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Hallo zusammen!
Ich habe hier schon eine Weile still mitgelesen und möchte heute gerne mein Problem thematisieren.

Ich (m,46) bin seit letztem November nach langer Zeit (10 Jahre) wieder in einer Beziehung. Und diese neue Partnerin (ich bin sehr verliebt) triggert ungewollt und unbewusst meine Verlustängste.

Ich kenne die Herkunft dieser Angst, meine Eltern haben mich zB. als Kind mal ausgesetzt, weil ich „frech“ war und taten so, als führen sie davon. Auch wurde mir oft gedroht, dass man mich ins Kinderheim abholen lässt. Ich habe geweint und gefleht -bis zum Brechreiz.

Ich weiss, dass meine Partnerin nichts damit zu tun hat und ich alleine für mein Kopfkino verantwortlich bin.
Es gibt in dieser Beziehung KEINE reelle Bedrohung, ausser meine Angst.

Meine Verlustangst ist wie aus dem Bilderbuch: Wenn sie mir an einem Tag sagt, dass sie mich vermisst, hinterfrage ich das am nächsten Tag. Ich leide unter schlimmen Kopfkino, wenn sie zB. mal feiern geht. Ich habe ganz feine Antennen und registriere jede kleine Veränderung ihrer Laune und beziehe das dann auf mich/uns.
Ich reisse mich sehr zusammen, dass sie das nicht mitbekommt.

Aber ich leide, ich denke viel zu oft an sie, und richte alles danach aus, als würde mein Leben von dieser Beziehung abhängen.

Ich habe mich bereits um therapeutische Hilfe bemüht, jedoch ist aktuell kein Termin zu bekommen.
Kennt jemand von euch erfolgreiche Strategien, wie ich die schlimmsten Momente irgendwie abfangen kann? Entspannungsübungen habe ich schon versucht, das bringt leider nichts.
Sollte ich mit meiner Partnerin darüber reden?


Danke fürs Lesen und viele Grüße!

28.02.2025 12:17 • 03.03.2025 x 1 #1


12 Antworten ↓


@TFSGRK hey, ich kenne das von mir selber - eigentlich 1:1 so wie du schreibst. Beziehungsweise es war bei mir so und ich habe das hingekriegt. Ich könnte dir folgendes vorschlagen:

- lese dich in emotionale Abhängigkeit ein
- arbeite an deinem Selbstbewusstsein/Selbstwert/Selbstliebe
- halte auf jedem Fall die Angst aus, sie bringt dich nicht um. Weglaufen ist ein no-go
- Therapieplatz weiterhin suchen, drannbleiben
- spreche offen mit deiner Partnerin was bei dir abgeht!
- lese dich auch in innere Kindarbeit ein, z.B. das Kind in dir muss Heimat finden
- und nochmal, Gefühle aushalten, ablenken, Gefühlstagebuch evtl.

ich hatte die Ängste sehr stark bis hin zu Dissoziationen, tagelange Verkrampfungen aus Angst, Panikattacken, Depressionen, eigentlich das ganze Programm.

Es ist definitiv lösbar, respektive es wird ganz klar besser. Ich habe es nur noch sehr sehr wenig. Vielleicht wenn ein Arztbesuch ansteht wo bei meiner Frau etwas sein könnte.

btw: Wir sind 13 Jahre zusammen und 8 Jahre verheiratet mit 2 Kindern.

LG

A


Verlustangst - wie damit umgehen?

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Vielen Dank für die Antwort! Da sind viele wertvolle Tipps dabei, ich werde mich auf alle Fälle kümmern. Es tut mir sehr leid, dass Du @Milbe auch so eine Geschichte hattest - und schön, dass es besser geworden ist.

Der erste Schritt wird sein, dass ich mit meiner Partnerin rede. Sie weiss bereits, dass ich eine Angst-Panikstörung habe, von den Verlustängsten hat sie möglicherweise nur einen Teil mitbekommen. Ich habe nur Schiss, dass sie mich in der Folge fallen lässt, da ihre letzte Beziehung wohl sehr kompliziert war und sie eigentlich nur ein schönes Leben möchte. Und nun komme ich daher.

