Zitat von Hilfesuchende01:aber wie bei allen Ängsten/Depressionen ist es halt auch so dass der Einfluss auf die Gedanken nicht immer ganz so groß ist sonst gäbe es diese psychischen Erkrankungen ja nicht.
Dazu gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen. Unterm Strich ist es so, dass alles, was wir gegen schlechte Gedanken ins Feld führen können, gute Gedanken sind. Und wenn wir schlechte Gedanken denken können, warum sollten wir keine guten haben? Warum fällt es uns so viel leichter, uns in Angst und Elend fallen zu lassen, als in Vertrauen und positive Betrachtungsweisen?
Natürlich erleben wir Enttäuschungen. Aber ebenso oft erleben wir Dinge, die gut sind. Trotzdem neigen wir dazu, die guten Dinge als selbstverständlichen Normalzustand zu betrachten und uns auf die negativen zu fokussieren. Damit handeln wir gegen unseren Überlebensinstinkt.
Jedes verletzte oder kranke Tier setzt alles daran, sein normale Leben weiterzuführen. Liegen bleiben bedeutet den sicheren Tod, also kämpft es so lange es kann darum, wieder aufzustehen. Hunde und Katzen mit amputierten Beinen versinken nicht in Depressionen sondern strengen sich an, das Handikap zu kompensieren. Das verhilft ihnen dazu, auch als Dreibein ein gutes Leben führen zu können.
Wir Menschen benutzen unseren Verstand dazu, uns in Krankheit und Depression zu denken. Im Gegensatz zu unseren Tieren mobilisieren wir nicht unsere Energien sondern lähmen uns durch das Ausmalen von Katastrophenszenarien, die niemals eintreten werden.
Wenn ich mir meine Hypochondrie so betrachte, stelle ich fest, wie hirnrissig dieser Angstkomplex ist. Ich habe Angst davor, mein Leben an Krankheit und Tod zu verlieren und verpasse fortan vor lauter Angst, es zu leben. Nicht wenige erwischt diese Angst ja in Situationen, die eigentlich dazu angetan sind, einfach nur glücklich zu sein. Statt dieses Glück zu genießen machen wir uns aber Sorgen darum, dass wir es wieder verlieren könnten. Und ab da bevorzugen wir es, unglücklich zu sein, weil das Glück ja irgendwann enden könnte.
Der einzige Effekt: Wir beenden das Glück sofort und auf der Stelle. Das scheint uns lieber zu sein, als es zu genießen, so lange es da ist.
Viele Leute behaupten, sie würden nichts von anderen oder vom Leben erwarten, weil sie dann nicht enttäuscht werden könnten. Dabei bemerken sie nicht, dass sie der Enttäuschung kein bisschen entgehen. Sie nehmen sie nur vorweg und leben dafür tagtäglich in der Trostlosigkeit der Hoffnungslosigkeit. Ob diese Enttäuschung jemals eingetreten wäre, finden sie nie heraus, weil sie lieber in ihrer traurigen Scheinsicherheit kein Risiko mehr eingehen.
Aber Leben IST Risiko. Auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Das Risiko, krank zu werden oder zu sterben besteht ebenso, wie das enttäuscht und verletzt zu werden. Und dennoch ist es nicht mehr als das: Ein Risiko. Kein unausweichliches Schicksal. Als genau das behandeln wir es aber.
Das Leben ist ebenso auch Chance. Und für die gilt das Gleiche: Sie kann eintreten oder auch nicht. Gar nicht erst nach ihr Ausschau zu halten reduziert ihr Erscheinen aber auf Null.