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Hallo,
seit Anfang des Jahres treffe ich mich mit einem Mann. Wir wohnen im selben Haus und er kommt aus Finnland. Ich fand ihn schon immer toll und als wir uns das zweite Mal bei ihm trafen, sind wir ziemlich schnell im Bett gelandet. Das ganze ist zur Regelmäßigkeit geworden - mal bei mir, mal bei ihm. Es beschränkte sich aber nicht nur auf Sex, wir haben auch über sehr viel geredet, sehr persönlich Dinge die man kaum jemanden anvertraut. Wir mögen in allen Bereichen dieselben Dinge, haben den selben Geschmack, die selbe Lebenseinstellung und hatten immer viel Spaß zusammen - ich bin noch nie einem Menschen begegnet der mir so ähnlich war, bei dem ich dachte: Das ist er! Auch in der Öffentlichkeit zeigten wir uns gemeinsam, auch vor meiner Familie saßen wir knutschend und Händchen haltend auf dem Sofa, lernten ein paar unserer Freunde kennen, die auch meinten wir passen perfekt zusammen und generell, es gab wahnsinnig viele Anzeichen, dass er mich einfach wahnsinnig mag.

Doch es gab dennoch einen Haken, der Großteil der Beziehung spielte sich dennoch nur in unserem Haus ab und wenn ich ihn fragte ob er mich irgendwo begleitet, kam er selten mit. Ich habe mich trotz allem immer als Single gefühlt und niemand hat es wirklich für ernst genommen, dass wir zusammen sind, da man uns nie zusammen sah. Die wenigen Treffen außerhalb des Hauses habe ich initiiert.
Irgendwie hat er immer bewusst eine Distanz gehalten. Ich habe dieses Thema öfters angesprochen, bis es nun zu einem Knackpunkt kam und er zu mir sagte, seit er Teenager ist wollte er nie eine Freundin haben, er möchte einfach seine Freiheit, er kann sich das nicht vorstellen. Er gab zu bewusst auf Distanz gegangen zu sein. Ich fragte ihn ob er denn keine Gefühle hätte. Er sagte: Doch, natürlich. Ich: Wo ist dann das Problem? ...Er: Aber nicht genug. Darauf meinte ich, dass ich das so nicht mehr könne und das war dann vor einigen Tagen der Schlussstrich seit welchem Funkstille herrscht.

Doch für mich passt es alles nicht zusammen, ich verstehe es einfach nicht. Er wird eventuell nächstes Jahr schon zurück nach Finnland gehen, doch durch die Blume hatte er ein paar Tage zuvor sogar schon angedeutet dass ich mitgehen könnte und ich deutete an dass es eine Option wäre, wenn alles gut läuft und dann schienen wir beide total gelöst und glücklich. Ich habe aber wieder Druck gemacht, da ich diese Distanz gespürt hab. Ich möchte im Prinzip ja nur eine normale Beziehung in der man sich auch einmal als Paar auftritt und gemeinsam etwas unternimmt.

Vor ein paar Tagen war dieses Trennungsgespräch und ich vermisse ihn jetzt schon so sehr und bin schrecklich unglücklich. Doch diese gegensätzlichen Zeichen lassen in mir dennoch die Hoffnung aufkeimen, dass ich noch eine Chance habe, mit weniger Druck? Ich plane ihm am Wochenende zu schreiben, dass ich ihn vermisse...ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es ihm nicht so geht. Oder ist es besser noch auf Distanz zu gehen. Für mich ist er wirklich ein besonderer Mensch, jemand den man nur einmal in seinem Leben trifft und ich möchte um ihn kämpfen. Ich war mir noch nie um einen Mann so sicher.

Wie ich es einschätze hat er Gefühle, aber auch eine riesige Beziehungsangst (er hatte noch nie eine Beziehung). Habt ihr einen Rat wie ich jetzt vorgehen kann?

Ich muss zugeben, ich bin auch eher ein Typ der schnell auf Distanz geht...selbst dahingehend sind wir uns ähnlich, nur ist es bei ihm wohl etwas ausgeprägter...

Vielen lieben Dank im Vorraus!

02.10.2015 12:40 • 04.10.2015 #1


25 Antworten ↓


Hallo!

Hat er schon mal bei einer Therapeutin/Ärztin nachgefragt, was da los ist? Persönlichkeitsstörung eventuell?

A


Er hat Bindungsängste - Wie kann ich Beziehung retten?

