Ich bin mitte 30, und habe seit dem Jahreswechsel 16/17 eine Angststörung, Depressionen und einen Tinnitus.
Beginenn möchte ich Weihnachten 2016, zweiter Feiertag. Gegen Abend bemerkte ich meinen Tinnitus und habe mir erst mal nichts weiter dabei gedacht, da ich dachte, er sei am nächsten Tag verschwunden. War er aber nicht.
Aufgrund meiner Arbeit als Küchenchef hatte ich gerade zur Weihnachtszeit und kurz vor Silvester nicht die nötige Zeit, mir um solche Sachen Gedanken zu machen. Mit Aussicht auf 3 Wochen Urlaub im Januar habe ich alles unbeachtet gelassen.
Es wurde also schlimmer, der Tinnitus nahm ungeahnte Ausmaße an und ich entschied mich, nicht in den Urlaub zu fliegen, da ich mir um meine Gesundheit Sorgen machte, und die Befürchtung hatte, in Ägypten nicht auf die nötigen Ärzte zurückgreifen zu können.
Nach meinem Besuch beim HNO war also klar;Tinnitus liegt bei 5000 hz. Laut Ärztin schon sehr laut.
Um den Text so kurz wie möglich zu halten, erspare ich mir Ausführungen zur Therapie.
Nachdem der Stress der Arbeit nachgelassen hatte, begannen meine Schlafstörungen. Ich wurde in der Nacht wach und alles was ich im Ohr hatte war - richtig - dieses unerträgliche Pfeifen.
Und hier beginnt nun die eigentliche Geschichte.
Mein Gehör hatte sich verändert. Alles erschien zu laut, zu durcheinander.
Das Pfeifen hat in mir das erste mal unerträgliche Angst ausgelöst. Ich wollte das es einfach nur aufhört. Herzrasen, Druck auf der Brust, Tränen. Klein und hilflos habe ich mich gefühlt. Gleichzeitig wollte ich, dass die Angst aufhört. Das ging irgendwann so weit, das ich mir um wieder einschlafen zu können, den TV, Musik auf dem Handy und den MP3 Player zur Hilfe genommen habe, um dieses Gefühl (und natürlich den Pfeifton im Ohr) zu überspielen.
Irgendwann hatte ich Angst das Haus zu verlassen. Ich habe mir eingebildet, dass die Geräuschebvor der Tür, und alles was um mich herum geschieht, meinen Tinnitus verschlimmern könnten.
Im Nachgang war mein komplettes Verhalten von damals falsch. Ich war voll und ganz auf den Tinnitus fixiert, und habe über Stunden das Internet durchforstet und nach Lösungen gesucht. Keiner der Ärzte die ich kennen gelernt habe, war in der Lage mir zu erklären wie ich nun mit dem Pfeifen umgehen sollte.
Es folgten Panikattaken in der Straßenbahn, im Zug, auf der Arbeit, zu Hause, beim Spaziergang. Und jedes mal war ich nur daran interessiert, das Gefühl der Angst und Panik zu unterdrücken. In der Anfangszeit habe ich dann auch irgendwann aufgehört Freunde zu treffen, Konzerte o.ä. zu besuchen, zu Leben. Un immer auch die Angst vor der Angst. Ständig Musik im Ohr, Handy in der Hand, Bonbons in der Tasche, etwas zu trinken dabei. Hauptsache ablenken, und irgendwie alles aushalten und möglichst unterdrücken.
Ich stand irgendwann unter Dauerstress. Immer angespannt. Das hat zu Schmerzen im Schulter/Nackenbereich geführt hat. Also hier: Reha. Ich begann mich immer weiter zurück zu ziehen, wurde depressiv und habe es einfach nicht geschafft aus deser Spirale der Angst und Negativität heraus zu kommen.
Mittlerweile weiß ich, dass das alles ein großer Fehler ist. Aber ich habe es mir so antrainiert. Und jetzt versuch mal aus der Nummer wieder heraus zu kommen...
Ich werde seit einiger Zeit mit Opipramol behandelt. Das war mein eigener Wunsch, da ich mich am gefühlten tiefsten Punkt meines Lebens befinde. Dazu gehört in regelmäßigen Abständen auch ein EKG. Genau dann beginnt das Herzrasen und die Angst. Und das EKG sieht aus, als würde ich unter Dro. stehen. Darauf hin musste ich die Behandlung erst mal abbrechen und mich von einem Kardiologen untersuchen lassen, da meine Ärztin nicht wusste ob ich das Herzrasen selbst auslöse oder ob doch eine Krankheit dahinter steckt. Mittlerweile nehme ich das Medikament zwei mal am Tag.
Wenn es Nächte gibt, in denen ich gar nicht einschlafen kann, nehme ich zusätzlich Zolpidem. Das aber nur sehr, sehr sparsam.
Ich habe mit autogenem Traing und PME begonnen. Ich gehe zur Psychotherapie, die ganz viel altes und tief vergrabenes nach oben bringt. Dinge, an die ich nicht mehr denken geschweige denn, fühlen wollte.
Ich will das alles nicht fühlen. Angst. Wut. Traurigkeit. Aber, ich muss.
Gerade versuche ich, bezüglich der negativen und ängstlichen Gefühlen, einen anderen Weg. Ich möchte Ihnen begegnen. Bei ihnen sein, wenn Sie aufkommen. Ich versuche sie nicht zu unterdrücken. Das habe ich bisher immer getan. Unterdrückt. Über Jahre. Weil es mir schon als Kind nicht gestattet war sie zum Ausdruck zu bringen.
Ich zwinge mich raus zu gehen, einfach raus. Freunde treffen, ins Kino. Jeder dieser Gänge erscheint mir erst mal schwer.
Ich bin wieder kreativ. Ich male wieder. Finde was zum basteln.
Die Angst ist immer wieder zu spüren. Sie darf noch etwas bleiben, aber sie darf mich nicht mehr kaputt machen. Sie versucht es immer wieder. Mal gewinnt sie, mal verliert sie.
Ich beende die Geschichte an dieser Stelle erst mal. Wird ja immer länger.
In der Diskussion werden (sicherlich) die ein oder anderen Geschichten dazu kommen. Ich freue mich auf Euer Feedback und Eure Anregungen.
15.11.2017 13:24 • • 17.11.2017 #1