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Hallo,

Ich weiss intuitiv, dass ich den Kontakt zu meinen Eltern und dem Rest der Familie abrechnen sollte, um mit meiner Heilung weiter zu kommen.

Nur es fällt mir nicht leicht.

Zum einen wurde ich von Ihnen geschlagen, beschimpft, beschuldigt. Behandelt wie man niemanden behandelt den man liebt oder respektiert.
Zum anderen wurde ich von Ihnen (vor allem der Mutter) über bemuttert. Sie hat gekocht, gewaschen etc. In Perfektion. Wenn ich etwas brauchte hat sie es immer gegeben. Dies hat dann eben schon auch oft das Gefühl gegeben geliebt zu sein.

Und das macht es mir so schwierig. Als Kind war ich wohl verwirrt.
Meine Eltern haben mich so versucht zu erziehen, dass ich von Ihnen abhängig sein sollte, wogegen ich ab ca. 12 Jahren immens angekämpft habe, mit entsprechenden Eskaltionen.
Mir wurde v.a. von der Mutter eingetrichtert wenn ich nicht mehr bin wirst du dich umsehen; du kannst nicht für dich kochen/waschen; du wirst noch zurückdenken als du noch die blöde hattest usw.
Durch meinen Kampf habe ich sehr wohl etliche Skills welche mich schon in der Welt zurecht kommen lassen, jedoch mit etlichen Handicaps (Selbstvertrauen, Selbstwert, versagensängste, zukunftsängste) und dadurch brauche ich für meinen Alltag wahnsinnig viel Energie und muss auf vieles verzichten.

Heute läuft die Beziehung zu meinen Eltern so, dass ich lange versucht habe das verhältniss zu kitten um eine Familie zu haben. Nur fehlt mir von meinen Eltern die Einsicht bzw. Selbstreflektion bzgl. Der teilweise extrem toxischen Ergebnisse. Nur kommt das nicht, viel mehr kommen wir oft an den Punkt an dem ich für die ganze Misere verantwortlich gemacht werde/beschuldigt werde. Das zieht mich dann wieder runter und mir geht es schlecht.
Wenn ich dann den Kontakt abbreche schaffe ich es nicht sie zu vergessen, bzw. als irrelevant im Kopf abzulegen. Dann kommt es wieder zu einem Kontakt, welche manchmal auch neutral oder sogar positiv sind, aber recht zeitnah wieder ins negative schweifen.
Hat jemand einen Rat wie ich da weiter kommen könnte?
Mir würde es glaub ich leichter fallen wenn sie früher nur negativ gewesen wären.

20.06.2023 15:13 • 20.06.2023 x 1 #1


2 Antworten ↓


Dein Thread könnte für einige hier echt was wert sein oder noch werden.
Das Thema mit den Beziehung zu den Eltern ist ein ziemlich wichtiges finde ich und ich kenne mehrere Leute aus meinem Umfeld, bei denen dieses Thema ein riesen Grund ist, warum sie sich kein eigenes Leben aufbauen können oder psychische Probleme bekommen haben. Bei mir ist das auch ein Teil von mehreren, warum ich dann letztendlich erkrankt bin. Aktuell arbeiten meine Therapeutin und ich daran, aber mir wurde die letzten Jahre auch vieles klar.

Es ist nachvollziehbar und bekannt, dass die Prägungen, welche wir durch die Eltern erhalten haben (und dies können sowohl Gewalt, Vernachlässigung, Überbehütung, Kontrolle, Perfektionismus und viele andere Dinge sein), ganz massiv Einfluss darauf haben, ob wir später irgendwann psychische Störungen entwickeln. Es muss nicht bei jedem so kommen, aber die Anfälligkeit dafür ist deutlich höher als bei Leuten, bei denen sozusagen alles gepasst hat / in Balance war.

Das Abbrechen des Kontakts zu Eltern kann für einige die Lösung sein zur Heilung. Das ist nicht nur so simpel und hart dahingesagt, sondern wirklich so. Viele schaffen das aber nicht und das ist absolut nachvollziehbar.
Es muss aber nicht bei jedem gleich der komplette Kontaktabbruch sein. Manchmal reicht es, klare Linien zu ziehen und den Kontakt deutlich zu reduzieren.

Auffällig ist es immer dann, wenn der Verdacht besteht (und das kann man selbst merken oder der Freundeskreis merkt es z.B. auch mit den Jahren), dass jemand aufgrund der Abhängigkeit zu seinen Eltern sozusagen selbst nie ein eigenes Leben/eine eigene Familie aufbauen kann. Er kann sich also nicht abkapseln und dazu reicht es rein mental (es muss nicht mal ortsmäßig oder wohnraummäßig sein).
Ich kenne da ein paar echt traurige Beispiele aus unserem Bekanntenkreis, in denen es sowas von offensichtlich ist, dass Leute mit 40, 50 immer noch allein leben und es nicht geschafft haben, sich etwas aufzubauen, weil sie noch bei ihren Eltern wohnen, von diesen vereinnahmt werden oder auch, weil sie sich um die Eltern kümmern.

Du schreibst es selbst recht gut: Wären Deine Eltern nur negativ/schlecht zu Dir gewesen, würdest Du den Kontakt vermutlich viel leichter abbrechen können, aber da sie auch gut zu Dir waren, sind da gemischte Gefühle vorhanden und Du bringst es wohl nicht übers Herz.

Hast Du mal offen über alles mit Deinen Eltern gesprochen?
Bist Du aktuell in Therapie und kannst dort ausführlich tief in das Thema gehen?
Ich habe andere Beiträge von Dir durchgelesen und ich erkenne da einiges wieder, was bei mir ähnlich ist und nach und nach in Therapien offen gelegt wurde. Sehr wahrscheinlich resultiert Deine Angststörung auch zum großen Teil aus dieser Geschichte mit den Eltern.
Man kann das aber hinbekommen, auch wenn es etwas dauert.

Ich glaube es ist vertretbar, wenn nicht sogar notwendig, dass man den eigenen Eltern sagt, dass man um seiner selbst willen beschlossen hat, auf unbestimmte Zeit Abstand zu halten. Sag ihnen, Du bräuchtest den Abstand, um Euer Verhältnis klar und angemessen beurteilen zu können. Das ist der eine Teil.

Der andere Teil ist die darauf folgende Arbeit an Dir selber, ohne den Kontakt zu ihnen auszukommen und insofern Deinen Eltern zu erwachsen. Je nach etabliertem Einfluss wird das der eher schwierigere, aber auch lehrreiche Teil.





Dr. Reinhard Pichler
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