ich habe bereits viele Foren, Beiträge und ähnliche Probleme durchforstet und viele Parallelen zu meiner jetzigen Situation entdecken können. Ich denke auch, dass das Thema Bindungsangst nicht die einzige Baustelle ist, die mich momentan aus dem Gleichgewicht bringt. Fakt ist, dass die Gesamtsituation mein Leben momentan extrem belastet und damit auch die Beziehung zu meiner Freundin.
Bevor ich zum eigentlichen Problem komme, ein etwas längerer Einschub den ihr vermutlich kennen solltet, damit ihr die ein oder andere Situation vielleicht besser verstehen könnt. Ich bin schon immer ein Mensch gewesen der sehr viel grübelt. Ganz egal was es ist, vorwiegend aber über Dinge die mein Leben negativ beeinflussen oder beeinflussen könnten. Eigentlich will ich immer alles perfekt machen und habe tatsächlich Angst davor zu versagen. Sei es im Job, in der Uni oder in der Beziehung. Findet mein Kopf ein Ereignis über das er grübeln möchte, kann das ganz schnell eine echte Farce werden.
Letztes Jahr habe ich nach 4,5 jähriger Beziehung eine neue Frau kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und hatten eine sehr aufregende Verliebtheitsphase. Wir waren viel unterwegs, sind gereist, und haben das Leben in vollen Zügen genossen. Schon am Anfang der Beziehung war klar, dass sie für knapp 4 Monate nach China geht, um dort ihr Auslandssemester zu absolvieren. Da alles noch ziemlich frisch war, hatten wir beide natürlich Angst vor dieser Zeit. Trotzdem wollten wir das Risiko und das Abenteuer gemeinsam eingehen und meistern. Die Zeit des Auslandssemesters war mega hart. Aber wir hielten den Strapazen einer Fernbeziehung stand. Als Abschluss dieser Zeit wollte ich Sie Weihnachten in China besuchen kommen. Gesagt gern, Flug gebucht und mich von Tag zu Tag mehr auf das Wiedersehen gefreut.
Es sei erwähnt, dass ich schon seit langem mit meinem Job sehr unzufrieden bin (ich suche bereits eine Alternative) und kurz vor Weihnachten ist auf der Arbeit meist die Hölle los, so dass ich körperlich und psychisch seitens der Arbeit sehr sehr gestresst war. Hinzu kamen die Strapazen der Fernbeziehung.
Und genau in dieser Zeit trat das erste mal ein für mich nicht verständliches und unerträgliches Problem auf. Ich entwickelte plötzlich aus dem nichts Regelrechte Panikgedanken, wie wohl das Wiedersehen aussehen wird. Was werde ich fühlen wenn ich sie in den Arm nehme? Wenn ich sie küsse? Wenn ich sie berühre? Allein der Gedanke, dass es nicht perfekt sein könnte machte mir unheimlich Angst. Dieser Gedanke entwickelte sich anschließend zu regelrechten Panik und Angstzuständen. Trotz des Gedankenstrudels und der enormen Belastung habe ich versucht mir Mut einzureden, das ganze von außen zu betrachten und mir immer wieder zu sagen: Das ist vermutlich normal. Jeder andere Mensch hätte auch Angst. Sehr wohl mit dem Wissen, dass jeder andere eventuell lockerer damit umgehen kann und sich nicht so extrem in die Situation hineinsteigert.
Das Wiedersehen war natürlich komisch - aber niemals der worstcase-Fall den ich mir in meinen schlimmsten Gedanken vorgestellt habe. Ich ar mega aufgeregt, habe mich aber auch unendlich gefreut sie endlich wieder in die Arme nehmen zu können. Endlich wieder vereint... so ganz konnte ich die Gedanken die mich die Wochen vorher beschäftigt haben aber nicht ablegen. Es gab immer mal wieder kürzere Phasen, in denen ich penibel darauf geachtet habe, welche Gefühle in mir aufkommen wenn ich sie z.b. küsse, umarme etc. - Trotzdem hatten wir eine schöne und aufregende Zeit in China und viel Spaß.
