Zitat von Iownmyfear: Ja, einen Bezug zu Spiritualität ist in jedem Fall vorhanden. Praktiziere seit Jahren Zazen und das ist auf jeden Fall eine ganz entscheidende Kraftquelle für mich.
Super.
Man fängt ja im Grunde damit an, weil man offen oder insgeheim nach Erleuchtung strebt. Gerade beim Zen ist man da zwar kritisch „Es stinkt nach Erleuchtung“ heißt es ja unter anderem, aber oft fängt man damit an, weil man diese irgendwie doch erreichen/finden/freilegen möchte. Samt all der Projektionen die daran kleben, im besten Fall das Ende aller Probleme.
Irgendwie eines der narzisstischsten Projekte, die man überhaupt beginnen kann. Beim Zen durch die Einfachheit recht gut geerdet, aber auch daraus kann man einen Besonderheitsanspruch ableiten. Wer Spiritualität wirklich ernst nimmt – und wer Zazen länger als 3 Monate durchhält, meint es ernst – und auch die Möglichkeit der Erleuchtung ernst nimmt, statt sich an der Stelle in falscher Bescheidenheit zu üben … dass man durchaus schon schöne Fortschritte gemacht hat (wobei das im Zen mitunter auch schon kritisch gesehen wird), aber natürlich weiß, dass man nicht erleuchtet ist und dann kommen die Aufzählungen: man ist noch so ängstlich und muss doch komplett angstfrei sein, hier, da und dort stimmt auch etwas nicht, wenn man ganz ehrlich ist. Aber damit ist man in einer sehr merkwürdigen und selbstwidersprüchlichen Position: Man spricht sich selber die Erleuchtung ab, in der Begründung, warum man es nicht ist, nimmt man aber in Anspruch bestens über genau diese Erleuchtung Bescheid zu wissen.
Dabei ist, wenn man die Mehrzahl der Stimmen derer, die man für halbwegs kompetent halten darf mal anschaut, aber etwas anderes: Es geht darum im anderen die Buddha-Natur zu erkennen. Nicht Demut zu spielen, nicht super achtsam oder natürlich, so auffallend ganz und gar normal und spontan daherzukommen, das sind die Egofallen, in die man wohl notgedrungen tappt.
Wenn Erleuchtung nichts ist, was man erreichen kann (was sich aus der buddhistischen Weltsicht zwingend ergibt), dann ist die nicht so schwer zu haben und man muss noch mal neu drüber nachdenken. Man ist es dann wirklich schon, kann das natürlich drehen und sagen, es sei so einfach, dass man nicht drauf kommt und damit dann doch wieder sehr elitär. Man übt sich dann häufig in Einfachheit und irgendwie tut sich doch nichts.
Eine Variante von „Es gibt nichts zu erreichen“ ist aber „Ich brauche nichts zu erwarten“. Auch nicht, dass mit einem Mal die Ängste weg gehen. Die können durchaus weg gehen, aber nicht, wenn und indem ich drauf warte. Erleuchtung ist die Identifikation mit dem Wandel, kein starrer Zustand und Wandel heißt eben, es geht auf und ab, manchmal bis zu den Ängsten, zu Krankheit und Armut. Es kommt irgendwann die wichtige Frage auf, was ich denn dann eigentlich wirklich davon habe und die Antwort kennt jeder spirituell Suchende: Nichts. Aber das hat immer noch so einen verklärten Touch. Ja ja, nichts, aber irgendwie ändert das oft alles und darauf spekuliert man dann doch.
Und dann kommt die Frage wieder hoch, wozu man den „Quatsch“ nun eigentlich wirklich macht, wenn man tatsächlich nichts davon hat. Man kann erleuchtet sein und dennoch psychisch oder körperlich krank, verarmt oder einsam, das ist nicht der Notausgang aus der Welt für alle Fälle. Wenn man hört, alles sei bereits in Ordnung, hat man vielleicht das Gefühl: Nein, ist es nicht, verdammt noch mal. Das Ich findet gute Gründe, warum es demnächst tot sein könnte, aber das kann man ja anschauen und ein wenig strampeln lassen, gerade in der Meditation. Nicht als Trick, aber man kann immer wieder erleben, dass man bei genau diesem Atemzug für einen Moment frei von Angst ist. Die kommt dann zurück und sagt: Ja, jetzt bist Du sicher, aber morgen oder gleich schon ... Der Kampf bringt nichts, aber immer wieder die radikale Gegenwart zu erleben, in der nichts fehlt, ist möglich.