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Hallo ihr Lieben,

ich habe mich in den letzten Monaten etwas informiert und mein Verhalten reflektiert. Es scheint so als ob ich eine Traumafolgestörung habe. Habe leider erst ab November einen Ersttermin bei einer Psychotherapeutin und weiß nicht ob ich dann dort einen Therapieplatz bekomme. Deshalb arbeite ich bereits aktiv an mir selbst, um endlich aus diesem Teufelskreislauf raus zu kommen. Manchmal überfordere ich mich selbst, weil ich es endlich raus schaffen möchte aus meinen negativen Verhaltens- und Denkweisen. Meine Traumafolgestörung entfaltet sich anscheinend ordentlich in Beziehungskonstellationen. Dann also wenn die Oberflächlichkeit endet und die Beziehung intensiver wird.
Momentan befinde ich mich in einer längeren Kennlernphase (5 Monate) mit einem Mann und bemerke mittlerweile einige wiederholende Verhaltensweisen meinerseits. Sobald es ruhig und harmonisch ist zwischen uns ist, schaffe ich es immer ein Streitthema einzubringen. So das wir am Ende entweder streiten oder uns ignorieren bzw. ich die Situation verlasse.
Gestern war es erneut soweit und er sprach mich darauf an, ob ich die Harmonie zwischen uns nicht aushalten kann.
Mich hat es sehr überfordert. Ja es stimmt, ich halte es nicht aus. Ich muss diejenige sein die es zwischen uns kaputt macht. Wenn ich es richtig reflektiere und interpretiere, dann hat es etwas damit zu tun dass ich die Kontrolle über die Situation haben möchte. Ich möchte darüber bestimmen wann es zum Streit kommt, damit es mich nicht kalt erwischt und mein Gegenüber die aufkommende Harmonie zwischen uns zerstört. Dies kann ich auf meine Kindheit zurückführen. Zuhause gab es oft Streit und Gewalt. Nach einem Moment der Harmonie folgte oft unberechenbar Streit und schlimmeres. Nun übertrage ich es auf meine Partnerschaften und fühle mich gefangen in diesem Kreislauf. Alles wissen darum scheint nichts zu bringen. Ich weiß damit nicht umzugehen. Versuche gerade ruhig zu bleiben, um dieses mal anders damit umzugehen. Nur weiß ich nicht wie. Ich lasse mir selbst damit keine Ruhe und meinem Gegenüber ebenfalls nicht.
Vielleicht kennt sich damit jemand aus oder hat hilfreiche Tipps aufgrund eigener Erfahrungen?

Danke und liebe Grüße
Imkreis

11.10.2023 13:33 • 12.10.2023 #1


2 Antworten ↓


Hallo Imkreis,
Erst einmal danke, dass du deine Gedanken und Erfahrungen mit uns teilst. Deine Selbstreflexion und das Bewusstsein, das du für deine eigenen Muster und Verhaltensweisen entwickelt hast, sind wirklich beeindruckend und ein wichtiger Schritt auf deinem Weg zur Heilung.

Es ist wirklich eine Herausforderung, mit den Nachwirkungen von Traumata umzugehen, besonders in Beziehungen, wo emotionale Verletzlichkeit und Nähe im Spiel sind. Der Wunsch nach Kontrolle, besonders in Bezug auf Konflikte und emotionale Nähe, kann ein starkes Selbstschutzmittel sein, aber wie du gesagt hast, kann es auch schwierigkeiten in Beziehungen verursachen.

Es ist wertvoll und wichtig, dass du bereits einen Termin mit einer Psychotherapeutin vereinbart hast. Professionelle Unterstützung ist entscheidend, um tieferliegende Muster und Traumata effektiv zu bearbeiten.
Einige Dinge, die dir in der Zwischenzeit helfen könnten:

Achtsamkeit und Meditation: Die Praxis der Achtsamkeit kann dazu beitragen, dich im gegenwärtigen Moment zu verankern und kann dir helfen, impulsives oder automatisiertes Verhalten zu erkennen, bevor es auftritt.

Selbstmitgefühl: Sei nachsichtig mit dir selbst, wenn du in alte Muster zurückfällst. Veränderung ist ein Prozess, und es ist normal, auf diesem Weg Rückschläge zu erleben.

Kommunikation: Es könnte hilfreich sein, mit deinem Gegenüber offen über das zu sprechen, was du durchmachst, wenn du dich dabei wohl fühlst. Erklär ihm, dass deine Reaktionen nicht unbedingt etwas mit ihm oder seinem Verhalten zu tun haben, sondern mit deinen eigenen inneren Prozessen.

Grenzen setzen: Es ist auch wichtig, dass du für dich selbst sorgst und Grenzen setzt, wenn du merkst, dass du in eine ungesunde Dynamik gerätst.

Tagebuch schreiben: Das Führen eines Tagebuchs könnte auch ein sicheres Ventil bieten, um Gedanken und Gefühle zu erkunden und mehr über deine Trigger und Muster zu lernen.
Bitte denk daran, dass du nicht alleine bist und dass Heilung möglich ist, auch wenn der Weg manchmal herausfordernd ist.

Ich schicke dir viel Kraft und positive Gedanken auf deinem Weg.
Liebe Grüße,

Zitat von Imkreis:
Ja es stimmt, ich halte es nicht aus. Ich muss diejenige sein die es zwischen uns kaputt macht. Wenn ich es richtig reflektiere und interpretiere, dann hat es etwas damit zu tun dass ich die Kontrolle über die Situation haben möchte. Ich möchte darüber bestimmen wann es zum Streit kommt, damit es mich nicht kalt erwischt und mein Gegenüber die aufkommende Harmonie zwischen uns zerstört. Dies kann ich auf meine Kindheit zurückführen. Zuhause gab es oft Streit und Gewalt. Nach einem Moment der Harmonie folgte oft unberechenbar Streit und schlimmeres.

Das macht für mich Sinn und auch ich kenne Ängste / Gefühle aus meiner Kindheit, die mich auch heute noch in scheinbar ähnlichen Situationen überkommen.

Der wichtigste Unterschied zu damals ist aber: Du bist heute ein Erwachsener Mensch und hast im Gegensatz zu früher sehr wohl Einfluss auf die Situation.

Die Ängst dass die Harmonie zwischen euch durch Äußere Einflüsse (durch deinen Partner) zerstört werden könnte ist die gleiche wie früher, aber Du bist dem nicht mehr ohnmächtig wie ein Kind ausgeliefert.

Du bist heute mitten im Geschehen und kannst - wenn die Harmonie zwischen euch warum und wodurch auch immer bedroht werden sollte - aktiv darauf einwirken.

Selbst wenn es mal Streit zwischen euch geben würde, ist das nicht mehr das gleiche wie früher!

Das Kind in dir ist noch immer ängstlich und hilflos, aber der Erwachsene Teil kann das Kind heute schützen und mit Verstand auf die jeweilige Situation einwirken.





Dr. Reinhard Pichler
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