Hallo,
so, ich versuche jetzt nochmal auf alles einzugehen
Ich komme nicht so richtig mit der Zitatfunktion klar, deswegen versuche ich es anders darzustellen. Ich stelle eure Sätze auf kursiv und antworte dann darunter. Es ist hoffentlich verständlich.
@Disturbed
„Nun frage ich mich allerdings, bei all dem was Du schilderst, woher Dein schlechtes Gewissen wegen der Krankschreibung kommt. Die Zukunft ist ungewiss, weil sie es ist. Aber was hat das mit deinem schlechten Gewissen zu tun, abgesehen davon, dass Du wohl meinst, eines haben zu müssen? Vor allem, wem gegenüber hast Du es denn genau?“
Weil die Kollegen ja im Grunde nichts damit zu tun haben was dir im Leben widerfahren ist. Klar kann ich sagen, dass ich als Kind misshandelt wurde und jetzt psychische Probleme habe, und so ist es ja auch. Aber was kann meine Kollegin dafür? Die Arbeit lastet dann auf ihr. Klar es ist dann die Sache des Arbeitgebers das zu lösen in meiner Abwesenheit, aber erstmal ist es halt so ein Gefühl und man will ja auch selbst nicht gerne als Opfer wahrgenommen werden. Das ist auch ein Grund wieso ich so lange darüber geschwiegen habe. Eben auch weil die Dinge die man selbst erlebt hat, für viele mit einer Bilderbuchkindheit eben gar nicht nachzuvollziehen sind. Also ich würde nicht mal unterstellen, dass mir nicht geglaubt wird, aber ich glaube dass viele die sowas nicht erlebt haben, es vom Kopf halt einfach nicht nachvollziehen können, weil da eben die Erfahrung fehlt, weil das eigene Leben eben ganz anders abgelaufen ist als die Erzählung.
@Hicks
„Als ich Deine Zeilen las, wollte ich genau das auch anmerken, aber Du hast es dann sofort selbst geschrieben.
Ich kann Deine Denke gut nachvollziehen, weil es bei mir ähnlich ist. Ich denke mir auch oft, dass es irgendwann soweit kommt, dass meine Familie und ich wegziehen müssen, vor allem aus der Stadt raus.“
Darf ich dich fragen wie deine Familie damit umgeht?
Ich bin auch in einer Beziehung und mein Partner stützt mich, aber es ist halt immer mal wieder Thema und auch für ihn nicht immer einfach. Er ist mit unserem Wohnort auch nicht so ganz zufrieden, auch weil meine Psyche es oft verhindert, dass wir etwas vor Ort unternehmen. Meine Angst dort draußen in der näheren Umgebung jemanden zu treffen und auch die Angst vor spontanen Flashbacks ist einfach sehr groß. Erst letztens als wir im Kino waren, saß bei uns im Saal plötzlich eine Person von früher, mit der ich in dem Moment gar nicht gerechnet hätte.
Ich würde am liebsten mit ihm in seine Heimat ziehen, die ca. 250 km von unserem Wohnort entfernt liegt. Er wäre auch dafür. Die Arbeit ist bei ihm auch kein Problem, da er sich sofort versetzen lassen könnte. Das Problem bin eher ich.
Hast du denn schon eine Idee wie weit ihr wegziehen wollt und wann? Und wie genau willst du es angehen?
Ich denke manchmal, dass das Problem vielleicht auch einfach ist, dass man sich keinen Stichdatum oder so setzt. Ich denke, dass es vielleicht helfen könnte, wenn man sagt: So, bis zum 30.11.2023 will ich das und das geschafft haben.
Ich habe das nie so gemacht, weil ich immer dachte, dass ich mich so selbst noch mehr unter Druck setze. Aber ich merke auch, dass sich scheinbar so nie etwas ändert.
„Das Wort SINN ist so wichtig. Ich finde, man kann seinen Beruf eigentlich nur dauerhaft durchhalten, wenn man zumindest entweder etwas Sinn darin findet (z.B. Menschen helfen) oder sehr viel Spaß daran hat.“
Es ist so richtig was du sagst und wenn ich ehrlich bin, habe ich den Job bis jetzt noch nicht aufgegeben, weil ich eben finanziell daran gebunden bin. Der Krieg hat mir wie gesagt einen Strich durch die Rechnung gemacht meine Stelle zu reduzieren.
Was du schreibst mit dem Scham kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich hatte das letztens bei einer Freundin, mit der ich zusammen die Ausbildung gemacht habe. Ich habe ihr gesagt, dass ich am liebsten sofort aufhören würde zu arbeiten und man fühlt sich sofort einfach als gescheiterte Person.
Ich denke auch, dass andere Menschen im Leben andere Situationen durchmachen mussten wie zB Kriege. Aber sind unsere Erfahrungen deshalb „nicht so schlimm“ oder „weniger wert“? Ich denke das nicht. Ich denke einfach nur, dass jeder von uns zu irgendeinem Zeitpunkt in diese Welt hineingeboren wurde und man nicht gefragt wurde ob man das überhaupt will und dann damit zurecht kommen musste. Nein, ich finde man kann sowas echt total schlecht gegen was anderes aufwiegen. Ja, es mag auch sein dass Menschen jeden Tag in Afrika sterben an Hunger und man selbst sich aber was zu Essen kaufen kann im reichen Europa, aber ich finde halt einfach nicht, dass das mit unseren Sachverhalten etwas zu tun hat. Vor allem gibt es überall auf der Welt traumatisierte Menschen, egal ob das bei uns ist oder in XY.
„Das Ding ist aber: Wenn der Job dazu beiträgt, dass man wirklich krank wird, dann ist das eine etwas andere Geschichte. Wenn meine Familie darunter leiden muss, weil ich krank bin, dann hört bei mir der Spaß auf und dann ist auch völlig egal, ob man als stell dich nicht so an angesehen wird (was ja in der Realität genau genommen eh nicht der Fall ist für die Leute, die mittlerweile komplett Bescheid wissen).“
Ich habe es heute tatsächlich meiner Kollegin gesagt und sie hat es gut aufgenommen und war dankbar. Ich glaube, dass ihr dadurch viele Dinge im Nachhinein klar wurden, die sie vielleicht mal seltsam fand in Zusammenhang mit mir – das habe ich sofort in ihrem Gesicht gesehen. Wie auch immer, es war glaube ich gut so.
„Ich kann mich nicht so einfach bei einer anderen Firma etc bewerben. Mein erlernter Beruf ist speziell und kaum zu gebrauchen da draußen. Außerdem bin ich mir mittlerweile klar, dass ich nur noch etwas machen will, worin ich wie oben gesagt entweder wirklich SINN sehe oder viel Spaß habe.“
Es ist bei mir auch so. Also ich könnte evtl. schon woanders etwas finden in meinem Beruf, aber ich würde vom Regen in die Traufe kommen. Aber vielleicht ist sowas auch als Übergang ok, nur damit man wegziehen kann?
Ich finde es auch problematisch, dass in unserer Gesellschaft suggeriert wird, dass man nur dann glücklich ist, wenn man möglichst viel Geld hat. Klar entlastet Geld von vielen Sorgen, aber ich denke wenn man nicht so extrem auf das Geld angewiesen wäre wie es der Fall ist, würden Menschen Dinge tun die sinnvoller wären und dafür glücklich sein. Keine Ahnung, wünsche ich dir auf jeden Fall, dass du das auch schaffst. Ich habe nur so meine Zweifel, dass das Arbeitsamt da bei mir so eine große Hilfe sein wird.
25.05.2023 15:46 •
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