Hallo giesewickl
Nachdem ich mich durch alle Beiträge zu Deinem Post/Thema durchgearbeitet habe, möchte ich nun selbst auf ein paar Punkte näher eingehen.
Zunächst einmal möchte ich Dir mein tiefes Mitgefühl aussprechen, für all das was Du und auch Deine Frau nun durchmachen müsst. Es ist bitter nach so langer Zeit vor einem Scherbenhaufen zu stehen und nicht zu wissen, bzw. nachvollziehen zu können wie es zu all dem gekommen ist. Gerade das, wenn man glaubt wirklich sein bestes gegeben zu haben, macht es besonders schwer.
Wer viel investiert erwartet, ob bewusst oder besser eher meist unbewusst, irgendwie einen Return on Investment. Wenn diese Rechnung nicht aufgeht, bzw. die eigenen Erwartungen nicht erfüllt werden, der Totalverlust dann irgendwann zur Debatte steht, ist die
Ent-Täuschung über die Fehlinvestition direkt proportional zur Höhe des Investments.
An diesem Punkt sehe ich Dich im Moment angelangt. Deine Enttäuschung, der Schmerz und die Trauer darüber, dass Deine Liebe nicht die Früchte trägt die Du Dir wünschst ist riesengross. Fragst Dich vielleicht ob Du einen gewaltigen Teil Deines Lebens verschwendet hast an jemanden der Deine Liebe und Hingabe nun am Ende nicht zu schätzen weiss, ja vielleicht nie wirklich zu schätzen wusste? Das quält Dich sehr und diese Qual - ggf. die Frage: Was habe ich nur falsch gemacht? - ist für mich in jedem Deiner Worte spürbar....
Zunächst möchte ich Dir aus tiefem Herzen sagen: Du hast überhaupt nichts falsch gemacht!
Du selbst wie auch Deine Frau haben am Ende den falschen Partner gewählt. Das zeigt sich nun in der Krise, welche aufzeigt wie schwach das Fundament dieser Beziehung in der Tat ist, bzw. vielleicht schon von Anfang an war.
Schuldgefühle zu kultivieren oder sich selbst, gar die alleinige Schuld zuzuweisen und die damit verbundene Selbstkasteiung sind ein Teufelskreis aus dem es für viele Menschen (bedauerlicherweise) oft kein Entrinnen mehr gibt. Dies würde gar bedeuten auf eine infantile Ebene zurückzufallen, weil eben besonders Kinder dazu neigen sich selbst als den Mittelpunkt der Welt zu betrachten und alles, was um sie herum geschieht, auf sich und ihr Verhalten zurückführen. Wie viele Kinder eben unter der Scheidung gerade deshalb am meisten leiden, nicht weil sich die Eltern trennen, sondern weil sie glauben der Auslöser für die Trennung zu sein....
Neben dem depressiven Charakter dieser inneren Wendung gegen sich selbst versperrt dieses
Leben, was einen Rückzug in die Vergangenheit darstellt, auch den Blick auf die eigene, eine neue, durch den Lerngewinn aus dem vorangegangenen Scheitern, positive Aussicht auf eine bessere Zukunft.
Das
Scheitern/Hinfallen,
ist die innovativste Kraft gehört zum Leben
und ist daher
keine Schande!Ich vermeide grundsätzlich bei (je)dem Scheitern und deren Ursachen das Wort Fehler zu gebrauchen.
Lieber spreche ich von (noch) vorhandenen
Engpässen fachlicher oder sozialer Kompetenzen, die das Scheitern verursachten.
Das, ja jedes Scheitern an sich ist für mich eben daher zuerst einmal ein
Miss-Geschick, weil es auf einem (noch) vorhandenen Mangel an Geschick, selektiven Fertigkeiten u./o. Fähigkeiten beruht und, wenn alles gut läuft, durch den
Lerngewinn das identische Missgeschick normalerweise so nicht 1:1 wiederholt wird, bzw. werden muss.
