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Betreff: Depression oder ME/CFS? Verzweifelt und unsicher
Hallo zusammen,

ich bin neu hier und hoffe, dass ich ein paar Meinungen oder Erfahrungen von euch bekomme. Vorweg möchte ich sagen, dass ich aktuell diagnostiziert mit einer mittelgradigen Depression bin (seit September erst leicht, seit kurzem mittelgradig) und seit drei Wochen Antidepressiva nehme. Erst Sertralin in niedrigen Dosen (25 mg, dann 50 mg) und bin jetzt seit 6 Tagen bei 75 mg. Ab morgen soll ich auf 100 mg hochgehen. Zusätzlich wurde mir Mirtazapin verschrieben, da bisher keine Verbesserung eingetreten ist.

Morgens ist die Depression bei mir am schlimmsten. Ich bin immer wieder den Tränen nahe, weil ich die Hoffnung verliere, da rauszukommen. Ich grüble viel und bin gefühlt in einer Gedankenspirale gefangen. Im Laufe des Nachmittags wird es etwas besser, aber die Hoffnungslosigkeit bleibt.

Was mich aber besonders verunsichert, ist die extreme Müdigkeit und Erschöpfung, die im Vordergrund stehen. Dazu kommen Appetitlosigkeit (habe in drei Monaten 8 kg abgenommen), ein Gefühl der Leere und Schmerzen in den Beinen (hauptsächlich Oberschenkel, Waden und Knie, abwechselnd). Meine Neurologin sagt, das könnte psychosomatisch sein, aber ich frage mich, ob es nicht vielleicht auch in Richtung ME/CFS gehen könnte.

Ich habe insgesamt mit 2 Psychiatern und 2 Neurologen gesprochen, die alle dieselbe Diagnose gestellt haben: Depression. Ab Mitte Dezember starte ich mit einer kognitiven Verhaltenstherapie, worauf ich hoffe, auch wenn es noch etwas dauert. Ich bin seit drei Monaten krankgeschrieben, und die Arbeit fehlt mir sehr. Mein Job im Vertrieb erfordert viele Kundengespräche, Reisen und vor allem konzentriertes Arbeiten, aber ich traue mir aktuell nicht zu, einen Tag ohne die ständige Müdigkeit durchzustehen. Geschweige denn, dass morgens die Depression so extem ausgeprägt ist. Das belastet mich zusätzlich.

Besonders verunsichert bin ich, weil:
Nach kurzen und sehr leichten Sporteinheiten (z. B.10 Minuten Kraftsport ohne Gewichte) geht es mir oft schlechter. Ich habe das zweimal ausprobiert und bin jetzt fast schon ängstlich, es noch mal zu versuchen. Man muss sagen ich habe früher 5 mal die Woche Kraftsport gemacht und hab seit meiner Erkrankung nich tmehr ausüben können und allein deswegen 10 kg Muskelmasse verloren.
Längere Spaziergänge (5-6 km) sind möglich, aber danach habe ich wieder Schmerzen in den Beinen und fühle mich ausgelaugt.

Ich bin oft schon nachmittags so erschöpft, dass ich nur noch ins Bett will, auch wenn ich nicht immer schlafe. Mein Schlaf ist nie erholsam – die Müdigkeit bleibt, egal wie viel ich schlafe.

Im Max-Planck-Institut wurde bei einem Erstgespräch ME/CFS zu 99% ausgeschlossen, basierend auf meinen Antworten. Trotzdem schwirrt dieser Gedanke in meinem Kopf herum und belastet mich sehr. Es fühlt sich einfach so an, als wäre da mehr als „nur“ die Depression.

Meine Fragen an euch:
Kennt jemand diese extreme Müdigkeit und Erschöpfung als Symptom der Depression?
Gibt es unter euch auch Leute, bei denen Sport die Symptome eher verschlechtert hat, aber Spazierengehen noch möglich ist?
Wie geht ihr damit um, wenn die Gedanken um eine mögliche andere Diagnose kreisen?
Hilft eine Tagesklinik oder stationärer Aufenthalt im jetzigen Stadium?