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Er muss schon etwa zehn Jahre lang Medikamente gegen Psychosen nehmen und Antidepressiva. Soweit ich aber weis nur durch körperliche Ursachen, er kommt aus gutem Elternhaus, aber hat durch seine Krankheit schon sehr schwere Phasen durchgemacht. Ein Arzt hat bei ihm wohl auch eine bipolare Störung festgestellt.

Ist sein Verhalten nur typisch beziehungsscheuer Mann und ich bin nur zu blindäugig?! Oder ist es wirklich alles etwas seltsam?

Ich weis nicht wie ich mich weiter verhalten soll. Das er kompliziert ist, ist mir bewusst, aber mir ist auch bewusst, dass er noch viel mehr ist als das.

Ich befinde mich jedenfalls nicht in der Position zu ihm sagen zu können: Hey, geh mal zum Therapeuten damit das aus uns was wird

Es ist sehr simpel, dem anderen einfach Bindungsängste zu unterstellen und seine Entscheidung damit in Krankheitsnähe zu rücken (damit hat man es ja schön einfach, denn er müsste dann ja einfach nur geheilt werden und alles wäre prima), statt einfach den Tatsachen ins Auge zu sehen, dass er einfach keine Lust auf eine klassische Paarbeziehung hat. Er will einfach nicht, hat keine Lust auf den goldenen Käfig und er hat es dir auch klipp und klar gesagt.

Es ist an dir, das zu akzeptieren, denn du wirst ihn nicht ändern oder mit deiner Liebe von seiner Angst heilen, denn er hat keine Angst, sondern einfach nur keinen bock.

Hallo Möwe, eigentlich hat er es dir ehrlich gesagt, dass das nichts wird. Nicht genug hat er gesagt.

D.h. Für Sex und schöne Stunden reicht es, aber mehr ist halt nicht drin.

Und daraus wird eben keine richtige Beziehung, die du dir wünscht.

Sein froh, dass du das hier rausfindest und nicht erst in Finnland.

Ich muss mich leider schon meinen Vorrednern anschließen. Wenn er nicht will, dann geht es nicht. Wenn aber Ängste und psychische Probleme dahinter stecken, er bereit wäre, für eine Beziehung was zu tun, dann könnte es noch was werden.

Es ist eventuell einfach Bindungsängste zu unterstellen, aber ich habe eben auch ganz andere Situationen erlebt ... als ich schon mal unsere Beziehung in Frage gestellt habe, war er komplett verzweifelt und meinte ich bin das erste woran er denkt wenn er früh aufwacht. Zu meinem Geburtstag, noch gar nicht lange her, hat er mir eine teure Kette geschenkt und kam mit zur Familienfeier und das ist noch gar nicht lange her. Ich habe gerade einfach den Eindruck, dass ihn mein Druck überfordert hat und er jemand ist der einfach sehr viel Zeit braucht, denn unsere Beziehung hat sich generell sehr sehr langsam gesteigert und wirklich, es ist natürlich jetzt schwer zu beschreiben, aber alle die ihn in meiner Nähe mitbekommen haben, haben gemeint, er ist komplett in mich verliebt.
Ich denke einfach, da er noch nie eine Beziehung hatte, er komplett falsche Vorstellungen hat und ihn diese Angst durch den Druck den ich gemacht habe übermannt. Es ist auch allen in meiner Umgebung schleierhaft die nicht diese rosarote Brille tragen.
Vielleicht will ich es auch nicht wahrhaben, aber da ist einfach diese riesige Widersprüchlichkeit.

Ich möchte noch hinzufügen wir gehen beide auf die 30 zu und er hatte noch nie eine Beziehung, ich bin die erste die sich jemals so konstant gehalten hat und meine Hoffnungen sind auch dadurch begründet, ich habe einige Freunde bei denen das genauso gelaufen ist - sprich der Mann war sich nicht sicher/ wollte nichts festes - ein ewiges hin und her und jetzt sind sie glücklich verheiratet oder haben Kinder.

Es ist keine Widersprüchlichkeit. Für dich ist Verliebtheit + Verliebtheit = Beziehung. Für ihn nicht. Du stülpst ihm deine Rechnung gerade über, dass das Eine zwingend im Anderen resultiert und ziehst die Möglichkeit gar nicht in Betracht, dass jemand auch einfach verliebt sein kann, OHNE das klassische Beziehungsmodell anzustreben.

Du meinst, er hat völlig falsche Vorstellungen von Beziehungen - ich glaube eher, er hat genau die richtige Vorstellung von Beziehungen und genau deshalb will er keine. Und davon ab - wenn seine Vorstellung die falsche ist, wessen Vorstellung ist dann die richtige? Deine?