Ein
echter Fehler ist nämlich der, den wir immer und immer wieder begehen ohne einmal dediziert darüber nachzudenken ob das hierfür notwendige zugrunde liegende Muster:
Immer wieder dasselbe zu tun und dabei zu erwarten andere, ja gar bessere Ergebnisse zu erzielen wirklich zielführend ist.
Zu den Ursachen eurer nun gescheiterten Beziehung:
Du bist, nach meinem Dafürhalten, ein sehr fürsorglicher, liebevoller Partner und Vater, der alles tut damit es seiner Familie gut geht. Ein fürsorglicher liebevoller Mann und Vater den sich, wenn man auf den ersten Blick von aussen so drauf schaut, jede Frau nur wünschen kann. Du symbolisierst für mich, nach allem was ich gelesen habe, den in dieser Beziehung dominanten Spender bedingungsloser, verständnisvoller Liebe. Eine Rolle die eigentlich der Mutter, dem weiblichen Part in der Beziehung zukommt.
Du tust ggf. so viel, dass sich Deine Frau als Ehepartnerin und Mutter daneben vielleicht vollkommen nutzlos, eben nicht gebraucht, ja vielleicht sogar wertlos fühlt.
Dafür spricht für mich die Hin- und vor allem Zuwendung zu einem gebrochenen Menschen, der ihr (endlich wieder) das Gefühl gibt
ihrer Liebe und Zuwendung zu bedürfen. Sie sich im Leben dieses Menschen, ihres neuen Partners bedeutend, für ihn wichtig und wertvoll fühlen darf.
Das bedeutet nun ganz und gar nicht, dass Du Dich nun schuldig fühlen musst, weil Du
blind warst dafür ihr nicht das gegeben zu haben was sie wirklich braucht, um in der Beziehung mit Dir dauerhaft glücklich zu sein.
Es zeigt sich daraus, für mich zumindest, viel mehr, dass Du in der Zukunft eine Partnerin brauchst die sich genau diese Liebe und Fürsorgebereitschaft wünscht, weil sie vielleicht im Beruf sehr erfolgreich ist, sich zwar eine Familie und Kinder wünscht, aber ihre Karriere eben auch nicht aufgeben möchte, weil sie daraus einen beträchtlichen Selbstwert zieht auf den sie nicht dauerhaft verzichten möchte oder kann, um psychisch stabil zu bleiben.
Meine liebe und zuvor berufstätige Frau hatte nach der Geburt unserer beiden Kinder nach einer gewissen Zeit auch einen Tiefpunkt, ja eine Depression, ich nenne es mal Höhlenkoller, entwickelt.
Nach knapp fünf Jahren zuhause, Kinder, Küche, Kirche, Kinderspielplatz, Kindergarten und sich immer im Kreis drehender Sandkasten-Kommunikation mit andern Müttern war sie psychisch vollkommen am Ende.
Als ich eines schönen Tages von der Arbeit heim kam goss sie das Füllhorn ihres angesammelten Frustes über mir aus. Doch sofort überkamen sie Schuldgefühle, mich unvermittelt so niederzumachen, rannte ins Bad und hat sich eingeschlossen. Nach gut einer halben Stunde, in der ich sie unentwegt bitterlich weinen hörte, konnte ich sie mit ruhiger Stimme davon überzeugen, dass sie sich für das eben geschehene nicht schämen müsse, ja ich das irgendwie positiv fand dass sie sich Luft gemacht hat, ja geplatzt ist, und sie überreden die Tür wieder zu öffnen.
Darauf folgte eines der besten Gespräche die wir je als Eltern, Partner und Ehegatten geführt haben.
Am Ende stand der beiderseitige Entschluss, es zu ihr ermöglichen, dass sie wieder einer beruflichen Tätigkeit nachgehen konnte, um den krank gewordenen Bezugsrahmen zu verschieben, und ihr wieder den Selbstwert zu verschaffen den sie brauchte, um als Mensch und als Individuum glücklich zu sein.
