ich weiß, es ist sehr viel zu lesen, ich wäre euch sehr aber sehr dankbar für eine Antwort. Die Meinung von Menschen, die Ähnliches erleben/erlebt haben ist mir sehr wichtig.
***TRIGGERWARNUNG***
Ich bin 24 Jahre alt, männlich und leide seit meiner Kindheit unter einer schweren Zwangsstörung.
Es fing an, als ich mit 4 Jahren, meine Mutter war schwanger, immer wieder etwas zu dem Zeitpunkt für mich peinliches zu meiner Mutter sagen musste, bis sie nach Wochen darauf reagierte. Dann war es plötzlich verschwunden.
Dann war es für einige Jahre ruhig, ich kam in die Grundschule und übersprang die erste Klasse, weil ich bereits lesen, rechnen und schreiben konnte und den Unterricht störte. Ich fand keinen Anschluss zu meinen Mitschülern und meine Eltern gingen mit mir zu mehreren Psychologen. Die Diagnose lautete Hochbegabung, ADHS wurde auf Grund der guten Noten ausgeschlossen, jedoch bin ich heute andere Meinung. Meine neue Klassenlehrerin gab mir extra Aufgaben und förderte mich und in dieser Zeit ging es mir gut, es gab keine Zwänge. Ich fand auch hier und da mal jemanden, mit dem ich die Schulzeit verbrachte.
Trigger
Mit 10 Jahren kam ich auf das Gymnasium, alles wirkte befremdlich und nach kurzer Zeit hatte ich meinen Platz in der neuen Klasse gefunden. Ich war der kleinste und wirkte wohl schwächlich, war jedoch gewillt, einen guten Eindruck abzugeben. Ich wurde ziemlich schnell von einigen Mitschülern gemobbt, mein Schulranzen steckte im Mülleimer und ich wurde gezielt ausgegrenzt. Meine Noten sanken rapide und mit 11 oder 12 Jahren fing es dann wieder an. Ich musste zu Hause immer wieder den Notruf wählen, um daraufhin sofort aufzulegen. Nach hunderten Anrufen bekamen meine Eltern das mit und mein Vater fuhr mit mir zu den Notruf-Männern, welche ruhig mit mir redeten, was jedoch zur Folge hatte, dass der Zwang verschwand und zwar sofort. [trigger]In der gleichen Zeit fing ich an, meinem 5 Jahre jüngeren Bruder Leid zuzufügen. Ich brauchte eine Resonanz, er musste weinen und obwohl da ein Haareziehen ausreichte, hatte ich sehr starke Schuldgefühle, die mich auch heute noch begleiten, wenn ich daran denke, was ich meinem Bruder über Jahre phasenweise angetan habe. Ich war SEIN Bruder, der ihm alles bedeutete und ich tat so etwas. Wenn ich ihn heute noch weinend vor Augen habe, kommen mir die Tränen. Ihm aus heiterem Himmel weh getan zu haben schmerzt heute noch unbeschreiblich. Als er dann ein Alter erreicht hatte, in dem ich damit rechnen konnte, dass ich eine physische Resonanz bekommen würde, verschwand dieser Zwang
Trigger
Im Alter von 15 Jahren kaufte ich mir eine Softairpistole und recht schnell entwickelte sich der Zwang, meinem schlafenden! Bruder die geladene Pistole ans Auge zu halten und den Finger am Abzug zu haben. Die Vorstellung, es könnte etwas passieren, bereitete mir extreme Angst, aber zum Glück passierte es nie.
Nachdem ich mir im Internet Hilfe in einem Forum suchte, bekamen wir kurze Zeit später besuch von der Polizei und dem Jugendamt. Die Pistole wurde mir abgenommen, da sie für mein Alter (1J) nicht zugelassen war. Ich bekam eine Anzeige wegen Dokumentenmissbrauch, da ich sie über den Namen meines Vaters bestellt hatte. Zum Zeitpunkt der Bestellung hatte ich übrigens nicht die Vorstellung, damit so etwas anstellen zu können. Ich fand es lediglich cool, so ein Ding zu besitzen, wie einige andere in meinem Alter auch.
Trigger
Dann war es erstmal wieder ruhig, bis ich im alter von 17 Jahren ein Video im Internet sah, in dem jemand brutal erschlagen wurde. Ich kam über ein Youtube Video darauf und bereute es sofort, da sich augenblicklich starke Zwangsgedanken, in denen ich meine Familie ermordete bemerkbar machten und ich bekam eine unglaubliche Angst.
Über die nachfolgenden 4 Wochen wurde es besser verschwand es dann langsam. Zu meiner damaligen schulischen Situation kann ich nicht viel sagen. Seit der 7. Klasse war ich der Klassenclown, meine Noten wurden nicht besser, ich schummelte mich durch die Schulzeit und wurde von einigen Klassenkameraden missachtet und bekam dumme Kommentare an den Kopf geworfen. Grundsätzlich fühlte ich mich aber wesentlich besser als in der 5. und 6. Klasse. Auch einige Lehrer/innen gaben mir das Gefühl, nichts zu schaffen und das Schlusslicht zu sein. Das Venlafaxin habe ich übrigens vor einigen Jahren selbst abgesetzt.