Beziehung = Verpflichtung.
Das ist in jeder Vorstellung von Beziehung gleich. Würdest du diese Verpflichtung nicht anstreben und einfordern wollen, hättest du kein Problem damit, dass er keine haben will. Von daher - nein, er hat nicht die falschen Vorstellungen von Beziehungen, sondern die gleiche wie du, nur findet er abstoßend, was du erstrebsam findest: Den goldenen Käfig.

Den Gedanken das meine Vorstellung von Beziehung nicht die Richtige ist finde ich gut... Ich meinte mit falschen Vorstellungen vor allem das, was er sich unter meinen Vorstellungen vorstellt. Das einzige was ich wollte, war das Gefühl von Sicherheit und das Gefühl das er stolz darauf ist mit mir zusammen zu sein. Es fühlte sich oft an wie ein offenes Geheimnis. Offen, da es jeder wusste, Geheimnis, da er sich etwas so verhielt.
Ich bin auch nicht interessiert an einem goldenen Käfig, ich bin ein Fan von der Vorstellung von getrennten Wohnungen, habe kein Interesse jemals zu heiraten und brauche auch viel Zeit für mich. Aber ich bin komplett verliebt und das breitet in mir die Angst aus ihn verlieren zu können...

Der goldene Käfig ist keine Wohnung oder etwas anderes in der Art. Der goldene Käfig ist genau dieser unausgesprochene Vertrag zur Verpflichtung dem Anderen gegenüber beim Eingehen einer Beziehung - dass er nur dich liebt, dass er nicht fremdgeht, dass du DER EINE Mensch in seinem Leben bist, dass es keine anderen Götter neben dir gibt, etc, pp. Du nennst es in deinem Posting Sicherheit, aber diese (Schein)sicherheit entsteht doch nur, WEIL du ihn mit der Beziehung verpflichtest. Das ist dein Wunsch (und das ist der goldene Käfig), denn sonst wäre es dir egal, ob ihr eine Beziehung habt, oder nicht. In dem Wort Beziehung steckt nämlich all das schon drin - unausgesprochen. Das weisst du, das weiss auch er. Du strebst es an, er vermeidet es.

Nun bist du verliebt bis über beide Ohren und klammerst dich an jede Hoffnung. Und mir ist im Grunde klar, dass meine Worte für dich ein nasser Waschlappen ins Gesicht sind. Nur ist das Ding eben, eure Vorstellungen gehen da komplett auseinander. Denn genauso wenig, wie du abstellen kannst, dir diesen klassischen goldenen Käfig zu wünschen, kann er abstellen, genau jenen nicht zu wollen.
Selbst wenn du jetzt im Hormondusel sagst Gut, dann lass ich ihn und wir machen weiter wie bisher und ich werd schon lernen, dass ich keine offizielle Beziehung brauch - dann funktioniert das zwei Wochen, bis das Unglück in deiner Seele, das dich schon dazu getrieben hat, hier zu schreiben, sich wieder wie ein Fettfleck durchdrückt und dir Kummer bereitet. Spätestens dann, wenn jeder vor seinem Partner labert und du da sitzt und sagen musst, dass du eigentlich keinen hast. Spätestens dann, wenn dir wieder Gewahr wird, dass du etwas völlig anderes wünschst als er. Spätestens dann, wenn du merkst, dass du dich im Grunde für seine Abneigung Beziehungen gegenüber verbogen hast und sich die Tatsache abzeichnet, dass es auf Dauer nicht aufrecht zu erhalten ist, sich zu verbiegen, während für den Anderen alles paletti ist. Das ist ne Schieflage, die nicht zu wuppen ist. Und je nachdem, wer sich verbiegt, der wird hinterher derjenige sein, der kaputt ist und seine Seele vom Boden aufkratzen muss.
Und genauso wenig, wie dich das glücklich machen würde, würde es ihn glücklich machen, wenn er dir zuliebe eine Beziehung eingeht, denn da trifft genau das selbe zu - nur umgekehrt.

Von daher ist mein Rat: Lass ihn zurück nach Finnland gehen. Irgendwann verliert sich der Hormonrausch, weil er keinen Input mehr kriegt und dein Seelenverwandter, der so viel mit dir gemein hat, ist er dann trotzdem noch. Nur auf einer Ebene, die keinen von euch beiden unglücklich macht.

