Auch, wenn das hier nur am Rande Thema ist, möchte ich doch zu einigen Dingen zum Thema Borderline, die hier geschrieben wurden, etwas sagen, falls hier Menschen mit einem Interesse an der Thematik aufgrund des Titels mitlesen, die auf der Suche nach Informationen sind.
Der folgende Text ist also eher für Leute, die auf der Suche nach Informationen zum Thema Borderline und Persönlichkeitsstörungen allgemein sind.
Ich schreibe das hier, weil viele Menschen mit der Diagnose emotional-instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline (die korrekte Bezeichnung dieser Persönlichkeitsstörung) mit vielen Vorurteilen zu kämpfen haben, zum Teil heftig stigmatisiert werden, oftmals einfach aufgrund eines mangelnden Verständnisses dieser Störung.
Da dieses Forum ja auch dem Abbau von Stigmata in Bezug auf psychische Erkrankungen dient, war es mir an dieser Stelle einfach wichtig, hier ein paar Dinge richtigzustellen bzw. durch meine Perspektive zu ergänzen, die in der hier beschrieben Form an mancher Stelle so nicht ganz zutreffend oder meiner Meinung nach zu wenig differenziert dargestellt wurden.
Ich bin selber Betroffene, und es ist mir einfach wichtig, Informationen über diese Störung (so gut wie es mir als Betroffene möglich ist) weiterzugeben und vielleicht ein paar veraltete oder nicht ganz zutreffende Vorstellungen von dieser Erkrankung durch eine etwas andere Perspektive zu erweitern.
Wer daran kein Interesse hat, kann meinen Post in diesem Thread einfach überspringen.
Zitat von Unruhe_in_Person: in dem was Du beschreibst,sind das keine typischen Borderline-Verhaltensweisen.
An dem Punkt stimme ich mit Dir überein, das sehe ich ähnlich.
Zitat von Unruhe_in_Person: Bindungen mit Borderlinern sind sehr schwierig,aber nicht unmöglich.
Hier wird es schon etwas schwierig. Grundsätzlich kann ich da mitgehen, aber nicht jede Beziehung zu Borderlinern ist zwangsläufig
sehr schwierig, das ist in meinen Augen eine etwas zu starke Verallgemeinerung.
Und ich sehe es definitiv auch so, dass Beziehungen zu Borderlinern absolut möglich sind.
Zitat von Unruhe_in_Person: Borderliner (=Grenzgänger) heißen deshalb so,weil sie sich an der Grenze zwischen Psychosen und Neurosen,also zwischen Persönlichkeitsstörungen (zB.unsicher-instabile PSK) und Verhaltensstörung (zB.klammern) und Zwängen bewegen
Das ist nicht mehr der Stand der aktuellen Forschung, diese Annahme ist sehr, sehr alt und gilt inzwischen als längst überholt. Das Einzige, was von dieser ursprünglichen Theorie übrig geblieben ist, ist der leicht irreführende Begriff Borderline, aber diese Persönlichkeitsstörung ist inzwischen fest als solche klassifiziert und liegt nicht auf der Grenze von irgendetwas, das ist ein leider noch weit verbreitetes Missverständnis.
Borderline ist eine eigenständige Persönlichkeitsstörung, mit allen Kriterien, die allgemein zu Persönlichkeitsstörungen dazugehören. Von Neurose und Psychose ist in diesem Zusammenhang schon sehr lange nicht mehr die Rede. Der Neurose-Begriff wurde inzwischen ebenfalls im Bereich der Psyche bereits größtenteils aufgegeben und durch andere Krankheitsbilder ausdifferenziert. Es kann mal sein, dass Borderliner in Psychose-nahe Zustände geraten, aber trotzdem ist das Krankheitsbild der Persönlichkeitsstörungen eigenständig und unabhängig von Psychosen (und Neurosen natürlich auch) zu sehen.
Zur genauen Bezeichnung der Persönlichkeitsstörung: Borderline gehört zu den emotional-instabilen Persönlichkeitsstörungen, es gibt zwei:
die emotional-instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline (ICD 10 F60.31), dies ist die korrekte Bezeichnung von der Störung, die allgemein oft Borderline genannt wird,
es gibt auch die emotional-instabile Persönlichkeitsstörung Impulsiver Typ (ICD 10 F60.30).
Zitat von Unruhe_in_Person: (zB.unsicher-instabile PSK)
Eine unsicher-instabile Persönlichkeitsstörung, von der Du geschrieben hast, gibt es nicht.
Es gibt die emotional-instabilen Persönlichkeitsstörungen und eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F60.6), vielleicht hast Du ja die gemeint.
