Hallo zusammen,
leider kriege ich die Kurve nicht richtig. Immer wenn ich ansetze, sie zu bekommen, entgleitet mir das wieder und ich schwenke in die andere Richtung um.
Mein Freund hatte heute Scheidungstermin. Ist jetzt zwei Stunden her. Mir ist schon klar, dass das nicht spurlos an einem vorüber geht, aber man merkte schon, dass er bedrückt war. Habe ich eigentlich auch nicht anders erwartet. Aber für mich fühlt sich das immer wie ein Schlag ins Gesicht an, jetzt mal übertrieben ausgedrückt. Er sagte mal, klar würde er bereuen, wie das verlaufen ist, sonst hätte er damals nicht heiraten brauchen. Ich verstehe ja irgendwo, wie er das meint. Aber trotzdem fühlt es sich in dem Moment dann schlecht an. Weil ich das Gefühl bekomme, es wäre ihm lieber gewesen, es wäre wieder alles gut geworden, dann wären wir aber nie zusammen gekommen. Versteht ihr meinen Gedankengang? Irgendwann mal sagte er, ist bestimmt ein Jahr her: gut dass ich gegangen bin, was Besseres hätte ich gar nicht machen können, denn sonst hätte ich SIE (also mich) nie kennengelernt. Sowas kam danach nie wieder, eher fühlte sich das an, als würde er es sehr bereuen, dass es so gekommen ist. Wie soll ich mich denn da bitte fühlen? Vielleicht empfinde ich das übertrieben, aber mein Empfinden ist nun mal so. Ich glaube, das Wochenende ist jetzt schon im Eimer, ich sagte gerade zu ihm, er solle sich schön erholen und abschalten, immerhin hat er Montag ein weiteres Vorstellungsgespräch (was mich sehr freut, plötzlich kann er sich die Jobs auch noch aussuchen ) und evtl. geht’s nächste, spätestens aber übernächste Woche wieder mit Arbeiten los. Da schrieb er, er wäre dankbar dass ich immer für ihn da war und bin, alles mit ihm getragen habe und dass seine Gedanken gerade ziemlich kreisen würden. Das hört sich manchmal bei ihm an, als würde er noch an der Frau hängen. Und das tut dann weh, obwohl ich eigentlich weiß dass er das nicht tut. Er hat sehr damit zu kämpfen, wie ungeklärt alles ist, und wie arrogant und vermeintlich cool die Gute doch war bei dem Termin. Er kann schlecht damit leben, dass jemand sich für seine Dinge, die er verbockt hat, nicht entschuldigt. Kann ich verstehen. Mir würde es wohl auch mehr als missfallen. Aber wenn er sagte, das wird ihn immer irgendwie verfolgen, denke ich mir so: werden wir eigentlich je ein Zusammenleben führen, wo dieses alte Kapitel endlich mal wirklich geschlossen ist? Er redet seit Tagen davon, dass er sich freut, endlich ein altes, zähes Kapitel abschließen zu können. Und jetzt klingt es so, als würde das immer irgendwie präsent sein. Hinzu kommt meinerseits, dass ich mittlerweile ganz, ganz schlecht irgendetwas mit Hochzeit oder so etwas hören kann. Ich kriege förmlich innerliche Krisen wenn er etwas in die Richtung wie Ehe erwähnt. Weil ich eben so gar nicht mehr glaube, dass wir jemals heiraten werden. Er erwähnt das uns hingehend nämlich gar nicht mehr. Ich habe einen richtigen Hass auf seine Ex-Frau (seit heute) entwickelt, nach dem Motto: wieso hatte sie das Glück ihn zu heiraten und hat es so verbockt? Wieso kriege ich diese ganzen Nachwehen so deutlich ab? Wieso habe ich nicht das Glück, seine Frau zu werden? Wieso steigt in mir das Gefühl, dass ich niemals diesen Stellenwert bei ihm einnehmen werde, obwohl er so oft schon gesagt hatte, dass er so einen wundervollen Menschen wie mich noch nie getroffen hätte und dass ich in seinem Empfinden für mich sogar seine Frau getoppt hätte? (solche Äußerungen sind schon ewig her, vielleicht glaube ich sie deshalb nicht mehr) Ich habe das Gefühl, dass ich in der ganzen Geschichte nun am meisten auf der Strecke bleibe und letztendendes die Unglückliche dabei sein werde. Ich weiß nicht, wieso sich diese ganzen beschriebenen Gedanken in meinem Kopf steigern, aber ich komme auch nicht von ihnen los. Diese Kleinigkeiten noch dazu, dich mich im Moment manchmal kränken: Umarmungen und sowas, ILD, das alles ist so selten geworden, meist wenn wieder so ein High-Abend ist, dann erdrückt er mich fast mit sowas. Ansonsten, ist das alles kaum da. Es ist schon ewig her, dass er mir mal ein Blümchen mitgebracht hat (ich bin kein Mensch, der auf Geschenke aus ist, aber es hätte mich gefreut) Und wenn man dann noch hört, dass er selbst nach Jahren, wo das Glücklichsein schon ziemlich gering war, seiner Frau noch hier und da mal eins mitgebracht hat, denke ich mir wieder, wieso ist das bei mir eigentlich schon so lange her? Er ist ein sehr idealistischer Mensch, der oft sagt, dass er mit dieser Charakterlosigkeit von vielen Menschen einfach schlecht klarkommt. Ich weiß, wie er ist. Und ich weiß dass er Ungewissheit und ein fehlendes „tut mir Leid“ auch nicht gut verkraften kann. Aber es ist mittlerweile sehr schwierig für mich, mit diesem Thema klarzukommen, insbesondere, weil ich das Thema Heiraten für mich abhaken muss.
Wenn ich mir das jetzt so durchlese, quält mich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht über ihn herziehen möchte, das tut mir so Leid. Er hat mich gerade am Telefon wieder so hervorgehoben, und meinte, dass sich seine Ex-Frau und ihre beiden Töchter, die bei Gericht auch aufgeschlagen sind, eine dicke Scheibe von mir abschneiden sollten. Aber das tröstet mich irgendwie alles nicht. Er sagte, er sei froh, dass er mit mir über das Thema Ex-Frau und Ex-Stiefkinder immer so toll sprechen konnte, selbst heute. Das finde ich schön, aber bei mir ist jetzt auch wirklich eine Grenze erreicht. Es kommen halt mehrere Dinge zusammen wie ich schon geschrieben habe…
Ich weiß gar nicht, was ich jetzt von euch hören möchte, ich bin schon seit Tagen eher traurig als sonst was, ich bekomme die Kurve nicht. Und ich will es gerade auch irgendwie nicht. Die Fragen die ich mir oben gestellt, beschäftigen mich viel. Ich kann sie nicht einfach verdrängen oder mit den Gedanken wie mit einem Fingerschnipps aufhören…
29.01.2016 12:40 •
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