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Hallo Leute,

ich möchte mich zunächst einmal kurz vorstellen. Mein Name ist Timo und ich bin 31 Jahre alt. Ich habe mich neu in diesem Forum angemeldet, nachdem ich etwas recherchiert habe.

Mein Anliegen ist folgendes: Seitdem ich 18 bin, lebe ich homos.. Diese Information ist wichtig, weil sich meine Bindungsängste ausschließlich auf Männer richten. Ich habe noch nie eine aufrichtige Beziehung geführt, weil ich definitiv unter Bindungsängsten leide. Ich habe viele Ratgeber zu dem Thema gelesen, viel im Internet recherchiert und festgestellt, dass die Symptome definitiv auf mich zu treffen. Eine Aufzählung spare ich mir an dieser Stelle mal, weil das den Rahmen meines Beitrages sprengen würde.

Ein Symptom will ich jedoch ganz gezielt rausgreifen: Nähe-Vermeidung entsteht bei mir aus dem Grund, dass ich immer Angst habe, ich könnte einem Gewaltverbrechen zum Opfer fallen. Sprich, dass mein potentieller Partner mir was antut, wenn ich Nähe zulasse und ihn enttäusche (eine Beziehung kann immer auseinandergehen). Man könnte es auch so formulieren, dass ich glaube, Nähe zulassen ist gleichzusetzen mit Tod. Enttäusche ich die Erwartungen eines Mannes nach Nähe, dann bringt er mich um, stalkt mich, tut mir was an etc.

Ich muss betonen, dass das ein ernsthaftes Problem ist, weil es mich absolut daran hindert, eine Beziehung einzugehen. Ich versuche mich dann zu beruhigen, indem ich meine potentiellen Partner frage: Könntest du einem Menschen was antun? Warst du schon mal gewalttätig etc. Aus den mir dann gegebenen Antworten versuche ich dann Rückschlüsse zu ziehen auf meine etwaige Gefahrenlage. Das hört sich zunächst lächerlich an, ist aber ein sehr großes Problem für mich.

Wie soll man Nähe zulassen, wenn man Angst davor hat, darin umzukommen? Hinzu kommt auch, dass ich eine ausgeprägte Zwangsstörung habe, die mich zusätzlich in Beziehungen belastet.

Ich habe - wie geschrieben - viele Ratgeber zum Thema gelesen. In vielem fühle ich mich bestätigt, aber der große Durchbruch ist mir noch nicht gelungen.

Mich würde interessieren, ob jemand von euch schon mal was in der Richtung gehört hat, ob es noch andere Leute gibt, die solche Ängste besitzen.

Ich arbeite an verschiedenen Strängen zur Bewältigung meiner Problematik. So habe ich gegen diese massiven Ängste sogar ein Medikament verschrieben bekommen, was aber nur gegen die ganz schlimmen Ängste hilft. Gleichzeitig habe ich eine Psychotherapie beantragt, nicht zuletzt auch wegen meinen Zwängen.

Könnt ihr mir Tipps geben, wie ich weiter meine Ängste und speziell meine Bindungsangst in den Griff kriegen kann? Was hilft euch? Gibt es irgendwo Tipps, die jemand zusammen gefasst hat, die ich anwenden kann?

Bei krankhaften Ängsten macht man ja klassisch Expositionstherapie. Aber wie sähe Exposition und Habituation bei Bindungsangst aus? So viele Fragen.

Ich hoffe, ihr könnt mich teilhaben lassen an euren Erfahrungsparametern und würde mich über ein paar Anregungen sehr sehr freuen.

Mit lieben Grüßen

Timo

05.04.2016 17:43 • 29.10.2017 #1


8 Antworten ↓


Hey Timo,

begrüße Dich ganz herzlich hier bei uns.