Im März des Folgejahres, nur wenige Monate nach den Zwangsgedanken, kauften wir uns einen kleinen Hund, der stark an mich gebunden war, da er immer bei mir schlief. Zwischenzeitlich kam ich in die Abschlussphase der Schule und spickte selbst im Abitur mit dem Handy, da ich mich wie die Jahre zuvor auch, nicht rechtzeitig aufraffen konnte, um zu lernen.
Mein Abitur habe ich als Schlechtester des Jahrgangs mit 3,6 abgeschlossen und hatte keine feste Vorstellung, was ich nach der Schule lernen oder studieren wollte. Für mich stand nur fest: Studium, weil ich hatte mich nicht umsonst durch das Abitur geboxt (. ), um jetzt eine Ausbildung zu machen.
Trigger
Im Oktober 2015 machte ich mit meiner Mutter, meinem Bruder, meiner Schwester und unserem Hund Urlaub. Der Hund wandte sich mehr und mehr von mir ab und meiner Schwester zu. Ich kann es nur rückblickend als Ursache für den folgenden Zwang sehen, aber von da an nahm unser Hund die Rolle meines Bruder von damals ein. Ich brauchte auch dort wieder die Resonanz und es machte mir noch genauso zu schaffen wie vorher auch. das zog sich über Jahre hinweg.
Trigger
Ein paare Tage zuvor oder danach kam der Gedanke auf Arbeit, ich könne mir Kabelbinder um den Hals legen und sie dann zuziehen. Der Gedanke drängte sich so sehr auf, dass ich schnell nachgab und es tat, jedoch nur leicht und dabei habe ich wieder meine Zahlen eingebunden. Bei der letzten Handlung habe ich mich mit der Schere am Hals geschnitten, das hat es nicht besser gemacht. Von da an war ich wieder in einer Spirale drin und habe versucht, es irgendwie in meine Zahlenrituale einzubinden. Ich musste auf dem Nachhauseweg den Gurt um den Hals legen und leicht bremsen und zu Hause ein Kabel um den Hals legen und leicht dran ziehen. Dann dachte ich, ich hätte mich wieder unter Kontrolle. Kurze Zeit später entdeckte ich, dass ich mich selbst würgen kann und dadurch wohl auch ohnmächtig werden kann. Das hat eine sehr starke Angst ausgelöst und ich fiel in ein Loch.
Trigger
Dieses Wochenende war sehr schlimm, ich war gefangen in einer Angstspirale, die sich nur um diese Handlungen drehte und ich musste mich hunderte Mal am Tag selbst würgen, es ging in einer Tour. Am Montag fuhr ich leider zu spät in die Kaserne, ich weiß nicht mehr, ob ich frei hatte, aber ich war nicht arbeiten. Am Dienstag habe ich mit einem Truppenarzt gesprochen, der mich noch am gleichen Tag in die nächst gelegene Akutpsychiatrie eingewiesen hat.
Trigger
Dort kam ich auf die Coronastation und habe auf mein Testergebnis gewartet. Ich war nicht mehr derselbe, getrieben von Angst, die sich nicht greifen oder festmachen ließ. Ich habe selbst dort, obwohl ich unter Beobachtung stand, immer wieder Handlungen durchgeführt, dann jedoch nur mit der Hand. Als ich dann einen Tag später auf meine eigentliche Station kam, war es mir am darauffolgenden Morgen schon zu viel, als Psychotiker lauthals die Morgenandacht hielten. Ich ließ mich abholen, stellte mich am gleichen Tag wieder beim Truppenarzt vor, der mich am darauffolgenden Tag in das Bundeswehrkrankenhaus Berlin überwies. Dort wusste man mir nicht so recht zu helfen und ich hatte viel Zeit zum Grübeln. [trigger]Es kam zu Strangulation mit Kapuzen, jedoch immer nur sehr schnell, um ja nicht Gefahr zu laufen, ohnmächtig zu werden. Ich strengte mich auch so stark an, dass ich blutunterlaufene Augen hatte, es kamen sehr viele Rituale hinzu, die sich überschnitten und mir unglaublich viel zeit raubten. Ich hatte teilweise nicht mal Zeit zum Frühstücken. Nach drei Wochen laß ich im Internet von Hyperventilation, ich musste! es ausprobieren, wurde ohnmächtig und schlug mir einen halben Zahn raus. Da war die nächste Angst da und ich musste es 3 oder 7 mal am Tag machen, um Kontrolle zu gewinnen.
Ich wurde in der Zeit übrigens erst auf Escitalopram, wegen EKG Veränderungen dann auf Sertralin gesetzt.
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Zu Hause ging es mir kein Stück besser, von da an nutzte ich Tshirts zum strangulieren, lediglich nur mit den Händen, also ohne mich in zu große Gefahr zu begeben.
