Hallo Holger
Es würde mich interessieren ob die Therapie/der Therapeut bereits klären konnte wo Deine tief sitzende Angst herkommt.
Angst ist i.d.R. ein Zustand der Hilflosigkeit und, wenn wir noch weiter hinabsteigen, die Wiederholung erlebter Ohnmacht, welche aus einer tiefen Verletzung/Prägung, meist in der Kindheit, herrührt.
Oft geschah dies schon vor der Fähigkeit dieses Ereignis auch als solches wahrzunehmen. Dazu bedarf es nicht einmal Worten; ein böser, strafender oder herabwürdigender Blick, ja ein physisches Wegstossen oder Verweigern kann da schon genügen.
Im Prozess der darauf folgenden Verdrängung bleibt diese Verletzung jedoch bestehen ohne jemals in der Tat überwunden zu werden. So schleppt man eine schroffe Zurückweisung, dann wenn man eigentlich die bedingungslose Liebe oder Unterstützung, Hilfe, Zuspruch, Sicherheit am allernötigsten gebraucht hätte, ein Leben lang (unbewusst) mit sich herum. Stattdessen wurden wir in diesem Moment auf uns selbst und die eigene Ohnmacht und Hilflosigkeit zurückgeworfen, die bis heute Narben und eine schlimme Lücke in uns hinterlassen haben, die wir auf vielerlei Umwegen zu füllen, zu kompensieren, eben zu stopfen versuchen.
Auf der kognitiven Ebene lassen sich Verletzungen und Wunden der Seele i.dR. leider eben nicht heilen.
Doch ohne die Gewahr-Werdung dieser schweren inneren Verletzung und die bewusste Annahme des Geschehens aus Sicht des heute Erwachsenen, wird, zumindest nach meiner Erfahrung, die Aussöhnung mit der Verletzung nicht gelingen.
So stolpert man von einer versagenden Strategie und Taktik, dem Problem irgendwie Herr zu werden, zur nächsten, ohne jemals zu den wirklichen Ursachen und Auslösern zu gelangen, sich diese bewusst zu machen und durch das menschlichste allen menschlichen, das Verzeihen zu versöhnen. Sich selbst wie auch allen anderen.
In Deinem Fall würde ich es als empfehlenswert betrachten, in Dich zu gehen und einmal:
- Dein hinter all Deinen Bemühungen stehendes Ziel. Was Du in einer Beziehung am sehnlichsten erreichen möchtest (vlt. Bedingungslose Liebe als Wert, bzw. der erkennbare Wunsch bedingungslos zu lieben und geliebt zu werden?)
- Das vordringliche Problem (Deinen Entwicklungsraum!) zu benennen, das vor allem Dir selbst und weniger Deiner Frau dabei im Wege steht.
Sprich: Nicht danach zu suchen wovor Du Angst hast, sondern, das in Dir vorhandene und als solches wahrgenommene Problem der Zurückweisung Deiner Frau. Gerade immer dann wenn Du die körperliche Nähe, als Synonym für Sicherheit, Trost, Schutz und Geborgenheit bei ihr suchst.
Frag Dich vlt. einmal:
- Hast Du das schon einmal erlebt?
- Wenn ja wann/gab es sogar ein immer wiederkehrendes Muster?
- Welche Situation/en triggern in mir das Bedürfnis mich jetzt vollends fallen lassen zu müssen? (Gib Dir in der nächsten Situation die Chance nur ein paar Sekunden tief in Dich hinein zu fühlen was genau das in diesem Moment mit Dir macht.)
- Wer kommt für dieses verletzende Erlebnis der Zurückweisung und Ohnmacht als Schlüsselperson in Frage?
- Wie war dort die Beziehung?
- Ist die Beziehung zu Deiner Frau ggf. eine Fortsetzung der verunglückten Beziehung zu dieser Schlüsselperson?
- Welchen Vorteil/Nutzen hatte es in der Vergangenheit und hat es für Dich heute noch immer, dieses Verhalten beizubehalten, bzw. Dich auf diese Strategie (als wirksam) zu verlassen?
- Dies obwohl Du doch hautnah, tief in Dir drin spürst, wie dies dazu führt, dass sich die anderen (ggf. nicht nur Deine Frau) statt zuzuwenden von Dir abwenden?
- Was würde es Dich kosten dieses Verhalten für das oben von Dir definierte Ziel aufzugeben?
- Wie viel Energie würde durch die Neuausrichtung in Dir frei, für andere da zu sein wenn Sie sich verlassen und schutzlos fühlen? (Gleichzeitig wärst Du ja dann auch nicht mehr alleine?! )
Das vielleicht als erste kleine Anregung zum Nachdenken.
Viele Grüsse
27.10.2022 13:48 •
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