Eine Persönlichkeitsstörung als Verhaltensstörung zu bezeichnen, wie greift viel zu kurz, da gehört sehr viel mehr dazu, es sind sehr tiefgreifende Krankheitsbilder. Zwänge sind wieder eine ganz andere Erkrankungs-Kategorie, es gibt zwar auch eine zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F60.5), die aber in einem völlig anderen Cluster angesiedelt ist als Borderline, und auch wenn einige Borderliner vielleicht hier und da mal zwanghaft anmutende Verhaltensweisen zeigen, sind Zwänge keines der Kriterien für Borderline. Neben der zwanghaften Persönlichkeitsstörung gibt es die Diagnosen aus dem Bereich der Zwangsstörungen, das sind aber keine Persönlichkeitsstörungen, sondern Krankheitsbilder, die wieder für sich stehen und auch völlig andere Diagnoseziffern haben (ICD 10 F42). Das Verhalten von Menschen mit Persönlichkeitsstörungen kann man zwar durchaus als rigide und wenig flexibel beschreiben, aber das ist etwas anderes als zwanghaft.
Zitat von Unruhe_in_Person: Diese Grenzen miteinander oft verschwimmen weshalb es schwierig ist zu sagen,ob es jetzt mehr Auffälligkeiten in der PSK oder im Verhalten gibt
In dieser Aussage werden jetzt ganz viele verschieden Kategorien durcheinandergeworfen, die alle nicht wirklich etwas mit Borderline zu tun haben, zum Thema Grenzen habe ich ja schon etwas geschrieben, diese Verschwimmen von Grenzen gibt es schlicht und ergreifend nicht, diese ganze Aussage vermischt so viele Begrifflichkeit miteinander, dass sie insgesamt imho nicht zutrifft.
Zitat von Unruhe_in_Person: Diese Besonderheit macht diese Menschen schwer durchschaubar (und nein,nicht jeder,der schwer durchschaubar ist,hat gleich Borderline)
Zitat von Unruhe_in_Person: Sie sind extrem gut in Manipulation-unbewusst und nein,das heißt auch nicht,dass jeder,der gut manipuliert,Borderliner ist
Zitat von Unruhe_in_Person: Sie neigen zu emotionaler Erpressungen (zB. Aussagen wie Ich wusste doch,dass Du mich nicht liebst.).Auch hier trifft es wieder zu,dass nicht jeder,der sowas macht oder so ist gleich Borderline hat
Alle 3 Aussagen sind größtenteils Vorurteile und Missverständnisse und treffen auf ganz, ganz viele Leute mit dieser Störung überhaupt nicht zu.
Es ist eine völlige Übergeneralisierung, zu behaupten, alle Borderliner würden zu emotionaler Erpressung neigen und alle Borderliner seien extrem gut in Manipulation. Auch hier gilt wieder, dass das auf ganz, ganz viele Menschen mit dieser Störung nicht zutrifft und lediglich ein weit verbreitetes Vorurteil ist. Die beschrieben Verhaltensweisen werden Borderlinern sehr oft zu unrecht zugeschrieben, manchmal wird hier auch Borderline mit anderen Persönlichkeitsstörungen in einen Topf geworfen. Und sehr oft wird das Verhalten von Borderlinern auch einfach missverstanden. Und ich könnte mir vorstellen, dass Du das auch mit der Durchschaubarkeit gemeint hast, aber auch hier: Nicht alle Borderliner sind schwer durchschaubar, nicht wenige sind durchaus sehr durchschaubar und auch recht berechenbar in ihren Reaktionen, wenn man sie näher kennenlernt.
In Deiner Beschreibung sind alle Borderliner schwer durchschaubar, extrem gut in Manipulation und neigen zu emotionaler Erpressung. Eine Differenzierung in Bezug auf Verhaltensweisen von Borderlinern machst Du nicht. Du sagst zwar, dass nicht jeder, der eine dieser Verhaltensweisen zeigt, gleich Borderline hat, aber innerhalb der Gruppe der Borderliner findet bei Dir keine Differenzierung statt, was ich persönlich sehr schade finde.
Für mich liest es sich so, als hättest Du schlechte Erfahrung mit Menschen mit dieser Persönlichkeitsstörung gemacht, und das täte mir sehr leid, falls es zutreffen sollte, aber ich würde mich trotzdem freuen, wenn Du eine differenzierteren Blick auf die von dieser Störung betroffenen Menschen werfen könntest. Es gibt so viele Menschen mit dieser Diagnose, die in ihrem Verhalten völlig anders sind, es ist bei näherer Betrachtung eine wirklich bunte und facettenreiche Störung.
LG Silver