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Hallo liebe Leute,

ich weiß gerade gar nicht so ganz genau, was ich von euch möchte. Vielleicht ein paar Tipps, einen Rat oder ein bisschen Zuspruch. Ich lege einfach mal los.

Es geht um meine Mutter. Sie ist 83 Jahre alt und für ihr alter trotz einiger Vorerkrankungen noch sehr fit. Sie wohnt alleine, wuppt ihren Haushalt und kümmert sich in der hellen Jahreszeit liebevoll um ihren großen Garten.

Vermutlich ist letzteres auch schon der größte Knackpunkt - im Sommer hat sie den Garten, im Winter aber so gut wie gar nichts. Sie hat sich schon vor vielen Jahren dazu entschieden, sich nicht in die Dorfgemeinschaft zu integrieren (Grund ist etwas, das meine Oma, also ihre Mutter, seinerzeit im Dorf erlebt hat, als sie im hohen Alter etwas wunderlich wurde). Außer ein paar Nachbarn, die sie im Winter aber auch selten sieht und meinen allabendlichen Anrufen (Meine Geschwister und deren Kinder lassen eher selten etwas von sich hören und noch seltener etwas von sich sehen) hat sie keine Abwechslung. Bis vor wenigen Jahren hat sie sich die Zeit mit Computerspielen vertrieben, kann das aber mittlerweile durch die schlechter werdenden Augen und Probleme mit der HWS auch nicht mehr. Sie hängt also effektiv nur vor der Glotze und weiß nicht, was sie mit dem Tag anfangen soll.

Dass sie in der dunklen Jahreszeit ihre Probleme (sie wirkte immer etwas lustlos, das Essen hat nicht richtig geschmeckt u.ä.) hat, ist also leider nichts grundlegend Neues. Nur ist es in diesem Jahr, geschätzt Anfang Dezember, noch einmal sehr viel schlimmer geworben.

Ich habe in den letzten Tagen viel darüber nachgedacht und stolpere dabei immer über einen Punkt: einer ihrer Nachbarn, mit dem sie mehrmals wöchentlich klönen konnte, wenn er mit dem Hund unterwegs war, ist Anfang Dezember plötzlich verstorben. Sie hatten keinen wirklich engen Kontakt - aber er war eben immer mal wieder da.

Was fällt mir im Moment auf?

- Das Essen schmeckt ihr gar nicht mehr. Wobei sie auf Nachfragen auch sagte, sie habe keinen Bock auf Kochen und Essen. Mittlerweile sieht man ihr auch deutlich an, dass sie zu wenig isst.
- Vermutlich durch das wenige Essen ist sie total schlapp und kraftlos. Selbst kleine Spaziergänge im Garten schlauchen sie ziemlich. In diesen Situationen berichtet sie dann auch immer von einem Herzkasper - also Herzklopfen und -stolpern.
- Sie ist ständig müde, hat morgens keine Lust zum Aufstehen und ist froh, wenn sie abends gegen 21.00 Uhr endlich ins Bett gehen kann. Tagsüber schläft sie auch ständig oder liegt auf dem Sofa und guckt Löcher in die Luft.
- Alles ist langweilig und doof. Fernsehen, das doofe Wetter. Kein Bock, keine Lust - beides Worte / Sätze, die man im Moment ständig von ihr hört.
- In Gesprächen ist sie eigentlich da und man merkt, dass sie auch zuhört (das stelle ich immer wieder fest, wenn sie nach einigen Tagen auf Gesprächsinhalte zurückkommt), wirkt aber doch desinteressiert und benutzt ständig Phrasen oder Füllworte (Alles nicht so leicht oder Ok, ok, ok).
- Sie klagt immer wieder über Bauchschmerzen. Die sind aber sehr unspezifisch. Am Heiligabend z.B. klagte sie mittags über Bauchschmerzen, nachdem sie ein paar Pellkartoffeln gegessen hatte. Abends gab's Raclette - das hat ihr halbwegs geschmeckt, sie hat ganz gut gegessen und keine Probleme mit dem Magen bekommen. Nichtsdestotrotz sorgen diese wiederkehrenden Bauchschmerzen mittlerweile dafür, dass sie noch weniger isst.
- Zusätzlich klagt sie seit ein paar Wochen über Flimmern vor den Augen (findet man tatsächlich auch, wenn man nach Symptomen von Depressionen sucht, recht schnell im Netz), das morgens sehr ausgeprägt und abends fast komplett verschwunden ist. Generell scheint es so zu sein, dass sie morgens sehr viel schlechter drauf ist, als es abends der Fall ist.

