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Liebe alle

Mir geht es inzwischen sehr viel besser. Aber lange war jeder Tag einfach nur ein Kampf. Obwohl ich immer noch unnötige Gedanken verschwende, fühle ich, dass es mir deutlich besser geht und ich es irgendwie bald geschafft habe.

Deswegen möchte ich mit euch meine Erfahrungen teilen, was mir wirklich geholfen hat. Mir ist bewusst, dass jeder Geschichte anders ist, aber ich denke, dass wir in der Gesamtheit sehr viel abdecken können.

1. Höre WIRKLICH mit dem Googeln auf
-Kalter Entzug. und zwar sofort. Ich weiss, es ist eine Sucht und eventuell hilft es kurzfristig, die Angst zu überwinden. ABER, im Internet gibt es so viele halbrichtige Aussagen, Horrorgeschichten (wer garantiert und eigentlich, dass diese stimmen?) etc. Etc. Wir werden immer auf etwas stossen, das uns Angst macht. Um aus meiner Googlesucht rauszukommen habe ich begonnen, mir Aussagen, die mich wirklich beruhigen, abzufotografieren und diese anzusehen, wenn ich merke, dass ich nervös werde. Irgendwann habe ich mir nur noch diese angeschaut. Immer und immer wieder. Diese beruhigenden Fakten sind mir tief ins Gehirn eingedrungen.

2. Kommt die Angst, Schultern runter!
-Ich weiss, ganz ein komischer Ansatz. Aber jedes Mal, wenn ich mich wirklich entspannte - Schultern runter, Brust raus, durchliefen mich wohlige Schauer. Mein und unsere Körper haben sowas ganz dringend nötig. Es ist so entspannend und keine Ahnung, aber es wirkt Wunder!

3. Stoppt das Beobachten
Ein komischer Leberfleck, ein geschwollener Lymphknoten? EGAL! Wenn es schlimm ist, werden wir das schon merken. Wenn der Arzt gesagt hat, es ist alles in Ordnung, dann ist alles in Ordnung. Wann haben wir eigentlich damit angefangen, uns so fertig zu machen? Geht auch hier auf kalten Entzug. Tastet nicht mehr, beobachtet nicht mehr. Am Anfang extrem schwierig und irgendwann. vergisst man es doch tatsächlich!

4. Wer sagt, dass nach dem Tod was Schlimmes kommt? Niemand. Wir wissen es einfach nicht, aber nichts garantiert uns, dass danach fertig ist.

5. Sagt, was ihr wollt
Ich habe gemerkt, dass ich es immer allen Recht machen wollte. Das geht nicht, denn irgendwann macht man es sich nicht mehr Recht und das ist das Allerschlimmste. Wir haben uns deshalb entschieden, ein Mal im Monat einen Tag am Wochenende wirklich nur das zu machen, was wir wollen. Abwaschen? Keine Lust - fettiges Essen - ja bitte! Inzwischen ist das der beste Tag im Monat. Probiert es!

6. Gönnt dem Körper Ruhe
-Eine solche Angst ist ein Marathon. Immer wieder. Wir verspannen uns, stressen uns, befinden uns eigentlich immer in einem Ausnahmezustand. Deswegen kann es auch sein, dass wir plötzlich Symptome haben, obwohl wir doch aktuell an gar nichts Böses denken! Ich hatte Mal ein paar Stunden bei einer Psychotherapeutin und diese erklärte mir, dass der Körper bis zu einem Jahr benötigt, wenn wir eine solche Phase durchstanden haben. EIN JAHR! Das ist doch irre!

7. Versucht einfach Mal alles zu ignorieren
Gerade am Anfang konnte ich noch nicht mit allem einfach so aufhören. Googeln, Beobachten. Deswegen setzte ich mir eine Zeitspanne und sagte mir: Hey, probiere es einfach mal 2 Wochen aus. Wenn es nicht besser wird, dann kannst du ja wieder anfangen. Dieser Gedanke hat mich sehr entlastet.

Vielleicht kommen hier noch mehr Tipps von Betroffenen - ich hoffe es sehr. Denn ich denke, dass es nichts hilft, die Angst vor einzelnen Krankheiten zu besiegen (vgl. all die verschiedenen Beiträge, bei denen es genau um eine Krankheit geht). Wenn wir die eine Angst besiegt haben, wird die nächste folgen- das garantiere ich euch.

Herzliche Grüsse
MeinNameistHase

18.12.2019 21:51 • 20.12.2019 x 17 #1


6 Antworten ↓


Danke dir!