Ich wäre sehr dankbar, wenn ihr eure Erfahrungen teilen könntet. Ich weiß, dass jeder Mensch anders ist, aber vielleicht hilft es mir, die Situation besser einzuordnen.

Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt, meinen langen Text zu lesen.

Liebe Grüße,
Zochel

Gestern 13:02 • 11.12.2024 x 1 #1


12 Antworten ↓


Zitat von Zochel:
Im Max-Planck-Institut wurde bei einem Erstgespräch ME/CFS zu 99% ausgeschlossen, basierend auf meinen Antworten. Trotzdem schwirrt dieser Gedanke in meinem Kopf herum und belastet mich sehr. Es fühlt sich einfach so an, als wäre da mehr als „nur“ die Depression.

Die Komplexität und Länge deines Posts deutet nicht auf eine ME/CFS hin und daher scheint mir die Aussage des Max Planck Instituts durchaus berechtigt. Es gibt aber Blogs und auch Dokumentationen von an dieser Erkrankung leidenden Menschen, bei denen man quasi in Echtzeit ihre Schübe miterleben kann und sehen wie deren Angehörige dann selbst die winzigsten Dinge für Sie übernehmen müssen, weil Sie es tatsächlich nicht können.

Das bei Dir eine Depression oder eine andere psychische Störung vorliegt, ist allerdings nicht auszuschließen. Ein Psychiater oder Psychotherapeut könnte da ambulant oder Stationär eine Diagnose nebst Behandlung anbieten.

A


Depression oder ME/CFS? Verzweifelt und unsicher

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@Disturbed

Danke für deine Antwort. Gilt das auch für die leichteren CFS Grade? Soweit ich mich im Netz informieren konnte hat die Krankheit verschiedene Schweregrade oder?

@Zochel
Chronische Erschöpfung kann sehr viele Ursachen haben. Nichts anderes besagt dieses Syndrom, dass man eben chronisch Erschöpft ist. Und chronisch besagt ja auch nur, dass es schon einen langen Zeitraum so ist. Bei ME/CFS liegt meist eine Viruserkrankung, die vorher stattgefunden hatte, zugrunde. Aber so ganz genau ist die Wissenschaft da auch nicht im Bilde, ob dass so sein muss, oder ob es auch andere Auslöser gibt, also eventuell Umweltbedingte. Sicher gibt es unterschiedliche Schweregrade, aber die gibt es bei jedem physischen oder psychischen Zustand. So muss eine leichte Depression auch nicht in totaler Erschöpfung münden, obwohl sie es sicher könnte, je nach dem wie sie empfunden wird.

Es wäre sicher informativ, jemand der eine ME/CFS hat, oder einen seiner Angehörigen zu befragen, was da genau abläuft, wenn man zum Beispiel nicht mal mehr aufs Klo gehen kann, wenn Licht oder Geräusche schmerzen, wenn man sich selbst keine Flüssigkeiten oder Nahrung zuführen kann und einfach nur so da liegt, statt irgendwelche möglichen Symptome zusammenzustellen, die man gerade mal so empfindet und die es auch in mehr oder weniger Ausprägung bei CFS gibt.

Zitat von Disturbed:
@Zochel Chronische Erschöpfung kann sehr viele Ursachen haben. Nichts anderes besagt dieses Syndrom, dass man eben chronisch Erschöpft ist. Und chronisch besagt ja auch nur, dass es schon einen langen Zeitraum so ist. Bei ME/CFS liegt meist eine Viruserkrankung, die vorher stattgefunden hatte, zugrunde. Aber so ganz ...