In der Anfangszeit war ich mir gar nicht so sicher, ob das mit uns passt - einige Dinge sprechen dagegen : sie hat eine kleine Tochter (6) und ist nicht mobil. Mein kleiner Hund ist inkompatibel mit Kindern. Wir wohnen 50 km entfernt auseinander und Treffen müssen daher irgendwie geplant werden. Ich bin derjenige, der immer hin- und herfährt und innerlich brummt es mich manchmal an.
Solche Sachen sind es, die mich immer wieder zweifeln lassen. Was, wenn mein Auto in der Werkstatt ist? Was, wenn wir unpassende Dienstpläne haben?
Sie hat von vergangenen Beziehungen / Abenteuern erzählt, da fielen auch Sätze, wie ich probier mich gerne aus, ich hab auch gerne Spass. Der zweite Satzteil aber nicht, wenn ich in einer Beziehung bin geriet da direkt in den Schatten. Sie hatte auch einige ONS als Frau ist es nicht so schwer, da jemanden zu finden. Solche Sätze triggern mich unglaublich. Jetzt kommt zusätzlich das unangenehme Gefühl auf, das sie sich im Falle einer befürchteten Trennung gleich ins nächste Abenteuer stürzt, was mir direkt Kopfkino und Übelkeit bereitet.
Und dabei ist eigentlich alles in Ordnung, wir haben einen gemeinsamen Urlaub Ende April gebucht. Ich kann mich einfach nicht entspannen.

Aktuell ist fast meine ganze Aufmerksamkeit nur daraufhin ausgerichtet, wie der Status dieser Beziehung ist. Wenn ich mal nicht die ganzen 100% spüre, gehe ich gleich von einem Problem aus. Ich habe das Gefühl, ich müsse ständig um diese Beziehung kämpfen.

Bei meiner Partnerin ist es anders : Sie geniesst das Verliebtsein und unsere gemeinsamen Momente, sie ist da ganz entspannt. Und wenn wir uns mal ein paar Tage nicht sehen, dann ist es für sie kein Problem.
Und dann frage ich mich wieder, warum ihr das so einfach fällt. Bin ich ihr nicht wichtig?
Immerhin bin ich mir inzwischen bewusst, dass (1) diese Gedanken MEINE Probleme sind und nichts mit ihr zu tun haben und (2) ich mich und mein Seelenwohl unmöglich im Aussen festmachen sollte.

Irgendwo habe ich gelesen, das man sich liebevolle Nachrichten des Partners speichern könnte, um sich im Bedarfsfall wieder runterfahren zu können.
Ich habe es versucht, es hilft leider nur kurz.

Ich habe über viele Jahre Venlafaxin eingenommen, im letzten Sommer abgesetzt und bekomme inzwischen Sertralin 100mg. Das nehme ich jetzt seit etwa 4 Wochen, ist davon auch eine leichte Verbesserung zu erwarten? Ich habe noch Notfallmedikamente - wenns ganz schlimm ist, nehme ich eine davon und gehe ins Bett. Aber so kann und möchte ich nicht weitermachen, ich habe auch noch eine Arbeit.
Eigentlich sollte ich mich darauf konzentrieren, ich könnte auch mal die Wohnung putzen oder eine schöne Radtour machen. Aber wie es bei meinem Angstmechanismus so ist: der Fokus liegt komplett auf der Beziehung und es fällt mir sehr schwer, mich davon abzulenken. Weil in meinem Unterbewusstsein hier die Lampe Gefahr brennt, auch wenn ich als inzwischen erwachsener Mensch eine andere Bewertung der Situation abgeben würde.

Viele Grüße!

@TFSGRK ich melde mich später! Habe echt grad das gefühl ich lese mich selber

@Milbe Kein Ding, ich lauf ja nicht weg!

Mir ist noch was eingefallen, was mich nachdenklich stimmt: Das erste Date hatten wir Anfang September, hatten zwar Telefonnummern ausgetauscht, aber nicht wirklich Kontakt gepflegt. Mir ging es echt gut, ich bin meinen Hobbies nachgegangen, hab Freunde getroffen usw. Anfang Oktober hatten wir und das zweite Mal getroffen und uns ab da etwas öfter gesehen, ca 1 Mal die Woche - wenn die kleine Tochter an den Papa oder Oma verkauft war.
Ich hab dann schon gemerkt, das sich dann irgendwann Gefühle anbahnten - ich schätze, wir waren ab Mitte/Ende November richtig zusammen. Allerdings waren diese Gefühle durchweg positiv und ich würde es als klassisches Verliebtsein bezeichnen. Zum Jahreswechsel war sie über mehrere Tage bei mir, es war da auch noch alles entspannt.

