@Railway
Das mit der Therapeutin hört sich doch gut an, ich drücke ganz fest die Daumen, dass das klappt.
Bei meiner Therapie läuft es eigentlich ganz gut. Ich hatte vom ersten Moment an ein super Verhältnis zu meinem Therapeuten und habe ein großes Vertrauensverhältnis aufgebaut. Ich muss vielleicht noch erwähnen, dass ich dort gelandet bin, weil meine Verhaltenstherapeutin nach nur 6 Monaten nicht mehr weiterwusste (wobei ich jetzt nicht davon ausgehe, dass ich so ein schwerer Fall bin...) und mit zu meinem jetzigen Therapeuten weitergeleitet hat. Der ist Körpertherapeut, womit ich zuerst Null anfangen konnte (ist übrigens auch nicht kassenzugelassen, daher zahle ich selber). Nachdem ich mich drauf eingelassen hatte, kann ich nur sagen - es ist das Beste, was mir je passiert ist. Gerade mi meiner Somatisierungsstörung bin ich dort ein großes Stück weitergekommen.
Bei mir ist es auch so, wie Icefalki es Eingangs geschildert hat - ich habe mich über Jahre zurückgestellt, mich nur um andere gekümmert. Ich drücke alles, was mit Wut, Ärger und Trauer zu tun hat, weg und lasse es nicht zu. Nicht nur, dass ich es nicht rauslasse, ich gestatte mir diese Gefühle nicht einmal. Der Kontrolletti in meinem Hirn ist sehr stark und unterdrück alles in dieser Richtung. Außerdem stehe ich nicht zu mir selbst, habe ein geringes Selbstwertempfinden, behandle mich sehr schlecht, weil alles wichtiger ist als ich (vor allem die Fassade nach außen) und gestatte mir nicht, einen Standpunkt und eine Meinung zu haben. Ich schaffe es nicht, Grenzen zu ziehen und Nein zu sagen, gerade meinem Mann gegenüber. Der ist in vielen Situationen sehr übergriffig (ohne es zu merken, er meint es auch durchaus gut in vielen Situationen und will mir eigentlich helfen), aber ich fühle mich dadurch unfähig und wie ein kleines Kind. Das habe ich jahrelang heruntergeschluckt. Der Druck, der sich dadurch aufgebaut hat, äußert sich jetzt in Ängsten, in einer Reizblase und häufigen Durchfall.
Obwohl ich jetzt schon so weit gekommen ist und an Strategien arbeite, wie ich anders mit den obigen Situationen umgehen kann, bin ich jetzt seit Ende Mai wieder in einer sehr schlechten Phase (ausgelöst durch die Angst vor der Impfung mit Astra). Seitdem ist meine Resilienzdecke so dünn, dass jede Kleinigkeit mir wieder Angst macht. Ich erhole mich nur mit Minischrittchen, aber diesen Mittwoch bekomme ich die Zweitimpfung, da gehe ich nochmal von einer Verschlechterung aus.
Ich bin seit Ende Mai auch extrem unruhig, ich zittere innerlich, stehe komplett neben mir, vernebeltes Gehirn, keine Konzentrationsfähligkeit, mich erschöpfen schon kleine Dinge wie ein Spaziergang von 30 Minuten, ich habe Ohrenschmerzen, Zahnschmerzen, die Nebenhöhlen drücken, das Herz poltert wie verrückt, Druck im Unterbauch, wieder vermehrt Durchfall, der ganze Tag ist anstrengend, nichts geht wie von selbst. Das Schlimmste ist immer dieses Gefühl, dass ich in mir selbst nicht mehr zu Hause bin und mich in fast keiner Situation entspannen kann.
Aber dank der Wahrnehmungs-, Achtsamkeits- und Atemübungen aus der Körpertherapie falle ich nicht mehr ganz so weit runter. Mit diesen Übungen kann ich mir immer wieder Moment der Ruhe schaffen, aus denen ich dann Kraft ziehen kann. Ich kann besser in mich reinspüren und wahrnehmen, was mir jetzt gut tun würde. Ich habe es jetzt auch schon ein paar Mal geschafft, die Angst anzunehmen und nicht dagegen anzukämpfen und zu sagen Hey, ich nehme Dich war, aber ich glaube nicht, was Du mir erzählst. Das funktioniert wirklich, wenn auch nur in kleinen Schrittchen.
Es ist generell ein langer, langer Marathon. Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. Aber das ist das Wichtige - nur EINEN Schritt zurück, d.h. auf lange Sicht geht es aufwärts. Mein Therapeut ist da sehr gut drin, mir diese kleinen Schrittchen immer wieder ins Gedächtnis zu rufen und dann mit mir zusammen weiterzugehen.
Der Text ist schon so lang geworden, ich stoppe hier jetzt mal Wenn Du noch mehr zur Körpertherpie wissen willst, sag Bescheid, dann schreibe ich dazu noch was.
Ach so, noch zu Deiner Frage - ich nehme Mirtazapin (22,5 mg) aber ich habe nicht das Gefühl, dass mir das Medikament viel hilft. Ich habe es schon 2 x versucht abzusetzen und bin krachend gescheitert. Ich musst aufgrund der krassen Absetzerscheinungen abbrechen. Mittlerweile bin ich der Ansicht, dass Medis bei Ängsten nur bedingt helfen und auch nur eine Krücke sein können. Es ist wie bei einem Beinbruch - Du kannst zwar Schmerzmittel nehmen, dann kannst Du erst mal wieder laufen. Aber gut wird es erst wieder, wenn der Bruch operiert oder verheilt ist. Ich glaube, dass Ärzte weder die Zeit noch die Lust haben, sich mit Angstpatienten zu beschäftigen und verschrieben daher immer munter Pillen. Im besten Fall, wenn Du eines findest, was passt, unterdrückst Du die Ängste damit. Aber sie werden so lange immer wieder aufflammen, bis die Ursachen gefunden und bearbeitet sind.
05.07.2021 10:09 •
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