Achso - Danke dir für die Aufklärung. Wenn ich nach chronischer Erschöpfung gegooglet habe bin ich immer bei ME/CFS gelandet. Ich finde keine anderen Ursachen die irgendwie dazu führen. Dieses Gefühl ständig nur auf 20-30% der Energie zu sein und diese komischen Gefühle in den Beinen haben mich dazu gebracht zu denken, dass das auch bei mir der Fall sein könnte. Ich hatte bis dato noch nie von jemandem gehört, dass begleitend dieses Schwächegefühl in den Beinen bei einer Depression miteinhergeht. Dass Leute sich generell müde und erschöpft fühlen ja, aber so wie es bei mir der Fall ist konnte ich nirgends finden daher bereitet es mir alles gerade etwas Sorgen...

Es gibt viele Erkrankungen oder auch Mangel an irgendwelchen nötigen Vitaminen oder Spurenelementen, die ein Schwächegefühl hervorrufen können. Es muss aber nicht immer gleich das sein, was google einem als erstes präsentiert, nur weil gerade viele Menschen das googeln und es dementsprechend wiederum als erstes im Ranking erscheint.

Es hat einen Grund, weshalb Suchmaschinen Suchmaschinen sind und Ärzte Ärzte.

@Disturbed Danke fürs Reagieren. Ich war in der Klinik 5 Tage und da wurde auf alles mögliche gecheckt (sprich Vitamine etc.) und es scheint alles in Ordnung zu sein daher hab ich mich an dieses Forum gewandt um evtl. Personen zu finden die ähnliche Symptome haben und mir das etwas die Angst nehmen kann völlig auf dem falschen Dampfer aktuell zu sein...

Zitat von Zochel:
Morgens ist die Depression bei mir am schlimmsten.

Das ist bei den meisten leider so, bei mir war es der Gedanke, den ganzen Tag wieder überstehen zu müssen, den ganzen Tag nur Gedankenkreisen.


Zitat von Zochel:
ist die extreme Müdigkeit und Erschöpfung,


Das ist die Depression. Sie saugt einem jegliche Kraft aus den Adern. Ich konnte kaum den Zahnbecher halten oder gehen.




Zitat von Zochel:
Gibt es unter euch auch Leute, bei denen Sport die Symptome eher verschlechtert hat, aber Spazierengehen noch möglich ist?

Ja. Jeder Schritt war anstrengend.

Sport hätte ich gar nicht hinbekommen.

Ich hab es seit 27 Jahren. Ich wurde vor 5/6 Jahren etwas höher eingestellt und erst seitdem wirkt sich Sport und Spaziergänge positiv aus. Ich fühl mich hinterher wirklich besser.


Zitat von Zochel:
Hilft eine Tagesklinik


Wenn Du nicht arbeitest, dann könnte es helfen.
Die Tagesklinik strukturiert neben Einzeltherapie einfach auch den Tag, wir hatten jeden Tag 1-2 Stunden Leerlauf und haben uns dann gegenseitig zum Rausgehen animiert.

Du brauchst auch etwas Geduld, Du nimmst erst seit 3 Wochen die ADS … bei mir dauerte es meist so um die 6 Wochen, aber das ist bei jedem verschieden.
Einmal ging es auch ganz schnell.

Ein anderer Gedanke: das Mirtazepin ist schlafanregend.
Ich gehe davon aus, dass Du es vor dem ins Bett gehen nimmst?

@Luce1 Hi Luce, danke für deine Worte.

Tagesklinik werde ich morgen mal anrufen. Diese den Tag überstehen ist das Schlimmste. Ich weiß nichts mit mir anzufangen weil ich meinen Sport nicht machen kann und das Interesse an alle meine Hobbys verloren habe. Fühle mich einfach nutzlos.

ADs nehme ich seit 3 Wochen - das ist richtig. Mir wurde gesagt sollten ab 7-14 Tage wirken. Jetzt hab ich von 25mg insgesamt auf 75mg erhöht und merke noch keine Besserung. Das frustriert mich. Ich erhöhe morgen auf 100mg und hoffe dass dann in den nächsten 2-3 Wochen was geschieht.