Und dann kam der Tag Anfang Januar, an dem sie am Wochenende mit Freunden wegging. Genau ab da setzte bei mir dieses ungute Gefühl ein, das Kopfkino der unendlich vielen Möglichkeiten ging los. Was, wenn sie zu viel trinkt und jemand das ausnutzt? Was, wenn ich ihr noch nicht so wichtig bin und sie unser Zusammensein noch als unverbindlich ansieht? usw. usw.
Seitdem bin ich mehr oder weniger in diesem Zustand.
Was mir sofort Linderung verschafft : Sicherheit, zB wenn sie mir liebevolle Worte schreibt, manchmal nur ein Herz-Emoji oder sie mir sagt, das alles in Ordnung ist und sie mich vermisst.
Was es schlimmer macht: wenn mal eine Weile keine derartigen Bekundungen kommen.


Viele Grüße

Hallo,

Zitat von TFSGRK:
Und diese neue Partnerin (ich bin sehr verliebt) triggert ungewollt und unbewusst meine Verlustängste.

für Dich freue ich mich. Sich in einen Menschen neu verlieben ist eine richtig tolle Erfahrung.
Dir wünsche ich, dass Du das lange genießen kannst.

Die Verlustangst, von der Du hier sprichst, sehe ich teilweise als normal und verständlich an.
Wer wünscht sich nicht, das solch ein Glückszustand möglichst lange anhält.

Leider wird solch ein Glücksgefühl irgendwann mal zumindest teilweise von der sogenannten
Normalität, also dem Alltag abgelöst.
Ab diesem Zeitpunkt kann man immer noch verliebt sein. Aber es fühlt sich dann sehr anders an.

Du sagst, dass Deine Verlustangst in Erlebnissen von Deiner Kindheit begründet sein kann.
Das mag sein. Aber ob Dir das heute viel helfen kann? ?

Deine Beschreibungen hier sprechen alle von den gefühlsmäßigen Auswirkungen (D)einer
aktuellen Partnerschaft.
Die gefühlsseitige Betrachtung (unterbewusste Sichtweise) ist vor allem verbunden mit
Gefühlen, also Wünschen, Hoffnungen, Ängsten, also auch den Verlusstängsten.

Gerade, wenn wir Menschen etwas älter geworden sind, sollten wir zu unserem Eigenschutz
immer häufiger auch unsere sachliche Betrachtung, also unsere bewusste Denkweise mit
hinzuziehen.


Zitat von TFSGRK:
Ich kenne die Herkunft dieser Angst, meine Eltern haben mich zB. als Kind mal ausgesetzt, weil ich „frech“ war und taten so, als führen sie davon. Auch wurde mir oft gedroht, dass man mich ins Kinderheim abholen lässt.

Hilft es Dir wirklich, wenn Du weißt, woher diese Ängste kommen können?

Zitat von TFSGRK:
Aber ich leide, ich denke viel zu oft an sie, und richte alles danach aus, als würde mein Leben von dieser Beziehung abhängen.

Klar denkst Du immer an sie. Mach das ruhig.
Aber richte nicht alles nach Deiner Partnerin aus. Denn Dein Leben hängt nicht davon ab,
ob ihr beide zusammenbleibt.

Zitat von TFSGRK:
Entspannungsübungen habe ich schon versucht, das bringt leider nichts.

Wie sollten Dir Entspannungsübungen dabei helfen?

Zitat von TFSGRK:
Kennt jemand von euch erfolgreiche Strategien, wie ich die schlimmsten Momente irgendwie abfangen kann?

Ich finde schon, dass ich dazu einiges sagen könnte. Ob Dir dies allerdings gefällt, dass ist eine
große Frage. Ich hatte es oben schon geschrieben. Helfen kann es, wenn Du beginnst
darüber mehr sachlich und bewusst zu denken.

Zitat von TFSGRK:
Sollte ich mit meiner Partnerin darüber reden?


