Hallo ihr Lieben,
das ist mein erster Eintrag. Ich bin vor ein paar Tagen auf dieses Forum gestoßen und musste weinen, darüber, dass ihr meine Gefühle ausdrücken könnt und dass es Menschen gibt, die genauso fühlen.
Habe jetzt schon öfters hier gelesen, dass es ein bisschen hilft, nicht alleine zu sein und das nahm mir auch irgendwie eine Last.
Ich habe diese Unruhe (habe hier zum ersten Mal vom Troll gehört, ich nenne es für mich Vulkan, der manchmal still ist, manchmal brodelt, manchmal ausbricht) seit jetzt ca. 8 Jahren, mit 17 das erste Mal. Damals bekam ich sehr plötzlich eine Panikattacke mit Übelkeit, Schüttelfrost, keine klare Gedankenfassung und Unertragbarkeit von Nähe in Anwesenheit meiner ersten großen Jugendliebe nach ca. 4 Monaten Beziehung. Danach kam dieses Gefühl des Nicht-Fühlens, dass ich ihn nicht liebe, diese Zwangsgedanken, dass mein Körper mir gerade gesagt hat, dass diese Beziehung falsch ist, sonst würde er ja nicht so reagieren. Habe direkt Schluss gemacht, da ich das Gefühl los werden wollte und mit 17 natürlich das Ganze überhaupt nicht einschätzen konnte und habe dann aber unter der Trennung sehr gelitten.
Danach hatte ich, sobald ich einem Mann näher kam und es auch nur theoretisch sein hätte sein können, man würde eine Beziehung eingehen, immer wieder die Unruhe.
Zwischenzeitlich hatte ich eine dreijährige Beziehung, jedoch mit einem Menschen, der an sich ein sehr trockener, distanzierter Mensch ist, der seltenst seine Gefühle zeigte. Ich hatte den Vulkan dort weniger, da ich selbst die Distanz, die Emotion irgendwie steuern konnte und nie überfordert von den Gefühlen des Anderen war. Ich habe in dieser Beziehung auch nie von meiner Unruhe, vom Troll erzählt.
Das ist in meiner jetzigen Beziehung (seit 6 Monaten) anders, mit meinem Freund, der mich sehr an meine Jugendliebe erinnert, sowohl äußerlich, als auch emotional. Mir war es direkt sehr wichtig, von mir und dem Vulkan zu erzählen. Aus den Gesprächen heraus und der Erkenntnis, das jetzt endlich anzugehen, habe ich vor ca. 3 Monaten mit einer Therapie angefangen. Wir sind jedoch noch nicht so weit, erst durch dieses Forum, ist es mir richtig aufgegangen, vorher konnte ich diese Unruhe und die Gründe nicht wirklich benennen, wusste nur, wann es öfter kommen könnte, vor allem ging es mir zu Beginn der Therapie sehr gut mit mir und auch in der Beziehung.
Mein jetziger Freund ist ein unfassbar liebevoller, aufmerksamer, tiefer Mensch, der mich aufrichtig liebt, so wie ich es noch nie zuvor erfahren habe. Wir verbringen sehr viel Zeit miteinander und zeitweise dachte ich, jetzt wäre es mal wieder Zeit für den Troll/Vulkan.
Vor einer Woche, wir haben viel draußen unternommen, waren uns sehr nah...kam die starke Unruhe, ich hatte sie manchmal leicht davor, konnte sie aber immer schnell unterdrücken. Ich habe sie ihm ads dann auch kommuniziert, er war natürlich enttäuscht, dass mir das auch mit ihm passiert, dass er leider keine Ausnahme ist.
Ich habe beobachtet, dass die Unruhe oder Panik häufig beim Essen/Essen-gehen kommt (während meiner ersten Attacke mit 17 haben wir Pizza gegessen), und wenn ich alleine bin. Ich komme wie viele von euch in eine Art Gedankenautobahn, ihn nicht zu lieben, nicht mit ihm zusammensein zu können, ihn anzusehen und überhaupt nichts zu fühlen, nur zu denken wie los, liebe ihn jetzt! du musst ihn doch lieben! Und dann, du liebst ihn nicht, deshalb kannst du dich einfach nur trennen, ich muss mich trennen. Das alles fühlt sich unglaublich wahr an. Mein Herz ist so bedeckt von einem Schleier, ich empfinde keine Liebe mehr, aber auch mit anderen Menschen keine Freude o.ä. und bin allgemein dann von Gesellschaft überfordert, kann sie nicht ertragen, weiß aber auch, dass sie mich manchmal aus dem Troll wenigstens zeitweise rausbringt. Muss aber in erster Linie alleine sein.