Genau richtige Ansätze. Was man eventuell noch hinzufügen könnte: Jeder, der aus dem Nichts die erste Panikattacke bekam, hatte das Gefühl der Todesangst. Man wurde untersucht und für gesund erklärt. FERTIG! Früher haben wir uns nie vom Arzt kontrollieren lassen. Ich zum Beispiel hatte mein erstes EKG nach der Panikattacke. Mein erstes Echo nach der Panikattacke. Mein erstes Langzeit-EKG nach der Panikattacke. Mein erstes Belastungs-EKG? Genau, nach der Panikattacke!

Vorher noch nie. Nun sind wir sogar untersucht und sollten glücklich sein!

A


Was mir gegen die Angst geholfen hat

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Wow, Punkte 1-7: die Neuerfindung des Rades

Zitat von MeinNameistHase:
Liebe alleMir geht es inzwischen sehr viel besser. Aber lange war jeder Tag einfach nur ein Kampf. Obwohl ich immer noch unnötige Gedanken verschwende, fühle ich, dass es mir deutlich besser geht und ich es irgendwie bald geschafft habe. Deswegen möchte ich mit euch meine Erfahrungen teilen, was mir wirklich geholfen hat. Mir ist bewusst, dass jeder Geschichte anders ist, aber ich denke, dass wir in der Gesamtheit sehr viel abdecken können. 1. Höre WIRKLICH mit dem Googeln auf-Kalter Entzug. und zwar sofort. Ich weiss, es ist eine Sucht und eventuell hilft es kurzfristig, die ...


Einen Therapeuten oder Arzt aufsuchen.
Ablenken.

Das sind alles wertvolle Tipps, vielen Dank dafür.
Nur, wer in Panikattacken steckt, ist kaum fähig, das alles zu befolgen.
In einer echten Panikattacke hast du nur ein Ziel und zwar zu überleben.
Da ist jede Art und Weise, jedes Denken ausgeschlossen.
Überleben und Flucht.
Da kann man nicht mit vernünftigen Argumenten kommen.
So war es bei mir.

Wenn sich alles ein bißchen gelegt hat, sei es durch Tabletten oder auch anders,
dann kann ich mir das was Du geschrieben hast in Ruhe durchlesen, aber nicht
wenn ich mitten drin stecke. Ich wäre gar nicht zum Lesen gekommen, bei den
ganzen Symptomen, die alle aufeinmal da sind, während einer Panik.

Also Tip 2 werde ich mal in überfüllten Bahnen ausprobieren. Da packt mich wieder immer öfters ne Angstwelle. Letztendlich geht es ja darum während einer Panikwelle /Disso sich zu spüren, um schneller aus diesen Zuständen raus zu kommen. Mir hilft während einer Panikattacke in Bahnen nur noch aussteigen, draussen mich sammeln und dann wieder neu einzusteigen. Unterwegs im Freien mir ne Ecke suchen und mich selbst beruhigen.
Oder ich klopf mich ab ,eigentlich würde es mir auch nur reichen,einen Menschen bei mir in der Nähe zu haben, bei dem ich mich erden kann und der nur für diesen Moment da ist. Ich habe gemerkt, dass Menschen ,die präsent sind und selber einen guten Zugang zu deren Emotionen haben (gute Nervregulation) mich nur mit ihrer Anwesenheit und Empathie beruhigen können. Sie können mich quasi gegenregulieren und mir einen guten Energieschub/ Inspiration geben. z.B mein Physiotherapeut oder Therapeut. Doch die beiden habe ich ja nicht im Alltag bei mir. So einen Freund/in zu haben, wäre echt ein Glückstreffer.