Ein turnusmäßiger Arztbesuch steht Anfang der zweiten Januarwoche zum Glück an. Vorher werde ich es wohl nicht schaffen, sie zu einem Gang zur Hausärztin zu bewegen. Und, ganz ehrlich - mir ist schon alleine aufgrund des viel zu wenigen Essens einfach ständig mulmig, weil ich fürchte, sie könnte einfach zusammenklappen.

Ich habe auch schon mit ihr gesprochen und sie auch gefragt, ob sie sich derzeit über ihren Zustand Sorgen macht. Dass etwas nicht stimmt, ist ihr bewusst. Aber Sorgen macht sie sich scheinbar nicht - irgendwie sagte sie auch in diesem Zusammenhang etwas mit egal. Generell versuche ich auch so gut wie möglich für sie da zu sein. Ich spreche mit ihr über die Situation, versuche aber nicht, sie in irgendeiner Art und Weise zu belehren. (ich merke ihr durchaus an, dass es sie nervt, wenn ich sie auf die aktuelle Situation anspreche) Aber ich wohne leider auch nicht um die Ecke und bin pro Strecke gut über eine Stunde unterwegs, Auch bin ich gesundheitlich nicht ganz fit und schramme durch eine Mastzellerkrankung kontinuierlich an einem CFS (Fatigue) vorbei. Heißt: ich muss auch auf meine Grenzen achten.

Nichtsdestotrotz komme ich mir einfach vor wie ein Beifahrer, der helfen möchte, aber gar nicht so richtig weiß, wie er das anstellen soll.

Kennt jemand hier so etwas von den eigenen Angehörigen? Wie geht ihr damit um? Habt ihr vielleicht ein paar Tipps für mich?

Vielen Dank allen schon einmal alles Gute für das neue Jahr!

30.12.2022 14:44 • 31.12.2022 x 1 #1


7 Antworten ↓


Zitat von Vertigo:
Hallo liebe Leute, ich weiß gerade gar nicht so ganz genau, was ich von euch möchte. Vielleicht ein paar Tipps, einen Rat oder ein bisschen Zuspruch. Ich lege einfach mal los. Es geht um meine Mutter. Sie ist 83 Jahre alt und für ihr alter trotz einiger Vorerkrankungen noch sehr fit. Sie wohnt alleine, wuppt ihren ...

Guten Morgen. Auch dir alles Gute für das Jahr 2023.
Mir fällt gleich auf, wie sehr du dich um deine Mutter kümnerst und sorgst. Das finde ich schön und weiß gleichzeitig aus eigener Erfahrung, dass dieses Gefühl der Verantwortung mitunter auch schwer zu tragen ist. Ich selber bin 63 und mein Mann ist 82 Jahre alt. Einiges von dem was du schreibst, kann ich auch bei meinem Mann beobachten. Da ich 10 Jahre in der stationären Pflege mit alten und psychisch kranken Menschen gearbeitet habe, konnte ich täglich die Veränderungen erleben, die den Alterungsprozess betreffen. Das deine Mutter bestimmte Sachen nicht mehr verträgt und schwer verdauliches dann doch wieder, lässt schon vermuten, dass es um ihr psychisches/seelisches Befinden geht.Ebenso können es aber auch organische Störungen sein und es ist gut, dass bald ein Arztbesuch ansteht. Altersdepression, Unverträglichkeit von Speisen,Appetitlosigkeit und der Wunsch, sich immer wieder zurückzuziehen, all das gehört zum alt werden bei vielen dazu. Es ist auch für mich nicht leicht, die Veränderungen bei meinem Mann mit zu erleben und dabei lebt er in einer Partnerschaft, die deine Mutter nicht mehr hat. Ich will damit sagen, dass wir diesen Prozess nicht aufhalten können. Wir können nur da sein, unterstützen und trösten. Für mich persönlich ist wohl die wichtigste Aufgabe zur Zeit, zu akzeptieren, dass diese letzte Lebensphase begonnen hat und mich mit dem schmerzlichen Gefühl des loslassens auseinanderzusetzen. Viel Kraft und alles Gute für dich.