Zunächst würde ich das erst einmal nicht machen. Was soll sie denn machen, nachdem Du
mit ihr geredet hast? Mehr Rücksicht auf Dich und Dein Verhalten nehmen?
Verbessert dies dann eure Beziehung? Wie genau stellst Du Dir das vor?
Und was würde passieren, wenn sie sagt. Für mich besteht bisher zwischen uns
kein Problem. Kannst Du damit nicht alleine klarkommen?
Dann nämlich liegt der Ball wieder in Deinem Strafraum. Oder sehe ich das falsch?

Vielleicht habe ich das jetzt etwas sehr direkt beschrieben. Sehe mir das bitte nach.
Euch beiden wünsche ich, dass ihr eine wunderbare gemeinsame Ebene bekommt
und diese erhalten könnt.

Viele Grüße
Bernhard

Danke für Deine Antwort. Klar ist das Verliebsein schön, sicher gehört da auch eine Prise Unsicherheit und Verlustangst dazu. Nur nimmt es momentan Fahrt auf und ich sehe die Gefahr, dass ich diese frische Beziehung damit ruiniere.
Oder mich selbst, denn aktuell ist das kein Zustand. Ich empfinde es momentan so, als ob mein ganzes Glück vom Status dieser Beziehung abhängt. Ich vernachlässige andere Dinge, ich bin unkonzentriert auf Arbeit, ich nutze öfter ein Bedarfsmedikament, um mich zu beruhigen.

Zitat:
Hilft es Dir wirklich, wenn Du weißt, woher diese Ängste kommen können?

Jein. Ich weiss, dass ich nichts ungeschehen machen kann. Ich sehe aber, dass immer das gleiche Verhaltensmuster durchkommt, wenn ich ängstlich oder verzweifelt bin.
Letztlich gerate ich regelrecht in Panik und versuche, mich zu retten. Leider im Aussen und bei der falschen Person mit den falschen Aktionen. Festhalten, klammern, kontrollieren.
Möglicherweise ist es auch jene alte innere Wunde, die ich zu heilen versuche, was definitiv nicht die Aufgabe einer Partnerin oder Beziehung ist.
Das Wissen darüber hilft mir sicherlich nicht, ich möchte endlich lernen, mit Verlusten oder der Angst vor Verlusten umzugehen.
Denn wie du schon selber sagst, mein Leben hängt nicht von einer Partnerin ab. Mein Leben war in den letzten Jahren auch größtenteils okay, nur aktuell fühlt es sich anders an.

Viele Grüsse

Zitat von TFSGRK:
Ich empfinde es momentan so, als ob mein ganzes Glück vom Status dieser Beziehung abhängt.

Das verstehe ich völlig. Bis zu einem gewissen Punkt ist das wohl auch nomal, wenn unsere Gefühle
sich zu einem Partner hingezogen fühlen.

Zitat von TFSGRK:
Nur nimmt es momentan Fahrt auf und ich sehe die Gefahr, dass ich diese frische Beziehung damit ruiniere.

Was Du jetzt beschreibst ist das sogenannte unterbewusste Denken. Das kannst Du nur indirekt stoppen.
Nämlich mit Deinen bewussten Gedanken (dem Bewussten Denken).

Wir denken mit zwei Bereichen gleichzeitig im Gehirn.
Nur wenn Du beide benutzt und auch erkennst, wann Du mit welchem Bereich denkst,
dann kannst Du Deine unterbewussten Gedanken bestimmt besser kontrollieren und stoppen.

Der Hirnforscher Professor Stefan Kölsch schreibt dazu.

Zitat:

Dies bedeutet außerdem: Wir haben nicht nur ein einziges Denkorgan im Gehirn, sondern
zwei-eines für bewusstes und eines für unterbewusstes Denken.
Unterbewusstes Denken ist spontan, intuitiv-es braucht weder bewusste Absicht noch
bewusste Aufmerksamkeit und kann sogar leicht vom bewussten Denken ablenken.
Bewusstes Denken hingegen braucht Konzentration. Es ist in der Lage, logische
Schlussfolgerungen zu ziehen, komplizierte Pläne zu entwerfen und knifflige Probleme
zu lösen.
Bewusstes Denken wird jedoch oft als anstrengend und langsam empfunden.