Mirtazepin hat mir meine Neurologin heute zusätzlich verschrieben weil das Sertralin alleine anscheinend nicht ausreicht. Das soll ich wie du richtig geahnt hast abends einnehmen vor dem Schlafen gehen. Da aktuell mein Schlaf nicht wirklich erholsam ist und ich den ganzen Tag über immer wieder sehr müde bin (auch das Thema mit der Kraftlosigkeit) soll das Mirtazepin helfen...

@Zochel

Hallo Zochel,
als würdest du mir aus der Seele reden ... bei mir ist es eins zu eins das Gleiche
Bin auch im Vertrieb tätig und seit 4 Monaten krankgeschrieben ...
Könnte mir derzeit gar nicht vorstellen diese vielen Kundengespräche und Dienstreisen zu machen

Bei mir wirkt Kraftsport auch gegenteilig, fühle mich nachher schlechter also habe ich es gelassen ...
Solange es das Wetter zugelassen hat bin ich viel mit dem Rad gefahren und dazu Musik, das lenkt ein bisschen ab und man kann die Natur genießen. War viel neben dem Wasser oder im Wald mit dem Rad ...

Jetzt geht es nicht mehr also versuche ich zu spazieren ... Aber habe gemerkt dass zu viel spazieren so wie du schreibst 5-6km auf einmal auch nicht gut sind für mich. Also habe ich es aufgeteilt, ich gehe 2-3 mal täglich raus an die frische Luft mache pro Spaziergang ca. 2 km ... Danach ist man zwar auch ein wenig aufgedreht aber das legt sich dann ...

Ansonsten meditiere (bete) ich viel ... das bringt den Geist runter und man kann gegen diese innere Unruhe ankämpfen ...

Ich hatte vor 8 Jahren schon mal eine Depression aber da war ich nach 2-3 Monaten mit AD wieder schnell fit ...
Dieses mal dauert es länger und habe die gleichen Gedanken wie du, ob es jemals wieder besser wird ?
Für all meine Hobbys kann ich mich nicht mehr motivieren bzw. machen keinen Spaß mehr, fühle keine Freude mehr an irgendwas, einfach nur grau in grau alles und man hofft nur den Tag irgendwie zu überstehen !

@Mario44 Das hört sich echt sehr ähnlich an zu dem wie es mir geht. Diese weichen Knie und teilweise krampfartigen Gefühle in den Waden und leicht schwindelige Blick nerven extrem... ich hab auch seit paar Tagen das Gefühl dass ich Geräuschempfindlicher geworden bin. Manche lauten Töne gehen mir direkt ins Hirn. Nervt total...

Wie wirst du aktuell behandelt bzw. wie gehst du damit um im Alltag?

Ich werde ab morgen in die Tagesklinik gehen - habe heute alles in die Wege geleitet.

@Zochel Nehme zur Zeit 15 mg Escitalopram und 2,5 mg Zyprexa zum schlafen ...
Kämpfe jetzt schon das 4 Monat damit herum ...
Habe 3 Wochen 5 mg ESC genommen, dann 7 Wochen 10 mg und jetzt bin ich in Woche 5 mit 15 mg ESC
Es ist leicht besser geworden aber wie gesagt weit weg von normal ...

Die laute Musik hat mich von Anfang an gestört ...
Mache jetzt auch schon seit 2 Monaten Psychotherapie 1 x Woche, aber irgendwie bringt das nicht viel meiner Meinung nach

Habe jetzt eine 6 wöchige REHA beantragt und warte auf einen Platz

Meine größte Angst ist das ESC nicht wirkt, ich kann nur noch eine Stufe erhöhen auf 20 mg und dann ist es aus ...
Wenn es nicht wirkt und ich das ganze wieder ausschleichen muss und auf was anderes umsteigen bereitet mir echt Kopfzerbrechen sowie die aktuelle Situation und dass es nie wieder besser wird ...

Wie schaut dein Tag so aus ?

A


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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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