A


Alters- oder Winterdepressionen, oder?

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Hallo Vertigo,

Momoline hat es m. E. sehr realistisch kommentiert - viel ist da bzgl. Deiner Mutter wohl nicht hinzuzufügen. Aber hierzu:

Zitat von Vertigo:
Nichtsdestotrotz komme ich mir einfach vor wie ein Beifahrer, der helfen möchte, aber gar nicht so richtig weiß, wie er das anstellen soll.

Ich persönlich glaube, mehr kannst Du aktuell nicht tun. Die Sicht- bzw. Erlebensweise kann für Euch beide eventuell noch erweitert werden um einen Aspekt, den wir alle gerne vergessen bzw. übersehen: Dankbarkeit.

Für das hinter uns Liegende, für jede Lektion die Ihr Euch gegenseitig zeitlebens wart und immer noch seid. Für diesen (in meinen Augen immer wieder erstaunlichen) Mut derer, die sich entschlossen, ein Kind in ihr Leben zu lassen und es soweit wie es ihnen möglich ist, zu begleiten.

Und nicht zuletzt auch für die - meist stille - Übereinkunft, dass der Abschied irgendwann uns allen bevor steht.

Zitat von moo:
Hallo Vertigo, Momoline hat es m. E. sehr realistisch kommentiert - viel ist da bzgl. Deiner Mutter wohl nicht hinzuzufügen. Aber hierzu: Ich persönlich glaube, mehr kannst Du aktuell nicht tun. Die Sicht- bzw. Erlebensweise kann für Euch beide eventuell noch erweitert werden um einen Aspekt, den wir alle gerne ...

Ja, liebe moo, da hast du recht. Die Dankbarkeit kann uns durch diese Zeit tragen.

Zitat von Momoline:
Ja, liebe moo, da hast du recht. Die Dankbarkeit kann uns durch diese Zeit tragen.

Gerade habe ich hier diese Geschichte auf einer anderen Seite gefunden. Ich finde, sie gerade passend für unser Thema.

Die Weisheit des Alters

Ein 92-jähriger Mann beschloss nach dem Tod seiner Frau, ins Altersheim zu gehen. Die Wohnung schien ihm zu groß, und er wollte für seine letzten Tage auch noch ein bisschen Gesellschaft haben, denn er war geistig noch in guter Verfassung.