Seit Februar ist sie wieder in Deutschland, steckt momentan mitten in Ihrer Mastenarbeit und sucht momentan einen Job (leider bisher erfolglos). An dieser Stelle sei erwähnt, dass meine Freundin nicht aus Deutschland kommt. Die nahe Zukunft ist also hier nicht wirklich klar. Sie will in Deutschland bleiben, aber das setzt natürlich auch voraus, dass sie einen Job findet und Ihr Visum verlängern kann. Das Problem war immer zugegen, aber so richtig bewusst darüber nachgedacht habe ich nie. Trotzdem bereitet mir der Gedanke, dass sie eventuell nicht hier bleiben kann, mittlerweile große Sorgen.
Jetzt zu dem eigentlich Problem, welches auch die Überschrift meines Beitrages betrifft. Nach langem suchen und vergleichen meiner Gefühlslage mit anderen Beiträgen bin ich immer wieder über den Begriff der Bindungsangst gestolpert und sehe viele Parallelen zu der jetzigen Situation.
Im April diesen Jahres bin ich krankheitsbedingt (regelrecht erschöpft) knapp einen Monat ausgefallen. Seitdem nehme ich unterstützend Opripram 50 mg. Die Belastungen aus Job, Abendstudium und die Gedankenkreise rund um die Beziehung (die eigentlich in Takt ist) machen mich regelrecht müde. Unsere Beziehung hat alles was eine gute Beziehung benötigt. Wir lachen zusammen, wir weinen zusammen, wir reden über alle möglichen Dinge und wir lassen uns die Freiräume die wir brauchen.
Trotzdem gibt es immer wieder Phasen, in denen ich mich in meinen Gedanken verliere und mein Kopf, ohne das ich etwas dagegen machen kann, alles in Frage stellt. Ich versuche gnadenlos dagegen anzugehen. Ich versuche mich zu zwingen, dass diese Gedanken grundlos und totaler Blödsinn sind. Es funktioniert nur sehr selten in den ganz schlechten Phasen alles loszuwerden und positiv zu denken. Morgens wache ich eigentlich schon mit einem Klos im Magen auf, denke dann den halben Tag nach, warum ich so unter Druck stehe und warum ich unsicher bin bzw. Zweifel habe. Das schlimme ist, dass ich diese Zweifel eigentlich nichtmal richtig definieren kann. Ich verstehe sie auch nicht. Das macht das ganze für mich noch viel viel viel komplizierter. Ich bin jemand der eine Antwort braucht. Ich versuche die Situation schon zu akzeptieren wie sie ist. Aber das klappt nur schwer, weil ich sie nicht verstehe.
Neben dem anhaltenden Gedankenstrudel/-karussel leide ich auch körperlich darunter. Ich habe das Gefühl, dass jemand auf meinem Brustkorb sitzt und mir die Luft zum Atmen nimmt. Ich bin eigentlich schon chronisch verspannt, habe dadurch oft Kopfschmerzen. Schlafen kann ich glücklicherweise in den meisten Fällen, allerdings wache ich auch hier oftmals verspannt auf. Erholsamer Schlaf sieht anders aus.
Momentan befinde ich mich wieder seit ein paar Tagen in einer sehr schlimmen Phase. Jeder Gedanke an meine Freundin schmerzt. Mein Magen verkrampft und ich gerate in Panik. Ich will eine Lösung, aber ich weiß, dass ich keine sofortige Lösung bekomme. Ich habe Angst sie zu verlieren. Wenn wir zusammen sind und ich mich ablenken kann, wir beispielsweise eine super Zeit haben, dann genieße ich die Nähe. Ich fühle mich regelrecht geborgen und kann mich fallen lassen. Ich liebe es, wenn sie mich berührt, wenn ich ihre Wärme spüre. Gleichzeitig ist aber auch sofort eine Spannung da, wenn ich in Ihrer Gegenwart nachdenke. Es ist keinesfalls so, dass ich dann keine Nähe haben kann. Auch Berührungen sind vollkommen ok und gehen auch von mir aus. Aber es versetzt mir immer wieder einen Stich in den Unterleib. Warum? ich habe keine Ahnung. Es fühlt sich manchmal einfach nur ungerecht an. Ich habe diese Probleme und sie nicht.