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Trotzdem habe ich wieder Handlungen ausgeführt und nach einigen Wochen kam mir der Gedanke, ich könnte mir feuchtes Toilettenpapier in den Rachen stopfen. Ich habe es so oft gemacht, bis ich gemerkt habe, dass alles, was reinpasst, auch wieder raus kann und das es anatomisch wohl nicht so einfach ist, sich damit etwas anzutun
Seit dem bin ich fast ausschließlich bei ihr und nur selten zu Hause. Anfangs war es bei der Heimkehr sehr schlimm, irgendwann lebte ich meine Symptomatik auch bei meiner Freundin aus. Insgesamt war es aber viel besser als in der ersten Jahreshälfte. Ich merkte, wie die Anspannung und Symptome mehr wurden, wenn der Aufenthalt zu Hause wieder näher rückte. Ich mied mein Elternhaus, assoziierte mit unserem Keller meine Zwänge und Angst. Irgendwann war es zu Hause aber nicht mehr so schlimmer, trotzdem wurden die Zwänge bis zu dem Zeitpunkt, wo ich oder wir zu Hause ankamen schlimmer. Es war wohl die Erwartungshaltung, die sich bei mir abgespeichert hatte. Aktuell ist es aber nicht so, dass es besser geworden ist, ich denke, dass es daran liegt, dass wir fast zwei Wochen bei mir sind. Vorher waren es nur wenige Tage zusammen oder ich maximal zwei Tage allein. S
Trigger
eit ca. einem halben Jahr drehen sich meine Zwangsgedanken um das Thema Tod, ich habe vor Augen, wie ich mich erhänge, jedoch nicht an einem Baum oder so, sondern in einer Position, die als atypisch bezeichnet wird. Es ist die Vorstellung, wie ich die Zwangshandlung ausführe, die ich übrigens so nicht ausführe, da sie mir als zu schlecht kontrollierbar erscheint sich zuziehende Schlinge und dabei das Bewusstsein verliere und danach nicht mehr da bin Vorstellung von Ohnmacht, also dem nichts. Ich habe in dem Moment, wo ich daran denke nicht mehr da zu sein und alles zu verlieren, ein schnelles, aber konkretes Gefühl von Angst. Ich muss den Gedanken dann innerhalb von 3 Sekunden durchdenken und mich dabei teilweise selbst würgen.
Ich weiß, dass es sehr viel Lektüre ist, aber wenn ich mich schon im Internet öffne, dann richtig. Bitte sagt mir nicht, dass ich in die Psychiatrie gehen soll. Ich weiß, es hört sich krass an und das ist es sicher, aber ich weiß, dass ich mich jederzeit an meine Freundin wenden kann, die mir Sicherheit bietet und mich vor schlimmem bewahrt.
Wenn ich meine Zwänge von heute und damals betrachte, folgen sie einem Schema: ich darf nicht die Kontrolle verlieren. Nie hatte ich die Zwangsgedanken, mich direkt umzubringen, als so, dass ich nicht die Kontrolle behalten könnte oder sie verlieren würde. Wenn es stark ist, kann ich teilweise nicht mehr zwischen Angst und Wunsch unterscheiden, was mich beunruhigt.
Jemand, der keine Lust mehr hat zu leben, sucht nach Möglichkeiten, sich dieses zu nehmen und klar ist es meistens ein Kampf mit sich selbst, aber ich habe einfach nur Angst davor, es tun zu können oder bei meinen Handlungen die Kontrolle zu verlieren. Die Gedanken wären weg, wenn ich wüsste, dass von den Handlungen keine Gefahr ausgehen würde, das weiß ich aus der Vergangenheit.
Was mich davon abhält, eine sich zuziehende Schlinge zu verwenden ist, dass es mir viel zu Gefährlich und unberechenbar erscheint und dass ich es dann immer wieder machen müsste und eben nicht nur ein mal. Ich weiß auch, dass die Gedanken durch irgendetwas getriggert werden und auch wieder weggehen, aber in dem Moment, wo es so stark ist, kann ich mir das nicht schönreden.
Ich habe auch an Hypnose gedacht, um tiefliegende Probleme hervorholen zu können, aber die Bewertungen auf google sind bei so vielen nur gefaked!
Ich nehme seit einigen Wochen hochdosiert B Komplex, D3K2, einen Mineralstoffkomplex und Eisenchelat. habe ich mir im Internet bestellt, Eisen nur so, weil ich gelesen hatte, dass es helfen kann, aber insgesamt würde ich sagen, dass es durchschnittlich wesentlich besser geworden ist.
Was kann ich denn noch ausprobieren? Vollblutanalyse, rTMS, Hypnose? Medikamente? (hatte gutes von Clomipramin gehört)
Inwieweit könnte ADHS eine Rolle spielen? Immerhin hat nicht ein SSRI angeschlagen, was bei ADHSlern wohl normal sein soll.
Liegt es vielleicht auch daran, dass ich bis heute nichts geschafft habe? Ich bin seit einem Jahr krankgeschrieben und verlasse die BW nächsten Monat. Meine Erwartungshaltung an mich selbst ist auf jeden Fall größer als sie sein sollte, das habe ich aber in der Schule mitbekommen.
Vielen Dank schon mal für Antworten
19.02.2022 16:30 • • 09.03.2022 x 2 #1