Danke für deine Gedanken. In vielem habe ich mich wiedererkannt.
Googeln ist tödlich. Mitunter ist es wichtig, informiert zu sein, gerade wenn es um Hintergrundinformationen zu bestimmten Medikationen geht. Eigenes Wissen hat mich und Freunde schon vor einigem bewahrt. Aber genauso kann ein einziges Wort, das am Ende so eines Artikels steht, mich in einen wahren Abgrund meiner Angsthölle stürzen. Denn bei jedem Pickel steht am Ende die tödliche Krankheit, die wir am meisten fürchten.
Ergänzende Tipps von mir:
Ich vergleiche es mit Leuten, die tatsächlich Angst haben, wenn sie mit der Bahn fahren oder fliegen. Ich habe solche Leute erlebt. Ständig zucken die bei der kleinsten Unregelmäßigkeit, auf die ich persönlich keinen Gedanken verschwende. Umgekehrt denken diese Leute aber nicht beim kleinsten Zwicken an eine tödliche Krankheit. Ich glaube, das ist ein wichtiger Hinweis. Die Symptome sind dieselben, nur misst der eine ihnen Bedeutung bei, der andere registriert sie nicht einmal.
Ich versuche es, phasenweise gelingt es mir sehr gut, ein Zwacken völlig zu missachten. Aber da ich innerlich tief verunsichert bin und mich in der Hinsicht völlig verlassen und hilflos fühle, kommt es immer wieder zu traurigen Phasen.
Nein, ich verbiete mir dann, sofort zu meinem Arzt zu rennen, obwohl der für mich immer da wäre.
Aber, ich möchte das nicht grundlos strapazieren. Häufig war der Anlass kurz darauf verschwunden und vergessen. Oft hilft mir auch die Vorstellung, ich würde jetzt bei ihm sitzen und reden. Rein gedanklich. Dann geht es mir besser. Ich weiß ja auch, dass ich im Notfall hingehen kann.
Ablenkung hilft. Wenn die Angst kommt, aktiv werden. Dann vergesse ich sie wenigstens für einige Zeit.
Trotzdem gibt es bisher keine endgültige Befreiung. Denn, es ist wie bei der eingangs erwähnten Flugangst. Kein Therapeut der Welt kann mir garantieren, dass das Ding nicht abstürzt. Helfen kann nur die positive Erfahrung, dass man schöne Flüge oder Bahnfahrten erlebt, immer heil angekommen ist, und ich kann Turbolenzen im Flieger sogar genießen.
Die quälende Krankheitsangst allerdings ist wesentlich schwerer zu bewältigen. Weil die Medien voll von grausigen Berichten sind. Noch krasser ist, wenn im persönlichen Umfeld immer mehr Menschen wegsterben. Das macht mir unvorstellbare Angst. Da hilft ein Blick auf die Tatsache, dass mehr Menschen noch unbeschwert leben. Das Problem ist, dass unser Augenmerk eher auf die Schreckensnachrichten geheftet ist.
Eine Lösung sehe ich im Moment nicht, außer ablenken und den Moment genießen.
Und - Neee Sterben akzeptieren und so, das passt nicht in mein Denken, ich hänge zu sehr am Leben und finde es wunderschön. Gerade das ist ja der Grund meiner schlimmen Krankheitsangst.
Grüße und angstfreie Festtage!

Meine Erfahrung ist dass es nie ganz aufhört. Das Gefühl wenn die Panik die Finger nach mir ausstreckt und der anschließende Kraftaufwand die Panik niederzukämpfen bleibt auch nach Jahren noch, aber es ist mittlerweile sehr selten geworden bei mir.
Meine Erfahrung ist dass man eine Attacke niemandem erklären kann, der das nicht schon mal selbst hatte. Ich habe es dennoch folgendermaßen versucht: Stell dir vor du musst über einen schmalen Steg über einem reißenden Fluss gehen. Das ist gefährlich und du hast Angst, richtige Angst dass du ausrutschst und zu Tode stürzt. Diese Angst, jedoch ohne die dazugehörige gefährliche Situation ist eine Panikattacke.
Damals habe ich dieses Forum entdeckt und viel gelesen ohne mich selbst an den Diskussionen zu beteiligen. Und auch wenn das jetzt fuchtbar egoistisch klingt hat es mir enorm geholfen zu lesen dass ich nicht alleine damit bin. Dass ich NICHT verrückt bin.
Ich weiß nicht was die Verbesserung konkret ausgelöst hat. Eines Tages habe ich gemerkt dass die Abstände zwischen den Attacken länger wurden. Meine Vermutung ist: Ich bin damals mit der Situation offensiv umgegangen, hab meinen Freundeskreis informiert und viele Gespräche mit meiner Hausärztin geführt. Wenn ich eine Situation nicht ausgehalten habe - z.B. eine Attacke im Kino bekam oder beim Zusammensein mit Freunden - bin ich gegangen und habe mir selbt keine Vorwürfe deshalb gemacht. Letztendlich habe ich die Attacken als ein Teil von mir akzeptiert, der mir zwar nicht gefällt, aber den ich auch nicht loswerde. Danach wurde es besser





Dr. Matthias Nagel
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