Wir haben noch Sex, allerdings nicht mehr so regelmäßig. Oft bin ich sehr erregt und freue mich auf sie. Male mir Tage lang aus wie es ist wenn wir uns wieder näher kommen. Wenn wir uns küssen und wenn wir intim werden. Sobald wir in dieser Situation sind ist es oft so, als wenn jemand einen Schalter umlegt. Als wenn ich mit aller Macht versuche diese Situation perfekt gestalten zu wollen - die Gedanken fernhalten zu wollen - und sie genau dann wieder in meinem Kopf umherschwirren. Das ist natürlich ein regelrechter Lustkiller. Sie merkt das, auch wenn sie selten etwas sagt. Manchmal versetzt es mir einen Stich ins Herz und schnürt mir die Luft weg, wenn ich nur an sie denke. Mit dem Gedanken sind alle Probleme da. Vor 2 Wochen waren wir übers Wochenende weg. Ich war relativ entspannt und konnte die Zeit mit ihr besser geniessen als zuvor. Mit Rückkehr nach Deutschland waren alle Probleme und Gedanken da. Als wenn sie nur darauf gewartet hätten von mir abgeholt zu werden. Und ich auch noch so blöd bin, den Koffer mit den Problemen mitzunehmen. Ich bin langsam ratlos. Ratlos was das alles sein kann. In meiner letzten Beziehung hatte ich diese Probleme nicht. Vielleicht habe ich die Trennung auch noch nicht richtig verarbeitet und habe Angst noch einmal verletzte zu werden?! Aber warum fängt das jetzt alles so heftig an? Wieso erst nach fast einem Jahr Beziehung? Ich verstehe es nicht.
Mit meiner Freundin habe ich über all diese Probleme bereits mehrfach geredet. Anfangs konnte sie das alles nur schwer verstehen, auch wenn sie sich immer Mühe gab. Jetzt denke ich, dass sie mehr Verständnis für meine Situation hat. Aber ich merke jeden Tag wie ich sie mit meinem Verhalten verletzte und sie belaste. Auch wenn es natürlich nie eine Absicht von mir ist. Die ständigen Gedanken machen viel kaputt - manchmal denke ich, dass es vor allem für meine Freundin besser wäre, wenn wir uns trennen. Aber ich möchte das nicht. Ich will nicht aufgeben nur weil momentan alles schwer ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich den größten Fehler meines Lebens mache, wenn ich sie jetzt gehen lasse. Auch wenn ich merke, dass die Belastung auf einem Maximum ist und ich müde bin. Ich will das unbedingt schaffen. Und zwar gemeinsam mit meiner Freundin.
Ich weiß, dass ich an mir arbeiten muss wenn ich diese Beziehung retten will. Sie ist mir mega wichtig, nein, in klaren Momenten weiß ich zu 100% das ich sie liebe. Aber die Gesamtsituation macht alles so unglaublich kompliziert und lässt alles manchmal aussichtslos erscheinen. Aus diesem Grund habe ich mich auch bereits um einen Therapieplatz bemüht und habe diesen Donnerstag bereits meine 4. Stunde. Ich fühle mich eigentlich gut aufgehoben, auch wenn wir bisher nicht sonderlich viel über die Beziehung sondern über mich und auch meine familiären Verhältnisse geredet haben. Ich hoffe, dass ich hier viel über mich lernen werde und an mir arbeiten kann.
Vermutlich fallen mir im Nachhinein noch zig Dinge ein die ich hätte schreiben können. Ich hoffe es war einigermaßen strukturiert. Ich erwarte hier auch keine Patentlösung. Ich wollte mir zum einen, einen Großteil meiner Probleme mal von der Seele schreiben und hoffe zum Zweiten, dass ich vielleicht den ein oder anderen nützlichen Tipp bekomme um meine Probleme in den Griff zu kriegen.
Vielen lieben Dank im Voraus!
11.08.2015 21:08 • • 10.09.2015 #1