Schwierig. Einerseits der Wunsch nach Nähe und andererseits die Angst. Denke, Du hast nicht gelernt Dich fallen zu lassen. Hast Du in Deiner Kindheit in der Richtung schlechte Erfahrungen gemacht; was war der Auslöser für Deine Ängste?

Was für ein Medi bekommst Du und wann geht die Therapie los?

A


Bindungsängste spezieller Art - Angst, Nähe zuzulassen

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Hallo Vergissmeinnicht,

also ich habe mal eine heftige Drohung bekommen, seitdem haben sich diese Ängste manifestiert. Das Medikament das ich nehme heißt Lyrica.... und ich weiß nicht, ob die Therapie bewilligt wird, weil ich schon mal eine gemacht habe aus anderen Gründen und ich nicht weiß, obs nochmal genehmigt wird

hg timo

Hey Timo,

ja, das Medi scheint gut zu sein. Drücke Dir die Daumen, das es mit der Therapie klappt.

Zitat:
Ein Symptom will ich jedoch ganz gezielt rausgreifen: Nähe-Vermeidung entsteht bei mir aus dem Grund, dass ich immer Angst habe, ich könnte einem Gewaltverbrechen zum Opfer fallen.

Stellt sich die Frage woher diese Gedanken kommen, die müssen in irgendwas begründet sein?!
Auch wenn ich den Rest deiner Frage durchlese entsteht bei mir der Eindruck, dass nicht primär Bindungsängste im Fokus stehen sondern eine Angsterkrankung an die sich die Bindungsängste koppeln, sozusagen nicht Ursache sondern Symptom sind. Von dem her ist eine Psychotherapie sicher ein guter Ansatz um mit der Zeit eine ganzheitliche Besserung zu erzielen. Ich denke nicht, dass ein Tipp ausreicht damit du deine Bindungsängste in den Griff bekommst sondern gesunde Bewältigungsmechanismen, der Ursprung der Ängste muss ergründet und behoben werden, damit werden sich auch die Bindungsängste bessern.

Hallo Leute,

ich mache hier nochmal ein Eintrag, weil ich seit meinem letzten Beitrag aus 2016 immer noch Bindungsängst habe.

Ich bin zunächst etwas verzweifelt, da ich absolut alleine nicht mehr weiterkomme. Mit 20 Jahren hatte ich mal eine ziemlich krasse psychische Erfahrung, die mich bis heute belastet. Ich hatte seitdem Zwänge und Ängste entwickelt, die sich bis -trotz enormer Verbesserungen- bis heute halten.

Lange habe ich an mir und meinen Zwängen gearbeitet, sowohl medikamentös als auch psychotherapeutisch, was dazu geführt hat, dass ich jetzt ab und an mal Zwänge noch habe, aber diese nicht mehr die Tiefe und die Intensivität haben, als noch vor ein paar Jahren. Insofern habe ich auch enorm viel an Lebensqualität hinzugewonnen.

Zeitweise war es mit mir so schlimm, dass ich lange nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten konnte, sondern in einer Rehawerkstatt. Jetzt habe ich meinen Leben geändert und habe einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt und nochmal ein interessantes Studium aufgenommen.

Ich habe lange Verhaltenstherapie gemacht und arbeite auch intensiv mit Medtitationstechniken, was mir sehr geholfen hat.

Ich hatte auch viele Ängste, die sich konkret darauf bezogen, dass ich Angst hatte, einem Gewaltverbrechen zum Opfer zu fallen, was schlimme Züge angenommen hat, aber nie einen Realitätsbezug hatte. Allerdings: Ich kann den Anfang meiner Ängste und Zwänge genau auf ein Ereignis zurückführen, in dem mir extreme seelische Gewalt zugefügt wurde.

Jetzt habe ich zwar weniger diese konkreten Ängste und Zwänge, aber ich habe eine nachhaltige Bindungsangst, was dazu führt, dass ich immer wieder angehende Beziehungen bewusst oder unbewusst sabotiere und das mit den komischsten Strategien. Wobei ich keine Beziehungen führe, sondern lediglich kurze Kennlerndates.