Es stimmt, es ist nicht einfach das zu lesen. Es ist auch alles richtig...
Aber ich habe in meiner Umgebung so viele Beispiele bei denen es auch so gelaufen ist und wo es letztendlich geklappt hat. Eine Freundin war in der selben Situation, hat einen Mann kennengelernt, er auch fast 30, nie eine Beziehung gehabt, hat sie andauernd eiskalt abblitzen lassen, sie hat nicht aufgegeben und als sie anfing ihn zappeln zu lassen ist aus den beiden etwas geworden und sie sind immernoch glücklich.
Vielleicht verenne ich mich auch, das kann gut sein, aber was wenn nicht.... Was wenn es auch hier eine Chance gibt, ist es das nicht wert darum zu kämpfen wenn jemand einem so wichtig ist?

@TK


Das Problem ist einfach, dass du immer von dir ausgehst und dich als norm darstellst.
Was du vergisst, dir anscheinend gar nicht vorstellen willst oder kannst, dass du vielleicht die Ausnahme bist, die die Norm bestätigt.

Vielleicht bist du einfach nicht bindungsfähig/bindungsgestört, während andere es nicht sind.

Gleichzeitig willst du aus deiner Perspektive andere belehren und meinst über alle Zweifel erhaben zu sein.

@moewe
Versuch dein Glück, wenn du meinst. Ich hab alles gesagt.

Ich kann ja leider nur aus meiner Perspektive berichten. Ich sehe mich gewiss nicht als Norm, ich weiß das jeder anders ist...ich versuche ja hier zu verstehen.
Ich verstehe nur nicht was daran so abwegig ist um Jemanden zu kämpfen... Er ist sehr sensibel und ich bin etwas aus der Haut gefahren.
Das einzige was ich hier herausfinden wollte, war ein guter Rat wie ich weiter vorgehen kann. Ob es dann was wird oder nicht, wird sich ja sowieso rausstellen.

@moeweX:

Bleib' dran. Dein Verhalten ist eben nicht nur gefühlsmäßig, sondern auch rational vollkommen sinnvoll und normal!

Ob es dann was wird oder nicht, wird sich ja sowieso rausstellen.
Wobei es natürlich sinnvoll wäre, das schon im Voraus einzuschätzen!

Zu meinen Verpflichtungen würden nur Nachteile mit sich bringen ist Kindergartenniveau.
Alles Sinnvolle ist irgendwo mit Pflichten verbunden!

@TK:
Putzt du dir eigentlich die Zähne? Warum eigentlich? Lass' doch einfach diese elenden Verpflichtungen sein.

Zähne sollte man sich schon putzen, sonst bekommt man Karies!
Sponsor-Mitgliedschaft

Danke @ Kern und Mathias...
Ich möchte mich natürlich nicht vor der Wahrheit verschließen... Aber ich kam mir jetzt fast schon so vor, als wäre ich verrückt mit meiner Einstellung ...ich wollte gerne verschiedene Perspektiven betrachten und bin dankbar für unterschiedliche Meinungen. Mir geht es nur nicht besonders gut und hatte auf einfühlsameres Feedback gehofft..

Ich würde eine Paartherapie vorschlagen, falls er Interesse hat.

Moewe:

Da haben wirs wieder. Du willst die Beziehung und dafür willst du kämpfen. Du kämpfst also dafür, dass er das, was er will, aufgibt, damit du das bekommst, was du willst. Das ist wieder ne Schieflage- nur diesmal für ihn. Versuch dein Glück, wenn du meinst, dass du das tun musst. Aber sei dir bewusst, dass es ziemlicher Käse ist, gerade die Person, die man liebt, in seinem eigenen Willen zu übergehen.

Du glaubst, er liebt dich. Er hat dir gesagt, er tuts nicht. (Gefühle reichen nicht - das ist die nette Formulierung für Nein). Und jetzt stell dir die Situation mal umgekehrt vor und jemand lechzt dir hinterher, von dem du nichts willst. Und er gibt nicht auf, nein, er kämpft - oder tut das, was er für Kämpfen hält. Wie lange, bis du es aufdringlich findest? Wie lange, bis er dich mit seinem Verhalten nur noch weiter davon treibt? Wie lange, bis dir total auf den Keks geht, dass der Kämpfer dein Nein nicht akzeptiert (und dir somit zeigt, dass ihm dein eigener Wille am Allerwertesten vorbei geht)?
Und wie lange dauert es wohl, bis du sagst Ohja, jetzt hat er so viel gekämpft, jetzt lieb ich ihn auch!?

Wie gesagt - versuch es. Du hast es doch eh schon entschieden.

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Dr. Reinhard Pichler
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