Okay, dieses Thema ist wohl eingeschlafen und ehrlich gesagt wundert mich das nicht. Dysthymie ist nicht gerade etwas, dass einen geradezu beflügelt, die eigenen Gedanken mit anderen auszutauschen. Eigentlich sind die ja auch nur ein grauer Brei voller Gleichgültigkeit und lediglich, zumindest bei mir, ärgerlichen Grübeleinlagen.
Bevor mein Thema in der Versenkung verschwunden ist, will ich deshalb wenigstens noch abschließend ein vorläufiges (vermutlich aber auch abschließendes) Fazit zu meinem Tagesklinik Aufenthalt abgeben. Seit einer Woche nehme ich Quetiapin 50 retard, dass mir beim Einschlafen und gegen die Grübeleien helfen soll. Die ersten beiden Tage waren, was den Schlaf angeht okay, aber tagsüber doch sehr nebenwirkungslastig. Mittlerweile geht das besser, aber gegen das grübeln wirkt da leider noch nichts. Ich glaube auch nicht, dass sich das überhaupt nochmal groß ändern wird, in einer Welt, in der es doch so viele Anlässe zum grübeln gibt.
Jedenfalls war ein Primärziel, wieder etwas Tagesstruktur zu bekommen und das ist mir zumindest im klinischen Setting gelungen. Vielleicht gelingt es mir auch ohne den „sanften Druck“ in die Klinik zu müssen, diese beizubehalten. Dann wäre das ganze nicht völlig nutzlos gewesen. Was ich aber, trotz anfänglich gedachter „Verbessrung“ nicht erreicht habe und wohl auch bis zum Ende des Aufenthaltes und darüber hinaus, nicht erreichen werde, ist, mich mehr anderen Menschen „zu zuwenden“. Jedenfalls nicht im direkten Kontakt.
Es ist mir schlichtweg zu anstrengend, zu überlegen was man heutzutage noch sagen kann, soll, darf, muss, um anderen irgendwie gerecht zu werden, Erwartungen zu befriedigen, oder sie nicht zu verletzen, oder endlose Debatten loszutreten, die am Ende auch zu keinem Konsens führen. Die Klinik ist zwar ein geschützter Raum, spiegelt aber trotzdem die reale Welt wieder. „Probieren Sie sich aus“ ist ja der Tenor, den ich von meinen Behandelnden oft zu hören bekam. Und das ist in manchen Situationen auch wirklich möglich um Verhaltensweisen zu hinterfragen oder auch Konfliktpotenziale besser beurteilen zu können.
Nur half mir das dort bisher nicht aus meinem Modus der Gleichgültigkeit heraus.
Offen anzusprechen, was mich negativ tangiert, war ein Wochenziel von mir. Das Resultat für mich war, was ich sage wird zwar gehört und bisweilen auch als nachvollziehbar bestätigt, hatte aber keinen Einfluss auf irgendetwas. Genau das war mir vorher aber sowieso klar. Aus freien Stücken, also ohne dieses Ziel, hätte ich mir dieses „Probieren“ erspart, weil es mir im Grunde egal war. Etwas war nicht schön, ja, aber es war halt so und es war mir egal.
Das gleiche galt für ein Ziel, mehr mit anderen zu kommunizieren. Ja, kann ich irgendwie noch. Smalltalk bekomme ich zur Not noch hin. Für tiefgründiges braucht es aber mehr an Zeit, die in der Klinik begrenzt ist und Vertrauen, dass nur über eine längere Zeit des Kennenlernen von mir aufgebaut werden kann. Aber ich hab dieses Ziel objektiv erreicht, ich hab mit den Menschen dort halt gelabert. Ob diejenigen was davon hatten, weiß ich nicht. Vielleicht passte einiges in deren „Übungen“ und sie haben für sich festgestellt, ob ihnen das angenehm oder unangenehm ist, sich mit mir zu unterhalten. Mir war es aber auch wieder in Grunde egal.
Nun habe ich noch eineinhalb Wochen vor mir, obwohl ich anbot, ich könnte auch früher gehen. Ein Angebot, dass abgelehnt wurde, weil schon einige der anderen entlassen werden und da ja ein gewisser Aufwand damit verbunden ist, Abschlussgespräche, Befundbriefe, ect. Interessant für mich war, dass es nicht darum ging, dass in der verbleibenden Zeit vielleicht noch eine positive Veränderung bei mir vonstatten gehen könnte. Das schätze ich selbst aber auch so ein und im Grunde ist es mir Egal. Zumindest das Essen ist genießbar und bietet nicht einen gewichtigen Grund, diese Klinik sofort verlassen zu wollen.
Also mein Fazit, Dysthymie ist nicht die bevorzugte Erkrankung, derer sich Ärzte oder Therapeuten gerne widmen, weil sie einfach mühsam zu behandeln ist. Ist ja klar, wenn dem Patienten nahezu alles gleichgültig ist, besonders auf die eigene Person bezogen.
02.10.2022 11:35 •
x 4 #25