Nach einigen Treffen wird es mir immer zu viel und ich ergreife die Flucht, was sich durch radikale Beziehungsabbrüche zeigt, die meinerseits erfolgen. Ich bin seit über vier Jahren Single und wünsche mir nichts mehr als eine innige Partnerschaft. Oftmals fehlt mir aber auch der emotionale Zugang zu den Menschen.

Ein kleiner Hinweis von dem potentiellen Partner reicht, um mich derart zu verunsichern, dass ich denke, du musst jetzt raus aus der Beziehung und das nächste Mal wird es besser. Das ist allerdings ein Hamsterrad. Und: Natürlich stelle ich immer Fragen in bestimmte Richtungen und bin entsetzt, wenn ich Antworten bekomme, die mir nicht in den Kram passen

Jedesmal wenn ich einen neuen Kontakt habe, boykottiere ich es immer selbst wieder, obwohl ich mir jedesmal zum Ziel setze, genau das nicht zu machen.

Bindung bedeutet für mich einfach immer Unbehagen: Hab ich sie nicht, wünsche ich sie mir bei. Habe ich sie, wehre ich sie ab.

Immer wieder finde ich irgendeinen Grund, warum ich die Beziehung beenden muss. Partnerschaft ist absolut unmöglich, zu intensive Freundschaften ebenfalls, von einer erfüllten S.ualität ist gar nicht auszugehen.

Liebe Leute: Ich bin hinsichtlich dieses Themas wirklich sehr verzweifelt :heul: . Ich komme alleine einfach nicht mehr weiter.

Ich bin mit meinem derzeitigen Leben relativ zufrieden, aber dieses Beziehungsthema legt sich wie ein Schatten über mein Leben. Da ich mit den anderen Lebensbereichen schon zufrieden bin, bin ich insgesamt eher ein ausgeglichener Mensch. Aber dieses Thema fehlt massiv in meinem Leben.

Das Thema Bindungsangst/Bindungsstörung habe ich schon einige Zeit als relevant für mich erkannt. Ich habe auch schon viel Literatur zu dem Thema gelesen.

Ich möchte hier nicht rum diagnostizieren, aber manchmal denke ich, dieses besagte Erlebnis hat bei mir ein Trauma verursacht.

In zwei Wochen habe ich einen Termin in einem Traumaberatungszentrum. Ein Versuch ist es wert.

Mit 33 Jahren habe ich sehr wenig Beziehungserfahrung und gerne hätte ich wieder was Festes, bin aber momentan nicht auf der Suche, da es eh immer wieder ab einem bestimmten Punkt scheitert. Dieser Punkt ist relativ schnell erreicht.

Soweit zu meiner Selbstreflektion. Erkenntnisse sind da, ich kann aber nicht viel in der Realität umsetzen.

Habt ihr eine Idee, wie ich mich verhalten kann/soll? Als ich in meine Zwänge so stark eingespannt war, war ich für solche Themen gar nicht empfänglich. Ich denke aber, dass jetzt, wo die Zwänge unter Kontrolle sind, Platz wird, für die grundlegenden und eigentlichen Themen.

Ich bin fest entschlossen, mich jetzt diesem Thema anzunehmen. Allein: Ich weiß nicht WIE.

Über Anregungen und Ideen würde ich mich sehr freuen.

Vielen Dank schon mal im Voraus.....

Herzliche Grüße

Das hört sich ziemlich umfangreich an und nachdem du etliche Wege gegangen bist, scheint ja noch immer die ein oder andere konkrete Baustelle offen zu sein.