Zitat Ende:

Ich habe oft hier die Schwierigkeit, auf diesen Zusammenhang immer wieder hinzuweisen.

Ich füge Diesem Text mal eine Grafik von mir an.

Zitat von TFSGRK:
ich möchte endlich lernen, mit Verlusten oder der Angst vor Verlusten umzugehen.


Das kannst Du lernen. Wie schnell und wie gut, das hängt meiner Ansicht nach davon ab,
wie gut Du Dich in einige Zusammenhänge hineindenken kannst.
Unser Unterbewusstsein lernt nicht immer schnell und einfach. Meistens benötigt das
einige Mühe und Zeit.

Das unterbewusste Denken denkt fast ausschließlich nur mit Gefühlen und unserer Angst.
Willst Du lernen, Deine Gedanken besser zu steuern und Deine Ängste klein zu halten,
dann wirst Du das nur über Dein bewusstes Denken schaffen.

Weiter Informationen dazu findest Du auch auf meiner Internetseite
http://www.weniger-angst.de

Solltest Du Fragen dazu haben, dann stelle diese bitte hier in Deinem Thema.

Dir wünsche ich einen guten Abend.

Bernhard

@TFSGRK so jetzt hab ich etwas Luft

Also mit deiner Partnerin musst du unbedingt sprechen, aber erzähl Ihr nicht alles. Ängste machen wirklich ganz ganz komische Gedanken und am besten wägst du gut ab was du sagst und was nicht. Ich würde auch nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen - und vor Allem, du hast auch deine persönlichen Dinge die niemand wissen muss. Vor meiner Frau hatte ich einen 3-4 monatigen Abstecher bei jemand anderem wo ich wirklich über alles geredet und geredet habe - das war absolut überfordern für die Dame. Irgendwie stösst das doch auch ab, es wirft einem so in eine Opferrolle (was ich dannzumals auch war, ein Opfer).

Die Unsicherheiten sind wohl normal am Anfang einer Beziehung und machen auch dieses Kribbeln aus - wenn es vertraut ist ist es ja auch nicht mehr so spannend aber das ganze befeuert natürlich deine Ängste. Ich möchte dir nur sagen, es liegt alleine an dir, dir Linderung zu schaffen - nicht an Ihr. Die Verantwortung trägst du alleine für deinen Rucksack den du mitnimmst.

Ich habe auch Sertralin genommen über 5 Jahre. Es hat geholfen, aber mehr, dass ich nicht abstürze da durch die vielen und langen Ängste irgendwann die Depression und Schlafstörungen gekommen sind. Davon wurde ich bewahrt. Die Ängste im Kopf waren durch das Sertralin nie ganz weg aber die ganz tiefen Abrutscher hatte ich nicht mehr zum Glück. Es hilft, aber nur bedingt - man kann an sich schaffen finde ich. 100 mg finde ich etwas viel, bei mir war 50 mg die Wohlfühldosis, 100 war ich wie auf Speed, ganz ekelig.

Eigentlich bist du doppelt belastet. Zum einen klebt man in Gedanken sowieso bei der Partnerin am Anfang mit Verliebtheit UND bei Ängsten eigentlich auch. Es dauert lange bis man die Angst von einem wegstellen kann und die Identifikation mit ihr löst. Das hat bei mir lange gedauert. Du bist nicht die Angst, es ist ein Teil von dir.

Schau zu das du dir nicht ein all zu grosses Sicherheitsnetz spannst um dich zu beruhigen. Bei mir ging das dann irgendwann in Richtung Zwang - ich suchte überall Sicherheit. Es geht eigentlich dadrum, die Angst im Körper zu spüren und einfach da sein zu lassen, dann haut sie auch wieder ab. Angst dauert eigentlich gar nicht lange aber unsere Gedanken nähren Sie.

Übrigens, meine Frau hatte auch ein Kind mitgenommen. Sie war 2.5 Jahre alt und ich stand da, verliebt in Panik und wusste nicht wo mir der Kopf steht. War richtig richtig anstrengend über viele viele Jahre. Ich hatte erst nach ca. 6 Jahren angefangen zu vertrauen und gleichzeitig auch nach 6 Jahren, entschieden, mich meinen richtig alten Gefühlen zu stellen. Weil diese waren der Grund meiner vielen Ängste. Naja es war ein riesiger Prozess.
Heute vertraue ich wahnsinnig, vielleicht viel zu fest, aber das Risiko ist es mir wert. Ich kann Liebe auch wieder zulassen was ich lange nicht mehr konnte von früher her. Ich war seit ich 13 war, von vielem abgekapselt.

