute wird es nicht mehr wahrgenommen und verstanden. Die durchgedrehte Individualität mit dem verrückten Anspruch einer „Selbstverwirklichung“ verhindert es.
LG

Zitat von Reconquista:
Nach Schopenhauer käme der Buddhismus an die Reihe, aber bitte der Hinayana-Buddhismus und besonders die Shunyata-Lehre. Da wirst du nämlich fündig. Das gibt dir vielleicht Boden unter die Füße. Es wurde bereits erkannt und gelehrt, vor zweieinhalbtausend Jahren. Heute wird es nicht mehr wahrgenommen und ...

https://de.wikipedia.org/wiki/Shunyata#..._-_big.jpg

@Reconquista aber plädierte Schopenhauer nicht in erster Linie nur dafür, den ständigen Drang nach Wünschen und Zielen loszulassen, da diese letztendlich dieses Leid verursachten? Mit Schopenhauer habe ich mich bisher nur oberflächlich befasst, bin aber soweit mit seiner Mitleidsethik vertraut.

Was bedeutet für ihn Erkenntnis der Realität?

Zitat von Jakob02:
Was bedeutet für ihn Erkenntnis der Realität?

Soweit ich ihn verstehe, dass es keine Realität gibt, die zu erkennen wäre. Diese Einsicht würde ich jedoch eher Weisheit nennen.

@Reconquista ich danke dir für deine Empfehlungen. Habe gleich eine Besprechung und bin dementsprechend etwas kurz angebunden. Werde mich hiernach mal eingängiger damit befassen.

Zitat von Jakob02:
@Reconquista aber plädierte Schopenhauer nicht in erster Linie nur dafür, den ständigen Drang nach Wünschen und Zielen loszulassen, da diese letztendlich dieses Leid verursachten? Mit Schopenhauer habe ich mich bisher nur oberflächlich befasst, bin aber soweit mit seiner Mitleidsethik vertraut. Was bedeutet für ...

Die Realität ist nach ihm ein Konstrukt, das in uns erstellt wird. Wichtiger für uns aber ist die Erkenntnis, dass wir in uns für uns alles sind aber von außen betrachtet nichts, bzw. so gut wie nichts. Oder, dass der Wille die einzige Kraft ist und ihr alles unterliegt und deshalb leidet. Der blinde Wille, der überall erkennbar und immer derselbe ist. Er beschreibt das genau so zutreffend wie der Buddha es tat. Dass diese Erkenntnisse später zerredet und verschleiert wurden, wozu es gehört, dass Schopi, wie ich ihn nenne (oder manchmal, wenn ich besonders bedürftig bin, „mein Schöpchen“) als Miesepeter und Pessimist bezeichnet wird, ist dem notorischen Widerstand des Menschen gegen das Erkennen der Leere geschuldet. Verständlich aber falsch, denn damit verstärkt man nur das Leiden, als ob es nicht schon genug wäre. Wenig bekannt: Arthur Schopenhauer empfahl zum Beispiel, alle Grußformeln, wie „Guten Tag“, „Grüß Gott“ und so weiter, abzuschaffen und stattdessen immer zu sagen: „Hallo Leidensgenosse“. Nimm ihn praktisch, nicht nur intellektuell gedanklich.


@Reconquista

„Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“ Arthur Schopenhauer

Den würde ich zumindest in jedem Fall unterschreiben.
Der Rest ist ein Geschiebe zwischen der Frage wie viel Konstruktion/Projektion das ist, was wir als Welt erleben und/oder wie groß ggf ein realistischer Anteil (gleich auf welcher ontologischen Basis: also, Materie oder Geist) ist.

M.E. sind die Innenwelten hierarchisch organisiert, entlang von Clustern annähernd gleicher Komplexität und daraus resultierenden Fragestellungen, bzw. dominanten Themen, die ventiliert werden.

Zitat von Jakob02:
Was jedoch als kritisch zu betrachten ist, ist die Annahme, dass diese subjektive Konstruktion von Bedeutung notwendigerweise zu einem authentischen Sinn führt bzw. führen muss. Während es sicherlich eine Überlebensstrategie ist, sich eine Bedeutung zu schaffen, könnte man doch ebenso argumentieren, dass diese Bedeutung nicht immer eine tiefgreifende oder universelle Wahrheit reflektiert, sondern vielmehr eine adaptive Reaktion auf die Herausforderungen des Lebens ist.