Ich werde erdrückt von dieser Erwartungshaltung meiner selbst an die perfekte Liebe wie jemand hier schrieb und die gefühlte Erwartungshaltung meines Freundes. Ich denke, es muss doch auch so tief und so unglaublich stark wie bei ihm sein.
Ich habe auch dieses Urlaubsproblem, vor gemeinsamen Wochenenden irgendwo, manchmal auch vor Tagesausflügen habe ich schlaflose Nächte vor Unruhe. Dann dort ist die Unruhe wie weggeblasen.
Für unseren zweiwöchigen Zelturlaub nehmen wir jetzt noch ein Zelt als Back-up mit, falls ich das brauche. Das beruhigt mich, aber ich weiß natürlich auch, sollte der Vulkan kommen, hilft im Zweifel vielleicht auch kein zweites Zelt. Das beunruhigt mich, ihn nicht mehr ertragen zu können.
Was mir bei euch sehr geholfen hat, ist diese Feststellung, dass es die perfekten Gefühle, die klar von unserer Gesellschaft oder von Filmen definiert sind, nicht gibt. Dass ich so liebe, wie ich nunmal liebe, dass diese Gefühle auch ambivalent sein können und das ist nicht schlimm. Dass ich mich daran erinnere, wenn der Schleier mein Herz bedeckt, wie die Zeit vorher war und wie toll eigentlich mein Freund ist. Dass ich alles in meinem eigenen Tempo mache. Trotzdem glaube ich, dass mein Freund eine gewisse Erwartungshaltung hat, dass ich so fühle wie er und er sagte auch schon einmal, dass er nicht glaubt, dass ich ihn so liebe, wie er mich liebt. Worauf ich antwortete, dass ich eben anders liebe, ich drücke beispielsweise meine Liebe auch mehr körperlich aus als sprachlich, im Gegensatz zu ihm. Das ist noch etwas schwierig, da ich spüre, dass er Verlustängste hat, dass er unsicher durch mich ist. Das setzt mich natürlich noch mehr unter Druck, Leistung zu bringen, auch wenn ich mich gerade nicht in der Lage fühle.
Worauf ich jedoch mehr achten möchte, ist tatsächlich mir mehr Zeit für mich selbst zu nehmen.
Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zu viel geschrieben, habe mich schon etwas zurückgenommen. Ich wollte mich nur vorstellen und dass ich nun vielleicht auch manchmal hier antworte oder schreibe.
Ich empfinde dieses Forum als ganz wichtig und hilfreich und bin sehr glücklich, es gefunden zu haben.
Welche Frage ich noch habe, ich habe gelesen, dass viele von euch in Therapie sind.
Ich suche ständig nach den Gründen und dem Ursprung dieser Angst und führe das teilweise auf Erfahrungen im Kindes-und Jugendalter zurück, aber andererseits habe ich auch keine Ahnung.
Wie geht ihr auf Spurensuche? Was glaubt ihr, woher das bei Euch kommt?
Meine Therapeutin möchte wahrscheinlich nach der Kurzzeittherapie, eine analytische Psychotherapie (2x Woche) machen, erst war ich skeptisch (dachte natürlich sowas wie so schlimm ist das ja nicht bei mir) aber jetzt macht es langsam für mich sehr viel Sinn.
In welchen Therapieformen seid ihr?
Und ich fände es auch eventuell noch einmal sehr hilfreich, was eure Strategien bei einem Vulkanausbruch oder bei einem Trollangriff sind? Zieht ihr euch von eurem Partner zurück und kommuniziert, dass ihr jetzt drei Tage Ruhe braucht oder seid ihr euch trotzdem nahe?
Ich möchte meist nicht, mir meine Beziehung durch das kaputt machen zu lassen und gehe dann trotz Unruhe die Nähe ein. Manchmal denke ich, dass das der falsche Weg ist.
Ich danke euch und wünsche einen schönen Rest-Abend!
Liebe Grüße!
23.07.2015 20:59 •
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