Zitat von Ja02: Hätte es je anders sein können? Oder war ich immer schon in einer Richtung unterwegs, die ich erst jetzt richtig wahrnehme?
Wie @Recondi schon schrieb, ist das die klassische Frage nach dem Determinismus und der Willensfreiheit. Determinismus ist aber nicht zwingend Fatalismus, das ist eine philosophisch fruchtbare und psychologisch hilfreiche bis heilsame Diskussion, die allerdings an einigen Stellen kontraintuitiv ist.
Viele machen typische Denkfehler an einigen Stellen, darunter bereits zu Anfang, indem sie kategorisch behaupten, Determinismus (ein echter, also immer 100%) und Freiheit schlössen einander aus. Nein, das muss nicht sein, der Kompatibilismus behauptet das Gegenteil, mit sehr guten Argumenten.
Du schreibst, dass es qua Quantenmechanik (vermutlich) echten Zufall (und damit keinen Determinismus) gibt, aber hast die an der Stelle falsche Hoffnung - das ist ebenfalls kontraintuiv - dass sich so etwas Freiheit abpressen ließe. Nein, tut sie nicht, denn Zufall und Freiheit schließen einander aus.
Stell Dir vor, Du beschließt (wie und warum auch immer) nach links zu gehen und irgendein Zufallsgenerator in Deinem Kopf lässt Dich nach rechts gehen, würde das Deine Freiheit wirklich vergrößern? Analoge Beispiele gibt es unendlich.
Kurz und gut, es ist die Ordnung, der Determinismus, der Freiheit (und Regelmäßigkeiten, die wiederholbar sind) überhaupt ermöglichen.
Der philosophisch gedachte Determinimus ist ein 100%iger und ist somit unabhängig von der (ontologischen) Frage, ob das denn wirklich auch so ist/der Fall ist. Wäre dort Willensfreiheit möglich?
Viele Komptatibilisten sagen: Ja. Warum? Wenn alles determiniert ist, wissen wir dennoch nicht, wie es determiniert ist. Die Gottesperspektive, der Bauplan liegt uns nicht vor, kein Zugang.
Also müssen wir raten, bzw. Theorien aufstellen und die besten bilden die Muster ab, so wie wir es aus unserem Alltag kennen. Wir sind nicht überrascht, wenn der Kaffee noch im Schrank ist und wir uns studierend vorfinden und das Shampoo noch in der Dusche ist. Wir wissen nicht alles, aber manches bis vieles. Einiges aber nicht.
Wir können unsere Prämissen aber ordnen und gewichten, wie wir wolllen, diese Freiheit des Willens haben wir. Innehalten (Impulskontrolle), rational abwägen und wenn wir das Ergebnis noch umsetzen können und wir uns nicht an den Stuhl gefesselt vorfinden, kommt zur Willensfreiheit noch die Handlungsfreiheit.
Sind wir an den Stuhl gefesselt, sind wir willensfrei, aber nicht handlungsfrei.
Sprechen wir handelsüblich von Freiheit, meinen wir in der Regel beide Kompomnenten.
Der kontraintuitive Clou:
Weil wir nicht alles wissen, ist Freiheit möglich. Nun erst können und müssen wir unsere Prämissen und Hypothesen ordnen und gewichten.
Die Frage, ob ein allwissender Gott überhaupt frei sein kann, ist recht interessant. Bin ich frei, wenn ich genau weiß, was passiert (da ich ja allwissend bin)?
Also, das als extremer Crashkurs, da Du sehr schlau bist, verstehst Du es vielleicht beim ersten Mal, wenn nicht, können wir das gerne bei den Metadiskussionen beliebig vertiefen, ich habe das Thema bis zur Schmerzgrenze diskutiert.