Verlustangst fühlt sich eigentlich gar nicht so schlimm an finde ich mittlerweilen - für mich ist es ein normales Gefühl. JA ich habe Angst, das meiner Frau was passiert (nur noch selten) und das ist auch gut so.
Angst all zu grob zu verteufeln bringt nix, klar kann man Notfallmedikamente nehmen aber es geht (leider) darum, richtig tief in das Gefühl einzutauche, zu aktezptieren und dann loszulassen.

Schau zu das du weiterhin deinen Hobbys nachgehst, selber Dinge unternimmst und wichtig Sport treibst. Das hilft dir gegen die vielen Ängste. Denk immer daran, es ist jetzt die Bindung die entstand, die Angst macht. Das erklärt auch warum du am Anfang noch keine Ängste hattest. Sobald Gefühle kommen (Bindung), triggert das etwas altes was du noch nicht bearbeitet hast. Für so was ist eine Therapie gut, wenn man die alten Dinge angeht, werden die Probleme im Jetzt weniger.

Glaub an dich! und wichtig, nie aufgeben, niemals. Wenn du davon läufst, ist es bei der nächsten noch schlimmer. Ich weiss wovon ich rede

Vielen Dank für eure Antworten, ich habe damit schon eine sehr gute Anleitung bekommen, in welche Richtung ich an mir arbeiten kann.
Ich habe gestern Abend tatsächlich noch das Gespräch zu meiner Partnerin gesucht und ihr einen Teil meiner Ängste erklärt - das, was jetzt auch für sie schon spürbar war. Sie wusste, dass ich von einem Medikament auf das andere gewechselt bin, und meinte auch, dass das tendenziell nicht wirklich besser geworden ist, wo sie zum Teil recht hat. Ich werde nächste Woche mit meinem Facharzt sprechen, ob es vielleicht sinnvoll wäre, die Dosis noch einmal anzupassen. Prinzipiell habe ich mit dem Sertralin keinerlei Nebenwirkungen oder unangenehmen Effekte.
meine Partnerin wünscht sich, dass ich mich besser entspannen kann und einfach unsere gemeinsame Zeit genieße und mir weniger Gedanken darüber mache. Denn in ihren Augen schaffe ich Probleme, wo überhaupt gar keine sind.
Das entspricht der Realität. Ich habe ihr gesagt, dass ich auf jeden Fall versuchen werde, solche ängstlichen und unsicheren Momente einfach auszuhalten und mich nicht ständig bei ihr rückversichern werde, wie denn unser aktueller Status ist. Wenn so eine Situation ist, werde ich nur sagen, dass ich mich gerade unsicher fühle und es dabei belassen. So habe ich es zumindest ausgesprochen, vielleicht ist das ja schon ein Weg.

Danke bis hierher und ein schönes Wochenende!

Hallo zusammen,

ich möchte mal ein kleines Update geben. Ich habe mich hingesetzt und meine Gedanken aufgeschrieben, wenn ich anfing, zu grübeln.
Einerseits ist mir aufgefallen, dass ich wohl ein stark angeknacktes Selbstwertgefühl habe und daher bezweifle, dass mich jemand lieben kann. Auch triggern mich Dinge, die mehr oder weniger ein Vergleich mit anderen Männern sind, wobei ich gefühlt schlechter dastehe.
(Das resümiert übrigens meine ganze Schulzeit!)

Die andere Sache ist dann immer der Impuls, zu reagieren. Egal wie, aber es darf nicht eintreten, weil ich das sonst nicht verkrafte.