Zunächst einmal: Meinen allergrößten Respekt vor deinem Weg und der vielen Arbeit, die du in dich investierst! Das finde ich großartig.
Verhaltenstherapie, Realtitätscheck, Mediationstechniken... alles dabei, was du benötigst, um Ängste in den Griff zu bekommen. In den Griff bekommen reicht aber nicht Das ist so, als ob jeder, der eine Erkenntnis über das konkrete Problem hat, plötzlich kein Problem mehr hätte.
Wie sieht es deshalb mit der Gefühlsarbeit innerhalb der Therapien aus? Hast du gelernt, dich mit den aufkommenden Gefühlen zu konfrontieren und damit umzugehen? Oder bist du eher darauf bedacht, ungute Gefühle möglichst alsbald weg zu machen?

Wegmachen kannst du ungute Gefühle z.B. mit:

- Alk.
- Dro.g.e.n (einige Wörter werden automatisch vom System unschädlich gemacht)
- S. E. x
- Video/PC Spiele
- Musik bis zum Umfallen
- Essen (Frust-, Angst-,Kompensationsfressen)
- usw. und so fort...

Wie schaut es mit den Aspekten Überforderung, Abhängigkeit in Beziehungen und den damit zusammenhängenden Ängsten aus? Immer wieder empfehlens- und lesenswert dazu die Seite von Bindungsangst Coach Silke Neuschulz aus Hannover: http://www.silke-neuschulz.de oder http://www.bindungsangst.coach

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass du bei diesem umfangreichen Paket vielleicht einmal über einen längeren Zeitraum (6-8 Wochen) in einer psychosomatischen Klinik daran arbeitest. Eine der Kliniken, die Schematherapie anbieten, wie z.B. die Adula oder Hochgrat Klinik.

LG

Hey Hoffnungsfroh,

vielen Dank für deinen tollen Beitrag. Ich muss schauen, wie ich das noch bearbeite. Mir kam gestern eine Idee, mein vorheriger Psychologe hat mal von VerhaltenS.perimenten gesprochen.

Ich mache schon einiges. Bei den Zwängen habe ich mich auch meinen Gefühlen gestellt. Da ich das schon mal hinter mir habe, würde das da eventuell auch was nutzen.

Einen Klinikaufenthalt finde ich in meiner Situation eher nicht sinnvoll. Immer wenn ich in Kliniken war, ist es nach hinten losgegangen. War ich jetzt auch schon 8 Jahre nicht mehr.

Ich habe von meiner Krankenkasse noch einen Bewilligungsbescheid von 35 Therapiestunden. Vielleicht suche ich mir einen neuen Therapeuten. Der letzte ist weggezogen, deswegen bin ich jetzt nicht mehr bei ihm.

Diese Planung von VerhaltenS.perimenten ist vielleicht ein sinnvoller Ansatz. Gestern kam mir die Idee von so einer Kuschelparty in den Kopf: Nähe zulassen. Wäre vielleicht mal ganz sinnvoll.

Auf deine Frage hin: Betäuben tue ich meine Gefühle gar nicht. Ich trinke weder Alk. noch rauche ich, noch konsumiere ich andere Dro..

Ich will mich aber dieses Problems annehmen und bin hierzu auch bereit, jedoch in kleinen Schritten, nach dem Motto: Weniger ist mehr.

Und du hast recht: Erkenntnis bringt keine Heilung, aber es ist schon mal ein enormer Fortschritt.

LG

Positive Erlebnisse sind wichtig, um negative Erlebnisse bearbeiten, bzw umswitchen zu können. Deshalb sind Kuschelabende bestimmt ein guter Einstieg. Tiefer kommst du mit Bonding. Aber bitte immer therapeutisch geführt! Denn wenn die Erinnerungsspeicher berührt werden, kann es richtig abgehen. Dann sollte ein Profi zum Auffangen und Führen in der Nähe sein.

Klinik ist ja nicht gleich Klinik. Auch hier sind schemathetapeutische Ansätze gut. Das machen aber nicht alle Kliniken. Bonding schon gar nicht.





Dr. Reinhard Pichler
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