Das Vertrauen zwischen Dir und Deiner Frau ist durch ihren Ausbruch aus der Beziehung nun zerrüttet. Ich denke nicht, dass das noch einmal was wird. Ganz einfach auch deshalb weil ihr beide nicht von Heute auf Morgen aus eurer Haut schlüpfen könnt. Es sind sich, wie sich zeigt, zwei Charaktere begegnet die leider nicht zueinander passen. Vielleicht auch weil sich diese in der Beziehung, u./o. mit der Geburt der Kinder die äusseren Rahmenbedingungen so verändert haben, dass diese, euch stark unterscheidenden Charakterzüge u./o. tieferliegenden, lange Zeit nicht befriedigten Bedürfnisse nun offen zutage treten. Allem voran bei Deiner Frau.
Als liebevoller und verantwortungsvoller Versorger hast Du Dich in dieser Rolle stets gut und bestätigt gefühlt. Deine Frau hingegen wurde ggf., so tragisch sich das nun für Dich anhören mag, von Dir und Deiner Liebe vielleicht geradezu erdrückt....
Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es sie geradezu rasend macht, dass Du ihren Ausbruch aus der Beziehung in einer ersten Reaktion ebenso verständnisvoll weggesteckt hast wie alles andere eben auch... Eine (weitere) tragische Bestätigung für sie, dass Du sie, in ihren Augen, eigentlich gar nicht brauchst.....ja eigentlich, in ihren Augen, gar nicht liebst.....
Vielleicht hätte sie sich tatsächlich einmal gewünscht, dass es endlich einmal zu einem heftigen Streit, ja einem gewaltigen Vulkanausbruch gekommen wäre in dem sie wie Du ohne Vorbehalte einmal hätte platzen können, um vor allem Dich einmal aus der Reserve zu locken, ja emotional zum explodieren zu bringen, was ihr vielleicht das Gefühl gegeben hätte, dass Du nicht nur verständnisvoll, sondern auch einmal wirklich emotional werden kannst, bes. in Anbetracht dessen sie an einen Anderen zu verlieren.... wäre ein Ausbruch für sie vielleicht der Beweis gewesen, dass SIE eben einen ganz besonderen Stellenwert in Deinem Leben einnimmt...
Fazit: Hat Deine Frau in Dir sich den Mann gewünscht der sich auch mal zugesteht
ganz Mann, vielleicht sogar auch mal ein von Testosteron gefluteter, eifersüchtiger Macho zu sein und vielleicht etwas weniger verständnisvoll....
Vielleicht ist für Euch noch nicht alles zu spät. Doch das wird nur die Zeit und der beiderseitige Wille einander wirklich zuhören zu können, so hart es auch sein mag das auszuhalten, beantworten können.
Reinigende, heftige Gewitter haben den Vorteil, dass der sintflutartige Regen der sie oft begleitet den ganzen angesammelten Unrat von der Strasse des Lebens in den Kanal spült und der Regen (die Tränen) die dicke Luft wieder reinigt, damit danach alle wieder frei durchatmen können......
In diesem Sinne hoffe ich, dass Du mit dieser anderen Perspektive vielleicht etwas anfangen kannst und es mir nicht übel nimmst, dass ich so offen und aus so vielen anderen Perspektiven wie möglich versucht habe zu Dir zu sprechen.
Im Sinne des Trostes wie nicht minder der Anregung noch einmal dediziert darüber nachzudenken, was bei und zwischen euch schief gelaufen ist und was damit in der Beziehung besser hätte laufen können.
Wenn die Beziehung zu Deiner Frau auch jetzt final am Ende sein mag, so doch in der Zukunft durch den Lerngewinn Du Dich wie Deine ggf. neue Partnerin mit den aus dem Scheitern gewonnenen Erkenntnissen immer wieder neu im Hier und Jetzt betrachtest.
Das wünsche ich Euch beiden, Dir
wie Deiner Frau, von ganzem Herzen.
Ganz Liebe Grüsse
Achtsamkeit