Das ist doch beknackt, oder?
Ich sehe mich/meine Beziehung von einer nicht real existenten Gefahr bedroht, die meine eigenen Ängste sind. Und ich versuche dann aktiv, Bestätigung zu bekommen, dass alles gut ist, damit ich für eine Weile beruhigt bin. Bis zum nächsten Zweifel, der mir kommt.
Ich bin einerseits froh, das so klar sehen zu können, andererseits bin ich auch bestürzt.
Ich dachte immer, ich habe ein gutes Selbstwertgefühl, aber genau betrachtet fühle ich es nicht. Ich habe es oft im Aussen festgemacht, zB bin ich Musiker. Da bekommt man schon oft Bestätigung. Für meine ruhige und empathische Art bekomme ich auch oft Zuspruch (ich arbeite im sozialen Bereich).
Aber Selbstliebe? Da fühle ich nichts.Da bin ich noch immer der kleine Junge, der im Sportunterricht nie in einer Mannschaft gewollt wurde, wenn aufgeteilt wurde.

Viele Grüsse!

Hallo TFSGRK,

Zitat von TFSGRK:
ich möchte mal ein kleines Update geben. Ich habe mich hingesetzt und meine Gedanken aufgeschrieben, wenn ich anfing, zu grübeln.


das ist Spitze. Das machst Du sehr, sehr gut.

Zitat von TFSGRK:
Die andere Sache ist dann immer der Impuls, zu reagieren. Egal wie, aber es darf nicht eintreten, weil ich das sonst nicht verkrafte.


Ja, ja. Das erkennst Du gut. So läuft das oft bei uns im Kopf.

Zitat von TFSGRK:
Das ist doch beknackt, oder?

Aber nein, beknackt ist das nicht. Mich beeindruckt es, in welcher Klarheit und Geschwindigkeit,
Du die logischen Zusammenhänge zwischen unserem Unterbewussten Denken und unserem
Bewussten Denken bei Dir erkannt hast.

Zitat von TFSGRK:
Ich sehe mich/meine Beziehung von einer nicht real existenten Gefahr bedroht, die meine eigenen Ängste sind. Und ich versuche dann aktiv, Bestätigung zu bekommen, dass alles gut ist, damit ich für eine Weile beruhigt bin. Bis zum nächsten Zweifel, der mir kommt.

Genau so ist das. Nicht nur bei Dir. Manchmal auch bei Deiner Partnerin.
Und auch bei den Mitgliedern hier im Forum. Und vielen, vielen Mitmenschen.
Das ist ja beeindruckend. Oder etwa nicht?

Zitat von TFSGRK:
Ich dachte immer, ich habe ein gutes Selbstwertgefühl, aber genau betrachtet fühle ich es nicht. Ich habe es oft im Aussen festgemacht, zB bin ich Musiker.

Unterbewusst gedacht, fühlt sich das meistens wie Selbstbewusstsein an.
Ich aber sehe Selbstbewusstsein als etwas weitgehend anderes an. Dieses Selbstbewusstsein
scheinst Du aber ebenfalls zu besitzen, sonst hättest Du diese Eigen-Analyse nie
erstellen können.
Ich sage Dir - Mein großes Kompliment an Dich ! Das ist sehr gut.
Jetzt bin ich nur darauf gespannt, wie es die nächsten Monate bei Dir weiter läuft.

Zitat von TFSGRK:
Aber Selbstliebe? Da fühle ich nichts.

Dann warte jetzt mal ab. Wenn ich mich nicht irre, wird da hoffentlich mit der Zeit
mal einiges in Gang kommen.

Viele Grüße
Bernhard

Vielen Dank!

Ich habe demnächst meinen Facharzttermin und werde mit ihm über die Dosierung des Sertralins reden, ob es mich nicht möglicherweise zu sehr „aktiviert“.
Ich werde auch weiter nach einer Therapiemöglichkeit schauen.
Denn das Erkennen der Zusammenhänge bringt bei mir noch nicht den Lösungsansatz - ich weiss auch nicht, ob ich zuerst am Selbstwertgefühl oder an meinen Vermeidungsstrategien arbeiten sollte. Ich schätze, an beiden.

Vielleicht wäre es auch zuerst gut, für mich selber ein paar Kniffe zu finden, um akute Situationen zu überstehen, ohne blöd zu reagieren.
zB wenn die Freundin mal knapp oder kühl antwortet, oder einen miesen Tag hat. Denn diese Partnerschaft ist mir echt viel wert und ich möchte das wirklich nicht zerstören.

Ich geh erstmal in die Sonne, viele Grüsse!

A


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Dr. Reinhard Pichler
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