Vor 2 Monaten habe ich über Internet einen gleichaltrigen (44) Mann kennengelernt. Wir haben uns seit dem ersten Treffen nicht mehr voneinander getrennt. Das heisst, wir haben spontan unsere Urlaubspläne aneinander angeglichen und im September, zu Beginn des Schuljahres (ich lebe in Frankreich) ist er bei mir und meiner Tochter eingezogen, allerdings ohne seine eigene Wohnung aufzugeben.
Zwei Monate sind eine kurze Zeit, um von grossen Gefühlen zu sprechen. Ich weiss das, aber trotzdem habe ich mich so glücklich und verstanden und am richtigen Platz gefühlt, wie in meinem ganzen gesamten Leben noch nicht. Mein Freund konnte wunderbar zuhören, wir konnten miteinander sprechen, er war offen, bereit über sich zu sprechen und nachzudenken, ich fühlte mich von ihm angenommen wie noch nie zuvor.
Gleichzeitig war er sehr zukunftsorientiert, er sprach von Teilen, gemeinsam Aufbauen, zusammen Wohnen und sogar Hochzeit. Er sagte mir immer wieder, ich sei die Frau und die Liebe seines Lebens. Und natürlich habe ich ihm das geglaubt, und ich glaube noch immer, dass er das was er damals sagte damals auch ernst meinte.
Unser Miteinander war fröhlich und harmonisch. Es gab einen kritischen Punkt, das war seine Wohnung in einer 50km entfernt liegenden Stadt. Er hat uns nie in diese Wohnung eingeladen. Aufgrund der Schule meiner Tochter und meiner Arbeitszeiten (ich arbeite am Wochenende) wäre es tatsächlich nicht sehr logisch gewesen, auch mal bei ihm zu übernachten. Aber sonderbar fand ich es eben doch. Er war in den ganzen zwei Monaten auch nur sehr wenige Male dort, und ich konnte ihn dann immer auf seinem Festnetz anrufen, ein Doppelleben kann er also nicht gehabt haben.
Letzten Montag ist er am späten Nachmittag wieder zu sich gefahren, mit dem Vorhaben am Mittwoch Nachmittag wiederzukommen. Den Montag haben wir sehr sehr zärtlich in unseren Zukunftsträumen verbracht.
Am Montag Abend telefonierten wir. Dann war Funkstille. Am Mittwoch eine sms auf meiner Arbeitsstelle; ich rief ihn zurück und er war ausserordentlich sonderbar am Telefon. Ich bat ihn, mir zu sagen was los sei, aber er verweigerte kategorisch jedes Gespräch am Telefon.
Mir war schlecht, denn das war nicht seine Art. Am Abend traf ich dann meine Tochter hier alleine an. Er hatte in ihrer (und natürlich meiner) Abwesenheit sämtliche seine Sachen (Kleidung, Bücher, Unterlagen, Papierkram, alles) aus meiner Wohnung geräumt und den Schlüssel in den Briefkasten geworfen. Ohne Erklärung. Es war nichts mehr von ihm hier, es ist so als hätte ich ihn nie gekannt.
Ich war fassungslos, bestürzt, in einem panischen Zustand. Mein Hirn drehte leer. Stundenlang. Er reagierte nicht auf Handy, sms, Festnetz, nichts. Dann endlich eine sms. Er liebt mich und ob ich ihm das irgendwann verzeihen könnte. Er würde mir eine mail mit einer Erklärung schicken. Und ansonsten weiterhin unerreichbar.
Am nächsten morgen eine weitere sms, er liebt mich und weiss wie schlimm das alles für mich ist und denkt an mich und braucht Zeit. Dann wieder nichts mehr. Ich habe ihm eine mail geschrieben mit all meinen Gedanken, Gefühlen und Ängsten und ihn gebeten, mir in irgendeiner Form eine Erkläung zu geben.
Am Abend dann eine mail, in der gar nicht mehr stand dass er mich liebt. Dafür aber, dass auch er leidet, dass er seine Erklärung nach meinen Nachrichten nochmal überdenken muss, dass ich aber sehen werde, dass sie schrecklich einfach sei und ich sie schon deshalb verstehen können würde, weil ich das was er gerade erlebt auch schon gekannt hätte. Bis sehr bald.
Das war das letzte was ich von ihm gehört habe. Keine Ahnung, wovon er da spricht. Ich war und bin so verwirrt und fertig und fühle mich so dermassen gedemütigt davon, dass er heimlich bei mir ausgezogen ist und dass er nicht mehr am Telefon antwortet, dass ich obwohl ich mich so sehr bemühe es nicht zu tun, ihm doch noch mehrere sms und eine mail geschickt habe, und seit heute versuchte ich auch wieder, ihn anzurufen, aber mit dem gleichen Misserfolg. Ich würde niemals so hartnäckig jemanden boykottieren können wie er es tut, und dabei war er doch glücklich mit mir und liebte mich. Wie kann das denn ohne Grund und innerhalb von 36 Stunden aufhören? Kann man einen Menschen um den man eben noch zärtlich besorgt war so schnell vergessen? Seine Gefühle so schnell vergessen?
Ich wende mich an Euch, nicht um ihn schlecht zu machen. Ich liebe ihn noch immer, denn irgendwie ist für mich die Welt am letzten Dienstag stehen geblieben. Und ausserdem: so schnell kann ich nicht aufhören jemanden zu lieben. Aber ich wollte fragen, ob ihr von aussen betrachtet versteht, was mit MIR passiert. Ich muss unbedingt wieder Boden unter die Füsse bekommen und schaffe es einfach nicht. So sehr ich auch versuche, Vernunft walten zu lassen, es will einfach nicht gelingen und ich falle permanent entweder in tiefste Traurigkeit und seelische Pein oder bin irgendwie getrieben von einer inneren Panik.
Oder hat irgendjemand von Euch schon mal eine ähnliche Erfahrung gemacht und kann mir irgendwie weiterhelfen?
Entweder als Verlassener oder als Verlassender?
Ich weiss, dass das alles irgendwie lächerlich ist, schon gar mit 44, als alleinerziehende Frau, die sich alleine eine Existenz im Ausland aufgebaut hat. Aber das ist ja eben gerade das Problem, ich bekomme mich nicht mehr in den Griff. Vermutlich müsste ich ihn verlassen. Warum tue ich es nicht? Was soll diese Panik bloss?
Danke.
05.10.2009 21:58 • • 21.10.2009 #1