Im Heim musste er lange in der Halle warten, ehe ein junger Mann zu ihm kam und mitteilte, dass sein Zimmer nun fertig sei. Er bedankte sich und lächelte seinem Begleiter zu, während er, auf seinen Stock gestützt, langsam neben ihm herging.
Bevor sie den Aufzug betraten erhaschte der Alte einen Blick in eines der Zimmer und sagte. „Mir gefällt es sehr gut.“ Sein junger Begleiter war überrascht und meinte, er habe doch sein Zimmer noch gar nicht gesehen.
Bedächtig antwortete der alte Mann. „Wissen Sie, junger Mann, ob ich den Raum mag oder nicht, hängt nicht von der Lage oder der Einrichtung, sondern von meiner Einstellung ab, von der Art, wie ich ihn sehen will. Und ich habe mich entschieden, glücklich zu sein. Diese Entscheidung treffe ich jeden Morgen, wenn ich aufwache, denn ich kann wählen.
Ich kann im Bett bleiben und damit hadern, dass mein Körper dies und jenes nicht mehr so reibungslos schafft - oder ich kann aufstehen und dankbar sein für alles, was ich noch kann. Jeder Tag ist ein Geschenk, und solange ich meine Augen öffnen kann, will ich sie auf den neuen Tag richten, und solange ich meinen Mund öffnen kann, will ich Gott danken für all die glücklichen Stunden, die ich erleben durfte und noch erleben darf.
Sie sind noch jung, doch nehmen Sie sich den Rat eines alten Mannes zu Herzen. Deponieren Sie alles Glück, alle Freude, alle schönen Erlebnisse als Erinnerungen auf einem Spezialkonto, um im Alter über einen Schatz zu verfügen, von dem Sie zehren können, wann immer Sie dessen bedürfen. Es liegt an Ihnen, wie hoch die Einlagen auf dem Konto sind. Ich verrate Ihnen noch zwei einfache Tricks, mit denen Sie ihr Konto rasch wachsen lassen können:
Hegen Sie in Ihrem Herzen nur Liebe, und und in ihren Gedanken nur Freude. In dem Bewusstsein, so ein Konto zu besitzen, verliert die Zukunft ihre Ungewissheit und der Tod seine Angst.“

Der junge Mann hatte staunend zugehört und bedankte sich nun mit einem strahlenden Leuchten in seinen Augen. Freudig drückte er den Arm des Alten und meinte: „Vielen Dank, soeben habe ich ein Erinnerungs-Konto bei meiner Bank eröffnet, und dieses Gespräch ist die erste Einlage.“

Mit diesen Worten öffnete er die Tür, um dem neuen Bewohner sein Zimmer zu zeigen.
Mit einem Schmunzeln sagte dieser: „Mir gefällt es sehr gut.“
Zitat von moo:
Hallo Vertigo, Momoline hat es sehr realistisch kommentiert - viel ist da Deiner Mutter wohl nicht Aber hierzu: Ich persönlich glaube, mehr kannst...

Dank Dir Momoline

Zitat von Momoline:
Der junge Mann hatte staunend zugehört und bedankte sich nun mit einem strahlenden Leuchten in seinen Augen. Freudig drückte er den Arm des Alten und meinte: „Vielen Dank, soeben habe ich ein Erinnerungs-Konto bei meiner Bank eröffnet, und dieses Gespräch ist die erste Einlage.“

...und wie bei allen guten Anlagen gibt es auch schon vor dem Einlösen ordentlich Dividende bzw. Zins.

Zitat von Momoline:
Ja, liebe moo, da hast du recht. Die Dankbarkeit kann uns durch diese Zeit tragen.

Oh. Hab mal gerade in dein Profil geschaut. Also Korrektur. Lieber moo...

Hallo Ihr Lieben,

ich möchte euch beiden einfach kurz Danke sagen!

Es tut gut, ein paar Zeilen von Menschen zu lesen, die eine solche Situation kennen und / oder sie beurteilen können.

Ich bin einfach erschrocken darüber, wie rasant sich meine Mutter in den letzten Wochen verändert hat. Es war zwar nicht alles gut, aber sie machte insgesamt einen recht guten Eindruck - und das ist nun in kürzester Zeit wie weggeblasen.

Und irgendwie bekomme ich selber mich, meinen Körper meine Gedanken einfach nicht runtergefahren. Und das wiederum triggert meine eigene Erkrankung, so dass mich die Situation im Moment nicht nur mental, sondern auch körperlich belastet.

So dann - habt alle ein schönes Silvester. Ich mache mich dann jetzt mal auf den Weg zu Muttern :





Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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