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Hallo Forummitglieder,

ich brauch dringend Euren Rat und Hilfe. Momentan befinde ich mich in einer extrem schlechten Verfassung, und jede Minute bedeutet für mich reinen Schmerz und Anspannung aushalten zu müssen. Ich finde selbst nicht den Ausweg, und kann die Dinge nicht klar greifen. Also für jede Anmerkung Eurerseits wäre ich äußerst dankbar.

Ich leide seit 4 Jahren an einer rezidivierenden mittelschweren Depression. Zwischenzeitlich hatte ich sehr starke körperliche Beschwerden (hatte ich vor knapp zwei Jahren hier berichtet) , sodass ich nur mit größter Mühe und Not, über 40 Krankheitstagen, sowie seelischem ausgebrannt sein, in diesem November meine Ausbildung zur ErzieherIn beenden konnten. Jetzt wurde ich krankgeschrieben, und werde am 10. Januar in für mind. 6 Wochen in die Adula Klinik gehen.

Ich hatte mich die ganze Zeit auf die jetzige Freiheit und Freizeit, gefreut, um endlich aufatmen und vermehrt Dinge für mich tun zu können. Aber mich treibt nur noch ein Gedanke um: Ob ich meinen jetzigen Partner liebe und ob ich überhaupt zum Lieben fähig bin. Eigentlich spiele ich die ganze Zeit mit dem Gedanken auszuziehen, ihn zu verlassen, ein eigenes Leben anzufangen. Aber ich weiß nicht ob ich gedanklich einfach irgendwas sabotiere, oder überdecke. Ihr müsst wissen, dieser Partner musste in den letzten Jahren mit mir durch die Hölle und er hat einfach alles für mich getan, er war immer bereit alles Fallen und Liegen zu lassen, um für mich da zu sein. Wenn ich richtige depressive Tiefs hatte, hat er den Haushalt übernommen, mich zu Arbeit gefahren, hat sich um den Hund alleine gekümmert und und und. Aber ich immer wieder taucht das starke Gefühl auf, dass ich ihn nicht Liebe. Das er eher wie ein Bruder, oder ein nahestehender Freund ist. Intimität gibt es bei uns schon lange nicht mehr. Aber kurzzeitig tauchen auch Momente auf, wo ich anders empfinde, nur nehmen diese ab (weil die Depression zunimmt?).

Da meine Mutter an einer paranoiden Schizophrenie leidet, leide ich nun unter der Angst genauso zu werde wie sie. Die Beziehung zu ihr war immer geprägt durch extreme Ambivalenz, Unberechenbarkeit, Gewalt in körperlicher wie verbaler Form, und Hass. Ich war für sie ein Glotz am Bein, der sie unfrei machte. Vielleicht lebe ich diese Beziehung jetzt zu meinem Freund aus? Momentan sehe ich mich auch gar nicht mehr als ein Teil der sichtbaren Welt. Eine unsichtbare Wand ist zwischen mir und den Menschen. Ich lebe eigentlich nur noch in meinem Kopf, indem ich Tagträume oder mir verschiedenste Situationen, meistens Zukunftsszenarios, ausmale, in denen ich mich frei fühle.

Zudem hatte ich mir eigentlich vorgenommen, nach dem Klinikaufenthalt studieren zu gehen. Ich weiß gar nicht, ob ich das alleine mit Hund schaffe. Aber ich möchte gerade unbedingt unabhängig und einzelgängerisch sein. Leider ist das genau der Lebensstil den meine Eltern gepflegt haben, wodurch sie sich ihr eigenes Grab schaufeln (Vater hat meine Mutter vor meiner Geburt direkt verlassen, um unabhängig zu sein, ist nun starker Alk. - Mutter ist komplett isoliert, und psychisch schwer krank).

Ich hatte mir vorgenommen, eine Entscheidung bezüglich der Beziehung am Ende des Klinikaufenthaltes zu treffen. Doch es ist schon fast ein Zwang dauerhaft daran denken zu müssen, und über alle Möglichkeiten zu grübeln. Ich halte es kaum aus, weil ich nicht weiß wie zu allem stehen kann. Wie soll es noch für 6 Wochen so weitergehen? Ich habe das Gefühl jetzt kommt alles hoch, was ich für lange Zeit unterdrücken musste. Besonders steht Weihnachten vor der Tür, das Fest der Besinnung, mit Familienfesten die mich extrem unter Druck setzen.

War oder ist jemand von Euch in einer ähnlichen Situation? Wäre es am Besten einfach auszuziehen um mich abzugrenzen? Meine Therapeutin sieht die Beziehung als wichtig an...

Danke fürs Lesen

Nadine

02.12.2017 13:28 • 05.12.2017 #1


2 Antworten ↓


Zitat:
Eigentlich spiele ich die ganze Zeit mit dem Gedanken auszuziehen, ihn zu verlassen, ein eigenes Leben anzufangen.

Das klingt für mich nur nach Flucht. ein eigenes Leben anfangen. Du hast bereits dein eigenes Leben und kannst nicht vor deinen seelischen Schwierigkeiten davon rennen. Auch mit einem Neustart wird es dir nicht besser gehen sondern hast dann noch zusätzlich eine Trennung zu verarbeiten die du vermutlich bereuen wirst und musst mit einer neuen Umgebung zurechtkommen. Das malt man sich schöner aus als es ist.
Es ist kein Geheimnis das man in Phasen der Depression emotional abnimmt und so kommt es auch, dass man für den Partner nichts empfindet. So wie du ihn beschreibst, scheint er ein sehr liebevoller, verantwortungsbewusster, fürsorglicher Partner zu sein was du in der Form sicher nicht mehr so schnell finden wirst.
Ich weiß wovon ich spreche... Es ist nicht selbstverständlich mit einer chronischen psychischen Erkrankung einen tollen Partner zu finden. Überlege gut was du machst!
Du zerdenkst dir die ganze Beziehung. Such dir einen Ausgleich, geh raus, mach Sport, fange an zu malen, bespreche diese Themen mit deinem Psychotherapeuten.
Das was du gerade machst beschreibst du mit eigenen Worten schon sehr gut: du schaufelst dir dein eigenes Grab. Denkst du aus jetziger Sicht, dass du in 2 Monaten so fit bist um den Druck eines Studiums standzuhalten und dem Hund gerecht zu werden ohne Partner der dir bislang vieles abgenommen hat und mit dem du danach alleine zurechtkommen musst?

Du könntest dich zudem versuchen, dich von deinen Eltern und ihren Problemen zu lösen, da es nicht deine sind. Du musstest immer wieder hilflos zusehen, was sie für ein Leben führen. Du kannst ein anderes führen.

Wenn du Angst hast, so zu werden wie sie, ist das schon ein Schritt Bewusstheit, da ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht so groß, dass du so wirst. Ich kenne das, es ist der Versuch, Verantwortung abzugeben in dem ganzen Kampf. Es ist schwer, da raus zu kommen, aber wenn sie keine psychischen Probleme hätten, würden sie sich mit Sicherheit das Allerbeste für dich wünschen. Und das kannst nur du dir erfüllen, indem du lernst, das Leben einer starken, gesunden Person zu führen und dich nicht als Opfer siehst.

Wegrennen kann jeder (vor allem unreflektierte) Mensch, einfach ausziehen geht immer. Sachen in Angriff nehmen und sich damit auf den Weg machen können wenige und du bist doch schon dabei, da du dir gerade das alles bewusst machst, was dich bisher geprägt hat. Alles Liebe!





Dr. Reinhard Pichler
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