Ich denk, ein zentraler Faktor bei solchen Erkrankungen ist es, dass Betroffene (so wie auch du) sich immer mit anderen Vergleichen. Du siehst jemanden, dem es augenscheinlich besser geht und denkst dir vermutlich, du müsstest auch mehr so sein, um richtig zu sein, oder? Das Dumme an der Logik ist nur, dass auf die Art automatisch fast alle Menschen falsch sind, auch wenn du nur dich selbst betrachtest. Wie schon gesagt, hast du deine eigenen Talente. Natürlich nutzt es nichts, dir zu sagen, dass du viel wertvoller bist, als du es gerade wahrnimmst, denn dan wären ja alle Psychologen arbeitslos. Tatsächlich schüttest du durch deine negative Selbstwahrnehmung ständig Serotonin aus, was dich wieder träge macht und dafür sorgt, dass du dich nicht aufrappeln kannst. Dagegen gibt es Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, die vielleicht sogar die Depressionen ein wenig eindämmen und sehr leicht zu bekommen sind. Allerdings kommt man nur mit Tabletten selten aus solch einer Situation raus, weswegen ich da persönlich kein Fan von bin, solange eine Sedierung nicht zwingend nötig ist.
Ein besserer Trick kann es sein, wenn du mal versuchst, nicht gleich das Schlimmste anzuvisieren. Willst du vielleicht seit 5 Jahren mal die Küche streichen oder so? Die Fernsehsender im TV richtig sortieren, mal den neuen Chinesen in der Nachbarstraße ausprobieren? Mach einfach solche Dinge, also die, die du sofort und mit überschaubarem Aufwand erledigen kannst. Du wirst bestimmt sehen, dass es dir gut tut, wenn du dir immer wieder beweist, dass du dir Erfolge einfach nur zu nehmen brauchst und dadurch schöpfst du dann mit der Zeit auch Kraft für größere Vorhaben.
Auch wenn es sich nicht so anfühlt, ist die Situation, in der du steckst auch eine Chance. Auch unangenehme Erfahrungen sind Erfahrungen und durch dein Leid kannst du dich als Mensch erheblich weiterentwickeln, vielleicht sogar weiter, als es jemand könnte, der nie gelitten hat. Dabei spielt es keine Rolle, wie dein Leben für andere aussieht. Wenn es dich glücklich macht, ist es auch OK, von Hartz 4 zu leben und den ganzen Tag Enten zu füttern. Wäre das normale Leben das, was dich wirklich glücklich macht, hättest du bestimmt keine Probleme damit, so wie die Menschen zu sein, die du beneidest.
Und ganz wichtig: Mach dir keinen Druck. Vielleicht dauert es Jahre, bis du das Gefühl hast, ernsthafte Fortschritte gemacht zu haben. Es hat ja auch Jahre gedauert, um überhaupt in diese Situation zu geraten.
Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute.
24.05.2018 06:38 •
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