Hallo Orangia,
Wir haben sie am Dienstag aus der beschützenden Station im Bezirksklinikum abgeholt, entgegen der Empfehlungen der Ärzte. Wir durften sie erst um 15.00 Uhr abholen und sie haben uns tatsächlich nur 1 Tablette Zyprexa mitgegeben für die Nacht. Ich musste dann schnell zur Hausärztin und dort ein Rezept abholen, und eine AU meldung für sie und mich. Ich wollte Zeit für sie haben. Die erste Nacht war entsetzlich. Sie war so psychotisch drauf und ich hatte weder Zyprexa noch Lorazepam, da beides erst am nächsten Tag in der Apotheke verfügbar war.
Ich habe sie dann vormittag zu einem Arzt für Psychiatrie gebracht, der ohne Termine Patienten behandelt.
Sie wollte aber nicht. wir standen auch noch eine halbe Stunde im Stau. Es war fürchterlich. Als wir dann dort ankamen sagte man uns, dass wir eine Wartezeit von 2 Stunden hätten. Sie hatte dann Durst und wir das Getränke vergessen. Dann wollte sie den Fragebogen nicht ausfüllen. Die Mitarbeiterin an der Rezeption bekam dann mit, wie sie sagte, dass sie jetzt ein Taxi rufen würde und heimfährt. Plötzlich wurde sie hektisch und hat uns 5 Minuten zu einer Audienz gewährt. Erstmal hat ihn interessiert wie wir auf ihn kamen und hat das gleich in seinen PC eingegeben. Den Arztbrief hatte ich ihm schon am Abend vorher per Mail gesendet. Er hat sich dann 4 minuten mit ihr unterhalten und gemeint das sie das Zyprexa nur noch abends nehmen soll. Ich dachte nur: Gut dass du das in 2 Minuten festgestellt hast. Sie war nämlich zuhause viel schlimmer drauf als in der Praxis. Der kann doch nicht die Medikation des BKH einfach so ändern. Also der Typ ist für mich erledigt. Zuhause gab ich ihr dann noch am späten Nachmittag. eine halbe Zyprexa. Sie ist dann immer ca. 2 stunden klarer und müde, aber leider wenn die Wirkung nachlässt, ist sie sehr durcheinander und das ist immer nachts ab ca. 1-2 Uhr. Ich hab ihr gestern nacht eine halbe Lorazepam gegeben, dass wir beide wenigstens ein paar stunden schlaf abkriegen. Morgens hab ich ihr heute zum erstenmal keine Zyprexa gegeben, aber gerade war eine Freundin von ihr zu Besuch und da war sie schon wieder so hibbelig und durcheinander. Sie sind jetzt noch mit dem Auto der Freundin zu ihrem Vater gefahren ( mit dem hatte ich heute eine Diskussion weil er nachts gar nicht erreichbar ist und tagsüber nur bedingt) das geht gar nicht schliesslich hat er auch die Betreuung. Ich will mich nicht mit ihm streiten, aber ich habe ihm gesagt, er braucht mich nicht mehr zu fragen, er soll sich an seine Tochter wenden wenn er wissen will wie es ihr geht. Ich habe ihm auch mal vorgeschlagen, dass sie mal eine Nacht in seinem Gästezimmer schlafen könnte, dann würde ich endlich mal durchschlafen können, denn mich stresst das ganze wahnsinnig und wenn mir jede Nacht 2-3 Std. Schlaf fehlen.
Ich merke dass ihr der Alltag und die gewohnte Umgebung gut tut. Heute waren wir einkaufen zusammen. Aber sie wird ständig getriggert. Sie denkt alle Leute sehen ihr an dass sie im BKH war. Wenn ein polizei- oder feuerwehr auto fährt, dann denkt sie ihr Ex sei verunglückt usw.
Ich habe Angst wenn wir heute auf die Zyprexa verzichten und stattdessen zur Beruhigung mit einer halben Lorazepam in die Nachtruhe gehen. Die machen abhängig, aber ich hoffe wir brauchen sie nicht ständig und sollte es ohne Zyprexa doch nicht gehen, dann müssen wir doch wieder einsteigen.
Es ist sehr anstrengend mit ihr, aber die Phasen, in denen sie klar und sehr gut aufnahmefähig sind, werden länger. Wie gesagt nur die Nächte sind katastrophal.
Ich werde sie auf keinen fall mehr in die geschlossene Abteilung bringen. Das ist dort die Hölle. Ich habe ja im Hintergrund gehört was da für eine Lautstärke herrscht. Aber was mich am allermeisten stört ist, dass keine Therapie stattfindet. 1mal war eine Therapeutin da in 10 Tagen.
Sie hatte gestern nacht wieder die abstrusesten Ideen. Sie will in einen Sportschützenverein und schiessen lernen. Dann will sie sich sofort eine Drohne bestellen und beruflich DJ`s und Musikgruppen filmen, die mitten in der Landschaft Platten auflegen. Das hat sie im Internet gesehen.
Dann behauptet sie wieder ihr Ex habe sich selber ins BKH eingewiesen. Mittlerweile weiss ich wie lange dies Phase dauert und dann halte ich es aus, abgesehen von der Müdigkeit am andern Tag.
Im Beisein von nicht-familien-Mitgliedern reisst sie sich deutlich mehr zusammen. Heute war sie mit einer Freundin beim Essen, aber das hat sie sehr gestresst und zuhause war sie wieder sehr hibbelig und unruhig und ständig auf dem Sprung und konnte keinen geregelten Ablauf mehr hinkriegen. Aber sie wird nicht mehr so laut und lässt sich noch auslenken. Am Tag der Einweisung war sie ja komplett durch und überhaupt nicht aufnahmefähig und ständig auf der Flucht.
Ich hofffe nur dass wir die Zeit bis zum Termin bei einer guten Ärztin fÜr Psychosomatik einigermaßen gut rumkriegen. Den Termin hab ich schon gemacht als sie ins BKH kam. 2. März ist der früheste Termin möglich gewesen.
Sie schreibt jetzt eine Art Tagebuch und das tut ihr gut. Wir haben auch codewörter entwickelt, die sie wieder ein bisschen auf Normalspur bringen. Wenn zum Bsp. wieder ihr Exfreund zum Thema wird, dann ist das Codewort:"Stahlseil". Ich habe ihr erklärt, dass sie duch die lange Beziehung von fast 10 Jahre eine Bindung so dick wie ein Stahlseil aufgebaut hat und dass sich dieses Seil nicht einfach so trennen lässt. Wir haben kein Werkzeug dass das schafft und dass sie das selber schaffen muss und mit jedem Tag den sie ohne an ihn zu denken rumkriegt, wird dieses seil ein bisschen dünner und wenn es eines tages ganz abreisst, dann kann sie wieder entspannt mit der Situation umgehen und dreht nicht mehr am Rad wenn sie an ihn denkt.
18.02.2022 18:39 •
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