Vielleicht nur im übertragenen Sinne interessant, aber immerhin.
Ich beobachte mich seit geraumer Zeit dabei, wie ich pferdemäßig fremdgehe. (Ich hoffe, die Leute, die nichts mit Pferden am Hut haben, verstehen das jetzt. So eine Pferde-Mensch-Beziehung kann genau so intensiv sein wie eine Mensch-Mensch-Beziehung ).
Ich hatte bei dem Pony von Anfang an Bindungsprobleme. Ich kam zu ihm nach einer völlig verpatzten Reitbeteiligungserfahrung und konnte mich nie auf ihn einlassen. Er war nicht wie der erste. Alles an ihm war.... anders, irgendwie schlechter... ich ging trotzdem immer wieder hin, wenn auch sporadisch. Nur aus Gewohnheit?! Aus Pflichtbewusstsein!? Als Notnagel? Ich wusste es nicht... ich ging weiter hin...ich machte Pausen... ich ging wieder hin. Warum?! Keine Ahnung...
Seit meiner Angst sind diese Bindungsprobleme phasenweise richtig schlimm geworden. Ich wollte ein anderes Pferd...ich wollte nicht zu diesem Gaul, mit dem eh nichts so klappte wie mit dem letzten. Ich war frustriert... dennoch: Wenn jemand sagte Such dir doch einfach was anderes, Angebote hast du doch! zog sich in mir alles zusammen. Das wollte ich nicht. Warum? Weil er mir vertraut ist? Weil ich ihn kenne? Weil ich nicht weiß, was das Neue bringen würde? Ich wusste es nicht... ich ging weiter hin... ich kämpfte gegen die negativen Gedanken, gegen den Frust... es klappte mal besser, es klappte mal schlechter... aber ich ging weiter....
Durch Zufall wurde ich auf andere Pferde gesetzt... oh, wie herrlich!! Die Fehler, die mein Pony hatte, hatten sie alle nicht... ich war drauf und dran, wegzulaufen und das andere Pferd zu nehmen... Nur noch EIN Test, ob es wirklich besser zu mir passt.... Nach dem ersten rosa-rote-Brille-Flug merkte ich, dass diese Ponys andere Fehler hatten, Fehler, mit denen ich viel schlechter umgehen konnte als mit den Fehlern meines Ponys.
Immer wieder wurden mir andere Pferde angeboten... ich ritt sie und nach der ersten positiven Erfahrung keimten direkt Weglauf-und-Neubindungs-Gedanken in mir auf: Mit denen wäre alles leichter... alles besser... bestimmt. Trotzdem blieb ich bei meinem Pony. Als Notnagel, sollte es nichts bringen? Weil er mir vertraut war? Oder war da in mir DOCH Liebe für das Tier? Ich wusste es nicht, wie sollte ich das auch unterscheiden?!?!? Ich ging weiter hin... wieder und wieder...
Mit jedem neuen Pferd merkte ich, dass irgendwann die rosa Brille verschwindet und immer wieder dachte ich: Wie schön, dass ER diese Fehler nicht hat. Wie schön, dass er ist, wie er ist.
Mir wurden meine Denkmuster klar. Diese vielen kleine negativen Biester, die mir alles schlecht redeten. Der mag dich nicht. Das klappt bei seiner Besitzerin sicher viel besser. Der will doch gar nicht mit dir. Und mir wurde klar, dass eine Beziehung auch Arbeit bedeutet und man nicht immer von A nach B hoppsen kann, wenn man eine wirklich befriedigende Beziehung haben will.
Ich ging weiter hin... noch öfter... und öfter... ich konzentrierte mich auf die positiven Dinge und entschuldigte die negativen. Wir müssen noch üben, das war immer MEINE Baustelle... wir kriegen das zusammen schon hin!! Langsam änderte sich mein negatives Gegner-Denken und ich fing an, ihn für kurze Momente als meinen Freund zu sehen... als jemanden, mit dem ich GEMEINSAM zusammenarbeiten muss und nicht andauernd dagegen. Ich fing an, seine Eigenheiten als SEINE zu akzeptieren und nicht als Angriff gegen mich. Wir fanden Kompromisse.
Was soll ich sagen? Ich weiß nicht, wie es weiter geht und ob ich nicht morgen schon wieder in ein Loch falle, was diese Beziehung angeht, aber heute, genau HEUTE, habe ich dieses Verbindungsgefühl, das Gefühl angekommen zu sein und mit DIESEM Tier zusammen arbeiten zu wollen, mit IHM etwas erreichen zu wollen und von allen Hochgefühlen (auch denen, als ich dachte zu DEM gehste, mit dem wird alles leichter) fühlt sich dieses am besten an.
Ich folge dem großen Gefühl, was sich für mich am besten anfühlt, ganz gleich, was die vielen kleinen fiesen Gefühle sagen.
13.07.2012 19:57 •
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