Das kannst Du aber noch mal drehen. Sollte es Sinn nur zwischen den Ohren geben, gibt es ihn denn dann in der Welt, oder nicht? Wie auch immer man sich das zwischen den Ohren vorgestellt und was auch immer man ihm für einen quantitativen Rahmen zugestehen mag: man wird schwer leugnen können, dass es Sinn im Universum oder Kosmos tatsächlich gibt.
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@Cbrastreifen Das Universum selbst operiert nach physikalischen Gesetzen, welche unabhängig von menschlichen Konzepten existieren. Diese Gesetze und Phänomene könnten uns zwar Anhaltspunkte für das Verständnis des Universums liefern, jedoch könnte der Sinn, den wir suchen, möglicherweise nicht im strukturellen Gefüge des Kosmos verankert sein, sondern in der Art und Weise, wie wir diese Strukturen interpretieren und in unser Leben integrieren. Die Suche nach einem festen, universellen Sinn wird dadurch komplizierter, da wir uns natürlich mit der Erkenntnis auseinandersetzen müssen, dass unser Verständnis von Sinnhaftigkeit letztlich ein Produkt unserer eigenen Konstruktionen ist, ohne eine tiefere, universelle Basis im Kosmos zu haben. „Sinn“ als Begriff und Konzept wurde von Menschen geschaffen, um unsere Erfahrungen und Wahrnehmungen zu klassifizieren. Die Kategorisierung von etwas als „sinnvoll“ oder „sinnlos“ ist eine menschliche Interpretation, welche in unserem kulturellen und kognitiven Rahmen verankert ist.
Jene Erkenntnisse ändern jedoch nichts daran, dass ich mich in dem Streben wiederfinde, etwaige kausale Zusammenhänge entschlüsseln und vielschichtige Prozesse detailliert verstehen zu wollen/müssen.

Zitat von Jakob02:
Das Universum selbst operiert nach physikalischen Gesetzen, welche unabhängig von menschlichen Konzepten existieren.

Das ist unsere Interpretation. Wir haben diese Gesetzmäßigkeiten gefunden und formuliert, was davon wirklich Gesetz ist (dies würde eine Notwendigkeit implizieren; etwas musste genau so kommen) oder Gesetzmäßigkeit (die nicht notwendigerweise so sein musste) ist noch mal eine eigene Frage.
Zitat von Jakob02:
Diese Gesetze und Phänomene könnten uns zwar Anhaltspunkte für das Verständnis des Universums liefern, jedoch könnte der Sinn, den wir suchen, möglicherweise nicht im strukturellen Gefüge des Kosmos verankert sein, sondern in der Art und Weise, wie wir diese Strukturen interpretieren und in unser Leben integrieren.

Was auf einen Dualismus hinauslaufen würde und der ist philosophisch undankbar und belastet.
Man träumt ja immer von einem Monismus, der alles aus einem Guß erklärt
Zitat von Jakob02:
Die Suche nach einem festen, universellen Sinn wird dadurch komplizierter, da wir uns natürlich mit der Erkenntnis auseinandersetzen müssen, dass unser Verständnis von Sinnhaftigkeit letztlich ein Produkt unserer eigenen Konstruktionen ist, ohne eine tiefere, universelle Basis im Kosmos zu haben.

Wie so vieles andere auch, denn die 'tiefere, universelle Basis' ist ja in Wirklichkeit eher eine flache Basis, die schon Größen wie Farben, Liebe, Geschmack ... - das, was Philosophen Qualia (= wie es ist, so und so zu empfinden) nennen, nicht erklären kann.

Man kann es aber auch einfacher angehen: Was es gibt, dass gibt es. Das wird zwar manchmal als 'nur' aus einer bestimmten Perspektive existierend interpretiert, aber den objektiven 'Blick von Nirgendwo' gibt es nun mal auch nicht.

Das ist an sich nicht schlimm, wir müssen nur die Subjektperspektive wieder ernster nehmen, statt sie als unpräzise oder dergleichen schlecht dastehen zu lassen.
Zitat von Jakob02:
„Sinn“ als Begriff und Konzept wurde von Menschen geschaffen, um unsere Erfahrungen und Wahrnehmungen zu klassifizieren. Die Kategorisierung von etwas als „sinnvoll“ oder „sinnlos“ ist eine menschliche Interpretation, welche in unserem kulturellen und kognitiven Rahmen verankert ist.

Ja. Es sind Zuschreibungen, wie schön, gerecht, liebenswert oder was auch immer, aber, das ist die Pointe, eben doch existent, in der Welt. Man weiß, was daran stört, der Baum scheint realer oder Gerechtigkeit, aber bei näherer Betrachtung ist das eben auch nur die Wahl einer bestimmten Perspektive und die Zurückweisung einer anderen.

Zitat von Jakob02:
Jene Erkenntnisse ändern jedoch nichts daran, dass ich mich in dem Streben wiederfinde, etwaige kausale Zusammenhänge entschlüsseln und vielschichtige Prozesse detailliert verstehen zu wollen/müssen.

Was ja erst mal ein schöner Motor ist. Erkenntnis ist für mich ein Baustein zum Glück, bei Dir führt sie aktuell zu Leid, aber vielleicht können wir das ja etwas ändern.

Zitat von Cbrastreifen:
Man weiß, was daran stört, der Baum scheint realer oder Gerechtigkeit, aber bei näherer Betrachtung ist das eben auch nur die Wahl einer bestimmten Perspektive und die Zurückweisung einer anderen.

Man weiß, was daran stört, der Baum scheint realer als Gerechtigkeit, aber bei näherer Betrachtung ist das eben auch nur die Wahl einer bestimmten Perspektive und die Zurückweisung einer anderen.

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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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